IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Philipp RAFFL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch RA Mag. Hubert WAGNER, LL.M., gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD XXXX , vom 23.10.2025, Zl. XXXX , bezüglich der Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen, zu Recht:
A)
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 21.10.2025 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des Bundesamtes, RD XXXX , vom 23.10.2025 wurde dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), die Zulässigkeit seiner Abschiebung in die Türkei festgestellt (Spruchpunkt III.) und ihm gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.).
Gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 20.11.2025 wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Verfahrensfehlern vollumfänglich Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 27.11.2025 zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Türkei und verfügt über kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet.
Am 21.10.2025 stellte er beim Bundesamt einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005. Dieses Antragsverfahren ist nach wie vor bei der RD XXXX zur Zl. XXXX anhängig.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des Bundesamtes, RD XXXX , vom 23.10.2025 zur Zl. XXXX wurde dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), die Zulässigkeit seiner Abschiebung in die Türkei festgestellt (Spruchpunkt III.) und ihm gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.).
2. Beweiswürdigung:
Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang sowie die unter Punkt II.1. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Behördenaktes bzw. des vorliegenden Gerichtsaktes.
Tagesaktuelle Auskünfte aus dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister, dem zentralen Melderegister und dem Strafregister wurden ergänzend zum vorgelegten Behördenakt eingeholt.
Im Informationsverbund zentrales Fremdenregister ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer über kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügt und sein Antragsverfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK beim Bundesamt, RD XXXX , zur Zl. XXXX anhängig ist (Verfahrensstatus: "Laufend"; Änderungsgrund Verfahrensstatus: "Akt am 22.10.2025 an RD XXXX weitergeleitet"). Sowohl im angefochtenen Bescheid (S. 6) als auch in der Beschwerde (S. 2) wird ebenfalls auf das laufende Antragsverfahren hingewiesen, wobei im Bescheid dezidiert festgehalten wird, dass über diesen Antrag noch „gesondert abgesprochen“ werde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Ersatzlose Behebung des Bescheides:
3.1. Zu den Rechtsgrundlagen:
Der mit "Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme" betitelte § 10 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) idgF BGBl. I Nr. 63/2025 lautet:
„(1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.“
Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF BGBl. I Nr. 50/2025 lautet:
„(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1.nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,
1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,
2.ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3.ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5.das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.
(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.
(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“
3.2. Anwendung der Rechtsgrundlagen auf den vorliegenden Fall:
Gegenständlich hat das Bundesamt nach dem Antrag des Beschwerdeführers vom 21.10.2025 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 gegen diesen mit Bescheid vom 23.10.2025 aufgrund seines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet - gestützt auf § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sowie § 52 Abs. 1 Z 1 FPG – eine Rückkehrentscheidung erlassen.
Keineswegs verkennt das Bundesverwaltungsgericht im gegebenen Zusammenhang, dass § 58 Abs. 13 AsylG 2005 vorsieht, dass Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründen und im Gesetz (vgl. § 10 Abs. 3 AsylG 2005 und § 52 Abs. 3 FPG) grundsätzlich vorgesehen ist, dass in einem individuellen Fall beliebig viele und nebeneinanderstehende durchsetzbare Rückkehrentscheidungen ergehen können (vgl. hierzu VwGH 13.12.2023, Ra 2021/21/0280, mwN).
Ungeachtet dessen, gelangt der erkennende Richter zum Schluss, dass die seitens des Bundesamts im konkreten Fall des Beschwerdeführers gewählte Vorgangsweise nicht im Sinne des Gesetzes gelegen sein kann.
Ein "Antrag" ist (grundsätzlich) ein Anbringen, das auf die Erlassung eines Bescheides gerichtet ist. Ein Erledigungsanspruch besteht unabhängig vom Inhalt der zu treffenden Entscheidung (vgl. VwGH 28.05.2025, Ra 2025/13/0048, mwN).
Eine Rückkehrentscheidung setzt gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 bzw. § 52 Abs. 3 FPG eine negative Erledigung des Antrags nach § 55 AsylG 2005 voraus (vgl. VwGH 21.12.2022, Ro 2020/21/0001, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 12.11.2015 zur Zl. Ra 2015/21/0101 ausführlich auf den inhaltlichen Gleichklang der Beurteilung eines Eingriffs in das Privat- und Familienleben eines Fremden bei Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung einerseits und der Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 andererseits hingewiesen. Demnach sind sowohl die Zulässigkeit der gegen den Fremden erlassenen Rückkehrentscheidung als auch die inhaltliche Berechtigung seines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 - ebenso wie auch die amtswegige Prüfung - jeweils vom Ergebnis der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG abhängig (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0103, mwN). Zuerst ist über die Beschwerde gegen die Antragszurückweisung zu entscheiden und nur im Fall der Bestätigung dieses Spruchpunktes in einem zweiten Schritt die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung zu prüfen, weil die Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 und § 52 Abs. 3 FPG auf der negativen Entscheidung über den Antrag nach § 55 AsylG 2005 aufbaut (vgl. VwGH 03.03.2022, Ra 2020/21/0400, mwN).
Mit der fallgegenständlichen Erlassung einer auf § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sowie § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützten Rückkehrentscheidung hat das Bundesamt der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG schon vorgegriffen, ohne den bereits zuvor anhängig gemachten Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 einer Erledigung zuzuführen. Der Erledigungsanspruch des Beschwerdeführers in seinem Antragsverfahren – in dem ohnedies eine Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG vorzunehmen sein wird, sei es im Rahmen des meritorischen Abspruchs über den Antrag selbst, oder auch im Falle einer Zurückweisung des Antrags im Rahmen der unter einem gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 bzw. § 52 Abs. 3 FPG zu erlassenden Rückkehrentscheidung - besteht indessen nach wie vor. Diese Sachverhaltskonstellation erscheint dem aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebot zuwiderzulaufen (vgl. hierzu VwGH 18.10.2016, Ro 2015/03/0029, mwN).
Darüber hinaus geht der erkennende Richter davon aus, dass im Falle eines bereits anhängigen Antragsverfahrens auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 der § 10 Abs. 3 AsylG 2005 eine lex specialis gegenüber dem Abs. 2 dieser Bestimmung darstellt und diesem infolge dessen vorgeht, ebenso wie der § 52 Abs. 3 FPG dem Abs. 1 leg. cit. als lex specialis vorzugehen hat. Eine andere Rechtsansicht würde letztlich sowohl die gesetzliche Anordnung des § 10 Abs. 3 AsylG 2005, wonach die Ab- oder Zurückweisung des Antrags eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden ist, als auch die gesetzliche Anordnung des § 52 Abs. 3 FPG, wonach das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen hat, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird, ad absurdum führen, was dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann.
Aus dem Gesagten war die mit dem angefochtenen Bescheid erlassene, auf § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sowie § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützte Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) samt den rechtlich darauf aufbauenden Nebenaussprüchen über die Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz (Spruchpunkt I.), die Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III.) sowie die Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.) – sohin der gesamte Bescheid – ersatzlos zu beheben.
Das Bundesamt wird vielmehr den nach wie vor anhängigen Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK einer Erledigung zuzuführen und die Entscheidung erst dann im Falle einer Ab- oder Zurückweisung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 bzw. § 52 Abs. 3 FPG zu verbinden haben.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Es fehlt an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob gegen einen unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen, der sich bereits in einem laufenden Antragsverfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 befindet, nachträglich noch eine auf § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sowie § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützte Rückkehrentscheidung erlassen werden kann.
Insbesondere fehlt es im gegebenen Zusammenhang an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob § 10 Abs. 3 AsylG 2005 eine lex specialis gegenüber dem Abs. 2 leg. cit. bzw. ob § 52 Abs. 3 FPG eine lex specialis gegenüber dem Abs. 1 leg. cit. darstellt.
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