Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Dezember 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. SetzHummel LL.M., Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi PMM in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Strubreiter im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des * H* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 16. Juli 2025, GZ 150 Hv 34/25w 79, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Konfiskationserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Graz zu.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des * H* in einem forensischtherapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.
[2]Danach hat er am 4. April 2024 in G* unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, wegen der er im Zeitpunkt der Tat zurechnungsunfähig war (§ 11 StGB), nämlich einer schizoaffektiven Störung/Manie, einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit vor allem emotional-instabilen und dissozialen Anteilen * L* auf eine Weise, mit der Lebensgefahr verbunden ist, vorsätzlich am Körper verletzt und an der Gesundheit geschädigt (§ 83 Abs 1 StGB), indem er mit einem von ihm gelenkten Quadfahrzeug (funktional als Waffe eingesetzt [§ 39a Abs 1 Z 4 StGB]) beschleunigend auf L* zufuhr, der sich mit den Händen vom Stoßfänger abstoßen konnte, wodurch er Prellungen im Bereich beider Hände, eine Schnittwunde an einem Finger und Schmerzen am linken Handgelenk erlitt,
und somit eine Tat begangen, die als Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 5 Z 1 StGB mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist.
[3]Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 9 (richtig) lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen, die ihr Ziel verfehlt.
[4]Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Antrag auf „Beiziehung eines Sachverständigen aus der Psychiatrie sowie aus der Unfallchirurgie“ zum Beweis dafür, dass „beim Tatopfer * L* keine schwere Körperverletzung“ vorliege, zu Recht abgewiesen (ON 78 S 10), weil das Beweisthema als erwiesen galt (§ 55 Abs 2 Z 3 StPO; vgl ON 66 S 1 f).
[5] Das den Antrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RISJustiz RS0099618).
[6] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht nicht von den Urteilskonstatierungen zur subjektiven Tatseite des Betroffenen (US 5 f) aus, sondern bestreitet diese. Solcherart verfehlt sie den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RISJustiz RS0099810; vgl im Übrigen zur Unterscheidung zwischen der Bildung eines Vorsatzes durch einen Betroffenen und dem [die Schuldfähigkeit betreffenden] krankheitsbedingten Fehlen der Diskretions und Dispositionsfähigkeit zur Tatzeit RISJustiz RS0090295 [T4]; Reindl Krauskopf in WK 2StGB § 5 Rz 4 mwN).
[7] Mit der Kritik, die Feststellungen zur subjektiven Tatseite fänden angesichts des Gutachtens des Sachverständigen Univ.Prof. Dr. W* „im Beweisverfahren keine Deckung“, wird keine der in § 281 Abs 1 Z 5 StPO genannten Anfechtungskategorien (und auch sonst kein Nichtigkeitsgrund) angesprochen.
[8]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[9]Aus ihrem Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch, dass dem angefochtenen Urteil im Konfiskationserkenntnis nicht geltend gemachte, dem Betroffenen zum Nachteil gereichende materielle Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO) anhaftet (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):
[10]Das Erstgericht ordnete unter Bezugnahme auf § 19a StGB die Konfiskation des im Eigentum des Betroffenen stehenden „Quadfahrzeug[s] Polaris Sportsmann 6x6 mit der Fahrgestellnummer *, welches * H* bei der Tat verwendete“, an (US 2, 9).
[11]Konfiskation nach § 19a StGB verlangt, dass die Tat vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft begangen wurde. Aus der Ausgestaltung der Konfiskation als Strafefolgt, dass ein solcher Ausspruch im Fall vorliegender Zurechnungsunfähigkeit (§§ 11, 21 Abs 1 StGB) des Täters, in dessen Eigentum der betreffende Gegenstand steht, unzulässig ist (RISJustiz RS0129178; instruktiv 14 Os 169/13d; Michel Kwapinski/Oshidari, StGB 15 § 19a Rz 2; Fuchs/Tipold in WK 2StGB § 19a Rz 3, 4, 7, 38 mwN).
[12]Der vorliegend in einem Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung nach § 21 Abs 1 StGB trotz festgestellter Zurechnungsunfähigkeit des Täters erfolgte Konfiskationsausspruch erweist sich daher als rechtsfehlerhaft (Z 11 erster Fall).
[13]Hinzugefügt sei, dass eine allenfalls in Betracht kommende Einziehung nach § 26 Abs 1 StGB, die eine schuldhafte Begehung nicht voraussetzt ( Fuchs/Tipold in WK 2StGB § 19a Rz 4), Feststellungen zur Deliktstauglichkeit des von dieser Maßnahme betroffenen Gegenstands erfordert (RISJustiz RS0121298; Haslwanter in WK 2StGB § 26 Rz 6, 12). Solche Konstatierungen sind dem Ersturteil jedoch nicht zu entnehmen.
[14] Da das Konfiskationserkenntnis nicht mit Berufung bekämpft wird (vgl RISJustiz RS0119220 [T9], RS0130617), war es daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung wie aus dem Spruch ersichtlich aufzuheben (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO iVm § 285e StPO).
[15]Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
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