Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Hofmann (Vorsitzender), die Richterin MMag. Pichler und den Richter Mag. Meinl in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH, FN **, **, vertreten durch die BK.PARTNERS Bugelnig Kirner Rechtsanwälte OG in Wien, wider die beklagte Partei B* GmbH Co KG , FN **, **, vertreten durch die KESCHMANN Rechtsanwalts-GmbH in Wien, wegen zuletzt EUR 1.355.870,48 s.A., über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 2.12.2024, **-38, in nicht öffentlicher Sitzung den
B e s c h l u s s
gefasst:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 4.051,14 (darin EUR 675,19 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung:
Die Klägerin ist eine im Firmenbuch eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihre Gesellschafter sind je zur Hälfte C* und DI D*.
Die E* AG (vormals F* AG) ist eine im Firmenbuch eingetragene Aktiengesellschaft. Ihre Alleinaktionärin ist die G* Holding AG.
Am 28.2.2018 trafen sich über Vermittlung von Mag. H* mit diesem die Vorständin der E* AG, I*, der Vorstand dieser AG, Mag. Dr. J*, beide für ihre Aktiengesellschaft, und die Geschäftsführer C* und DI D* für die A* Ges.m.b.H. Mag. H* hat ua einen Gewerbeschein, lautend auf das Sammeln und Weitergeben von allgemein zugänglichen Informationen.
C* stellte Mag. H* ein Immobilienprojekt an der Adresse ** vor und dieser suchte für die Klägerin einen Projektfinanzierer.
In dem gemeinsamen Gespräch am 28.2.2018 kamen die Geschäftsführer der Klägerin und die Vorstände der E* AG überein, eine Projektgesellschaft in der Rechtsform einer Ges.m.b.H. Co KG zu gründen.
Die E* AG errichtete am 21.3.2018 als Alleingesellschafterin die B* Ges.m.b.H..
Am 20.4.2018 wurde die Beklagte ins Firmenbuch eingetragen. Einzige unbeschränkte Gesellschafterin war dabei die B* Ges.m.b.H., Kommanditistinnen waren die Klägerin und die K* GmbH jeweils mit einer Haftsumme von EUR 300. Seit 12.3.2020 ist die E* AG als Rechtsnachfolgerin der K* GmbH als Kommanditistin eingetragen.
Die B* GmbH als Komplementärin, die K* GmbH und die Klägerin jeweils als Kommanditistinnen unterzeichneten am 3.5.2018 einen Gesellschaftsvertrag betreffend die Beklagte.
§ 13 des Gesellschaftsvertrags (./C) lautet wie folgt:
„1) Soweit dieser Vertrag nicht die Anrufung eines Schiedsgutachters vorsieht, wird für alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsvertrag und aus dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern, aber auch zwischen den Gesellschaftern untereinander und zwar insbesondere über das gültige Zustandekommen der Gesellschaft, deren Auflösung oder über das Ausscheiden von Gesellschaftern die ausschließliche Zuständigkeit eines Schiedsgerichtes nach den Bestimmungen der österreichischen Zivilprozessordnung vereinbart. […]“
Am gleichen Tag unterzeichneten die Beklagte, die B* GmbH, die Klägerin, die (nunmehr) E* AG und die K* GmbH einen „Rahmenvertrag“ (./D). Dieser enthält unter Punkt VIII. folgende Klausel:
„Alle Streitigkeiten oder Ansprüche, die sich aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag ergeben, einschließlich Streitigkeiten über dessen Gültigkeit, Verletzung, Auflösung oder Nichtigkeit, werden von einem Schiedsgericht entschieden.“
Die Klägerinbegehrte zuletzt die Zahlung von EUR 1.355.870,48 samt 9,2 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 456 UGB seit 2.12.2021. Dazu brachte sie zusammengefasst vor, dass die Beklagte sie, insbesondere auf Grund des Rahmenvertrags vom 3.5.2018, mit der Entwicklung der Liegenschaft EZ ** KG **, **, beauftragt habe. Sie habe Projektierungs-, Planungs-, Projektsteuerungs- und ÖBA-Leistungen erbracht und Anspruch auf ein angemessenes Entgelt gemäß § 1152 ABGB. Die klagsgegenständlichen Ansprüche seien weder vom Gesellschaftsvertrag noch vom Rahmenvertrag umfasst, sodass die Schiedsklauseln nicht gälten.
Die Beklagte wandte in ihrer Klagebeantwortung die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein und beantragte die Zurückweisung der Klage; hilfsweise bestritt sie das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach. Begründend führte sie aus, dass sich sowohl im Gesellschaftsvertrag als auch in der Rahmenvereinbarung eine Schiedsgerichtsvereinbarung befinde.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht die Klage mit der Begründung zurück, dass der ordentliche Rechtsweg aufgrund der Schiedsklauseln im Gesellschaftsvertrag sowie im Rahmenvertrag nicht offen stehe. Es traf die eingangs angeführten und die weiteren auf den Seiten 2 bis 5 der Beschlussausfertigung ersichtlichen Feststellungen. Zusammengefasst sei nicht vereinbart gewesen, dass die Klägerin die von ihr selbst vorgenommenen Leistungen im Zusammenhang mit dem Projekt ** auf Grund eines gesonderten Werkvertrags oder Auftragsverhältnisses außerhalb des Gesellschafts- bzw. Rahmenvertrags ersetzt bekommen sollte. Vielmehr hätte die Klägerin ihre eigenen Leistungen für dieses Immobilienprojekt als Gesellschafterin der Beklagten erbringen sollen. Die Schiedsvereinbarungen bezögen sich auf den Anspruch der Klägerin. Die Klägerin habe sogar selbst in ihren Rechnungen ausdrücklich auf den Rahmenvertrag vom 16.5.2028 Bezug genommen.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass das Erstgericht für das gegenständliche Verfahren zuständig sei und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1. Zur Beweisrüge :
1.1.Die Beweiswürdigung im Rekursverfahren kann mangels im Gesetz vorgesehener mündlicher Verhandlung (§ 526 Abs 1 ZPO) nicht angefochten werden, wenn der Sachverhalt auch aufgrund unmittelbarer Beweisaufnahme festgestellt wurde (RS0044018; Kodek in Rechberger/Klicka ZPO 5 , § 526 Rz 5; Sloboda in Fasching/Konecny³ § 514 ZPO Rz 82, G. Kodek in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON § 526 ZPO Rz 22). Das Rekursgericht darf daher nur jene Feststellungen des Erstgerichts überprüfen, die ausschließlich aufgrund mittelbar aufgenommener Beweise (oder Bescheinigungsmittel) getroffen wurden (RS0044018). Von Feststellungen, die das Erstgericht nicht nur auf Urkunden, sondern auch auf die Vernehmung von Zeugen oder Parteien gestützt hat, darf das Rekursgericht also nicht abgehen (RS0044018 [T6]). Im Fall des Vorliegens einer Mehrzahl an in sich geschlossenen Tatsachenkomplexen darf das Rekursgericht jedoch in Bereichen, bei denen das Erstgericht seine Feststellungen nicht (auch) auf von ihm selbst durchgeführte Vernehmungen stützte, in freier Würdigung der anderen Beweis- oder Bescheinigungsmittel Tatsachen feststellen, die von jenen des angefochtenen Beschlusses abweichen ( Sloboda in Fasching/Konecny 3IV/1 § 514 ZPO Rz 84).
1.2. Die Klägerin bekämpft unter Punkt I.A ihres Rekurses umfangreiche Feststellungen des Erstgerichts.
Das Erstgericht stützte sich bei diesen - worauf auch die Klägerin in ihrer Beweisrüge hinweist - insbesondere auf die Aussagen der Zeugen Dr. L* und Mag. H*. Zusätzlich bezieht es mehrere Urkunden in seine Beweiswürdigung mit ein (US 5 f).
Da die bekämpften Feststellungen daher ua auf unmittelbar vom Erstgericht aufgenommenen Beweisen beruhen, darf das Rekursgericht die getroffenen Feststellungen nicht überprüfen, sondern hat sie ohne weiteres der Behandlung der Rechtsrüge zugrundezulegen.
1.3. Weiters bekämpft die Klägerin folgende Feststellung:
„Weder die Komplementärin der Beklagten noch die E* AG anerkannten Rechnungen der Klägerin.“
Sie begehrt die Ersatzfeststellung:
„Weder die Komplementärin der Beklagten noch die E* AG bestritten die Rechnungen der Klägerin, sondern erkannten diese an und leisteten eine entsprechende Zahlung an die Klägerin.“
In seiner Beweiswürdigung führt das Erstgericht an, dass sich aus dem sehr umfangreich geführten Verfahren ein Anerkenntnis der Beklagten nicht ergebe. Darüber hinaus bezieht es sich auf zwei Kontoauszüge der Beklagten, aus denen jeweils eine Überweisung der Beklagten an die Klägerin unter dem Titel „vorläufiges Vorweggewinn-Akonto für das Jahr 2020“ (./20) bzw “kurzfristige Gesellschafterentnahme“ (./19) ersichtlich sei (US 6 f).
Das Erstgericht hielt sechs Tagsatzungen ab, in denen in Summe fünf Zeugen einvernommen wurden. Wenn es daher in seiner Beweiswürdigung aus dem gesamten Beweisverfahren schlussfolgert, dass sich daraus keine Tatsachen ergäben, aus denen sich eine Anerkennung der Beklagten ableiten lasse, bezieht es auch die Aussagen der vernommenen Personen ein. Es traf die gegenständliche Feststellung folglich nicht nur auf der Grundlage von Urkunden, sondern auch auf Grundlage des unmittelbar geführten Beweisverfahrens.
Daher ist es dem Rekursgericht auch in diesem Fall verwehrt, die bekämpfte Feststellung zu überprüfen.
2. Zur Rechtsrüge :
2.1 Die Klägerin moniert als sekundären Feststellungsmangel, dass das Erstgericht Feststellungen zum Jahresabschluss der Beklagten hätte treffen müssen. Die Erfassung der Honorare der Klägerin im Aktivvermögen der Beklagten belege, dass die Leistungen der Klägerin nicht aus dem Gesellschaftsvertrag erbracht worden seien. Folglich hätte das Erstgericht zum Ergebnis gelangen müssen, dass die Klägerin ihre Leistungen nicht aus dem Gesellschafts- oder Rahmenvertrag erbracht habe, die klagsgegenständlichen Ansprüche daher keiner Schiedsvereinbarung unterlägen und das angerufene Gericht daher für die Klage zuständig sei.
Konkret begehrt die Klägerin folgende ergänzende Feststellung:
„Die Leistungen der klagenden Partei wurden im Jahresabschluss der beklagten Partei für das Jahr 2020 unter dem Posten „Planungsleistungen Dritter“ im Anlagevermögen erfasst. Die beklagte Partei hat die Leistungen der klagenden Partei unter dem Posten „Planungsleistungen Dritter“ im Anlagevermögen erfasst, weil die klagende Partei diese Leistungen nicht aus dem Gesellschaftsverhältnis erbracht hat und für diese Leistungen eine gewinnunabhängige Tätigkeitsvergütung vereinbart wurde.“
Sekundäre Feststellungsmängel liegen dann vor, wenn entscheidungserhebliche Tatsachen nicht festgestellt wurden (RS0053317 [T5]).
Die begehrte Feststellung enthält zum Teil Elemente einer rechtlichen Beurteilung und geht somit über die Feststellung von Tatsachen hinaus. Dies steht einer Überprüfung der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts – im Hinblick auf den von der Klägerin monierten sekundären Feststellungsmangel oder andere Rechtsfehler - allerdings nicht entgegen (RS0041820).
Die Klärung der Rechtsfrage, ob die Leistungen der Klägerin auf Grundlage des Gesellschafts- bzw des Rahmenvertrags erbracht wurden – und die Streitigkeit damit unter die vereinbarten Schiedsklauseln fällt - oder dafür ein von der Gesellschafterstellung der Klägerin unabhängiger eigenständiger Vertrag geschlossen wurde, hängt von der diesbezüglich zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung ab. Es ist daher auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts zu beurteilen, ob es einen übereinstimmenden Parteiwillen (bzw entsprechende Willenserklärungen) gab, neben dem Gesellschafts- und dem Rahmenvertrag einen davon unabhängigen Vertrag über die Erbringung von Werkleistungen samt gesonderter Vergütung zu schließen.
Die von der Klägerin vermisste Tatsachenfeststellung betrifft die Verbuchung ihrer Leistungen in der internen Buchhaltung der Beklagten. Ein Konsens der Parteien über den Abschluss eines eigenen Werkvertrags bzw eine rechtlich relevante Willenserklärung dahingehend lässt sich aus diesem Umstand jedoch nicht ableiten. Die Zuordnung der Leistungen in der Buchhaltung der Beklagten hat für die Frage der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung keine Relevanz.
Diese Tatsache ließe allenfalls im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigende Rückschlüsse auf die (eine Tatfrage darstellende) Parteienabsicht zu. Dies wäre allerdings nicht im Rahmen der Rechtsrüge zu behandeln.
Damit liegt der von der Klägerin gerügte sekundäre Feststellungsmangel nicht vor.
2.2 Wesentlich für die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, dass die Leistungen im Rahmen des Gesellschafts- bzw des Rahmenvertrags erbracht worden seien, sind vielmehr die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen, dass kein Konsens zwischen den Parteien bestand, Leistungen der Klägerin außerhalb dieser Verträge zu vergüten, und dass die Klägerin ihre Leistungen als Gesellschafterin erbringen sollte.
Auch wenn in die erstgerichtlichen Feststellungen teilweise Elemente der rechtlichen Beurteilung verwoben sind, enthält der festgestellte Sachverhalt genügend Tatsachensubstrat, um die Frage nach dem gemeinsamen Parteiwillen zu beurteilen und – wie das Erstgericht – zum Schluss zu kommen, dass zwischen den Parteien kein vom Gesellschafts- bzw vom Rahmenvertrag gesonderter Vertrag über Werkleistungen geschlossen wurde.
Die Leistungen der Klägerin wurden im Rahmen dieser Verträge erbracht, Streitigkeiten daraus unterliegen somit den vereinbarten Schiedsklauseln.
Dem Rekurs war sohin ein Erfolg zu versagen.
3.Die Kostenentscheidung des Rekursverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
4.Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig, weil eine Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO nicht zur Beurteilung stand.
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