Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des H D, vertreten durch Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin in 4600 Wels, Ringstraße 9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. September 2024, L508 2291158 1/8E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte am 11. Oktober 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er im Wesentlichen vor, dass er als unbeteiligter Passant in einen Schusswechsel zwischen Gruppierungen geraten und dabei am linken Auge verletzt worden sei. Der Revisionswerber habe in weiterer Folge eine Anzeige eingebracht, sei aber von den Tätern bedroht worden, um eine Zurückziehung der Anzeige zu erwirken.
2 Mit Bescheid vom 7. Februar 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
Begründend führte es sofern für das Revisionsverfahren wesentlich aus, dass die vorgebrachte Verfolgung im Zusammenhang mit der Anzeige nicht glaubhaft sei. Das Absehen von der mündlichen Verhandlung stützte das BVwG auf § 21 Abs. 7 BFA VG.
4 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 26. November 2024, E 3947/2024 8, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese in weiterer Folge mit Beschluss vom 9. Jänner 2025, E 3947/2024 10, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
5 Der Revisionswerber brachte daraufhin die vorliegende außerordentliche Revision ein.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst vorgebracht, dass der Revisionswerber in seinem Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG verletzt worden sei, weil sich der Revisionswerber in der Beschwerde darauf berufen habe, dass er im Jänner 2024 gegen das freisprechende Strafurteil erneut eine Beschwerde eingebracht habe, dieses Rechtsmittel nach wie vor offen sei und er daher erneut verstärkt Drohungen durch die vermeintlichen Täter erhalte. Überdies habe er in der Beschwerde ausgeführt, dass die türkischen Behörden korrupt seien, womit sich das BVwG in weiterer Folge nicht hinreichend auseinandergesetzt habe.
10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind zur Beurteilung, ob der Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA VG geklärt erscheint und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich:
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, sowie aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 16.12.2024, Ra 2024/19/0431, mwN).
11 Der Revision gelingt es mit ihrem Vorbringen nicht darzutun, dass das BVwG im vorliegenden Fall von diesen Leitlinien abgewichen wäre, weil bereits das BFA davon ausging, dass die vorgebrachte Verfolgung im Zusammenhang mit der Anzeige nicht glaubhaft sei und die Beschwerde dieser Begründung nicht substantiiert entgegentrat.
12 Mit der Rüge, dass sich das BVwG mit dem Beschwerdevorbringen, der Revisionswerber habe gegen das freisprechende Strafurteil erneut Beschwerde eingebracht und befürchte aus diesem Grund nunmehr verstärkt Verfolgung bzw. ein „Unter Druck Setzen“, entsprechend inhaltlich auseinandersetzen hätte müssen, wendet sich die Revision dem Grunde nach gegen die Beweiswürdigung des BVwG.
13 Nach ständiger Rechtsprechung ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 16.12.2024, Ra 2024/19/0531, mwN).
14 Im vorliegenden Fall übersieht die Revision, dass das BVwG sowohl dem Vorbringen zur Verfolgung die Glaubhaftigkeit versagte als auch, dass es sich beweiswürdigend mit dem Vorbringen hinsichtlich der erneut eingebrachten Beschwerde auseinandersetzte und von keiner asylrelevanten Verfolgung aufgrund dessen ausgeht. Inwiefern das BVwG eine unvertretbare Beweiswürdigung vorgenommen hätte, legt die Revision nicht dar.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
16 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 12. März 2025
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