Das Oberlandesgericht Graz hat als Berufungsgericht durch die Richterinnen Mag a . Gassner (Vorsitz) und Mag a . Schiller sowie den Richter Mag. Scheuerer in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A* B* , geboren am **, **, und 2. Drin. C* B* , geboren am **, **, beide vertreten durch die Schmid Horn Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei D* GmbH Co KG, FN **, **, vertreten durch Mag. Domenique Schöngrundner, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 33.575,98 sA, über die Berufung der klagenden Parteien (Berufungsstreitwert: EUR 3.247,92) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 10. Juli 2025, **-60, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 804,78 (darin EUR 134,13 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision nach § 502 Abs 2 ZPO ist jedenfalls unzulässig .
Entscheidungsgründe:
Die Kläger erwarben mit Kaufvertrag vom 9. März 2020 je 1535/1130440-Anteile der Liegenschaft EZ ** KG **, Adresse **, samt Wohnungseigentum an der Wohnung W 3. Am 10. Juli 2020 kam es durch die von den Mitarbeitern der Beklagten durchgeführte, unsachgemäße Montage sowie das unsachgemäße Befüllen der Heizkörper im Badezimmer und im Wohnzimmer zu einem Wasseraustritt, wodurch Wasser bis in den Vorraum und ins Esszimmer floss und den Parkettboden beschädigte.
Die Kläger begehrten Schadenersatz von letztlich EUR 33.575,88 samt Zinsen (Austauschkosten für den Parkettboden: EUR 22.346,88; Austausch der Heizkörper: EUR 1.405,10; Umzugskosten: EUR 2.100,00; frustrierte Abschleifarbeiten: EUR 2.724,00).
Im Berufungsverfahren sind allein die Kosten für die Sanierung des Parkettbodens strittig.
Dazu brachten sie im Wesentlichen vor, der in der gesamten Wohnung verlegte Parkettboden im Ausmaß von 115 m² sei aufgrund der von der Beklagten schuldhaft verursachten Schäden an diesem auszutauschen, weil die verlegten Parketten nicht mehr erhältlich seien. Wenn nur der beschädigte Bereich repariert werden würde, würde ein „Stückelwerk“ entstehen. Da sie die Wohnung erst am 9. März 2020 erworben hätten, wäre ihnen ein uneinheitliches Erscheinungsbild des in sehr guten Erhaltungszustands befindlichen Parkettbodens nicht zumutbar. Ein Vorteilsausgleich sei nicht vorzunehmen, weil sich der Parkettboden in einem unlängst neu sanierten Zustand befunden habe.
Die Beklagte wendete – auf das Wesentlichste zusammengefasst – ein, der Schaden habe nur einen äußerst geringen Teil des Bodens betroffen, sodass der Austausch des gesamten Parkettbodens im Ausmaß von 115 m² untunlich sei; die Kläger seien in diesem Zusammenhang auf ihre Schadensminderungspflicht zu verweisen. Außerdem hätten sie sich einen Abzug „neu für alt“ von 90 % gefallen zu lassen, weil die Restnutzungsdauer aufgrund des Alters des Parketts von rund 50 Jahren nur mehr äußerst gering sei.
In der Tagsatzung vom 28. April 2025 zog die Beklagte ihren Einwand, wonach der Gesamtaustausch der Bodens untunlich wäre, zurück.
Mit dem angefochtenen Urteil sprach das Erstgericht den Klägern EUR 9.970,32 samt Zinsen zu und wies das Mehrbegehren von EUR 23.605,66 samt Zinsen ab. Es traf über den eingangs zusammengefassten Sachverhalt im Detail die auf den Urteilsseiten 4 bis 11 enthaltenen Tatsachenfeststellungen, auf die das Berufungsgericht verweist, und folgerte rechtlich im Wesentlichen:
Zumal die Kläger – trotz Erörterung – die Kosten für den Austausch des gesamten in der Wohnung verlegten Parkettbodens (und nicht die Reparaturkosten des schadhaften Teils) begehrten, seien ihnen die dafür erforderlichen Kosten unter Berücksichtigung der Zeitwertminderung und des daraus resultierenden Abzugs von 90 % (für das Abbrechen und Erneuern des Parkettbodens) bzw. 20 % (für das notwendige Schleifen und Versiegeln) zuzuerkennen. Der Zuspruch der (ziffernmäßig höheren) Verbesserungskosten für die schadhaften Teile des Bodens würde unter Berücksichtigung des Klagsvorbringen ein unzulässiges Aliud iSd § 405 ZPO darstellen.
Gegen die Abweisung von EUR 3.247,92 richtet sich die Berufung der Kläger , mit der sie primär die Abänderung des Ersturteils dahin beantragen, dem Klagebegehren auch in diesem Umfang stattzugeben und ihnen insgesamt EUR 13.218,24 samt Zinsen zuzusprechen; hilfsweise stellen sie im Umfang der Anfechtung einen Aufhebungs- bzw. Zurückverweisungsantrag. Sie führen eine Verfahrens- und Rechtsrüge aus.
Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
A. Zur Mängelrüge:
1.1. Einen Verstoß gegen § 182a ZPO erblicken die Berufungswerber darin, dass sie durch die Auffassung des Erstgerichts, die Kosten für die Sanierung des schadhaften Parketts stellten ein Aliud zu den (begehrten) Austauschkosten für den gesamten Parkettboden dar, überrascht worden seien. Bei Erörterung dieser Rechtsansicht hätte sie vorgebracht, dass sie mit dem Leistungsbegehren Geldersatz für die Beschädigung des Parkettbodens in der Höhe des ihnen maximal zustehenden, tatsächlichen Sanierungsaufwands begehren, unabhängig davon, ob der Parkettboden tatsächlich nicht mehr erhältlich sei und daher komplett auszutauschen wäre.
Das Gericht muss das Sach- und Rechtsvorbringen der Parteien mit diesen erörtern, aber nicht zwingend seine Rechtsansicht vor der Urteilsfällung kundtun. Führt die Rechtsansicht, der das Gericht folgt, allerdings dazu, dass rechtserhebliche Tatsachen nicht vorgebracht wurden, die die Parteien mangels Erörterung dieser rechtlichen Gesichtspunkte erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten haben, verstößt dies gegen § 182a ZPO ( Fucik in Rechberger/Klicka ZPO 5§ 182a Rz 1 mwN). Das Gericht ist nach hRsp nicht zur Erörterung eines Vorbringens verpflichtet, dessen Schwächen bereits der Prozessgegner aufgezeigt hat. Angesichts solcher Einwendungen hat die andere Partei ihren Prozessstandpunkt selbst zu überprüfen und erforderliche Konsequenzen zu ziehen (RIS-Justiz RS0122365; Fucik aaO Rz 2).
Entgegen der Ansicht der Berufungswerberin hat das Erstgericht sie mit keinerRechtsansicht überrascht. Im vorliegenden Fall haben die Kläger für den Mangelfolgeschaden den Geldersatz für den Austausch des gesamten Parkettbodens begehrt. Die Beklagte zog, nachdem der Sachverständige darauf hinwies, dass die Kosten für den Austausch günstiger wären als jene für die partielle Reparatur der schadhaften Stellen, den Einwand der Untunlichkeit des Gesamtaustauschs des Bodens zurück und hielt den Einwand des Abzugs neu für alt weiterhin aufrecht. Damit war klar, was strittig ist, sodass keine Rede davon sein kann, dass das Erstgericht gegen die Erörterungspflicht nach den §§ 182, 182a ZPO verstoßen habe. Die Anleitungspflicht geht gegenüber einer anwaltlich vertretenen Partei nicht so weit, dass der Rechtsanwalt aufzufordern wäre, ein bestimmtes Vorbringen zu erstatten bzw. zu einem konkreten Sachvorbringen bestimmte Beweise anzubieten. Die Kläger haben es daher auf sich genommen, weiteres Vorbringen (samt Beweisanboten) nicht zu erstatten.
Ein Verstoß gegen die Erörterungspflicht nach den §§ 182, 182a ZPO ist dem Erstgericht nicht vorzuwerfen.
B. Zur Rechtsrüge:
1. Dem Gericht ist es zwar erlaubt, ein Minus zuzusprechen, nicht aber ein Aliud (§ 405 ZPO). Die Frage, ob ein Aliud oder ein Minus anzunehmen ist, ergibt sich aus dem Vergleich zwischen dem gestellten Begehren und dem unter Berücksichtigung der rechtserzeugenden Tatsachen für berechtigt erachteten Anspruch (RIS-Justiz RS0041023; RS0041078). Ein Aliud liegt dann vor, wenn die zugesprochene Rechtsfolge eine andere ist als die begehrte, dazu sind auch die zur Begründung der Rechtsfrage vorgetragenen und zur Entscheidung herangezogenen Tatsachen miteinander zu vergleichen (RS0041027). Ein quantitativer Minderzuspruch ist ein Minus, ein qualitativer Minderzuspruch ein Aliud (RIS-Justiz RS0037485 [T4, T15]).
§ 1323 ABGB spricht nur davon, dass alles in den vorigen Stand versetzt werden muss, sagt aber nichts darüber aus, wer die Wiederherstellung vornehmen muss. Nach heute allgemeiner Auffassung kann der Geschädigte vom Schädiger die Vornahme der Wiederherstellung fordern, er kann aber auch die Wiederherstellung selbst vornehmen oder vornehmen lassen und den Ersatz der Aufwendungen verlangen. In beiden Fällen handelt es sich um Naturalrestitution. Fordert der Geschädigte Aufwendungsersatz, so hat er Anspruch auf Vorschussleistung (OGH 6 Ob 88/98d). Naturalrestitution bei Beschädigung einer Sache erfolgt entweder durch Reparatur der beschädigten Sache oder durch Beschaffung einer gleichartigen und gleichwertigen Ersatzsache. Der Geschädigte hat Anspruch auf Ersatz der angemessenen Reparaturkosten, wenn die Reparatur tunlich, dh möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist.
Die Kläger begehrten im gesamten Verfahren die Zahlung der Kosten für den Austausch des gesamten Parkettbodens (im Ausmaß von rund 100 m²) und nicht bloß die Reparatur der schadhaften Teile (im Ausmaß von 3,62 m²), weil sie davon ausgingen, dass der Parkett nicht mehr erhältlich und ihnen das aufgrund der nur teilweisen Reparatur entstehende uneinheitliche Erscheinungsbild des Bodens nicht zumutbar sei. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt sind die Klebeparkettstäbe zwar grundsätzlich noch erhältlich. Durch den partiellen Austausch würden aber die aufgrund des großen Altersunterschied zum Altbestand auftretenden Farbunterschiede durch Abschleifen und Versiegeln der gesamten Fläche nur zum Teil egalisierbar sein. Nachdem die Kläger weder die Reparatur der beschädigten Flächen durch partiellen Austausch im Ausmaß von 3,62 m² beabsichtigen, noch die Kosten dafür verlangten, hat das Erstgericht ohne Rechtsirrtum die tatsächlich begehrten Kosten für den Austausch des Parkettbodens in der gesamten Wohnung im Ausmaß von rund 100 m² zugesprochen. Dass diese (aufgrund des vorzunehmenden Abzugs „neu für alt“) etwas geringer sind, als jene für die teilweise Reparatur des Bodens, rechtfertigt nicht den Zuspruch dieses höheren Betrags für eine Art der Schadensbehebung, die nach Angaben der Kläger nicht vorgenommen wird. Ob die (höheren) Kosten einer hypothetischen Reparatur in den konkret begehrten (niedrigeren) Austauschkosten enthalten sind oder ob es sich um ein aliud handelt, kann dahin gestellt bleiben, weil diese ohnehin mit der Höhe der begehrten Austauschkosten limitiert sind.
2. Nach ständiger Rechtsprechung zum Schadenersatzrecht muss sich der Geschädigte im Fall der Verbesserung oder Neuherstellung einer gebrauchten Sache, die einer beschränkten Nutzungsdauer unterliegt, jenen Vorteil anrechnen lassen, der darin gelegen ist, dass er nunmehr über eine Sache verfügt, die er entsprechend länger nutzen kann (RIS-Justiz RS0022726; RS0114929; OGH 2 Ob 69/24x [Rz 12]). Dadurch soll eine dem schadenersatzrechtlichen Ausgleichsgedanken widersprechende Bereicherung des Geschädigten verhindert werden (OGH 1 Ob 272/07t; 8 Ob 115/23d).
Bei Erneuerung von Sachbestandteilen ist folgendermaßen zu unterscheiden: Werden Teile einer Sache erneuert, die ohne Beschädigung vor dem natürlichen Zugrundegehen beziehungsweise Unbrauchbarwerden der Sache nicht hätten erneuert werden müssen und erfährt die alte Sache in ihrer Gesamtheit keine Werterhöhung, so hat der Haftende im Rahmen der Tunlichkeit einer Reparatur die gesamten Reparaturkosten zu ersetzen. Werden hingegen Teile einer Sache erneuert, die ohne Beschädigung vor dem Zugrundegehen beziehungsweise vor dem Unbrauchbarwerden der Sache ohnehin hätten erneuert werden müssen, so führt eine Erneuerung der Teile unter Tragung der Gesamtkosten durch den Schädiger dann zu einer Bereicherung des Geschädigten, wenn die Sache auch insgesamt keine Wertsteigerung erfährt, wie dies etwa bei Häusern, Installationen etc der Fall ist (OGH 1 Ob 272/07t = RS0022849 [T7]; RS0030645 [T1]; 4 Ob 185/22t [Rz 11]).
Um eine Bereicherung des Geschädigten zu vermeiden, sind ihm nur aliquote Anteile der Erneuerungskosten zu ersetzen. Nach den getroffenen Feststellungen betragen die dafür angemessenen, ortsüblichen Kosten insgesamt EUR 17.276,10, wobei diese neben dem Abbruch und dem Erneuern des Parkettbodens sowie des Schleifens und Versiegelns auch damit untrennbar verbundene Räum- und Reinigungsarbeiten sowie eine Anfahrtspauschale enthalten. Die unbestritten gebliebene Höhe der Aliquotierung war daher von den gesamten Erneuerungskosten für die Neuherstellung des Parkettbodens vorzunehmen.
Der Berufung musste daher ein Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt nur EUR 3.247,92, sodass der Ansatz für den Verdienst entsprechend zu korrigieren war.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden