Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen A* B*wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB idF BGBl I Nr 116/2013 und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 14. Mai 2025, Hv*-43, nach der in Anwesenheit der Staatsanwältin Dr. Steinwender als Vertreterin des Leitenden Oberstaatsanwalts, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Wehner sowie der Privatbeteiligtenvertreterin Dr. Garantini durchgeführten Berufungsverhandlung am 3. November 2025 zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben, die Freiheitsstrafe auf drei Jahre erhöht und die Anwendung des § 43a Abs 3 StGB ausgeschieden.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen – auch einen teilweisen Freispruch enthaltenden - Urteil wurde A* B* des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB idF BGBl I Nr 116/2013 (1./), des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (2./), der Vergehen der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung nach § 205a Abs 1 StGB (3./), der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (4./) und der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (5./) schuldig erkannt und uAd § 28 Abs 1 StGB nach dem Strafsatz des § 201 Abs 1 StGB idF BGBl I Nr 116/2013 zu einer Freiheitsstrafe von vierundzwanzig Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde ein Teil der Strafe von sechzehn Monaten unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehen. Weiters wurde er verpflichtet, der Privatbeteiligten Mag. C* einen Teilschadenersatzbetrag von EUR 500,00 zu bezahlen.
Nach dem Schuldspruch hat der Angeklagte seine Ehegattin Mag. C*
1./ zwischen 10. und 12. Oktober 2014 in ** (nunmehr Gemeinde D*) im dort etablierten Hotel E* mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie zunächst auf das Bett warf, ihr die Kleidung vom Leib riss und dann, während er ihre Hände über ihrem Kopf festhielt, ihre Unterhose zur Seite schob, mit seinem erigierten Penis in ihre Vagina eindrang und den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss vollzog, wobei er während der Tat ihren Busen mit einer Hand so fest zusammendrückte, dass sie Hämatome in dieser Körperregion erlitt;
2./ am 20. Juli 2024 in F* ** außer dem Fall des § 201 mit Gewalt und durch gefährliche Drohung zur Duldung einer geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er sie auf das Bett warf, sie würgte, wobei er zu ihr sagte:“ Wenn du noch ein Wort sagst, erwürge ich dich!“, und sie unter dem Kleid über der Unterhose fest im Scheidenbereich packte, gegen ihre Vagina drückte und zu ihr sagte: „Ich nehme mir jetzt deine Fut!“;
3./ zwischen dem Jahr 2017 und Anfang 2020 in G* gegen ihren Willen den Beischlaf vorgenommen, indem er trotz ihrer jeweils ihm gegenüber artikulierten Ablehnung, dass sie keinen Geschlechtsverkehr möchte, wiederholt den Vaginalverkehr an ihr durchgeführte:
4./ gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar
a./ nach dem zu 2./ angeführten Sachverhalt mit dem Tode, indem er ihr, nachdem ihr die Flucht über die Stiege nach unten gelungen war, folgte, ein Messer mit rot-orangem Griff und sichelförmiger Klinge nahm und es ihr vorhielt, wobei er sagte: „Ich schneide dir die Kehle durch, ich schneide dir die Gurgel durch, ich trenne dir den Schädel ab!“, woraufhin er dieses Messer ablegte und ein 16-17 Zentimeter langes Jagdmesser nahm, es aus der Scheide zog, sie gegen die Wand drückte und ihr das Messer vorhielt, wobei er sagte: „Weißt was, dann kriege ich halt fünfzehn Jahre, es ist mir wurscht, aber dich bin ich dann los!“;
b./ im Mai 2020 in G* mit dem Tode, indem er anlässlich einer Muttertagsfeier zu ihr sagte, dass er jetzt nach F* fahre, sein Jagdgewehr hole und sie am Muttertagstisch vor allen erschießen werde;
5./ am Körper verletzt, und zwar
a./ am 4. Jänner 2020 in ** im Hotel „H*“, indem er sie im Zimmer auf das Bett warf und gegen ihren Brustbereich und gegen die Oberarme schlug, wodurch sie Hämatome an der angeführten Körperstelle erlitt;
b./ im Juni 2018 in G*, indem er sie in der Küche in ein Eck drückte, sie würgte und sie am Oberkörper schlug, wodurch sie lange Zeit heiser war und Hämatome an der Brust und an beiden Oberarmen erlitt.
Mit ihrer gegen den Strafausspruch gerichteten Berufung (ON 45) strebt die Anklagebehörde die Verhängung einer höheren, gänzlich unbedingten Freiheitsstrafe an.
Die Berufung ist berechtigt.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht die Unbescholtenheit des Angeklagten sowie das längere Zurückliegen des strafsatzbestimmenden Delikts, wie auch eine Provokation des Opfers am 20. Juli 2024 mildernd; erschwerend dagegen das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit mehreren Vergehen, einen langen Tatzeitraum, die zweifache Qualifikation der geschlechtlichen Nötigung, sowie die teilweise Tatbegehung unter Verwendung einer Waffe (4./a./) sowie die Tatbegehung gegen eine Angehörige.
Richtig ist, dass ein längeres Zurückliegen des strafsatzbestimmenden Delikts nominell nicht als Milderungsgrund iSd § 34 Abs 1 Z 18 StGB angeführt werden kann, weil der Angeklagte bis ins Jahr 2024 strafbare Handlungen gesetzt und sich daher nicht seit 2014 wohlverhalten hat (vgl RIS-Justiz RS0108563). Dennoch ist dieser Umstand im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungserwägungen zu berücksichtigen.
Dass sich Mag. C* am 20. Juli 2024 eigenmächtig Zutritt zum Haus des Angeklagten verschafft und sich seines Mobiltelefons bemächtigt hat, stellt keine dem Erfolgsunwert der zu dieser Gelegenheit begangenen Taten zurechenbare bewusste Provokation der Genannten dar und wirkt somit nicht schuldmindernd (vgl Ebner , WK 2StGB § 32 Rz 82). Es ist dem Angeklagten allerdings einzuräumen, dass er sich - im Schlaf von den Vorgängen überrascht - wohl in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung befunden hat. Nichts desto trotz ähnelte sein Handeln schon zurückliegend gezeigten Verhaltensmustern.
Den Ausführungen des Angeklagten in seiner Gegenäußerung zur Berufung zuwider, haben Fragen der Strafzumessung bei einem Günstigkeitsvergleich außer Betracht zu bleiben (vgl RIS-Justiz RS0091928).
Ebensowenig kann die von ihm reklamierte Unbesonnenheit (§ 34 Abs 1 Z 7 StGB) angenommen werden, weil diese nicht nur voraussetzt, dass das Delikt nicht aufgrund reiflicher Überlegung verübt worden ist, sondern auch, dass der Tat keine kriminelle Neigung oder grundsätzliche Geringschätzung fremder Interessen zugrunde liegt (vgl RIS-Justiz RS0091026). Gerade Letzteres ist jedoch aus den langjährigen, gegen die Ehegattin gesetzten (Vielzahl von) Tathandlungen abzuleiten.
Das weitere im Rahmen der Gegenäußerung erstattete Vorbringen, welches dem Opfer eine Art „Mitverschulden“ anlasten möchte, weil es die Beziehung zum Angeklagten trotz der fortwährenden Übergriffe nicht beendet habe, ist einer sachlichen Erwiderung nicht zugänglich.
Während die am 30. Oktober 2025 vorgenommene Schadenersatzzahlung an das Opfer in Höhe von EUR 1.500,00 zusätzlich mildernd wirkt, schlagen die vom Opfer im Zuge der Vergewaltigung erlittenen Verletzungen (US 7) zu Lasten des Angeklagten aus.
Mag das strafsatzbestimmende Delikt in das Jahr 2014 zurückreichen, so darf vorliegend nicht außer Acht gelassen werden, dass es noch in den Jahren 2017 bis 2020 zum wiederholten Vollzug des Geschlechtsverkehrs gegen den erklärten Willen der Ehegattin (3./) und noch am 20. Juli 2024 zu einer geschlechtlichen Nötigung (2./), aber auch zu einer gefährlichen Drohung unter Einsatz zweier Messer (4./a./) gekommen ist. Die fortwährenden Eingriffe in die sexuelle, aber auch körperliche Integrität des Opfers zeugen von einem doch ausgeprägten Charaktermangel des Angeklagten.
Ausgehend von diesen Strafzumessungserwägungen und dem nach § 201 Abs 1 StGB idF BGBl I Nr 116/2013 zur Verfügung stehenden Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe, war die Strafe auf drei Jahre anzuheben, um dem tat- und täterbezogen zu beurteilenden Schuldgehalt Rechnung zu tragen.
Wenngleich die in § 270 Abs 1 StPO genannte vierwöchige Frist zur Urteilsausfertigung mit nahezu vier Monaten deutlich überschritten wurde, darf nicht verkannt werden, dass es sich um eine insgesamt 46-seitige Urteilsschrift handelt, in welcher sich das Erstgericht ausführlich mit den Beweisergebnissen auseinandergesetzt hat. Eine vorwerfbare Untätigkeit ist daraus nicht ableitbar. Ebensowenig ist – gemessen an den gegenständlichen im Rahmen eines Verfahrens vor dem Schöffengericht zu klärenden Tatvorwürfen - eine per se unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer gegeben. Die Anzeigenerstattung erfolgte am 21. Juli 2024 und wurde das Verfahren nunmehr am 3. November 2025 rechtskräftig beendet.
Die Gewährung einer teilbedingten Strafnachsicht kommt somit nicht mehr in Betracht (§ 43a Abs 3 StGB). Die erweiterte teilbedingte Freiheitsstrafe nach § 43a Abs 4 StGB ist auf extreme Ausnahmefälle beschränkt. Die geforderte hohe Wahrscheinlichkeit künftigen Wohlverhaltens setzt ein eindeutiges und beträchtliches Überwiegen jener Umstände voraus, die auf Seiten des Täters dafür sprechen, dass es sich im Hinblick auf sein bisheriges Vorleben, seine Persönlichkeit und sein soziales Verhalten um eine nach menschlichem Ermessen einmalige Verfehlung gehandelt hat, wie dies etwa auf Straftaten aus Konfliktsituationen und Krisensituationen zutreffen kann. Davon kann angesichts der langjährigen Delinquenz fallkonkret keine Rede (vgl RIS-Justiz RS0092042, RS0092050).
An dieser Einschätzung vermag die in der Berufungsverhandlung vorgelegte Bestätigung eines für den 1. Dezember 2025 vereinbarten Therapietermins nichts zu ändern.
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