Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie die Richter Mag. Guggenbichler und Mag. Resetarits in der Rechtssache der klagenden Partei A*, geboren am **, ** B*, **, vertreten durch Mag. Stefano Alessandro, Rechtsanwalt in St. Andrä-Wördern, gegen die beklagten Parteien 1. Mag. C* D*, geboren am **, und 2. Dr. E* D*, geboren am **, beide **, **, beide vertreten durch die Rosenauer Prankl Barrett Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Wiederaufnahme (Streitwert EUR 15.200), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 14.11.2024, GZ **-9, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit EUR 2.009,52 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin EUR 334,92 USt) zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 5.000, nicht jedoch EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Mit Klage vom 14. September 2022 zu F* des Erstgerichts (actio negatoria) begehrte der Kläger gegenüber dem Erstbeklagten die Fällung des Urteils:
„1. Es wird zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei festgestellt, dass die beklagte Partei nicht berechtigt ist, das Eigentum der klagenden Partei am Grundstück Nr G*, EZ H*, KG I* J*, dadurch zu stören, indem sie es betritt, um darauf insbesondere Grün- und Holzschnitt abzulagern.
2. Die beklagte Partei ist gegenüber der klagenden Partei weiters schuldig, ab sofort bei sonstiger Exekution jede in Pkt. 1. des Urteilsspruchs genannte Störungshandlung und jede ähnliche derartige Handlung zu unterlassen.
3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 720,00 samt 4 % Zinsen p.a. aus EUR 720,00 seit 2.9.2022 zu zahlen.“
Mit Klage vom 21. November 2022 zu K* des Erstgerichts begehrten die Beklagten als Kläger gegenüber dem Kläger als Beklagtem - soweit für dieses Verfahren relevant – folgendes Urteil :
„1. Es wird zwischen den Klägern und dem Beklagten festgestellt, dass den Klägern als Eigentümern der herrschenden GST L* und GST M*, diese inneliegend in der EZ N* KG I* J* und ihren Rechtsnachfolgern im Eigentum dieser Grundstücke gegenüber dem Beklagten als Eigentümer des dienenden GST G*, dieses inneliegend in der EZ H* KG I* J* und dessen Rechtsnachfolgern im Eigentum dieses Grundstücks die unentgeltlichen Dienstbarkeit[en] (i) des Gehens [...] über den in Beilage ./A rot skizzierten und mit „Fussweg“ beschrifteten Wiesenweg auf GST G* KG I* J*, [...] zusteht.
2. Der Beklagte ist gegenüber den Klägern schuldig, in die Einverleibung der in Punkt 1. des Urteilsspruchs genannten unentgeltlichen Dienstbarkeiten (i) des Gehens [...] über den in Beilage ./A rot skizzierten und mit „Fussweg“ beschrifteten Wiesenweg auf GST G* KG I* J*, […] ob der Liegenschaft EZ H* KG I* J* bestehend aus dem GST G* zugunsten der herrschenden GST L* und M* KG I* J*, inneliegend der EZ N* KG I* J* einzuwilligen.
3. Der Beklagte ist schuldig, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution, die auf dem GST G* KG I* J* errichtete Holzabsperrung, welche in Beilage ./B abgebildet ist, zu beseitigen.
4. Der Beklagte ist weiters schuldig, ab sofort bei sonstiger Exekution jede Einzäunung, Abschrankung oder Einengung des GST G* KG I* J*, wodurch […] das
Begehen [...] des in Beilage ./A rot skizzierten und mit „Fussweg“ beschrifteten Wiesenweges auf GST G* KG I* J* [...] gestört bzw. behindert wird, sowie jede ähnliche Störung des Geh- und Fahrrechtes der Kläger zu unterlassen.“
Der Kläger brachte in diesen Verfahren unter anderem vor, es gebe weder eine Notwendigkeit noch eine nachvollziehbare Rechtfertigung, um auf sein Grundstück zuzugreifen. Was sich bis 1963 in den Nachkriegswirren abgespielt habe sei irrelevant, weil damals die Situation vor Ort eine gänzlich andere gewesen sei. Damals habe es den O* noch nicht gegeben, die Leute seien willkürlich über Wildwechselwege und Steige bergan gestolpert und hätten eine mittlerweile versiegte Quelle genützt. Gerade um derlei zu unterbinden, sei vor über sechzig Jahren der O* errichtet worden, seitdem habe die Willkür ein Ende gefunden und es herrsche Rechtssicherheit. Selbstverständlich sei es seitdem weder notwendig noch erlaubt, über fremden Grund und Boden zu gehen oder diesen eigenmächtig zu nutzen. Es sei nicht nachvollziehbar, welches Recht die Beklagten ersessen haben sollten. Es bleibe nur das Gehrecht, dann aber würde es sich nach dem Vorbringen der Gegenseite um die bloße Ausübung eines Gemeinrechts handeln, weil ja angeblich Wanderer auch die ihnen offen stehende Nutzung in Anspruch nehmen würden. In Wahrheit sei niemand je auf die Idee gekommen, das Grundstück Nr. G* müsse für irgendeine Servitut herhalten.
Die beiden Verfahren wurden mit Beschluss vom 30. Jänner 2023 (ON 10) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Wesentliches Beweisthema der verbundenen Verfahren war, soweit hier relevant, ob die Beklagten oder deren Rechtsvorgänger eine Servitut an der Benützung des sogenannten „Wiesenwegs“ ersessen haben. Alle Parteien und die von diesen beantragten Zeugen wurden in der Tagsatzung vom 24. April 2023 vernommen.
Mit Urteil vom 15. Juni 2023 wurde das Klagebegehren
zu K* (actio confessoria) zur Gänze abgewiesen.
Unbekämpft festgestellt wurde unter anderem:
„Mit Kaufvertrag vom 20. September 1949 erwarben die Großeltern der Zweitbeklagten, P* und Dr. Q* R*, die Liegenschaft EZ N*, KG I* J*, inneliegend die Grundstücke Nr. L* und M* mit einer Gesamtfläche von 8.111 m². Zu diesem Zeitpunkt war die Liegenschaft mit der (derzeitigen) Adresse O* S* nur zu Fuß über einen Hohlweg im Wald und anschließend einen Trampelpfad über das Grundstück Nr. G* erreichbar.
Die Liegenschaft, inneliegend das Grundstück Nr. G*, stand im Eigentum eines nicht mehr feststellbaren Landwirts.
Mit Kaufvertrag vom 29. November 1960 erwarb T* U*, die Mutter der Nebenintervenientin (Mag. V* U*) , das Grundstück Nr. G*. Davor hatte es W*, der Tante der Nebenintervenientin gehört, die Schwestern tauschten jedoch die Grundstücke. Das Nachbargrundstück dieser Wiese, die Liegenschaft mit dem Grundstück Nr. **, gehörte danach W*, die mit P* R*, der Großmutter der Zweitbeklagten, befreundet war, und das auf der Liegenschaft befindliche Haus im Sommer bewohnte. Auch die Familie R* nützt das Haus bis zum heutigen Tag nur in der warmen Jahreszeit.
Am Ende der Straße, am Talschluss, erwarben die Eltern der Zeugin X* Y* in den 1950er Jahren eine Liegenschaft. In den 1960er Jahren wurde das Tal durch eine Straße aufgeschlossen, es wurde der O* errichtet. Es handelt sich dabei um eine einspurige Straße bis zum Ende des Tals, wo sich eine - nicht sehr komfortable - Umkehrmöglichkeit befindet.
Gegenüber des südlichen Grundstückes Nr. L* der EZ N* liegt, ebenfalls am O*, das Grundstück Nr. G*. Es handelt sich annähernd um ein Rechteck. Die nordöstliche Schmalseite liegt dabei auf dem O*. Anschließend an den O* weist das Grundstück auf rund 3/4 seiner Fläche eine Wiese auf, in seinem südwestlichen Viertel befindet sich ein Waldstück, in dem ein Wildbach verläuft und zwar an der südwestlichen Grenze.
Die auf dem Grundstück Nr. G* befindliche Wiese ist die einzige einigermaßen ebene unbewaldete Fläche am O*.
Auch nach Errichtung der Straße gingen die Familienmitglieder der Familie R* regelmäßig über die Wiesenfläche des Grundstücks Nr. G*. Sie nützten dabei einen Wiesenweg, um über die Wiese in den Wald zu gelangen. […] Andererseits nützten sie den Weg, um in den Wald und über das dort befindliche Bachbett, das man an dieser Stelle queren kann, auf einen Hohlweg zu gelangen, um dann dort oder im dahinter befindlichen ** spazieren zu gehen.
Weder der Voreigentümer noch T* U*, die Nebenintervenientin oder W* sagten vor dem Jahr 2017 jemals zu irgendeinem Mitglied der Familie R* und deren Nachkommen, dass sie mit deren Benutzung des Grundstücks Nr. G*, nämlich [...] dem über die Wiese gehen, [...] um spazieren zu gehen [...] nicht einverstanden gewesen wären.
Die Beklagten und ihre Rechtsvorgänger wussten aber stets, dass die Liegenschaft mit dem Grundstück Nr. G* nicht in ihrem Eigentum stand. Eine Vereinbarung, diese durch […] Begehen [...] zu benützen, gab es nicht.
W* und P* R* waren gut miteinander befreundet, besuchten einander gegenseitig und machten allfällige Unstimmigkeiten untereinander aus.
Der Wiesenweg wurde auch von anderen Nachbarn, unter anderem der Familie Y*, benützt.
Im Jahr 2004 erwarb Mag. Z* Eigentum an der Liegenschaft EZ N*, teilweise durch Einantwortung und teilweise durch Schenkung. Im Jahr 2014 schenkte sie die Liegenschaft ihrer Tochter, der Zweitbeklagten, und diese einen Hälfteanteil im Jahr 2015 dem Erstbeklagten.
Die Nebenintervenientin verkaufte die Liegenschaft mit dem Grundstück Nr. G* mit Kaufvertrag vom 4. April 2022 an den Kläger. Der Kläger kannte das Grundstück bereits, weil er seit Jahren als Forstarbeiter in dieser Gegend tätig war.“
Mit Urteil vom 30. November 2023 zu 3 R 110/23b in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 22. Februar 2024 gab das OLG Wien der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das Urteil im verbundenen Verfahren (actio confessoria), ab, sodass es insgesamt – soweit hier relevant – lautete:
„1. Es wird zwischen den klagenden Parteien und der beklagten Partei festgestellt, dass den klagenden Parteien als Eigentümern der herrschenden GST L* und GST M*, diese inneliegend in der EZ N* KG I* J*, und ihren Rechtsnachfolgern im Eigentum dieser Grundstücke gegenüber der beklagten Partei als Eigentümer des dienenden GST G*, dieses inneliegend in der EZ H* KG I* J*, und dessen Rechtsnachfolgern im Eigentum dieses Grundstücks die unentgeltliche Dienstbarkeit des Gehens über den in Beilage ./A rot skizzierten und mit „Fussweg“ beschrifteten Wiesenweg auf GST G* KGI* J* zusteht.
2. Die beklagte Partei ist gegenüber den klagenden Parteien schuldig, in die Einverleibung der in Punkt 1. des Spruchs genannten unentgeltlichen Dienstbarkeit des Gehens über den in Beilage ./A rot skizzierten und mit „Fussweg“ beschrifteten Wiesenweg auf GST G* KG I* J* einzuwilligen.
3. Die beklagte Partei ist schuldig, binnen 14 Tagen die auf dem GST G* KG I* J* errichtete Holzabsperrung, welche in Beilage ./B abgebildet ist, insoweit zu beseitigen, als sie das zu Punkt 1. festgestellte Recht beeinträchtigt.
4. Die beklagte Partei ist weiter schuldig, ab sofort bei sonstiger Exekution jede Einzäunung, Abschrankung oder Einengung des GST G* KG I* J*, wodurch das Begehen und Befahren mit Schubkarren des in Beilage ./A rot skizzierten und mit „Fussweg“ beschrifteten Wiesenweges auf GST G* KG I* J* [...] gestört bzw behindert wird, sowie jede ähnliche Störung des zu Punkt 1. zuerkannten Rechts der klagenden Parteien zu unterlassen.“
Begründend führte das Berufungsgericht zusammengefasst aus, die regelmäßige Nutzung des Grundstücks Nr G* durch die Eigentümer des Grundstücks EZ N* in der Weise des Begehens des Wiesenwegs sei als Ausübung von Rechtsbesitz zu werten. Der (Rechts-)Besitzwille gehe schon aus der regelmäßigen Ausübung objektiv hervor. Dass die Ersitzungswerber die Nutzung auf einen anderen Rechtsgrund zurückgeführt hätten, käme aus Sicht der Ersitzungsgegner nicht in Betracht. Die Ersitzungsgegner hätten nicht davon ausgehen können, dass die Eigentümer des Grundstücks EZ N* ihre Nutzung des Grundstücks auf Gemeingebrauch zurückführten. Die Nutzung sei durch die Ersitzungsgegner über mehr als 30 Jahre widerspruchslos geduldet worden. Darauf, dass den Eigentümern des Grundstücks EZ N* bewusst gewesen sei, nicht Eigentümer des Grundstücks Nr G* zu sein, komme es nicht an.
Zum Zeitpunkt des Erwerbs durch Dr. Q* R* und P* R* im September 1949 sei die Liegenschaft EZ N* überhaupt nur über das Grundstück Nr G* erreichbar gewesen. Insoweit begründe die unwidersprochene Nutzung die Vermutung der Redlichkeit. Umstände, die gegen die redliche Inanspruchnahme des Wiesenwegs sprächen, habe der Beklagte A* nicht bewiesen. Die Utilität des in Anspruch genommenen Rechts auf Nutzung des Weges sei durch Errichtung der Straße nicht weggefallen. Lediglich völlige Zwecklosigkeit, Unwirtschaftlichkeit oder die dauernde Unmöglichkeit der Ausübung hindere das Entstehen einer Dienstbarkeit oder lasse sie erlöschen. Der Zweck einer Wegeservitut entfalle grundsätzlich nicht allein deshalb, weil der Berechtigte seinen Grund auf einem anderen Weg erreichen könne (vgl RS0011688 [T3]; RS0011582 [T3]). Die Utilität könne wegfallen, wenn die Servitut infolge Veränderung der Umstände dem herrschenden Gut keinen Vorteil mehr bringe; dies sei bei einer Wegeservitut nur dann anzunehmen, wenn die nun zur Verfügung gestellte Straße nach Lage und Beschaffenheit einen vollen Ersatz für den dem Berechtigten zur Ausübung seines Geh- und Fahrrechtes benützten Servitutsweg biete. Jeder auch nur einigermaßen ins Gewicht fallende Vorteil genüge zur Annahme der Utilität. Der Zweck, einen Weg über ein fremdes Grundstück als bequemen Zugang zum anschließenden Waldgrundstück zu Erholungszwecken zu nützen, entspreche grundsätzlich dem Utilitätsprinzip. Dass das Grundstück EZ N* in den 1960er-Jahren (auch) durch die neu errichtete Straße zugänglich geworden sei, stehe nach diesen Grundsätzen der Ersitzung einer Wegedienstbarkeit am Grundstück Nr G* nicht entgegen: Die Möglichkeit, über den Wiesenweg den Wald zu Erholungszwecken zu erreichen, diene nach wie vor der vorteilhafteren Benutzung des Grundstücks EZ N*.
Der Kläger kennt den O* schon seit 2002 bzw 2003, weil er früher für die Familie BA* Holzarbeiten am ** durchgeführt hat. In der Folge wurde er auch mit Holzschnittarbeiten am Ende des O*, der ebenfalls der Familie BA* gehört, beauftragt. Im Jahr 2017 oder 2018 wurde er dabei von BB* angesprochen, der ihm erzählte, dass er in ** wohne und das Haus am O* als Sommerwohnsitz nütze. Seitdem führten sie im Winter gemeinsam Holzschnittarbeiten durch.
Die meisten Anrainer am O* kannte der Kläger nicht, weil er die Holzschnittarbeiten meistens im Spätherbst/Winter durchführte, während die Häuser am O* zumeist als Sommersitz genützt werden. Der Kläger ist im Sommer selten am O*. Seine Wohnadresse in B* liegt in rund 2,3 Kilometern Entfernung zur Liegenschaft der Beklagten.
Während des Verfahrens zu BC* und K* sprach der Kläger mit BB* auch über die beiden Verfahren. BB* sagte dabei zum Kläger, dass seine Frau eine Nichte der Frau Y* und die Familie Y* mit der Familie D* bekannt und befreundet sei, er bekomme nur Ärger, wenn er sich da einmische. Weiters sagte er zum Kläger, dass keiner für ihn als Zeuge gehen werde, weil hier alle miteinander „verbandelt“ seien.
Daraufhin nahm der Kläger keinerlei Kontakt mit den Bewohnern des O* auf. Er holte auch keinen Grundbuchsauszug ein.
Nach rechtskräftiger Beendigung des Vorverfahrens – etwa im April 2024 – sprach der Kläger neuerlich mit BB* über die Verfahren. Dieser sagte ihm, er verstehe das nicht, er solle einmal mit Herrn BD* sprechen, dieser wohne ganz unten am O*, dort wo die Asphaltstraße in den Schotter übergehe, und sei so alt, er könne etwas wissen.
Der Kläger „googelte“ Herrn BD*, konnte aber keine Telefonnummer herausfinden. Er fragte BB* nach einer Telefonnummer und rief Herrn BD* an. Bei einem Gespräch am 20. April 2024 sagte BD* zum Kläger, dass der O* auch schon vor dem Bau der Zufahrtsstraße als Weg habe begangen werden können. Es sei nicht richtig, dass die Liegenschaft O* S* nur über den Wiesenweg über das Grundstück des Klägers erreichbar gewesen sei.
Im Spätsommer 2024, als der Kläger eine Einfriedung um sein Grundstück errichtete, blieb BE* neben ihm stehen und sie kamen ins Gespräch. BE* sagte zum Kläger, dass sie ursprünglich als Zeugin für die (hier:) Beklagten aussagen hätte sollen, was offenbar verworfen worden sei. Weiters sagte sie, dass bei seiner Wiese nie ein Weg durchgegangen sei.
BD*, geb. **, ist Eigentümer der Liegenschaft mit der Adresse O* **. Seine Telefonnummer war über eine Goolge-Suche herauszufinden.
Zwischen der Liegenschaft der Beklagten und jener des BD* liegen zwar die Grundstücke Nr. ** und **, diese sind aber unbebaut. Insofern ist BD* der nächste Nachbar der Beklagten nach Norden.
BE*, geb. **, ist Eigentümerin der Liegenschaft O* **. BE* ist die unmittelbar angrenzende Nachbarin zu den Beklagten im Süden.
Der Kläger kannte alle Schriftsätze, die sein Rechtsvertreter in den Vorverfahren BC* und K* eingebracht hatte.
Der Kläger begehrte mit Wiederaufnahmsklage vom 17.5.2024 die Aufhebung des Urteils im Vorverfahren im Umfang der Klagsstattgebung und brachte zusammengefasst vor, dass er sich im Vorfeld des Prozesses sehr intensiv bemüht habe, Zeugen ausfindig zu machen, die zumindest seit den 50er/60er Jahren als damals weitestgehend Volljährige eigene Wahrnehmungen zum angeblich allgemein zugänglichen Gebrauch seines Wiesengrundstücks gehabt hätten, dies sei ihm aber nicht gelungen, weil die meisten bereits verstorben seien.
Das Oberlandesgericht Wien habe der Berufung der Beklagten teilweise stattgegeben. Das Berufungsgericht habe ausgeführt, dass die Liegenschaft von Dr. Q* R* und P* R* im September 1949 überhaupt nur über das Grundstück Nr G* erreichbar gewesen sei. Daher begründe die unwidersprochene Nutzung des Wiesenweges die Vermutung der Redlichkeit.
Nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens Anfang April 2024 habe ein entfernter Nachbar, Herr BB* (richtig: BB*), den Kläger auf den Prozess angesprochen und ihm eine Kontaktmöglichkeit zu Herrn BD* (richtig: BD*) mitgeteilt. Am 20. April 2024 habe der Kläger Kontakt zu Herrn BD* aufgenommen, der ihm gesagt habe, dass es den von der Zeugin Y* genannten Hohlweg nie gegeben habe und der O* auch vor dessen Ausbau als Zufahrtsstraße schon immer begangen werden habe können. Es sei daher nicht richtig, dass das Grundstück EZ N* nur über den Wiesenweg auf der Liegenschaft des Klägers erreichbar gewesen sei. Herr BD* habe ihm auch noch eine weitere Zeugin genannt, nämlich Frau BE*, die dessen Angaben bestätigt habe. Der Kläger selbst habe keine persönlichen Wahrnehmungen, Herr BB* habe sich geweigert, im Vorprozess als Zeuge auszusagen. Das habe der Kläger respektiert. Ausgehend von dem Telefonat am 20. April 2024 sei die Wiederaufnahmsklage rechtzeitig.
Die Beklagtenbestritten das Klagebegehren, beantragten Klagsabweisung und brachten zusammengefasst vor, der Kläger habe im Vorprozess gar nicht behauptet, dass die Liegenschaft O* S* schon seit 1949 über den schon bestehenden O* erreichbar gewesen sei, vielmehr habe er vorgebracht, dass es diesen Weg noch nicht gegeben habe, sondern die Leute „willkürlich über Wildwechselwege und Steige bergan gestolpert“ seien. Der Kläger habe daher ausdrücklich zugestanden, dass es den O* bis 1963 nicht gegeben habe. Der Kläger bringe nicht vor, weshalb er im Vorprozess keine weiteren Zeugen namhaft machen habe können. Er habe es offensichtlich unterlassen, während des anhängigen Vorprozesses entsprechende Zeugen zu suchen. In einem Servitutsstreit sei es naheliegend, zumutbar und geboten, Anrainer, Nachbarn und Kenner der Situation (zB Holzarbeiter, die den Weg benützten) zum Sachverhalt zu befragen und sie gegebenenfalls als Zeugen zu benennen. Der vom Kläger nun genannte Herr BB* sei kein entfernter Nachbar, sondern sein Freund und quasi ein Anrainer. Ihn hätte der Kläger bereits im Rahmen des Vorprozesses fragen können. Den Kläger treffe daher ein die Wiederaufnahme hinderndes Verschulden im Sinne von § 530 Abs 2 ZPO.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab.
Es traf die eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen und folgerte rechtlich (ebenfalls zusammengefasst), die Wiederaufnahmsklage sei gesetzmäßig ausgeführt. Sollte sich herausstellen, dass die Liegenschaft auch über einen anderen (nämlich den O*)Weg zu erreichen gewesen wäre, so sei diese Tatsache abstrakt geeignet, eine Änderung der Berufungsentscheidung herbeizuführen. Nach § 530 Abs 2 ZPO sei die Wiederaufnahme eines Verfahrens, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden sei, wegen der in § 530 Abs 1 Z 6 und 7 ZPO genannten Umstände aber nur dann zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande gewesen sei, die neuen Tatsachen oder Beweismittel vor Schluss der mündlichen Verhandlung, auf welche die Entscheidung erster Instanz erging, geltend zu machen. Dabei habe der Kläger den Mangel des Verschuldens zu behaupten und zu beweisen. Verschulden liege vor, wenn die Partei im Hauptprozess Zeugen zu führen unterlasse, von denen sie voraussetzen musste, dass [ihnen] die zu erweisenden Tatsachen bekannt sind, oder wenn die Partei nichts unternommen habe, um während des Verfahrens den Aufenthalt eines Zeugen zu ermitteln. Wenn der Kläger vorbringe, er habe sich intensiv bemüht, Zeugen ausfindig zu machen, so stehe dies im Widerspruch zu dem auf seine eigenen Angaben gestützten Sachverhalt. Demnach habe er nach der Aussage des BB*, dass ihm keiner als Zeuge gehen werde, gar keinen Kontakt mit den Bewohnern des O* aufgenommen. Der Kläger habe sich aber nicht auf die Angaben des BB* verlassen dürfen, vielmehr wäre es an ihm gelegen gewesen, sich intensiv zu bemühen, Zeugen ausfindig zu machen. Dass hier zunächst alle Liegenschaftseigentümer am O* als Zeugen in Frage kommen, liege auf der Hand. Die Liegenschaft der Beklagten trage die Adresse O* S*, es sei davon auszugehen, dass außer den allenfalls „verbandelten“ Familien und den Beklagten noch weitere potentielle Zeugen den O* oder dessen unmittelbare Umgebung bewohnen, die in der Lage und bereit gewesen wären, Angaben über die frühere Benützung des O* zu machen.
Der Kläger sei zwar meist im Winter am O*, während die Anwohner und damit potentiellen Zeugen diesen in der Regel als Sommersitz benützten. Aufgrund der räumlichen Nähe seines Wohnorts zum O* wäre es dem Kläger aber zumutbar gewesen, diesen auch zu einer anderen Jahreszeit aufzusuchen oder zu versuchen, die Anwohner auf anderem Weg zu erreichen. Der Kläger habe aber nach dem Gespräch mit BB* überhaupt nicht versucht, mit den Bewohnern des O* Kontakt aufzunehmen.
Außerdem seien Wahrnehmungen über den früheren Zustand des O* nicht auf die Anwohner selbst beschränkt. Allenfalls hätten auch Bewohner der Umgebung oder eine Nachfrage am Gemeindeamt Aufschluss darüber geben können, seit wann der O* als solcher benützbar war. Auch solche Erhebungen habe der Kläger nicht getätigt, vielmehr habe er im Verfahren K* eingewendet, im Jahr 1963 habe es den O* noch nicht gegeben. Dieses Vorbringen sei (in beiden Instanzen) unbestritten geblieben und sei daher dementsprechend festgestellt worden, dass im Jahr 1949 die Liegenschaft mit der (derzeitigen) Adresse O* S* nur zu Fuß über einen Hohlweg im Wald und anschließend einen Trampelpfad über das Grundstück Nr. G* erreichbar war.
Gegenstand des Verfahrens K* (als faktische Widerklage zu F*) sei aber die Frage des Vorliegens eines Servitutswegs gewesen. Wesentliches Beweisthema sei die Ersitzung einer Servitut durch die (hier:) Beklagten oder deren Rechtsvorgänger gewesen. Im Rahmen seiner Diligenzpflicht wäre der Kläger verpflichtet gewesen, schon nach Erhalt der Servitutsklage zumutbare Erhebungen zur Ausforschung der tatsächlichen Gegebenheiten am O* anzustellen, auch wenn ihm BB* gesagt habe, dass die Anwohner verbandelt seien und nicht als Zeugen gehen würden.
Da dem Kläger im Rahmen seiner Dilligenzpflicht ein Verschulden an der Unterlassung der zumutbaren Erhebungen vorzuwerfen sei, sei die Wiederaufnahmsklage abzuweisen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in klagsstattgebendem Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragen, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Der Berufungswerber vertritt zusammengefasst die Rechtsansicht, er sei im Vorverfahren K* lediglich Beklagter gewesen, an ihn sei daher ein weniger strenger Sorgfaltsmaßstab hinsichtlich seiner prozessualen Diligenzpflicht anzulegen als an einen Kläger. Er habe im Vorverfahren insbesondere nicht beweisen müssen, dass an seinem Grundstück keine Gehservitut begründet worden sei. Der Kläger sei mit seinem Prozessstandpunkt als Beklagter des Vorverfahrens in erster Instanz zur Gänze durchgedrungen. Ihm könne daher kein Verstoß gegen seine prozessuale Diligenzpflicht zur Last gelegt werden. Es sei ihm nicht vorzuwerfen, dass er sich nicht schon im Vorverfahren intensiv bemüht habe, rascher die in der Wiederaufnahmsklage angeführten Zeugen ausfindig zu machen.
2. Der Berufungswerber meint, dass die von ihm neu aufgefundenen Beweise zu einer Abweisung des Klagebegehrens der Beklagten im Vorverfahren geführt hätten, zumal eine Ersitzung des Fußweges an der fehlenden Redlichkeit der Voreigentümer der Liegenschaft EZ N* gescheitert wäre; dies weil die Vernehmung der von ihm genannten Zeugen ergeben hätte, dass die Liegenschaft im Zeitpunkt des Erwerbs durch die Voreigentümer im September 1949 nicht nur über das Grundstück Nr G* erreichbar war.
3.Die Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO setzt die Geltendmachung neuer Tatsachen voraus, die schon vor Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz entstanden waren, oder von – auch erst später entstandenen – Beweismitteln, die sich auf bereits früher vorhandene Tatsachen beziehen. Voraussetzung dafür, dass solche neue Beweismittel einen Wiederaufnahmsgrund darstellen, ist, dass die damit zu beweisenden Tatsachen bereits im Vorprozess behauptet wurden – wurden diese nicht vorgebracht, so ist die Berufung auf derartige Tatsachen ausgeschlossen ( Ploier in Höllwerth/Ziehensack , ZPO-Taschenkommentar § 530 Rz 11).
4.§ 1463 ABGB verlangt redlichen (Rechts-)Besitz. Redlichkeit bedeutet nur den guten Glauben an die rechtmäßige Zugehörigkeit im weiteren Sinn, den Glauben, durch das Haben und Behalten der Sache (oder des Rechts) niemandes Recht zu verletzen. Da die Redlichkeit des Besitzers vermutet wird (§ 328 ABGB) hat der Ersitzungsgegner den Beweis der Unredlichkeit zu erbringen (
5.Der Kläger hat einerseits im Vorverfahren keine Tatsachenbehauptungen zur angeblichen Unredlichkeit der Erwerber des Grundstücks EZ N* aufgestellt. Er kann sich andererseits angesichts der ihm obliegenden Behauptungs- und Beweislast für die Unredlichkeit der Gegenseite auch nicht auf den Standpunkt zurückziehen, er sei im Vorverfahren bloß Beklagter gewesen, weshalb ihn kein Verschulden daran treffe, die in Rede stehenden Beweismittel nicht bereits im Vorverfahren beantragt zu haben. Auf die zutreffenden Rechtsausführungen des Erstgerichts ist zu verweisen (§ 500a ZPO) und ergänzend festzuhalten: Eine rechtskundig vertretene Partei unterliegt einem strengeren Verschuldensmaßstab als die rechts- und prozessunkundige Partei. Ist der Vorprozess bereits im Gange, ist der Grad der Diligenzpflicht für den Kläger und für den Beklagten im Übrigen gleich hoch. Beide müssen in gleichem Maß zur Vollständigkeit der Verhandlungs- und Entscheidungsgrundlagen beitragen. Wie gerade dargestellt hätte der Kläger eine Unredlichkeit seiner eine Ersitzung behaupteten Prozessgegner nachweisen müssen. Er hat aber selbst vorgebracht, dass es vor 1963 den O* noch nicht gegeben hat und die Leute willkürlich über Wildwechsel und Steige bergan gestolpert seien.
Ein Verstoß gegen die prozessuale Diligenzpflicht liegt vor, wenn die Partei nicht die zumutbaren Handlungen zur Ermittlung der vorzubringen Tatsachen setzt, die dann durch die Beweismittel erwiesen werden sollen. Die prozessuale Diligenzpflicht ist auch dann verletzt, wenn eine Partei nicht die ihr zumutbaren Erhebungen zur Ausforschung der zur Dartuung ihres Prozessstandpunktes erforderlichen Zeugen und sonstigen Beweismittel vornimmt. Verschulden liegt etwa auch dann vor, wenn die Partei im Hauptprozess Zeugen zu führen unterlässt, von denen sie voraussetzen musste, dass ihnen die zu erweisenden Tatsachen bekannt sind, oder bereits bestehende Beweismittel nicht anbietet ( Jelinek in Fasching/Konecny 3§ 530 ZPO Rz 200 ff).
6.Nach den Feststellungen des Erstgerichts erfuhr der Kläger bereits während des Verfahrens von BB* von der Existenz potentieller weiterer Zeugen, die am O* wohnen und Wahrnehmungen zu dessen Geschichte haben können. Dass der Kläger davon ausgehend keinen Kontakt mit den Bewohnern des O* aufnahm, um solche Zeugen zu eruieren, begründet nach zutreffender Rechtsansicht des Erstgerichts ein die Bewilligung der Wiederaufnahme hinderndes Verschulden im Sinne von § 530 Abs 2 ZPO.
Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.
Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands beruht auf § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO und folgt der Bewertung des Klägers.
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen. Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO genannten Qualität und von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung waren nicht zu lösen.
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