Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Weixelbraun als Vorsitzenden sowie die Richter Mag. Böhm und Mag. Eilenberger-Haid in der Rechtssache der klagenden Partei A*, geb. **, **, USA, vertreten durch die Kerres Rechtsanwalts GmbH in Wien, wider die beklagte Partei B* GmbH Co KG , FN **, ** , vertreten durch Mag. Max Wälde-Sinigoj, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, und den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei C* , **, Paraguay, vertreten durch Dr. Josef Wolff, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen (zuletzt) EUR 211.714,73, hier wegen Rückzahlung der aktorischen Kaution, über den Kostenrekurs der beklagten Partei (Rekursinteresse [ richtig ]: EUR 600,8 4 ) gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 18.12.2024, **-89, in nichtöffentlicher Sitzung den
B e s c h l u s s
gefasst:
Der Rekurs wegen Nichtigkeit wird verworfen .
Im Übrigen wird dem Rekurs Folge gegeben und die Kostenentscheidung unter Spruchpunkt 2. des angefochtenen Beschlusses wie folgt abgeändert :
„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 140,85 netto bestimmten weiteren Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu Handen des Klagevertreters zu ersetzen.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 203,95 (darin EUR 33,99 USt) bestimmten Kosten ihres Kostenrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Der Kläger begehrte die Rückzahlung des von ihm an die Beklagte für ein Gemälde gezahlten Kaufpreises sowie den Ersatz frustrierter Kosten und ihm entstandener Aufwendungen.
Über Antrag der Beklagten (ON 5) trug das Erstgericht dem Kläger mit Beschluss vom 14.6.2022 gemäß § 57 Abs 1 ZPO den Erlag einer aktorischen Kaution in Höhe von EUR 30.000 auf (ON 6). Diesen Betrag erlegte der Kläger in der Folge bei Gericht.
Mit unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem Urteil vom 11.11.2024 (ON 87) gab das Erstgericht dem Klagebegehren überwiegend statt, wies das Mehrbegehren ab und verpflichtete die Beklagte dem Kläger gegenüber zum Kostenersatz.
Am 17.12.2024 beantragte der Kläger die Rückzahlung der von ihm erlegten aktorischen Kaution (ON 88). Für diesen Antrag verzeichnete er nachstehende Kosten:
„ Kostenverzeichnis: (Streitwert EUR 196.764,20)
TP 2 EUR 576,20
50 % Einheitssatz EUR 288,10
10 % Streitgenossenzuschlag EUR 86,43
ERV-Zuschlag EUR 2,60
Zwischensumme EUR 953,33
20 % USt EUR 190,67
ERV EUR 0,30
Gesamtsumme EUR 1.144,30 “
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 89) ordnete das Erstgericht die Rückzahlung der erlegten aktorischen Kaution an (Spruchpunkte 1. und 3.) und verhielt (2.) die Beklagte zum Ersatz der mit EUR 741,69 ohne USt bestimmten Kosten des Rückzahlungsantrags.
Zur Kostenentscheidung führte es begründend aus, diese basiere auf § 43 Abs 1 ZPO, weil nachträglich entstandene Kosten im Anspruchsgrund das Schicksal der im Hauptverfahren verzeichneten Kosten teilten. Der Kläger erhalte daher [entsprechend seiner Ersatzquote in der Hauptsache] 77,8 % der von ihm geltend gemachten Vertretungskosten, sohin EUR 741,69. Die von ihm verzeichnete 20%-ige USt sei ihm dagegen aufgrund seines Wohnsitzes in den USA nicht zuzusprechen.
Nur gegen die Kostenentscheidung in Spruchpunkt 2. richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses dahin abzuändern, dass dem Kläger für seinen Antrag auf Rückzahlung der aktorischen Kaution lediglich EUR 140,85 (in eventu EUR 636,60) zuerkannt werden.
Eine Rekursbeantwortungen wurden nicht erstattet.
Der Rekurs wegen Nichtigkeit wird verworfen.
Im Übrigen ist der Rekurs jedoch berechtigt.
1.Um eine gleichmäßige Behandlung aller Prozesskosten zu ermöglichen und die kostenersatzberechtigte Partei vor Rechtsnachteilen zu bewahren, bestimmt § 54 Abs 2 ZPO, dass eine Partei, der nach dem in § 54 Abs 1 ZPO genannten Zeitpunkt (hier: dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) Kosten entstehen, eine Ergänzung der Entscheidung über die Höhe der zu ersetzenden Kosten beantragen kann ( M.Bydlinski in Fasching/Konecny 3II/1 § 54 ZPO Rz 13). Auch bei den Kosten des Klägers für den Antrag auf Rückzahlung der von ihm erlegten aktorischen Kaution handelt es sich um durch die Sicherheitsleistung verursachte, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz entstandene Kosten, deren Ersatz der Kläger durch einen Antrag auf Ergänzung der Kostenentscheidung nach § 54 Abs 2 ZPO verlangen kann (vgl Fucik in Fasching/Konecny 3II/1 § 56 ZPO Rz 69). Für einen solchen Antrag genügt die Vorlage eines Kostenverzeichnisses (wie es hier in ON 88 enthalten war), weil dadurch mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht wird, dass das Gericht die darin enthaltenen Kosten bei der Kostenentscheidung bzw deren Ergänzung berücksichtigen soll ( M.Bydlinski in Fasching/Konecny 3II/1 § 54 ZPO Rz 13).
2.Über einen Antrag nach § 54 Abs 2 ZPO entscheidet das Gericht – wie grundsätzlich in Kostenfragen – ohne mündliche Verhandlung in einem einseitigen Verfahren durch Beschluss ( M.Bydlinski in Fasching/Konecny 3II/1 § 54 ZPO Rz 17; Obermaier in Höllwerth/Ziehensack, ZPO-TaKom § 54 ZPO Rz 9).
Entgegen dem Standpunkt im Rekurs ist somit eine Stellungnahme der Beklagten zu dem in ON 88 enthaltenen Antrag des Klägers nach § 54 Abs 2 ZPO prozessual nicht vorgesehen. Die relevierte Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung wegen der Verletzung ihres rechtlichen Gehörs liegt daher ebensowenig vor wie eine darauf gegründete Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Aus denselben Erwägungen begründet auch das Unterlassen der Zustellung des Antrags ON 88 an die Beklagte keinen Verfahrensmangel. Dass der Kläger allein mangels Zustellung seines in ON 88 enthaltenen nachträglichen Kostenbestimmungsantrags keinen Anspruch auf Ersatz der dafür angefallenen Kosten hätte, findet in Gesetz und Rechtsprechung keine Stütze.
3.Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, Bemessungsgrundlage für die Kosten des Antrags auf Rückzahlung der aktorischen Kaution sei nicht – wie vom Erstgericht herangezogen – der Verfahrensstreitwert, sondern analog zu Kostenverfahren, bei denen sich das Interesse aus der Kostenposition ergebe, der Wert der Sicherheitsleistung (EUR 30.000). Zudem handle es sich beim Rückzahlungsantrag um einen kurzen Schriftsatz, der nur nach TP 1 RATG zu honorieren sei.
Dem ist zuzustimmen:
3.1Nach § 3 Abs 1 RATG ist der für die Anwendung eines bestimmten Tarifsatzes nach dem RATG maßgebende Betrag (Bemessungsgrundlage) im Zivilprozess nach dem Wert des Streitgegenstandes zu berechnen. Davon abweichend dient nach § 11 Abs 1 RATG, soweit die Kosten nicht gegeneinander aufzuheben sind, bei Verfahren über Anträge auf Kostenbestimmung der Kostenbetrag als Bemessungsgrundlage, dessen Zuspruch beantragt wird. Im Kostenrekursverfahren ist Bemessungsgrundlage der Betrag, dessen Zuspruch oder Aberkennung im Kostenrekurs beantragt wird.
Der Antrag des Klägers zielt auf die Rückzahlung des von ihm als aktorische Kaution erlegten Betrages von EUR 30.000 ab. Auch wenn es sich dabei nicht um ein Verfahren auf Kostenbestimmung handelt, ähnelt das darüber durchzuführende Verfahren einem solchen aber insofern, als das sich aus dem Antrag ergebende Begehren von der - hier bereits rechtskräftig erledigten - Hauptsache losgelöst ist und sich das gesamte verbleibende Verfahren in der Entscheidung darüber und in der Auszahlung des erlegten Geldbetrages erschöpft. Ein weiterer Anknüpfungspunkt zu den Prozesskosten liegt darin, dass durch die aktorische Kaution gerade sichergestellt werden soll, dass der letztlich obsiegende Beklagte die ihm zugesprochenen Kosten tatsächlich ersetzt bekommt ( Schindler/Schmoliner in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON § 57 ZPO Rz 1; RS0036212). Nach Ansicht des erkennenden Senats liegt es im vorliegenden Fall daher nahe, für die durch einen solchen Antrag verursachten Kosten als Bemessungsgrundlage – wie bei Streitigkeiten im Kostenpunkt oder einem Zwischenstreit – den Geldbetrag, dessen Auszahlung begehrt wird (hier also EUR 30.000) heranzuziehen (vgl auch 2 Ob 171/03s zum Zwischenstreit über den Auftrag zum Erlag der Sicherheit).
3.2Für die Entlohnung sonstiger Eingaben, die weder verfahrenseinleitend noch vorbereitend iSd § 78 AußStrG sind, trifft das RATG eine Unterteilung in solche nach TP 1 oder 2. Auch die Aufzählungen in TP 1 sind taxativ zu sehen und nur einer vorsichtigen Analogie zugänglich; es liegt hier keine andere Systematik vor als bei den nach TP 2 zu honorierenden Klagen. Es handelt sich grundsätzlich um sehr einfache Eingaben, aber auch um solche, die – obwohl nicht immer einfach – nach dem Willen des Gesetzgebers bei hier beabsichtigter Gleichstellung des Verfahrens außer Streitsachen nur nach diesem billigsten Tarif zu honorieren sind ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 3.64).
Nach Ansicht des erkennenden Senats stellt hier der Antrag des Klägers auf Auszahlung der erlegten aktorischen Kaution, der keine weitere Begründung und keine über den Akteninhalt hinausgehenden Behauptungen enthält, eine (sehr) einfache Eingabe im Sinne des Tatbestandes nach TP 1 dar, sodass eine Entlohnung analog nach diesem Tarif zu erfolgen hat.
4. Ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 30.000 errechnet sich das Honorar für den Antrag ON 88 somit wie folgt:
TP 1 EUR 93,90
50 % Einheitssatz EUR 46,95
10 % Streitgenossenzuschlag EUR 14,09
ERV-Zuschlag EUR 2,60
Gesamtsumme netto EUR 157,54
Die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr wird allein durch die in § 23a RATG normierte Erhöhung der Entlohnung des Rechtsanwalts abgegolten. Die vom Kläger verzeichneten Barauslagen für den ERV von EUR 0,30 stehen nicht zu (vgl Obermaier , Kostenhandbuch 4Rz 3.29). Zuzusprechen war nur der Nettobetrag, weil die Höhe des US-amerikanischen Umsatzsteuersatzes weder behauptet noch bescheinigt wurde (vgl RS0114955).
Die (lediglich) aus dem Rekursinteresse und der angestrebten Reduktion des Kostenzuspruchs auf EUR 140,85 ableitbare Ansicht der Beklagten, dem Kläger stünde für seinen Antrag weder ein Streitgenossenzuschlag noch ein ERV-Zuschlag zu, blieb unbegründet.
Der Kläger kann damit für den Antrag ON 88 – unter Bindung an die in der Kostenentscheidung in der Hauptsache herangezogene Ersatzquote (vgl M.Bydlinski in Fasching/Konecny 3II/1 § 54 ZPO Rz 17) – Kostenersatz im Umfang von 77,8%, das sind EUR 122,57 netto, verlangen. In dem von der Beklagten mit dem Rekurs angestrebten reduzierten Kostenzuspruch von EUR 140,85 netto findet dieser Betrag Deckung.
5. Die Kostenentscheidung im Rekursverfahren beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 ZPO.
Der Zulässigkeitsausspruch beruht auf §§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden