Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision des Dipl. Ing. C H, vertreten durch die Metzler Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom 25. Juni 2025, Zl. RV/5100600/2025, betreffend Grunderwerbsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesfinanzgericht Vorlageanträge des Revisionswerbers als verspätet zurück und erklärte eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
2 Begründend führte das Bundesfinanzgericht soweit hier wesentlich aus, mit Bescheiden vom 24. Juni 2022 habe das Finanzamt Österreich dem Revisionswerber Grunderwerbsteuer in jeweils näher bezeichneter Höhe vorgeschrieben. Gegen diese Bescheide habe der Revisionswerber rechtzeitig Beschwerde erhoben, wobei der öffentliche Notar Mag. H als sein Vertreter eingeschritten sei. Mit Schreiben vom 20. Juni 2024 habe der Revisionswerber dem Finanzamt Österreich bekannt gegeben, dass er die M Rechtsanwälte GmbH mit seiner alleinigen Vertretung beauftragt habe und Zustellungen zu Handen dieser Rechtsvertreter durchzuführen seien.
3 Das Bundesfinanzgericht stellte weiters fest, dass die M Rechtsanwälte GmbH seit mehreren Jahren Teilnehmerin im Verfahren FinanzOnline sei und keinen Verzicht auf eine elektronische Zustellung über FinanzOnline von Erledigungen der Abgabenbehörden in ihren eigenen Angelegenheiten oder in den Angelegenheiten als Parteienvertreter erklärt habe.
4Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 4. Juli 2024 sei die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Grunderwerbsteuerbescheide vom 24. Juni 2022 als unbegründet abgewiesen worden. Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen sei am 5. Juli 2024 über FinanzOnline an die M Rechtsanwälte GmbH erfolgt. Die Beschwerdevorentscheidungen seien ab dem 5. Juli 2024 in der Databox der M Rechtsanwälte GmbH abrufbar gewesen und damit in deren elektronischen Verfügungsbereich gelangt. Am 8. August 2024 sei ein Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidungen per Post an das Finanzamt abgesendet worden. Da die Beschwerdevorentscheidungen gemäß § 98 Abs. 2 BAO am 5. Juli 2024 zugestellt worden seien, sei die einmonatige Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags am 5. August 2024 abgelaufen. Die am 8. August 2024 eingebrachten Vorlageanträge seien somit verspätet.
5Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, zu deren Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht wird, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob eine im Verwaltungsverfahren erteilte „Berufungsvollmacht“ nach § 8 RAO ohne ausdrückliche Erstreckung auf elektronische Zustellungenausreiche, um eine wirksame elektronische Zustellung über FinanzOnline gemäß § 98 Abs. 2 BAO zu begründen. Insbesondere bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob eine „einseitige Umstellung“ der Zustellart durch die Behörde ohne ausdrückliche Zustimmung der Partei mit den Vorgaben des § 98 Abs. 2 BAO sowie der FinanzOnline Verordnung 2006 vereinbar sei.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).
7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes umfasst eine allgemeine Vertretungsbefugnis (im Allgemeinen) auch eine Zustellbevollmächtigung. Dies gilt auch, wenn sich ein dazu befugter Vertreter auf die ihm erteilte Vollmacht beruft (vgl. VwGH 26.6.2024, Ra 2023/15/0015, mwN).
10§ 5b Abs. 1 der u.a. auf §§ 97 Abs. 3 und 98 Abs. 1 BAO gestützten FinanzOnlineVerordnung 2006 (FOnV 2006) idF BGBl. II Nr. 373/2012 bestimmt, dass nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten Zustellungen an „Empfänger“, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen sind.
11Als „Empfänger“ ist im Zustellrecht im Allgemeinen der „formelle“ Empfänger gemeint. Dieser ist von der Behörde in der Zustellverfügung (§ 5 ZustG) zu bestimmen. Es handelt sich hierbei zwar im Regelfall um die Person, für die der Inhalt des zuzustellenden Dokuments bestimmt ist („materieller Empfänger“), dies muss aber nicht der Fall sein (zB gesetzlicher Vertreter, Zustellbevollmächtigter). In einem solchen Fall wird die Erledigung zu Recht an den „materiellen“ Empfänger zu Handen des „formellen“ Empfängers gerichtet (vgl. VwGH 24.1.2024, Ra 2023/13/0028).
12 Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2012AbgÄG 2012, BGBl. Nr. 112, ist in § 97 Abs. 3 BAO die Notwendigkeit der ausdrücklichen Zustimmung zur Mitteilung des Inhalts von Erledigungen in der durch die FOnV 2006 vorgesehenen Weise entfallen. Damit bedarf es für elektronische Zustellungen nach Maßgabe der FOnV 2006 keiner ausdrücklichen Zustimmung des Empfängers mehr (vgl. ErlRV 1960 BlgNR 24. GP 55; Ritz/Koran, BAO 8 , § 97a Rz 13).
13Zwar können nach § 5b Abs. 3 zweiter Satz FOnV 2006 idF BGBl. II Nr. 122/2020 bestimmte Teilnehmer (die nicht Unternehmer iSd § 3 Z 20 des Bundesstatistikgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 163/1999, sind oder die wegen Nichtüberschreitens der Umsatzgrenze nicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind) in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten. Dass die Vertreterin des Revisionswerbers entgegen den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts einen solchen Verzicht wirksam abgegeben hätte, wird im Zulässigkeitsvorbringen aber nicht behauptet.
14 Ist die Rechtslage wie im revisionsgegenständlichen Falleindeutig, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. etwa VwGH 23.5.2025, Ra 2023/16/0066, mwN).
15Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 1. Dezember 2025
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