Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch Senatspräsident Mag. Gerhard Hasibeder als Vorsitzenden sowie MMag. Andreas Wiesauer und Mag. Stefan Riegler in der Rechtssache des Antragstellers A* , geboren am **, p.A. Justizanstalt **, **, **, wegen Bewilligung der Verfahrenshilfe, über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 7. März 2025, Nc1*-8, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Der Antragsteller begehrt mit Eingabe vom 17. August 2024 die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Führung eines Amtshaftungsverfahrens und stützt seine Ansprüche auf eine seiner Ansicht nach unrichtige Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien zu 15 R 19/24x im Verfahrenshilfeverfahren Nc2* des Landesgerichtes St. Pölten. In diesem Verfahren hatte der Antragsteller die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Schadenersatzklage gegen den Sachverständigen Dipl.Ing. Dr. B* beantragt, weil dieser im Verfahren über die bedingte Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug ein falsches Gutachten erstellt habe.
Mit Beschluss vom 17. Jänner 2024, Nc2*-4, wies das Landesgericht St. Pölten diesen Verfahrenshilfeantrag mit der wesentlichen Begründung ab, dass die angestrebte Rechts-verfolgung offenbar aussichtslos und mutwillig sei. Einerseits habe der Antragsteller seine Mitwirkungspflicht verletzt und die Untersuchung durch den Sachverständigen verweigert, andererseits seien die Entscheidungen des Landesgerichtes Krems und des Oberlandesgerichtes Wien im Verfahren über die bedingte Entlassung des Antragstellers aus dem Maßnahmenvollzug auch auf andere Grundlagen gestützt worden.
Gegen den Beschluss vom 17. Jänner 2024 auf Abweisung seines Verfahrenshilfeantrages erhob der Antragsteller einen Rekurs, der beleidigende Ausführungen enthielt. Über Auftrag des Rekursgerichtes wurde dem Antragsteller der Rekurs im Original mit dem Auftrag zur Verbesserung zurückgestellt, jegliche beleidigende Äußerungen in den Rekursausführungen zu unterlassen und den Rekurs in verbesserter Form binnen 14 Tagen ab Zustellung zurück zu übermitteln. In der Folge legte der Antragsteller nicht den zurückgestellten Originalrekurs, sondern einen neu verfassten Rekurs vor, der sich vom Original unterschied.
Mit Beschluss vom 19. April 2024, 15 R 19/24k, wies das Oberlandesgericht Wien daraufhin den Rekurs des Antragstellers als unzulässig zurück.
Nach der wesentlichen Begründung dieser Entscheidung sei grundsätzlich der ursprüngliche Schriftsatz neuerlich vorzulegen, wenn er - wie hier - zur Verbesserung zurückgestellt worden sei ( Kodek in Fasching/Konecny 3§§ 84, 85 ZPO Rz 269 mwN). Vor dem Hintergrund der ZVN 1983 sei jedoch nach neuerer Rechtsprechung die Wiedervorlage des ursprünglichen Schriftsatzes im Anwaltsprozess nicht mehr erforderlich, was damit begründet werde, dass das erste, von der Partei selbst eingebrachte Rechtsmittel überhaupt unwirksam gewesen sei, sodass aufgrund des eingeleiteten Verbesserungsverfahrens ein anderes Rechtsmittel überreicht werden könne. Der Rechtsanwalt sei daher im Anwaltsprozess aufgrund der mangelnden Postulationsfähigkeit der Partei auch nicht an den Inhalt des von dieser ursprünglich verfassten Rechtsmittels gebunden. Außerhalb der Anwaltspflicht lasse sich diese Judikatur jedoch nicht übertragen, weil dort das Argument der fehlenden Postulationsfähigkeit der Partei nicht greife (OLG Wien 15 R 4/18w; Kodek aaO Rz 217; Gitschthaler in Rechberger/Klicka 5§§ 84 - 85 ZPO Rz 22, je mwN). In Verfahrenshilfesachen bestehe gemäß § 72 Abs 3 ZPO keine Anwaltspflicht, sodass die auf die fehlende Postulationsfähigkeit gestützte Argumentation nicht herangezogen werden könne. Dem Antragsteller sei im Verbesserungsverfahren (nur) der ausdrückliche Auftrag erteilt worden, seinen Rekurs unter Unterlassung jeglicher beleidigender Äußerungen „zurück zu übermitteln“. Es sei ihm somit nicht gestattet gewesen, inhaltliche Änderungen bis hin zu einem gänzlichen Austausch seines Rekurses vorzunehmen, auch wenn der Erstrichter eine Kopie der zurückgestellten Eingabe zum Akt genommen habe. Der neu eingebrachte Rekurs des Antragstellers unterlasse zwar entsprechend dem Verbesserungsauftrag weitgehend die zuvor enthaltenen beleidigenden Äußerungen, im Übrigen weiche er jedoch in weiten Bereichen vom Original ab bzw ergänze dieses um weitere Punkte (zB Punkt n). Damit verstoße er gegen den Einmaligkeitsgrundsatz des Rechtsmittels (vgl RS0036673; RS0041666), weshalb er als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.
Der Antragsteller erachtet diese Entscheidung als vollkommen falsch. Er habe den Rekurs aufgrund des Verbesserungsauftrages neu schreiben müssen und habe noch den Punkt n) „Wahrscheinlichkeit“ angefügt. Dieser Punkt sei nicht neu gewesen, sondern habe sich sogar zweimal in der ersten Fassung des Rekurses befunden. Er sei zwar nicht oberflächlich zu sehen gewesen, aber in zwei Quellen gestanden (in den Punkten II [42-seitige Beschwerde zu der Entscheidung des LG Krems BE1*-16] und III [58-seitige Beschwerde zu der Entscheidung des LG Krems, BE2*-4]), und zwar gehe es bei Punkt n) um den Arbeitsgruppenbericht zum Maßnahmenvollzug, wonach die Wahrscheinlichkeit 80 % sei, dass das Gutachten des Sachverständigen B* vollkommen falsch gewesen sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag vom 17. August 2024 auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang zur Führung eines Amtshaftungsverfahrens gegen die Republik Österreich ab.
Nach der wesentlichen Begründung des Erstgerichtes sei Voraussetzung für die Bewilligung der Verfahrenshilfe, dass die angestrebte Rechtsverfolgung weder offenbar mutwillig noch offenbar aussichtslos sei (§ 63 Abs 1 ZPO). Der Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien, auf den der Antragsteller seine Ansprüche stütze, sei entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht unvertretbar falsch. Dieser Beschluss sei vielmehr sehr gut nachvollziehbar und umfangreich begründet und inhaltlich darüber hinaus richtig. Tatsächlich unterscheide sich der zweite Rekurs vom ersten in wesentlichen Punkten, im Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien sei der vom Antragsteller herangezogene Punkt n) lediglich exemplarisch und als Beispiel herangezogen worden. Abgesehen davon würden die Ausführungen des Antragstellers auch zu diesem Punkt nicht überzeugen. Der Umstand, dass sich irgendwo im ersten Rekurs auf eine ähnliche Problematik schließen lasse, wie sie im zweiten Rekurs unter dem Punkt n) ausdrücklich angeführt sei, ändere nichts daran, dass es sich inhaltlich um einen anderen Rekurs handle. Da die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht unvertretbar falsch, sondern vielmehr richtig sei, sei die angestrebte Rechtsverfolgung offenbar mutwillig. Ein vernünftiger Rechtssuchender würde sich auf eigenes Prozesskostenrisiko nicht auf die Führung eines Verfahrens auf dieser Grundlage einlassen. Der Versuch, das mit Hilfe der Verfahrenshilfe auf Risiko der Allgemeinheit zu machen, mache die angestrebte Rechtsverfolgung offenbar mutwillig.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Antragstellers mit dem Abänderungsantrag dahin, ihm die Verfahrenshilfe zu genehmigen.
Die Revisorin beim Oberlandesgericht Linz erstattete keine Rekursbeantwortung.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Der Rekurswerber führt zusammengefasst aus, dass er die sogenannten „Kraftausdrücke“ in den Punkten a), d) und j) des Rekurses auftragsgemäß anders formuliert, alles andere aber 1:1 abgeschrieben habe. Beim Punkt n) habe es sich um „nix neues“ gehandelt, weil er in der ersten Version in den Quellen II und III drinnen stehe. Dass die Richter die vier Quellen nicht gelesen hätten, dafür könne er nichts.
Das Rekursgericht hält die Rekursausführungen nicht für stichhältig, hingegen die erstgerichtliche Begründung für zutreffend, sodass grundsätzlich gemäß den §§ 526 Abs 3, 500a ZPO darauf verwiesen werden kann. Ergänzend ist wie folgt auszuführen:
Zufolge § 58 Abs 8 Geo ist im Fall der Zurückstellung eines Schriftsatzes zur Verbesserung grundsätzlich die Wiedervorlage des ursprünglichen Schriftsatzes erforderlich, weil nur dadurch geprüft werden kann, ob der verbesserte Schriftsatz den Rahmen des erteilten Verbesserungsauftrages nicht überschreitet. Nach neuerer Auffassung ist (nur) im Anwaltsprozess die Wiedervorlage des ursprünglichen Schriftsatzes nicht erforderlich (vgl Kodek in Fasching/Konecny 3§§ 84, 85 ZPO Rz 216f, 269; Gitschthaler in Rechberger/Klicka 5§§ 84 - 85 ZPO Rz 22).
Der Antragsteller hat aber unstrittigerweise nicht den ursprünglichen Originalrekurs (mit entsprechenden Streichungen der beleidigenden Äußerungen), sondern einen neu formulierten Rekurs vorgelegt. Auch wenn dieser Schriftsatz überwiegend (inhaltlich) ident sein mag, entspricht diese Vorgangsweise grundsätzlich nicht der zuvor wiedergegebenen Rechtslage. Außerdem wurde zugestandenermaßen ein neuer Punkt n) angefügt. Entgegen der Ansicht des Rekurswerbers ändert daran nichts, dass dieser Punkt sich inhaltlich aus den „Quellen II und III“ ergeben mag, handelt es sich bei diesen Quellen doch nach den eigenen Angaben des Rekurswerbers um 42- bzw 58-seitige Beschwerden gegen Entscheidungen des Landesgerichtes Krems in BE-Verfahren, also nur um Beilagen und nicht um einen unmittelbaren Rekursinhalt. Schon auf Grundlage des Antragsvorbringens kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien zu 15 R 19/24k im Sinne einer für die Gewährung von Verfahrenshilfe erforderlichen ausreichenden Erfolgswahrscheinlichkeit unvertretbar falsch war.
Davon abgesehen liegt dem Ansinnen des Antragstellers ein behaupteter Schaden aus einem seiner Ansicht nach falschen Sachverständigengutachten im Verfahren über die bedingte Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug zugrunde. Um in weiterer Folge seinen Amtshaftungsanspruch erfolgversprechend geltend machen zu können, müsste daher überdies einerseits das Sachverständigengutachten tatsächlich (haftungsbegründend) unrichtig sein und andererseits das Gleiche auch für die Abweisung seines diesbezüglichen Verfahrenshilfeantrages durch das Landesgericht St. Pölten gelten. Es kann aber schon nicht zugrunde gelegt werden, dass mit ausreichender Erfolgsaussicht seinem Rekurs gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten vom 17. Jänner 2024 bei inhaltlicher Prüfung durch das Oberlandesgericht Wien stattgegeben worden wäre, hat doch das Landesgericht St. Pölten nachvollziehbar festgehalten, dass sich aus dem gesamten Akt BE1* des LG Krems und der Vorgeschichte des Antragstellers kein Substrat für eine vorzeitige Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug ergebe, schon gar nicht zum Zeitpunkt und auf Basis der Gutachtenserstellung von Dipl.Ing. Dr. B*. Der Antragsteller habe seine Mitwirkung verweigert, der Sachverständige sei auf die Vorgeschichte, die Vorgutachten, die Befunde und auf Testungen ausführlich eingegangen. Vor allem seien den Entscheidungen des LG Krems und des OLG Wien auch andere Entscheidungsgrundlagen zugrunde gelegen. Darüber hinaus sei auf nicht faktenbasierte Behauptungen des Antragstellers verwiesen worden. Vor allem aber sei das Vorbringen, es wäre ein vorsätzlich falsches Gutachten erstellt worden, nicht haltbar, noch dazu weil der Antragsteller seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei und die Untersuchung durch den Sachverständigen verweigert habe.
Zu dieser Problematik finden sich allerdings weder im Rekurs noch im (verbesserten) Verfahrenshilfeantrag substanziierte Ausführungen.
Insgesamt würde sich aus all diesen Gründen ein verständiger Rechtssuchender auf eigenes Kostenrisiko nicht auf dieses Verfahren einlassen, sodass das Erstgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die angestrebte Rechtsverfolgung als offenbar mutwillig im Sinn des § 63 Abs 1 ZPO anzusehen ist und demgemäß der Gewährung von Verfahrenshilfe entgegensteht.
Dem Rekurs musste daher ein Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 4 ZPO.
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