Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* B*wegen § 83 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 15. Oktober 2024, GZ **-13.3, nach der unter dem Vorsitz des Richter Mag. Weber LL.M., im Beisein des Richters Mag. Spreitzer LL.M. und der Richterin Mag. Marchart als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart des Oberstaatsanwaltes Mag. Patrick Hinterleitner, ferner in Anwesenheit des Verteidigers Mag. Timo Gerersdorfer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten A* B* am 26. Juni 2025 durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* B* des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (I./), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (II./) und des Vergehens der Beleidigung nach „§§ 115 Abs 1 und 2 iVm 117 Abs 3 StGB“ (III./) schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 107 Abs 1 StGB zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Weiters wurde er gemäß § 369 Abs 1 StPO schuldig erkannt, dem Privatbeteiligten DI C* D* 480 Euro binnen 14 Tagen zu zahlen.
Nach dem Inhalt des Schuldspruches hat A* B* am 24. Jänner 2024 in ** DI C* D*
I./ durch das Versetzen eines Schlages mit der flachen Hand gegen das linke Ohr, wodurch dieser eine Perforation des linken Trommelfelles und eine Schädelprellung erlitt, am Körper verletzt;
II./ gefährlich mit einer Verletzung am Körper bedroht, indem er unmittelbar im Anschluss an die unter Punkt I./ beschriebene Tat zu diesem sagte, „Ich verprügle dich hier vor deinen Kindern!“;
III./ in Gegenwart von E* D*, F* B* sowie den drei Kindern der Familie D*, somit vor mehreren Leuten, durch die Äußerung „Du Kanake!“ beschimpft, wobei sich die Tat gegen den Verletzten wegen seiner Zugehörigkeit zu einer der im § 283 Abs 1 StGB bezeichneten Gruppen, nämlich der nach den Kriterien der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft bestimmten Gruppe aus einem Balkanland richtet und in einer Beschimpfung oder Verspottung besteht, die geeignet ist, den Verletzten in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen.
Bei der Strafzumessung wertete der Erstrichter als erschwerend , dass der Angeklagte mehrere strafbare Handlungen verschiedener Art beging sowie dass er die Körperverletzung und gefährliche Drohung auf für dem Opfer nahestehende minderjährige Personen, nämlich dessen Kinder, wahrnehmbare Art beging, als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel sowie das Anerkenntnis eines Teilbetrages des geforderten Schmerzengeldes und der dadurch zum Ausdruck gebrachten Bereitschaft zur Schadenswiedergutmachung.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Angeklagten rechtzeitig wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe angemeldete (ON 14.2) und in weiterer Folge wegen Nichtigkeit und Schuld ausgeführte Berufung (ON 15.2).
Die Berufung wegen Nichtigkeit ist nicht berechtigt. Die gesetzmäßige Ausführung einer Diversionsrügenach § 281 Abs 1 Z 10a StPO (iVm § 489 Abs 1 StPO) erfordert eine methodisch korrekte Argumentation auf Basis der Tatsachenfeststellungen unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen (RIS-Justiz RS0124801). Diesen Bezugspunkt verfehlt die Rüge, die das Vorliegen schwerer Schuld und das Nichtvorliegen einer Verantwortungsübernahme betreffend sämtliche Anklagepunkte schlichtweg negiert.
Ausgehend von den Tatsachenfeststellungen war die deliktsspezifische Unwerthöhe der Schuld des Angeklagten, der einen nichtigen, von seinem Vater provozierten Vorfall im Straßenverkehr, zum Anlass nahm, DI C* D* durch drei unmittelbar aufeinander folgende Tathandlungen zu verletzen, gefährlich zu bedrohen und zu beleidigen, als außergewöhnlich und ungewöhnlich einzustufen (vgl RIS-Justiz RS0122090 und RS0116021).
Auch eine Verantwortungsübernahme, wie von der Rechtsprechung gefordert (vgl RIS-Justiz RS0116299 [insb T2]), war – trotz des teilweisen Anerkenntnisses der vom Privatbeteiligten geltend gemachten Ansprüche - bei dem sämtliche Anklagepunkte in Abrede stellenden und keinerlei Unrechtsbewusstsein zum Ausdruck bringenden Angeklagten (vgl ON 13.2, 2 ff [insb ON 13.2, 7]) nicht einmal ansatzweise zu erkennen.
Darüber hinaus sprechen auch generalpräventive Erwägungen gegen ein diversionelles Vorgehen, ist doch den immer häufiger auftretenden Konflikten im Straßenverkehr, in denen (zumindest eine der) Konfliktparteien (vermeintliche) Verstöße gegen (Straßenverkehrs-)Vorschriften zum Anlass nehmen, diese selbst zu ahnden oder „ihr Recht“ durchzusetzen, durch spürbare Sanktionen entgegenzutreten, um dem Interesse genereller Normtreue in der Bevölkerung und der Aufrechterhaltung des Vertrauens der Bevölkerung auf Durchsetzung des Rechts durch die dafür zuständigen Organe gerecht zu werden.
Die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO sind voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet (RIS-Justiz RS0115902). Indem der Angeklagte in seiner Berufung wegen Nichtigkeit zu Faktum II./ und III./ (ON 15.2, 2 f) erkennbar Elemente der Mängelrüge nach § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO und der Rechtsrüge nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO vermengt, wird dies dem Gebot, Nichtigkeitsgründe getrennt darzustellen, diese deutlich und bestimmt zu bezeichnen und insbesondere jene Tatumstände, die einen Nichtigkeitsgrund bilden sollen, ausdrücklich oder doch durch deutliche Hinweisungen anzuführen, nicht gerecht (§ 285a Z 2 StPO; RIS–Justiz RS0100183) und ist die Berufung in diesem Umfang nicht prozessordnungskonform ausgeführt und einer Erwiderung nicht zugänglich.
War sohin der Berufung wegen Nichtigkeit nicht Folge zu geben, ist auch die Berufung wegen Schuld nicht berechtigt. Der Erstrichter unterzog die wesentlichen Verfahrensergebnisse einer denkrichtigen und lebensnahen Würdigung und legte nach erschöpfender Beweisaufnahme und unter Einbeziehung des vom Angeklagten sowie den Zeugen DI C* und Dr. E* D* sowie F* B* in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks überzeugend dar, wie er zu den für den Schuldspruch maßgeblichen Feststellungen in objektiver wie auch subjektiver Hinsicht gelangte. Dabei legte er ausführlich und gestützt auf den gewonnenen persönlichen Eindruck nachvollziehbar dar, warum der leugnenden Einlassung des Angeklagten - der nur eine leichte „Watsche“ bzw „Dachtel“ mit der flachen Hand gegen die Wange bzw einen mittelstarken Griff auf die Wange von DI D* zugestand (vgl ON 2.7, 5, ON 2.19, 3 und ON 13.2, 3 ff) - und den Angaben des Zeugen F* B* (ON 2.10, ON 2.19, 3 und ON 13.2, 17 ff) nicht gefolgt wurde, die Aussagen der Zeugen DI C* und Dr. E* D* hingegen als glaubwürdig erachtet wurden (US 5 ff). Bei der beweiswürdigenden Auseinandersetzung mit den Aussagen der Zeugen DI C* und Dr. E* D* berücksichtigte der Erstrichter, dass deren Angaben nicht in allen Details, aber in den wesentlichen Punkten übereinstimmten und sie auch im Ermittlungs- und Hauptverfahren überwiegend gleichbleibende Angaben machten. Darüber hinaus konnten die Schilderungen von DI C* und Dr. E* D*, im Gegensatz zu jenen des Angeklagten und des Zeugen B*, mit den festgestellten Verletzungsfolgen in Einklang gebracht werden.
Nachvollziehbar waren die Erwägungen des Erstrichters auch dazu, dass die Konfliktsituation zunächst vom Zeugen F* B* geschaffen und vom Angeklagten bis zur Eskalation getrieben wurde (vgl ON 13.3, 9 f) sowie dass der Angeklagte die Herkunft des DI C* D* erkannte (vgl ON 13.2, 12).
Die Feststellungen zu den Verletzungen konnte der Erstrichter zudem zweifelsfrei auf die unbedenklichen Befunde des G* (ON 2.12) und des Amtsarztes (ON 2.20) sowie das in sich schlüssige und nachvollziehbare Gutachten von Dr. H* (ON 5.3) stützen.
Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite leitete das Erstgericht zulässigerweise und bei leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht anders möglich (RIS-Justiz RS0116882 und RS0098671) jeweils aus den objektiven Tatumständen ab.
Mit seinen Ausführungen zur Berufung wegen Schuld stellt der Angeklagte dagegen bloß eigene beweiswürdigende Erwägungen an und kritisiert dabei - aus dem Gesamtzusammenhang der erstrichterlichen Ausführungen gerissene - nur einzelne Elemente der erstrichterlichen Ausführungen. Derart ist die Berufung wegen Schuld nicht geeignet, die Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts zu erschüttern.
Da somit auch das Rechtsmittelgericht bei der im Rahmen der Überprüfung der Schuldberufung anzustellenden Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der erstrichterlichen Lösung der Schuldfrage hegt, hat der Schuldspruch Bestand.
Zur (unausgeführt gebliebenen) Berufung wegen Strafe :
Zunächst sind die vom Erstgericht angezogenen Milderungsgründe dahingehend zu korrigieren, als die bloße Bereitschaft zur Schadensgutmachung durch Anerkenntnis des vom Privatbeteiligten gestellten Ersatzanspruches einen Milderungsgrund (noch) nicht zu begründen vermag (RIS-Justiz RS0091354). Im Übrigen hat das Erstgericht die besonderen Strafzumessungsgründe vollständig und richtig angeführt.
In Anbetracht der nur zum Nachteil des Angeklagten geänderten Strafzumessungslage ist beim gegebenen Strafrahmen von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätzen die mit drei Monaten ausgemessene Sanktion gerade noch tat- und schuldangemessen und somit keiner Reduktion zugänglich.
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