Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Atria als Vorsitzenden sowie die Richter Mag. Schmoliner und Mag. Marchel in der Rechtssache der klagenden Partei A*, geboren am **, **, vertreten durch die SAILER, SCHÖN NAGY Rechtsanwälte in Bruck an der Leitha, wider die beklagte Partei B*, geboren am **, **, vertreten durch die AVIA RECHTSANWÄLTE Dr. Alexander Knotek Mag. Florian Knotek LL.M. RAe GesbR, wegen EUR 56.432,14 sA, hier wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 19.12.2024, ** 8, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
I. Die Eingabe der Beklagten vom 2.1.2025 (ON 10) wird zurückgewiesen .
II. Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er unter Einschluss der unbekämpft gebliebenen Kostenentscheidung lautet:
„1. Der beklagten Partei wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung des Einspruchs gegen den Zahlungsbefehl vom 15.10.2024 bewilligt.
2. Die Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 28.11.2024 wird aufgehoben.
3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.800,42 (darin EUR 300,07 an USt) bestimmten Kosten der Äußerung vom 12.12.2024 binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.243,94 (darin EUR 373,99 an USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung
Mit Mahnklage vom 14.10.2024 begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung von EUR 56.432,14 samt Anhang. Die Beklagte sei eingeantwortete Alleinerbin nach ihrer am 25.6.2022 verstorbenen Mutter. Unter Berufung auf Vermächtnisse zu seinen Gunsten, ein Pflichtteilsergänzungsübereinkommen, von ihm ausgelegte Begräbniskosten und sonstige Kosten des Verlassenschaftsverfahrens und Entlohnungsforderungen aus seiner Tätigkeit als einstiger Erwachsenenvertreter der Verstorbenen stünden dem Kläger Ansprüche gegen die Beklagte in Höhe des Klagsbetrags zu.
Der Zahlungsbefehl wurde der Beklagten durch eigenhändige Übernahme am 17.10.2024 zugestellt. Sie erhob durch den Beklagtenvertreter dagegen Einspruch, welcher am 15.11.2024 bei Gericht einlangte. Mit Beschluss vom 15.11.2024 wies das Erstgericht den Einspruch als verspätet zurück, weil die Einspruchsfrist mit 14.11.2024 geendet habe.
Gegen die Versäumung dieser Frist beantragte die Beklagte am 29.11.2024 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden mit der (erneuten) Erhebung des Einspruchs sowie die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung. Aufgrund der Angaben der Beklagten, der Zahlungsbefehl sei ihr am 21.10.2024 zugestellt worden, sei in der Kanzlei des Beklagtenvertreters als Ende der Einspruchsfrist zunächst der 18.11.2024 in Evidenz gehalten worden. Entgegen der ausdrücklichen Weisung des Beklagtenvertreters und den Organisationsabläufen in seiner Kanzlei habe die zuständige Mitarbeiterin es aber in der Folge irrtümlich unterlassen, das Zustelldatum durch einen Anruf bei Gericht zu objektivieren. Dies sei der langjährigen und bislang gewissenhaft arbeitenden Kanzleiangestellten erstmals passiert, bedingt durch Krankenstände anderer Mitarbeiter und die damit verbundene Arbeitsüberlastung. Es sei daher von einem einmaligen und entschuldbaren Versehen auszugehen.
Der Kläger sprach sich gegen die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Das Fristversäumnis beruhe nicht auf einem Versehen einer Kanzleimitarbeiterin, sondern der groben Nachlässigkeit der Beklagten selbst. Es würde den Sorgfaltsmaßstab eines Parteienvertreters überspannen, müsste dieser bei jedem Einspruch durch einen Anruf bei Gericht das richtige Zustelldatum verifizieren. Er dürfe sich darauf verlassen, dass eine verständige Partei ihm das richtige Zustelldatum mitteile.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Wiedereinsetzungsantrag und den damit verbundenen Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung ab. Es traf dazu die nachstehend zusammengefasst wiedergegebenen Feststellungen (Seiten 3 bis 4 der Beschlussausfertigung):
Anlässlich des Beratungsgesprächs in den Kanzleiräumlichkeiten des Beklagtenvertreters am 4.11.2024 teilte die Beklagte diesem mit, sie habe den bedingten Zahlungsbefehl am 21.10.2024 übernommen. Der Beklagtenvertreter beauftragte die zuständige Mitarbeiterin mit der Aktenanlage und der Erfassung der Einspruchsfrist. Im Organisationsablauf der Kanzlei haben die Mitarbeiter die ausdrückliche Weisung, sich zum Zwecke der Fristerfassung telefonisch über das Datum der Zustellung eines Zahlungsbefehls beim zuständigen Gericht zu erkundigen und aufgrund der dadurch erlangten Auskünfte und somit nicht auf Basis der von den Mandanten erteilten Informationen den Fristenlauf zu erfassen. Am 4.11.2024 musste die zuständige Kanzleiangestellte aber wegen Krankenständen/Abwesenheiten anderer Mitarbeiter die Sekretariatsarbeiten alleine bewerkstelligen. Aus diesem Grund vergaß sie, sich bei Gericht telefonisch über das Zustelldatum zu erkundigen und vermerkte als Fristende sowohl im handschriftlich geführten Fristenbuch als auch im EDV System den 18.11.2024. Dabei ging sie irrtümlich selbst davon aus, bei Gericht angerufen und als Zustelldatum den 21.10.2024 erfahren zu haben. Ein derartiges Versehen ist der seit 2014 in der Kanzlei des Beklagtenvertreters beschäftigten, fleißigen und zuverlässigen Mitarbeiterin erstmals unterlaufen. Im Organisationsablauf der Kanzlei gibt es zwar ein standardisiertes Kontrollsystem durch regelmäßige, stichprobenartige und persönliche Nachprüfung der Fristenerfassung durch den Beklagtenvertreter. Die unrichtige Eintragung der Einspruchsfrist in Fristenbuch und EDV-System fiel aber erst mit der Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses am 15.11.2024 auf.
Rechtlich folgerte das Erstgericht, dass das festgestellte Versäumnis der Kanzleimitarbeiterin lediglich auf leichter Fahrlässigkeit beruhe und daher grundsätzlich entschuldbar sei. Der Beklagtenvertreter verantworte darüber hinaus kein Organisationsverschulden, weil er seinen Mitarbeitern die Weisung erteilt habe, sich betreffend fristauslösende Ereignisse nicht allein auf die Informationen der Mandanten zu verlassen, sondern diese beim zuständigen Gericht zu verifizieren. Derart erfolge die Inevidenznahme von Fristen schon seit Jahren in der Kanzlei. Jedoch beruhe das Fristversäumnis auch auf dem eigenen Verschulden der Beklagten. Von einer vernünftigen und durchschnittlich gewissenhaften Person sei angesichts der Bedeutung der vorzunehmenden Handlung zu erwarten, dass sie dem Zustelldatum eines gerichtlichen Zahlungsbefehls, den sie zu beeinspruchen beabsichtige, ein gebührendes Maß an Aufmerksamkeit zuteil werden lasse. Dass die Beklagte ihrem Vertreter als Datum der persönlichen Übernahme des Zahlungsbefehls den 21. statt den 17.10. mitgeteilt habe, stelle daher ein grob fahrlässiges Verhalten dar.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des Beschlusses im Sinne einer Antragsstattgebung.
Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist berechtigt .
I. Die – gegenüber dem Rekurs ON 9 uhrzeitlich später eingebrachte – Eingabe der Klägerin vom 2.1.2025 (ON 10), die sich inhaltlich auf das Wiedereinsetzungsverfahren bezieht, steht dem Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels entgegen. Nachträge, Ergänzungen oder Berichtigungen eines Rechtsmittels sind, selbst wenn sie noch innerhalb der Rekursfrist erfolgen, nicht zulässig. Die Stellungnahme der Klägerin war daher zurückzuweisen ( Kodek in Fasching/Konecny 3II/2 § 85 ZPO Rz 141 mwN; RS0041666).
II.1 Die Beklagte argumentiert, dass an sie als juristische Laiin ein bloß geringer Sorgfaltsmaßstab anzulegen sei. Dass sie ihrem Rechtsvertreter das falsche Zustelldatum genannt habe, beruhe auf einem minderen Grad des Versehens und könne auch einer vernünftigen, durchschnittlich gewissenhaft handelnden Person passieren.
2.1 Gemäß § 146 Abs 1 ZPO ist einer Partei dann, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis am rechtzeitigen Erscheinen bei einer Tagssatzung oder an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
2.2 Eine Wiedereinsetzung ist daher ausgeschlossen, wenn das Verschulden des Wiedereinsetzungswerbers auf grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz beruht. Grobe Fahrlässigkeit bezeichnet jene Fälle auffälliger Sorglosigkeit, in denen die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maß verletzt wurde oder naheliegende Überlegungen nicht angestellt wurden, also eine Sorgfaltswidrigkeit, die einem ordentlichen Menschen in der gegebenen Situation keinesfalls unterlaufen wäre ( Melzer in Kodek/Oberhammer, ZPOON § 146 ZPO Rz 13 [Stand 9.10.2023, rdb.at]; Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 146 Rz 7; Ziehensack in Höllwerth/Ziehensack, ZPO § 146 Rz 27; RS0036795). Ob eine auffallende Sorglosigkeit oder (nur) eine Sorglosigkeit minderen Grades vorliegt, ist regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls abhängig (5 Ob 185/15i; 9 ObA 57/02a).
Stets ist aber im Einzelfall unter Bedachtnahme auf die persönlichen Verhältnisse zu entscheiden, ob das sorgfaltswidrige Verhalten erheblich von dem eines maßgerechten Durchschnittsmenschen abweicht. Dabei ist an rechtskundige Personen insbesondere an die Parteienvertreterein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige Parteien. Rechtsanwälte sind daher am Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB zu messen ( Deixler/Hübner in Fasching/Konecny 3 II/3 § 146 Rz 55). Es muss geprüft werden, ob der konkrete Fehler ebenso einem gewissenhaften und umsichtigen Rechtsanwalt mit den selben individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen gelegentlich unterläuft oder ob der Fehler auf eine auffallende Sorglosigkeit des konkreten Parteienvertreters zurückzuführen ist ( Gitschthaler aaO Rz 8/2).
2.3 Die Erfassung und die Überwachung des Fristenwesens zählt zu den wichtigsten Vorkehrungen in einer Rechtsanwaltskanzlei, für die der Rechtsanwalt persönlich Sorge zu tragen hat ( Ziehensack aaO Rz 33). Hier spielt vor allem die Kanzleiorganisation eine Rolle. Im Zusammenhang mit einem Fristenvormerkungsfehler ist zu überprüfen, ob es sich um eine bisher zuverlässige Kanzleikraft gehandelt hat, oder ob dieser schon öfter Fehler unterlaufen sind. Ist einer bisher einwandfrei und zuverlässig arbeitenden Angestellten ein Versehen passiert, ist davon auszugehen, dass der Anwalt keine Veranlassung zu einer intensiven Überwachung gehabt hat und ihm daher kein oder bloß ein minderer Grad des Verschuldens zu unterstellen ist es sei denn, ihm ist eine Verletzung seiner Überwachungs und Kontrollpflichten vorzuwerfen. Grundsätzlich muss der Anwalt seinen Kanzleibetrieb so organisieren, dass auch die richtige Vormerkung von Terminen und die fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen sichergestellt werden kann ( Deixler Hübner aaO Rz 56). Eine Kontrolle jeder erforderlichen Eintragung im Fristenbuch, die von einer erfahrenen und verlässlichen Kanzleikraft vorgenommen wird, also eine „Überwachung auf Schritt und Tritt“, ist aber nicht erforderlich (VwGH 92/09/0043).
2.4 Ein Rechtsanwalt darf sich zwar grundsätzlich auf korrekte Auskünfte des Mandanten betreffend den Zustelltag verlassen; er handelt aber grob schuldhaft, wenn er sich auf lediglich unbestimmte Angaben der (rechtsunkundigen) Partei dazu verlässt ( Klauser/Kodek, JNZPO 18E 91, 92 zu § 146 ZPO). In einem solchen Fall ist der Rechtsanwalt vielmehr verpflichtet, vor einem Fristeintrag selbst oder durch seine Mitarbeiter das richtige Zustelldatum durch telefonische Anfrage bei Gericht oder Akteneinsicht zu ermitteln. Er darf sich nicht mit bloßen Vermutungen, Annahmen oder Unterstellungen begnügen (vgl 10 ObS 201/93; OLG Wien 9 Ra 121/14a; RW0000144).
3.1 Grundsätzlich empfiehlt es sich daher für einen Rechtsvertreter, sich nicht allein auf die mündlichen Auskünfte seiner rechtsunkundigen Mandanten zu verlassen, was im Umkehrschluss die Partei selbst abhängig von den Umständen des Einzelfalls im eigenen Verantwortungsbereich entlasten kann. Sucht die Partei – wie hier – noch während der „deutlich“ offenen Einspruchsfrist die Kanzlei ihres künftigen Rechtsvertreters auf und irrt sie sich im Beratunsgespräch mit diesem nur um ein paar Tage über das tatsächliche Zustelldatum, liegt ein Fehler vor, der auch einem sorgfältig handelnden, rechts un kundigen Menschen gelegentlich unterlaufen kann. So handelt ein juristischer Laie in der Regel nicht grob fahrlässig, wenn er die Frist für eine Prozesshandlung nicht ab dem Datum der Hinterlegung, sondern erst ab dem Tag der Abholung des Schriftstücks berechnet (vgl Frauenberger, Wiedereinsetzung nach der ZPO bei verschuldeter Säumnis, ÖJZ 1992, 113 [117f] mwN; VfSlg 11.186). Darin, dass hier die Beklagte versehentlich ein falsches Zustelldatum bekanntgab und sich aufgrund der jedenfalls rechtzeitigen Beauftragung eines Rechtsanwalts auf die fristgerechte Erhebung eines Einspruchs durch diesen verließ, ist daher auch noch kein grob fahrlässiges Verhalten einer Partei zu erblicken.
3.2 Zutreffend haben sowohl das Erstgericht als auch der Kläger ausgeführt, dass das einmalige Versehen der Kanzleimitarbeiterin des Beklagtenvertreters noch kein auffallend sorgloses Verhalten darstellt. Die Partei hat zwar die Handlungen und Versäumnisse ihres Vertreters sowie von dessen Kanzleiangestellten gegen sich gelten zu lassen und deren Verschulden zu vertreten (vgl RS0036729). Dem Sachverhalt zufolge hat die zuständige Kanzleimitarbeiterin aber bislang viele Jahre hindurch sorgfältig und gewissenhaft gearbeitet. Ein Versehen wie das vorliegende war ihr zuvor noch nie unterlaufen, sodass von einem bloß minderen Grad ihres Verschuldens auszugehen ist. Der Kanzleibetrieb des Beklagtenvertreters ist überdies so organisiert, dass die Erhebung fristauslösender Ereignisse nicht (nur) auf den (zuweilen unbestimmten) Informationen der Mandanten beruht, sondern auch auf Anfragen bei Gericht. Zudem überprüft der Beklagtenvertreter stichprobenartig die Richtigkeit der Fristerfassung durch seine Mitarbeiter; eine durchgängige Kontrolle - sozusagen „auf Schritt und Tritt“ – würde dagegen seine Sorgfaltspflichten überspannen, sodass ihm auch im konkreten Fall kein Organisations- bzw Überwachungsverschulden vorzuwerfen ist.
Dies gilt umso mehr, als eine Verpflichtung des Rechtsanwalts, die Angaben des Klienten stets durch Anfragen bei Gericht zu überprüfen, grundsätzlich nicht besteht, es sei denn, die Angaben erscheinen ihm aufgrund besonderer Umstände unverlässlich bzw unbestimmt (siehe dazu schon oben; vgl 10 ObS 201/93; EFSlg 98.198). Die Unterlassung der Mitteilung einer Partei an ihren Anwalt, dass das Versäumungsurteil bereits einen Tag vor der Behebung hinterlegt wurde, und die Unterlassung einer diesbezüglichen Frage des Anwalts begründen nur ein Versehen minderen Grades (OLG Wien REDOK 9801). Zu OLG Wien, 16 R 104/13a, war der Parteienvertreter ebenfalls nicht verpflichtet, die Angabe eines bestimmten (unrichtigen) Zustelldatums durch die Partei zu hinterfragen; von einem grob fahrlässigen Handeln wurde nicht ausgegangen.
3.3 Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung hätte es infolge des von der Beklagten konkret genannten Zustelldatums für den Beklagtenvertreter gar keine Anhaltspunkte gegeben, die Richtigkeit dieser Information anzuzweifeln. Dessen ungeachtet wären aufgrund der Organisationsabläufe in der Kanzlei ohnehin eine Objektivierung des Zustelldatums durch Anfrage bei Gericht und – vermutlich – dessen Richtigstellung erfolgt. Dass aber – neben der irrtümlichen Angabe der Beklagten - der sonst zuverlässig und gewissenhaft arbeitenden Kanzleiangestellten aufgrund von Arbeitsüberlastung und Personalknappheit am betreffenden Tag durch Unterlassung einer derartigen Anfrage ein einmaliges Versehen passierte, ist eine unglückliche Verkettung von Umständen, die in Summe noch nicht den minderen Grad des Versehens gemäß § 146 Abs 1 letzter Satz ZPO überschreiten.
4.1 Damit war dem Rekurs Folge zu geben, die Wiedereinsetzung zu bewilligen und die Vollstreckbarkeitsbestätigung aus Gründen der Rechtssicherheit aufzuheben ( Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 150 Rz 1/2). Die Bewilligung der Wiedereinsetzung bewirkt ansonsten, dass aufgrund der Versäumung ergangene Entscheidungen wegfallen. Prozessbeendende Beschlüsse – wie hier über die Zurückweisung des Einspruchs (ON 5) – bedürfen daher keiner gesonderten Aufhebung; ein Aufhebungsbeschluss hätte nur deklarative Wirkung (vgl GitschthaleraaO Rz 1/1). Die erstinstanzliche Kostenentscheidung war im Übrigen wegen der in § 154 ZPO vorgesehenen Kostenersatzpflicht des Wiedereinsetzungswerbers unabhängig vom Ausgang des Hauptprozesses nicht abzuändern (vgl Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 154 Rz 2/1).
4.2 Auf § 154 ZPO stützt sich auch die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens. Die Beklagte hat daher trotz ihres erfolgreichen Rekurses die dafür verzeichneten Kosten selbst zu tragen und dem Kläger die Kosten seiner erfolglos gebliebenen Rekursbeantwortung zu ersetzen (vgl Obermaier, Kostenhandbuch 4 Rz 1.303 mwN).
4.3 Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 153 ZPO.
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