Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Mag. Atria als Vorsitzenden, die Richter Mag. Oberbauer und Mag. Marchel sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Natascha Baumann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Franz Schnaitt (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A*, geb **, **, vertreten durch Mag. Dieter Kieslinger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* KG, **, vertreten durch Mag. Monika Keki-Angermann, Rechtsanwältin in Wien, wegen EUR 20.177,49 brutto abzüglich EUR 2.110,02 netto sA, über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse: EUR 17.768,71 sA) gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 17.9.2024, GZ **-11, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18.11.2024, ON 13, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.089,32 (darin EUR 348,22 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte betreibt einen Würstelstand/Bäckerei am **. Auf das Dienstverhältnis des Klägers findet der Kollektivvertrag für Arbeiter in Hotel- und Gastronomie Anwendung. Zwischen dem Kläger und Beklagten war jedenfalls ab September 2023 ein monatlicher Bruttolohn iHv EUR 2.690,30 vereinbart. Der Kläger hatte eine Normalarbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich. Am 3.1.2024 hat die Beklagte dem Kläger seinen Lohn, die Teuerungsprämie für November und Dezember 2023 und die Jahresremuneration 2023 noch nicht ausbezahlt. Der Kläger hat seinen offenen Lohn mehrfach urgiert, wurde aber bei diesbezüglichen Anfragen immer nur vertröstet. Am 03.01.2024 schickte der Kläger der Beklagten ein Schreiben (in Folge: „Aufforderungsschreiben“):
„Da ich folgende Ansprüche trotz Fälligkeit nicht erhalten habe, mache ich diese nach Rücksprache mit der Arbeiterkammer ** hiermit geltend:
• Lohn von 01.11.2023 bis 31.12.2023
• Teuerungsprämie von 01.11.2023 bis 31.12.2023
• Jahresremuneration 2023 (Weihnachtsgeld)
Ich ersuche Sie, die Zahlung so zu leisten, dass mir der ausstehende Betrag spätestens am 17.01.2024 zur Verfügung steht und auch zukünftig die Rechtzeitigkeit der Zahlungen zu gewährleisten. Teilzahlungen gelten nicht als Schuld erfüllend.
Für den Fall, dass ich über die oben angeführte Zahlung nicht fristgerecht verfügen kann, erkläre ich mit 18.01.2024 meinen berechtigten vorzeitigen Austritt, wegen Vorenthaltung des Entgeltes. Dieser bedingte vorzeitige Austritt gilt nicht, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Für diesen Fall erkläre ich mich weiterhin im Rahmen meines Arbeitsvertrages arbeitsbereit.“
Das Aufforderungsschreiben wurde der Beklagten am 4.1.2024 zugestellt. Am 3.1.2024 wurden von der Beklagten EUR 3.985,95 mit der Zahlungsreferenz „Lohn 11 2023“ zur Überweisung an den Kläger freigegeben. Dieser Betrag ist am 03.01.2024 beim Kläger eingelangt. Am 17.1.2024 hat die Beklagte um 13:49 EUR 1.934,17 mit der Zahlungsreferenz „Lohn 12 2023“ zur Zahlung an den Kläger freigegeben. Dieser Betrag ist am 18.1.2024 auf dem Konto des Klägers eingelangt. Dem Geschäftsführer der Beklagten war bewusst, dass der am 17.1.2024 überwiesene Betrag dem Kläger nicht schon am 17.1.2024 zur Verfügung steht. Die aushaftenden Zahlungen sind bis 17.1.2024 nicht vollständig auf dem Konto des Klägers eingelangt. Somit konnte der Kläger bis zum Ablauf des 17.1.2024 nicht über den gesamten ausständigen Betrag verfügen.
Der Kläger hat während seiner Beschäftigungsdauer regelmäßig an sechs Tagen in der Woche gearbeitet. Er hat regelmäßig Überstunden geleistet. Er hat von der Beklagten am 15.12.2023 EUR 400 netto in bar für geleistete Überstunden in den Monaten September 2023 und Oktober 2023 erhalten.
Die Beklagte vereinbarte mit dem Kläger die Bezahlung einer monatlichen Teuerungsprämie von EUR 150, die dem Kläger zusätzlich zum vereinbarten Lohn ausgezahlt werden sollte.
In den Lohnabrechnungen des Klägers für September bis inklusive Dezember 2023 ist jeweils ein Monatslohn des Klägers von EUR 2.428,59 brutto, statt EUR 2.690,30 brutto ausgewiesen.
Der Kläger hat im September 2023 Alkohol der beklagten Partei am Würstelstand zum Preis von EUR 77,10 konsumiert. Dieser Betrag wurde bereits mit Überstunden gegengerechnet.
Seit Beginn seiner Beschäftigung per 3.12.2018 hat der Kläger folgende Urlaubstage konsumiert:
von 2.9.2019 bis 15.9.2019, von 4.11.2019 bis 6.11.2019, von 25.11.2019 bis 30.11.2019, daher 17 Arbeitstage
von 17.8.2020 bis 31.8.2020, daher 10 Arbeitstage
von 7.6.2021 bis 18.6.2021, von 13.9.2021 bis 3.10.2021, daher 25 Arbeitstage
von 21.2.2022 bis 27.2.2022, von 25.7.2022 bis 7.8.2022, von 29.8.2022 bis 4.9.2022,
von 19.12.2022 bis 24.12.2022, daher 25 Arbeitstage
von 01.06.2023 bis 10.6.2023, von 28.8.2023 bis 17.9.2023 und am 24.12.2024, sohin 23 Arbeitstage.
Von 15.06.2023 bis 21.06.2023 hat der Kläger mit der Beklagten Zeitausgleich vereinbart.
Der Kläger hat während der Corona-Pandemie in den Jahren 2019 und 2020 keine Kurzarbeit verrichtet. Der Würstelstand wurde auch als Bäckerei geführt und hatte somit durchgehend geöffnet, wenn auch teilweise mit geänderten Öffnungszeiten. Der Kläger hat seine vereinbarten Arbeitsstunden innerhalb der angepassten Öffnungszeiten absolviert.
Der Kläger begehrt zuletzt EUR 20.177,49 brutto abzüglich EUR 2.110,02 netto sA aufgeschlüsselt wie folgt:
Lohndifferenz 01.09.2023-30.09.2023 brutto EUR 261,71
2.690,30 / 30 * 30 – 2.428,59
Lohndifferenz 27.10.2023-31.10.2023 brutto EUR 261,71
2.690,30 / 31 * 5 – 172,21
Lohndifferenz 02.11.2023-30.11.2023 brutto EUR 264,72
2.690,30 / 30 * 29 – 2.335,90
Lohndifferenz 27.12.2023-31.12.2023 brutto EUR 269,59
2.690,30 / 31 * 5 – 164,33
Lohn 01.01.2024-18.01.2024 brutto EUR 1.562,11
2.690,30 / 31 * 18
Überstundenentgelt 01.11.2023-30.11.2023 brutto EUR 64,08
Überstunden 50%
2,75 Stunden à EUR 23,30, Stundensatz EUR 15,53 (+ 50%)
von 30.10.2023-05.11.2023: -2,5 Stunden
von 06.11.2023-12.11.2023: +4,5 Stunden
von 13.11.2023-19.11.2023: +9,5 Stunden
von 20.11.2023-26.11.2023: -8,75 Stunden
Summe: + 2,75 Stunden
Überstundenentgelt 01.12.2023-31.12.2023 brutto EUR 198,05
Überstunden 50%
8,5 Stunden à EUR 23,30, Stundensatz EUR 15,53 (+ 50%)
von 27.11.2023-03.12.2023: +2 Stunden
von 04.12.2023-10.12.2023: +5 Stunden
von 11.12.2023-17.12.2023: +3,5 Stunden
von 18.12.2023-24.12.2023: +2 Stunden
von 25.12.2023-31.12.2023: -4 Stunden
Summe: +8,5 Stunden
Differenz Jahresremuneration 2023 01.01.2023-31.12.2023 brutto EUR 247,30
2.690,30 / 365 * 365 – 2.443,00
Jahresremuneration 1 aliquot 2024 01.01.2024-18.01.2024 brutto EUR 132,31
2.690,30 / 366 * 18
Jahresremuneration 2 aliquot 2024 01.01.2024-18.01.2024 brutto EUR 132,31
2.690,30 / 366 * 18
Urlaubsersatzleistung 03.12.2023-18.01.2024 brutto EUR 3.898,20
(2.690,30 + 147,57) / 22 * (3,22 + 125,00 – 98,00)
SZ zur Urlaubsersatzleistung 03.12.2023-18.01.2024 brutto EUR 615,92
(2.690,30 + 2.690,30) / 12 / 22 * (3,22 + 125,00 – 98,00)
Kündigungsentschädigung 19.01.2024-31.01.2024 brutto EUR 1.190,07
(2.690,30 + 147,57) / 31 * 13
Sonderzahlungen zur UEL zur KE 19.01.2024-30.04.2024 brutto EUR 143,48
(2.690,30 + 2.690,30) / 12 / 22 * (7,04)
Jahresremuneration zur KE 19.01.2024-30.04.2024 brutto EUR 1.514,20
(01.04.2024 - 30.04.2024) - ((2.690,30 + 2.690,30) / 366 * 30)
Urlaubsersatzleistung zur KE 19.01.2024-30.04.2024 brutto EUR 908,12
(2.690,30 + 147,57) / 22 * (7,04)
Kündigungsentschädigung 01.02.2024-29.02.2024 brutto EUR 2.837,87
(2.690,30 + 147,57) / 29 * 29
Kündigungsentschädigung 01.03.2024-31.03.2024 brutto EUR 2.837,87
(2.690,30 + 147,57) / 31 * 31
Kündigungsentschädigung 01.04.2024-30.04.2024 brutto EUR 2.837,87
(2.690,30 + 147,57) / 30 * 30
insgesamt daher: brutto EUR 20.177,49
Hievon sei die erfolgte Teilzahlung von EUR 2.110,02 netto abzuziehen.
Er bringt zusammengefasst vor, er sei wegen Vorenthaltung des Entgelts berechtigterweise vorzeitig aus dem Dienstverhältnis ausgetreten. Er habe die Beklagte per Einschreiben bereits am 3.1.2024 aufgefordert, die zum damaligen Zeitpunkt offenen Lohnansprüche von November und Dezember 2023 sowie die Jahresremuneration 2023 vollständig zu bezahlen. Gleichzeitig habe er den bedingten Austritt für den Fall erklärt, dass die Beklagte die ausstehenden Beträge nicht bis spätestens 17.1.2024 dem Kläger zur Verfügung stelle. Die eingeforderten Zahlungen seien jedoch nicht bis zum 17.1.2024 vollständig auf dem Konto des Klägers eingelangt.
Der Kläger habe auch während der Corona-Zeit keine Kurzarbeit verrichtet und deshalb auch seinen Urlaub nicht in dieser Zeit verbrauchen müssen. Er habe bis Ende 2023 einen Anspruch auf 125 Urlaubstage, für 2024 habe er einen aliquoten Urlaubsanspruch für 3,22 Arbeitstage, sohin gesamt 128,22 Arbeitstage. Da er bis Ende 2023 insgesamt 98 Arbeitstage an Urlaub konsumiert habe, bestehe ein Anspruch auf Urlaubsersatzleistung für 30,22 Urlaubstage.
Der Kläger habe die geltend gemachten Überstunden laut seinen Arbeitszeitaufzeichnungen geleistet.
Die Beklagte habe in einzelnen Monaten jeweils nur einen Monatslohn von EUR 2.428,59 brutto abgerechnet. Es sei eine separate Vereinbarung zur Auszahlung eines Teuerungsbonus von EUR 100 Anfang der Corona-Zeit geschlossen worden, der im Jahr 2023 EUR 150 betragen habe und nicht auf den Monatslohn anzurechnen sei.
Es treffe zu, dass der Kläger ein Mal Alkohol am Würstelstand zum Preis von EUR 77,10 konsumiert habe, was von seinen Überstunden jedoch bereits abgezogen worden sei.
Die Beklagte bestreitet und beantragt Klagsabweisung. Sie wendet zusammengefasst ein, sie habe das Schreiben des Klägers vom 3.1.2024 am 4.1.2024 erhalten. Der Lohn für November 2023 sowie die Jahresremmuneration für November 2023 seien bereits am 2.1.2024 auf das Dienstnehmerkonto überwiesen worden. Das Entgelt für Dezember 2023 habe die Beklagte am 17.1.2024 an den Kläger überwiesen, weshalb sie die von ihm gestellten Forderungen erfüllt habe. Es bestehe sohin kein berechtigter vorzeitiger Austritt zum 18.1.2024.
Der Kläger sei kollektivvertraglich korrekt eingestuft gewesen. Um ihm entgegenzukommen und einen Anteil des vereinbarten Entgelts als steueroptimierte freiwillige Teuerungsprämie, auf die kein Rechtsanspruch bestehe, auszahlen zu können, habe die Beklagte im Einvernehmen mit dem Kläger einen geringeren Monatslohn von EUR 2.428,59 brutto als im Dienstvertrag (dort seien EUR 2.690,69 brutto festgehalten) zuzüglich einer Teuerungsprämie von EUR 150 ausbezahlt.
Der Kläger habe keine Überstunden gemacht. Die vom Kläger angegebenen Arbeitszeiten seien unrichtig verzeichnet worden. Auch die begehrte Urlaubsersatzleistung bestünde nicht zu Recht. Während der Corona-Zeit habe es bei der Beklagten Kurzarbeit gegeben.
Kompensando wendet die Beklagte EUR 77,10 netto ein. Der Kläger habe in diesem Wert Alkohol am Würstelstand konsumiert und diesen Betrag der Beklagten noch nicht zurückbezahlt.
Mit dem angefochtenen Urteil sprach das Erstgericht aus, dass die Klagsforderung mit EUR 19.878,73 brutto bis 13.3.2024 und mit EUR 19.878,73 brutto abzüglich EUR 2.110,02 netto ab 14.3.2024 zu Recht (Spruchpunkt 1.) und die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe (Spruch- punkt 2.). Es verpflichtete die Beklagte, dem Kläger EUR 19.878,73 abzüglich EUR 2.110,02 netto sA zu bezahlen (Spruchpunkt 3.) und wies das Mehrbegehren von weiteren EUR 298,76 brutto sA ab (Spruchpunkt 4.).
Rechtlich folgerte das Erstgericht aus dem eingangs auszugsweise wiedergegebenen Sacherhalt zusammengefasst – und soweit für das Rechtsmittelverfahren von Relevanz - , das Schreiben des Klägers vom 3.1.2024 stelle eine bedingte Austrittserklärung gemäß § 82a lit e) GewO 1859 wegen Vorenthaltung des Entgelts dar. Der Kläger habe eine angemessene Frist für die Erbringung der Leistung eingeräumt, die am 17.1.2024 geendet habe. Bis zum Ablauf dieser Frist sei lediglich eine Teilzahlung erfolgt, der Beklagten hätte bewusst sein müssen, dass die letzte Teilzahlung dem Kläger nicht schon am 17.1.2024 auf seinem Konto zur Verfügung stehen werde. Da die Beklagte am 3.1.2024 bereits mit der Bezahlung des Lohnes für November und Dezember säumig gewesen sei und den offenen Lohn trotz Nachfristsetzung nicht bis zur Fälligkeit am 17.1.2024 (Einlangen am Konto des Klägers) bezahlt habe, sei der Austritt des Klägers berechtigt erfolgt. Es gebühre ihm daher eine Kündigungsentschädigung samt Sonderzahlungen.
Die vom Kläger geleisteten Mehrstunden im November und Dezember 2023 seien gemäß Punkt 5 lit a des Kollektivvertrages für Hotel- und Gastgewerbe für Arbeiter als Überstunden zu qualifizieren und entsprechend zu entlohnen.
Da dem Kläger in den Monaten September bis Dezember 2023 lediglich EUR 2.428,59 brutto überwiesen worden seien, gebühre ihm für die jeweiligen Monate die Differenz zu EUR 2.690,30 brutto.
Die geltend gemachte Urlaubsersatzleistung stehe dem Kläger nur für 28,22 und nicht für 30,22 Arbeitstage zu.
Gegen die Spruchpunkte 1. und 3. des Ersturteils richtet sich die Berufung der Beklagten aus den Anfechtungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem auf gänzliche Klagsabweisung gerichteten Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
1. Um die Beweisrügegesetzmäßig auszuführen, muss der Berufungswerber nach ständiger Rechtsprechung angeben, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und auf Grund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (RS0041835; Kodek in Rechberger/Klicka 5§ 471 ZPO Rz 15 mwN).
Zwar wendet sich die Beklagte gerade noch erkennbar gegen die bei auszugsweiser Wiedergabe des Sachverhalts durch Fettdruck hervorgehobenen Feststellungen, eine begehrte Ersatzfeststellung kann jedoch der Berufungsschrift nicht entnommen werden, weshalb sie nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.
Sollte die Beklagte im Ergebnis bloß den Entfall der (offenbar) bekämpften Feststellungen begehren, so ist dies ebenso nicht ausreichend (vgl RS0041835 [T3, T5]).
Das Berufungsgericht übernimmt daher die Feststellungen des Erstgerichtes und legt sie seiner Entscheidung zugrunde (§ 498 ZPO).
2.1. In ihrer Rechtsrüge vertritt die Beklagte die Ansicht, der Austritt des Klägers sei nicht berechtigt gewesen. Dem Kläger sei der von ihm geforderte Betrag zum Zeitpunkt der Austrittserklärung am 18.1.2024 bereits zur Verfügung gestanden. Ein Festhalten am Dienstverhältnis sei ihm jedenfalls noch zumutbar gewesen, alternativ hätte er auch seine Kündigung aussprechen können.
2.1.1.Liegt auf Seiten des Arbeitgebers ein wichtiger Grund vor, der dem Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung unzumutbar macht, und spricht der Arbeitnehmer die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus, so handelt es sich um einen vorzeitigen Austritt. Ein Arbeiter kann nach § 82a lit d GewO 1859 vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Kündigung die Arbeit verlassen, wenn ihm der Gewerbeinhaber die bedungenen Bezüge ungebührlich vorenthält. Von einem Vorenthalten spricht man dann, wenn der Entgeltanspruch weder bestritten noch bezweifelt, das Entgelt jedoch bei Eintritt des Fälligkeitstermins nicht oder nicht zur Gänze geleistet wird (RS0028896 [T9]).
Nach der Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass die Frage, aus welchem Grund der Arbeitgeber nicht in der Lage ist, das Entgelt rechtzeitig auszuzahlen, für die Tatbestandsmäßigkeit des Austrittsgrundes nach den § 82a lit d GewO 1859, § 26 Z 2 AngG ohne Bedeutung ist. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob die nicht rechtzeitige Auszahlung des Entgelts infolge Benachteiligungsabsicht, Nachlässigkeit oder aus Unvermögen des Arbeitgebers geschieht (RS0028879). Die Rechtsprechung verlangt jedoch, dass der Arbeitgeber gewusst hat oder infolge der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht hätte wissen müssen, dass seine Vorgangsweise unrechtmäßig ist (RS0028896).
Ob das Vorenthalten des Entgelts ungebührlich im Sinn der § 82a lit d GewO 1859, § 26 Z 2 AngG ist, hängt nicht allein vom Wissen bzw Wissen müssen des Arbeitgebers um die Unrechtmäßigkeit seines Verzugs, sondern auch davon ab, ob dem Arbeitnehmer die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses trotz Verzugs zumutbar ist, ist doch das Vorenthalten des gebührenden Entgelts - ungeachtet der Frage, welche in der Sphäre des Arbeitgebers liegende Gründe den Arbeitgeber an der Zahlung hindern - jedenfalls rechtswidrig und einer der gravierendsten Störfaktoren im Arbeitsverhältnis überhaupt (RS0028896 [T12]).
2.1.2.Bei bargeldloser Gehaltszahlung muss eine Gutschrift auf das Konto des Arbeitnehmers spätestens am Fälligkeitstag erfolgt sein. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die diesbezüglichen Dispositionen rechtzeitig zu treffen. Bei Einzahlung erst am letzten Tag in den frühen Nachmittagsstunden, handelt der Arbeitgeber rechtswidrig und auf eigenes Risiko (RS0028904 [T3; T7 und T8]).
2.1.3. Unter Anwendung dieser Grundsätze ist dem Erstgericht zuzustimmen, dass der vorzeitige Austritt des Klägers aus dem Dienstverhältnis gemäß § 82a lit d GewO 1859 zu Recht erfolgte.
Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Kläger seinen Lohn mehrfach urgiert und wurde immer vertröstet. Bis zum 3.1.2024 war der Lohn und die Teuerungsprämie für November und Dezember 2023 sowie die Jahresremmunertion 2023 noch nicht ausbezahlt. Die Beklagte befand sich sohin bereits zu diesem Zeitpunkt in Verzug.
Mit Schreiben vom 3.1.2024, der Beklagten am 4.1.2024 zugestellt, setzte der Kläger eine Nachfrist bis spätestens 17.1.2024 und erklärte bereits seinen Austritt, sollte ihm der offene Lohn nicht bis spätestens 17.1.2024 zur Verfügung stehen.
Eine Teilzahlung erhielt der Kläger am 3.1.2024, die zweite langte jedoch erst am 18.1.2024 auf seinem Konto ein. Die Beklagte gab die zweite Teilzahlung zwar am 17.1.2024 frei, jedoch erst nachmittags, sodass das Geld erst am 18.1.2024 dem Kläger zur Verfügung stand, was – wie bereits zu Punkt 2.1.2. ausgeführt – der Beklagten anzulasten ist.
Bei diesem Sachverhalt ist entgegen der Ansicht der Beklagten von einer Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses auszugehen. Der Kläger hat die (groben) Zahlungsrückstände wiederholt eingemahnt und seinen vorzeitigen Austritt bereits mit Schreiben vom 3.1.2024 unmissverständlich angedroht. Die Beklagte hätte ausreichend Zeit gehabt, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Soweit der Kläger schon in seinem Schreiben vom 3.1.2024 seinen vorzeitigen Austritt für den Fall der weiteren Nichtzahlung erklärte, stellte er eine zulässige, da vom Willen der Beklagten abhängige, Potestativbedingung (vgl Pfeilin ZellKomm³ § 25 AngG Rz 51). Da diese Bedingung eintrat – der geforderte Betrag stand dem Kläger zum 17.1.2024 nicht vollständig zur Verfügung - erfolgte sein Austritt zu Recht.
2.2. Das Erstgericht habe dem Kläger zu Unrecht die Lohndifferenz zwischen EUR 2.690,30 brutto und EUR 2.428,59 brutto zugesprochen. Nach den Feststellungen sei in den Lohnabrechnungen des Klägers für September bis inklusive Dezember 2023 jeweils ein Monatslohn von EUR 2.428,59 brutto statt EUR 2.690,30 ausgewiesen gewesen. Das Erstgericht habe keine Feststellung getroffen, dass dem Kläger ein Gehalt iHv EUR 2.690,30 brutto zustünde. Das Grundgehalt sei im Kollektivvertrag geregelt. Der Kläger habe nach den Feststellungen des Erstgerichtes daher lediglich Anspruch auf das kollektivvertragliche Grundgehalt von EUR 2.428,59 brutto, nicht aber auf eine Lohndifferenz auf EUR 2.690,30.
Diese Rechtsrüge entfernt sich vom festgestellten Sachverhalt und ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043312; vgl Kodek, aaO § 471 ZPO Rz 16 mzN).
Abgesehen davon, dass die Beklagte bereits in ihrem Einspruch zugestand, dass der Kläger zu einem Bruttomonatslohn von EUR 2.690,30 beschäftigt war (S 2 in ON 3), traf das Erstgericht auch eingangs seines Urteils die Feststellung, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten jedenfalls ab September 2023 (sohin im klagsgegenständlichen Zeitraum) ein monatlicher Bruttolohn von EUR 2.690,30 vereinbart war (S 2 UA).
2.3. Nach den Feststellungen hätten die Streitteile vom 15.6. bis 21.6.2023 Zeitausgleich vereinbart. Diese Zeitausgleichsstunden hätten mit den Über- und Mehrstunden gegenverrechnet werden müssen.
Bei dieser Argumentation übersieht die Beklagte, dass die vom Erstgericht auf Seite 11 der Urteilsausfertigung festgestellten Mehrstunden den Zeitraum ab 30.10.2023 betreffen. Ein Zeitausgleich bedeutet, dass der Arbeitnehmer nicht Geld, sondern bezahlte Freizeit als Entgelt für (bereits geleistete!) Überstunden erhält ( Felten in Auer-Mayer/Felten/Pfeil, AZG 4 § 10 Rz 42).
Die nach den Feststellungen ab Oktober 2023 erbrachten Überstunden können daher gar nicht von der Zeitausgleichsvereinbarung für den Zeitraum 15.6. bis 21.6.2023 umfasst sein.
Der unberechtigten Berufung war sohin insgesamt ein Erfolg zu versagen.
3.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens folgt aus den §§ 41, 50 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.
4.Die ordentliche Revision ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG nicht zulässig; insbesondere kann das Vorliegen der Voraussetzungen für eine gerechtfertigte vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses immer nur auf Grund der
Umstände des Einzelfalles beurteilt werden (RS0029312 [T7]).
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