IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Bosnien und Herzegowina, vertreten durch die Haračić + Partners d.o.o., gegen Spruchpunkt III. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2024, Zl. XXXX , betreffend die Erlassung eines befristeten Einreiseverbots zu Recht:
A) Der Beschwerde wird im Anfechtungsumfang stattgegeben und Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ersatzlos behoben.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang:
Am XXXX .2024 wurde Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, bei einer finanzpolizeilichen Baustellenkontrolle in XXXX ohne Aufenthaltsberechtigung und ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung betreten und wegen des Verdachts der unerlaubten Erwerbstätigkeit festgenommen. Am nächsten Tag wurde er zu diesem Vorwurf polizeilich vernommen.
Mit dem Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX .2024 wurde er aufgefordert, sich zu der geplanten Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot zu äußern und Fragen zu seinem Aufenthalt in Österreich sowie zu seinem Privat- und Familienleben zu beantworten. Gleichzeitig wurde er darüber informiert, dass er zur Ausreise bis XXXX .2024 verpflichtet sei, was aktenwidrig damit begründet wurde, dass gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen worden sei. Der BF reiste noch am XXXX .2024 aus dem Bundesgebiet nach Bosnien und Herzegowina aus. Am XXXX .2024 übermittelte er dem BFA eine Stellungnahme per E-Mail, in der er die Fragen laut dem Schreiben vom XXXX .2024 beantwortete.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erließ das BFA daraufhin gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 2 FPG (Spruchpunkt I.) und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina fest (Spruchpunkt II.). Gleichzeitig erließ es gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 7 FPG ein mit zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.). Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF zur illegalen Arbeitsaufnahme in den Schengenraum eingereist und im Zuge einer Baustellenkontrolle bei einer unerlaubten Beschäftigung betreten worden sei. Er sei zum Zeitpunkt der Kontrolle weder bei der Sozialversicherung angemeldet gewesen noch habe er über die erforderliche arbeitsmarktrechtliche Bewilligung verfügt. Außerdem habe er kein schützenswertes Privat- und Familienleben im Bundesgebiet.
Dieser Bescheid wurde am XXXX .2024 der Österreichischen Post AG als Zustelldienst übergeben und mit internationalem Rückschein an die Wohnadresse des BF in XXXX zugestellt, wo er ihm am XXXX .2024 zukam.
Am XXXX .2024 langte beim BFA die Stellungnahme der vom BF bevollmächtigten Haračić + Partners d.o.o., einer bosnisch-herzegowinischen Rechtsanwaltskanzlei, ein, in der auch ein in Österreich lebender Zustellbevollmächtigter namhaft gemacht wurde. Mit Schreiben vom XXXX .2024 forderte das BFA diesen zur Vorlage der dem BF erteilten Aufenthaltstitel auf. Er antwortete, dass er keine Auskunft über den Aufenthalt geben könne. Das BFA widerholte die Aufforderung daraufhin an die Haračić + Partners d.o.o. als Rechtsvertretung des BF.
Daraufhin erhob der BF über die Haračić + Partners d.o.o. als seine Vertretung eine mit XXXX .2024 datierte und am XXXX .2024 in Bosnien und Herzegowina zur Post (BH Pošta d.o.o.) gegebene Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX .2024, die am XXXX .2024 an die österreichische Post übergeben wurde und am XXXX .2024 beim BFA einlangte. Diese richtet sich erkennbar nur gegen das in Spruchpunkt III. des Bescheids erlassene Einreiseverbot. Der BF beantragt dessen räumliche Beschränkung auf das österreichische Bundesgebiet, eine Verkürzung oder anderweitige Abmilderung. Gegen die Rückkehrentscheidung und die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheids) wendet er sich demgegenüber nicht. Er begründet die Beschwerde im Wesentlichen damit, dass er bei einem international tätigen Unternehmen mit Sitz in XXXX beschäftigt sei, für das er immer wieder rechtmäßig in anderen europäischen Staaten gearbeitet habe. Zur Zeit der Erlassung des Einreiseverbots sei er im Besitz einer kroatischen Aufenthaltsgenehmigung gewesen. Außerdem sei ihm eine ungarische Aufenthaltserlaubnis erteilt worden. Im XXXX 2024 habe sich eine dringende Anforderung an seinen Arbeitgeber zum Tausch von zwei Klimaanlagen in Österreich ergeben. Da nicht ausreichend Zeit für die Beschaffung von Arbeitsgenehmigungen zur Verfügung gestanden sei, habe der Arbeitgeber des BF mehrere Mitarbeiter – darunter auch den BF – ohne Arbeitserlaubnis zur Unterstützung nach Österreich entsandt. Die Arbeiten dort hätten nicht länger als ein paar Tage dauern sollen. Als mildernd sei zugunsten des BF zu berücksichtigen, dass er nicht freiwillig nach Österreich gereist sei, sondern aufgrund einer Anordnung seines Vorgesetzten. Der Arbeitgeber des BF habe die Verantwortung für die Entsendung des BF und der anderen Mitarbeiter nach Österreich ohne entsprechende Bewilligung übernommen und die deshalb ausgesprochenen Verwaltungsstrafen bezahlt. In den letzten Jahren habe es (auch in anderen europäischen Staaten) keinen vergleichbaren Vorfall gegeben. Der Arbeitgeber des BF sei mit Arbeiten an einem Einkaufszentrum in Ungarn im Zeitraum XXXX 2024 bis XXXX 2025 beauftragt worden. Wenn dem BF die Einreise nach Ungarn verwehrt werde, würde dies zu finanziellen Verlusten seines Arbeitgebers und zum Verlust seines Arbeitsplatzes führen.
Das BFA legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Antrag vor, sie als unbegründet abzuweisen.
Mit Eingabe vom XXXX .2024 reichte der BF dem BVwG eine ungarische Arbeits- und Aufenthaltsberechtigung (in ungarischer Sprache ohne Übersetzung) nach.
Feststellungen:
Der BF heißt XXXX und ist ein am XXXX in XXXX geborener Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina. Er ist verheiratet und Vater einer Tochter im Kleinkindalter. Er lebt mit seiner Familie in XXXX . Sein Lebensmittelpunkt liegt in Bosnien und Herzegowina. Er hat in Österreich keine privaten oder familiären Anknüpfungen.
Der BF ist seit XXXX bei einem Unternehmen mit Sitz in XXXX als XXXX beschäftigt und wurde seither in dieser Funktion wiederholt auf Baustellen in anderen Staaten, insbesondere Kroatien und Ungarn, eingesetzt, wobei er jeweils über die erforderlichen Bewilligungen (Aufenthaltsberechtigung, arbeitsmarktbehördliche Bewilligung) verfügte.
Der BF reiste am XXXX .2024 über Kroatien nach Österreich ein, wo er für seinen Arbeitgeber Arbeiten an einer Baustelle in XXXX verrichtete. Er verfügte weder über eine Aufenthaltsberechtigung oder ein Visum noch über eine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung für diese Beschäftigung. Er war in Bosnien und Herzegowina krankenversichert; seine Beschäftigung war der österreichischen Sozialversicherung nicht gemeldet. Am XXXX .2024 wurde er gemeinsam mit anderen Mitarbeitern seines Arbeitgebers bei dieser Beschäftigung im Rahmen einer finanzpolizeilichen Kontrolle betreten. Es war das erste Mal, dass der BF in Österreich einer unerlaubten Beschäftigung nachging. Er ist im Bundesgebiet straf- und verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Am XXXX .2024 reiste er aus dem Bundesgebiet nach Bosnien und Herzegowina aus.
Dem BF war für den Zeitraum XXXX .2022 bis XXXX .2024 eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung in Ungarn erteilt worden. Im Zeitraum XXXX .2024 bis XXXX .2024 verfügte er über eine Arbeitsgenehmigung in Kroatien. Aktuell besitzt er eine von XXXX .2025 bis XXXX .2027 gültige Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung für Ungarn.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens und des BVwG sowie aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Strafregister und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR).
Der aktenkundige internationale Rückschein betreffend die Zustellung des angefochtenen Bescheids an den BF ist mit XXXX .2024 datiert, wurde aber – wie der Vergleich mit anderen aktenkundigen Unterschriften des BF zeigt – nicht von ihm unterschrieben. Es ist nicht bekannt, von wem die Unterschrift auf dem Rückschein stammt, zumal der Name nicht leserlich angegeben ist. Es ist daher davon auszugehen, dass der BF den Bescheid –wie er selbst angibt – erst am XXXX .2024 erhalten hat, womit allfällige Zustellmängel jedenfalls gemäß § 7 ZustG geheilt wären.
Die Postaufgabe der Beschwerde in Bosnien und Herzegowina ergibt sich aus dem entsprechenden Vermerk am Kuvert. Das Datum der Übergabe der Sendung an die Österreichische Post AG konnte anhand der im Internet unter https://www.post.at/s/sendungssuche abrufbaren Sendungsdetails zur Sendungsnummer XXXX nachvollzogen werden.
Die Identität des BF geht aus seinem Reisepass, der dem BVwG als Kopie vorliegt, hervor. Seine familiären Verhältnisse können anhand der Angaben in der Beschwerde und der Stellungnahme vom XXXX .2024 festgestellt werden. Aus letzterer ergibt sich auch das Fehlen nennenswerter privater oder familiärer Anknüpfungen im Bundesgebiet. Damit übereinstimmend bestand laut ZMR nie eine Wohnsitzmeldung im Inland. Da der BF auch angegeben hat, er wolle nie außerhalb von Bosnien und Herzegowina leben, ist davon auszugehen, dass er dort seinen Lebensmittelpunkt hat.
Der Arbeitsvertrag des BF vom XXXX wurde mit der Beschwerde samt deutscher Übersetzung vorgelegt. Da darin auf einen zuvor bestehenden Arbeitsvertrag vom XXXX Bezug genommen wird, kann der Darstellung des BF, er sei seit XXXX für denselben Arbeitgeber tätig, gefolgt werden.
Die Grenzkontrollstempel über die Einreise des BF nach Kroatien am XXXX .2024 und über seine Ausreise am XXXX .2024 sind in seinem Reisepass nachvollziehbar. Eine Ausreisebestätigung der Österreichischen Botschaft in Sarajewo wurde vorgelegt.
Der BF gab sowohl bei der polizeilichen Einvernahme am XXXX .2024 als auch in seiner Stellungnahme vom XXXX .2024 an, er habe sich seit XXXX .2024 im Bundesgebiet aufgehalten. Da kein anderer Zweck seiner Einreise ersichtlich ist, ist davon auszugehen, dass er von XXXX . 2024 bis zur Betretung am XXXX .2024 hier einer unerlaubten Beschäftigung auf der Baustelle in XXXX nachgegangen ist, zumal er während dieser Zeit offenbar über keine Arbeits- oder Aufenthaltserlaubnis in einem anderen Staat verfügte.
Die Betretung des BF bei der finanzpolizeilichen Kontrolle am XXXX .2024 ergibt sich aus den aktenkundigen Polizeiberichten und wird auch von ihm selbst zugestanden. Auch in der Beschwerde wird vorgebracht, dass ihn sein Arbeitgeber ohne Arbeitserlaubnis nach Österreich entsendet habe.
Eine Krankenversicherung des BF in Bosnien und Herzegowina ist aufgrund seiner Erwerbstätigkeit dort glaubhaft. Eine Meldung zur österreichischen Sozialversicherung liegt nicht vor.
Die festgestellten, dem BF in Kroatien und in Ungarn erteilten Aufenthaltstitel samt Arbeitserlaubnis wurden vorgelegt.
Aus dem IZR geht hervor, dass dem BF in Österreich nie ein Aufenthaltstitel erteilt wurde. Es gibt auch keine Hinweise auf ein ihm erteilten Visum oder eine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung. Da ihm aber wiederholt entsprechende Bewilligungen in anderen Staaten erteilt wurden, ist seine Behauptung, er sei zuvor auch in anderen Staaten nie einer unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen, durchaus glaubhaft.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus dem Strafregister. Hinweise auf Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen sind nicht aktenkundig.
Rechtliche Beurteilung:
Der angefochtene Bescheid wurde dem BF am XXXX .2024 zugestellt. Der letzte Tag der vierwöchigen Beschwerdefrist war somit der XXXX .2024.
Die Beschwerde des BF wurde am XXXX .2024 in Bosnien und Herzegowina zur Post gegeben und am XXXX .2024 durch die Österreichische Post AG übernommen. Sie langte am XXXX .2024 beim BFA ein.
Aufgrund der Übernahme der Beschwerde durch die Österreichische Post AG als Universaldienstleister iSd § 3 Z 4 iVm § 12 PMG und damit an einen Zustelldienst iSd § 2 Z 7 ZustG am letzten Tag der Beschwerdefrist ist diese aufgrund des demnach anzuwendenden Postlaufprivilegs gemäß § 33 Abs 3 Z 1 AVG als rechtzeitig anzusehen, zumal auch vom BFA keine Bedenken hinsichtlich der Rechtzeitigkeit de Beschwerde geäußert wurden.
Die Beschwerde richtet sich – wie insbesondere die Beschwerdeanträge zeigen – weder gegen die Rückkehrentscheidung noch gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Bosnien und Herzegowina, zumal er zur Zeit der Bescheiderlassung schon wieder dorthin zurückgekehrt war, sondern nur gegen das Einreiseverbot laut Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids. Diese ist aus den nachstehenden Erwägungen nicht rechtskonform und daher ersatzlos zu beheben.
Der BF ist als Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Gemäß § 53 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an ihn, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands) sowie Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn er die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen (an nationaler Sicherheit, dem wirtschaftlichen Wohl des Landes oder der Verteidigung der Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) zuwiderläuft.
Das Vorliegen einer für die Erlassung eines Einreiseverbots relevanten Gefahr ist (soweit hier relevant) gemäß § 53 Abs 2 Z 7 FPG insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, er hätte nach den Bestimmungen des AuslBG für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der er betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen. In diesem Fall kann ein Einreiseverbot für höchstens fünf Jahre erlassen werden.
Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern nur dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt des betreffenden Drittstaatsangehörigen stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung der Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).
Bei der vorzunehmenden Gefährdungsprognose ist hier zu berücksichtigen, dass die nach dem AuslBG nicht zulässige Beschäftigung des BF aufgrund einer Nachschau durch die dafür berufenen Behörden festgestellt wurde und somit der Tatbestand des § 53 Abs 2 Z 7 FPG grundsätzlich erfüllt ist. Auch bei einer ordnungsgemäßen Beschäftigung in Kroatien oder Ungarn hätte es für eine vorübergehende Arbeitsleistung im Bundesgebiet bei Einhaltung österreichischer Lohn- und Arbeitsbedingungen zwar u.U. keiner Beschäftigungs- oder Entsendebewilligung, aber gemäß § 18 Abs 12 AuslBG jedenfalls einer EU-Entsendebestätigung bedurft.
Eine vorsätzliche Vorgehensweise ist keine Voraussetzung der Erfüllung des Tatbestandes nach § 53 Abs 2 Z 7 FPG. Auf die subjektive Sicht des BF kommt daher es nicht an. Von einem eine Beschäftigung in Österreich aufnehmenden Drittstaatsangehörigen muss verlangt werden, sich mit den dafür einschlägigen Rechtsnormen vertraut zu machen. Dabei genügt es etwa auch nicht, sich auf die Auskunft des Arbeitgebers zu verlassen (vgl. VwGH 25.05.2021, Ra 2019/21/0402). Die „Verantwortungsübername“ des Arbeitgebers des BF kann ihn daher nicht gänzlich entlasten.
Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs 2 FPG indiziert grundsätzlich, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet. Diese Gefährdungsannahme ist beim Tatbestand des § 53 Abs 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt (siehe VwGH 25.05.2021, Ra 2019/21/0402).
Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen und der Verhinderung von "Schwarzarbeit" ist zwar eine erhebliche Bedeutung zuzugestehen, jedoch ist bei der Erstellung einer Gefährdungsprognose im Zusammenhang mit der Erlassung eines befristeten Einreiseverbots nicht nur auf ein früheres Fehlverhalten des BF und auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung, sondern auch auf allfällige diesbezügliche Änderungen in einer zukunftsorientierten Betrachtungsweise abzustellen (siehe VwGH 23.06.2022, Ra 2020/21/0345).
Dabei ergibt sich hier, dass der im Bundesgebiet unbescholtene BF einmal bei einer unerlaubten Beschäftigung angetroffen wurde, die er zuvor schon mehrere Tage lang ausgeübt hatte. Allerdings wurde ihm kurz nach seiner unverzüglichen freiwilligen Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina eine Arbeitserlaubnis in Kroatien und in der Folge eine Aufenthaltsbewilligung samt Arbeitserlaubnis in Ungarn erteilt. Es gibt keine Hinweise darauf, dass er vorhatte, sich für längere Zeit im Inland unrechtmäßig aufzuhalten oder wiederholt gegen fremden- bzw. beschäftigungsrechtliche Vorschriften zu verstoßen. Es ist daher keine nennenswerte Wiederholungsgefahr anzunehmen, zumal das erstmalige Fehlverhalten des BF angesichts der komplexen Rechtslage bei grenzüberschreitenden Entsendungen nicht überbewertet werden soll und er davor und danach jeweils einer ordnungsgemäßen unselbständigen Erwerbstätigkeit in seinem Herkunftsstaat (bzw. in anderen Staaten mit entsprechenden Bewilligungen) nachgegangen ist.
Da fallbezogen somit nur eine vergleichsweise geringe Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens vorliegt, ist das Einreiseverbot nicht zusätzlich zur Rückkehrentscheidung (die gemäß § 12a Abs 6 AsylG ohnedies 18 Monate ab der Ausreise des BF aufrecht bleibt), notwendig, um der von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit wirksam zu begegnen. Die Erlassung eines Einreiseverbots ist unter Berücksichtigung der bloß einmaligen Verfehlung des BF, seiner ansonsten geordneten Lebensverhältnisse sowie der mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels in Ungarn und der Fortsetzung seiner Erwerbstätigkeit dort verbundenen positiven Zukunftsprognose nicht gerechtfertigt. Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ist daher in Stattgebung der Beschwerde ersatzlos zu beheben.
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte und auch bei einer Einvernahme des BF in einer Verhandlung vor dem BVwG keine weitere Aufklärung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts zu erwarten ist, unterbleibt die von keiner Seite beantragte Beschwerdeverhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG.
Die Revision ist nicht zu zulassen, weil das BVwG keine qualifizierte Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte und sich an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte. Die bei der Erlassung eines befristeten Einreiseverbots vorzunehmende Interessenabwägung und die Erstellung einer Gefährdungsprognose können jeweils nur im Einzelfall beurteilt werden.
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