Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie den Hofrat Dr. Lukasser und die Hofrätin Mag. Zehetner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision der Stadt Wien Wiener Wohnen, vertreten durch die Rudeck Schlager Rechtsanwalts KG in Wien, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 23. Jänner 2025, Zl. VGW 107/092/16110/2024 5, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), zu Recht erkannt:
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Ein Aufwandersatz findet nicht statt.
1 Mit Bescheid vom 6. September 2024 ordnete die belangte Behörde gemäß § 14 Abs. 3 Wiener Baumschutzgesetz gegenüber der revisionswerbenden Partei die Ersatzpflanzung eines näher bezeichneten Baumes an einem näher genannten Standort innerhalb einer bestimmten Frist an.
2 Mit E Mail vom 13. September 2024 wurde dagegen durch einen Mitarbeiter der revisionswerbenden Partei, Ing. H, Beschwerde erhoben. Diese E Mail enthielt unter anderem folgende Formulierungen:
„[...]
seitens der [revisionswerbenden Partei] muss gegen den Bescheid [...] Einspruch erhoben werden [...]
[...]
Ing. H
Leiter der Gartentechnik
[Revisionswerbende Partei mit Adressangabe]“
3 Mit Mängelbehebungsauftrag des Verwaltungsgerichts Wien vom 9. Jänner 2025 wurde Ing. H aufgefordert bekanntzugeben, „für wen (welchen Rechtsträger“ er die Beschwerde eingebracht habe sowie die betreffende „Vollmachts(kette)“ nachzuweisen.
4 Mit Schriftsatz vom 22. Jänner 2025 führte die revisionswerbende Partei aus, sie werde gemäß § 11 Abs. 1 ihres Statuts u.a. von den nach ihrer Organisation zuständigen leitenden Bediensteten jeweils innerhalb deren Aufgabenkreises nach außen vertreten, die gemäß § 11 Abs. 2 des Statuts zur Unterfertigung von Schriftstücken sowie zur Vertretung der Unternehmung vor Gerichten und Verwaltungsbehörden befugt seien. Ing. H sei Leiter des Referats Gartentechnik und die Durchführung von Ersatzpflanzungen falle in sein Ressort. Zum Nachweis der leitenden Funktion von Ing. H wurde eine Bestätigung des Dezernats Personal und Bildung der revisionswerbenden Partei beigelegt.
5 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht Wien „die Beschwerde des Ing. H“ als unzulässig zurück und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.
6 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die revisionswerbende Partei sei eine Unternehmung der Stadt Wien, der keine Rechtspersönlichkeit zukomme. Das Statut für die Unternehmung „Stadt Wien Wiener Wohnen“ benenne in § 11 Abs. 1 als jene Personen, die diese Unternehmung selbstständig vertreten könnten, den Bürgermeister, den zuständigen amtsführenden Stadtrat und den Direktor der Unternehmung. Leitende Bedienstete könnten nach § 11 Abs. 2 dieses Statuts dann die Unternehmung selbstständig vertreten, wenn sie vom Direktor der Unternehmung damit betraut (somit bevollmächtigt) worden seien. Damit folglich Ing. H die Gemeinde Wien rechtswirksam nach außen dabei vertreten könne, eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht zu erheben, müsse er da er weder Bürgermeister noch zuständiger amtsführender Stadtrat oder Direktor der revisionswerbenden Partei seivom Direktor dieser Unternehmung zur Setzung dieses Aktes betraut (bevollmächtigt) sein (Innenverhältnis) und diese Betrauung (Bevollmächtigung), damit sie auch im Außenverhältnis wirksam werden könne, offenlegen. Gemäß § 10 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG hätte Ing. H daher, wie er auch vom Verwaltungsgericht aufgefordert worden sei, nachweisen müssen, vom Direktor der revisionswerbenden Partei bevollmächtigt worden zu sein, Beschwerde gegen den mit Bescheid ausgesprochenen Auftrag zur Ersatzpflanzung zu erheben. Dieser gerichtlichen Aufforderung sei Ing. H nicht nachgekommen, sodass die ihm zuzurechnende Beschwerde mangels Beschwerdelegitimation als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.
7 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
8 Im vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren wurde keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
9 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, dass nach § 11 Abs. 2 des Statuts für die Unternehmung „Stadt WienWiener Wohnen“ „leitende Bedienstete“ im Sinne des § 11 Abs. 1 des Statuts innerhalb ihres jeweiligen Aufgabenkreises auch ohne Betrauung durch den Direktor zur Vertretung vor Gerichten und Verwaltungsbehörden befugt seien. Die Vertretungsbefugnis von Ing. H leite sich daher unmittelbar aus der Satzung der revisionswerbenden Partei ab, sei damit nach § 9 und nicht nach § 10 AVG zu beurteilen und bedürfe keines Vollmachtsnachweises.
10 Die Revision erweist sich als zulässig und auch berechtigt. Die revisionswerbende Partei, die behauptet, die verfahrensgegenständliche Beschwerde sei ihr zuzurechnen, kann durch den angefochtenen Beschluss, in dem die Beschwerde dem Einschreiter persönlich zugerechnet wurde, in einem subjektivöffentlichen Recht verletzt sein. Es steht ihr daher das Recht zur Revisionserhebung zu (vgl. VwGH 8.8.2023, Ra 2021/05/0226, mwN).
11 Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Gemeinderates, mit der ein Statut für die Unternehmung „Stadt Wien Wiener Wohnen“ erlassen wird, V001/290/2014, ABl. 2014/15, lauten wie folgt:
„[...]
§ 1.
(1) Die Unternehmung ‚Stadt Wien Wiener Wohnen‘ ist eine wirtschaftliche Einrichtung, der der Gemeinderat die Eigenschaft einer Unternehmung zuerkannt hat.
(2) Die Unternehmung ‚Stadt Wien Wiener Wohnen‘ besitzt keine Rechtspersönlichkeit. Ihr Vermögen wird vom übrigen Vermögen der Gemeinde gesondert verwaltet.
[...]
§ 11
(1) Die Unternehmung ‚Stadt Wien Wiener Wohnen‘ wird jeweils selbständig vom Bürgermeister, vom zuständigen amtsführenden Stadtrat, vom Direktor und von den nach der Organisation der Unternehmung ‚Stadt Wien Wiener Wohnen‘ zuständigen leitenden Bediensteten, von diesen jeweils innerhalb ihres Aufgabenkreises, nach außen vertreten.
(2) Die im Abs 1 Genannten sowie die vom Direktor der Unternehmung ‚Stadt Wien WIENER WOHNEN‘ damit betrauten Bediensteten der Unternehmung ‚Stadt Wien - WIENER WOHNEN‘ sind zur Unterfertigung von Schriftstücken sowie zur Vertretung der Unternehmung vor Gerichten und Verwaltungsbehörden einschließlich Finanzbehörden befugt. Im Falle von Urkunden, aufgrund deren eine grundbücherliche Eintragung geschehen soll, haben nur der Bürgermeister, der zuständige amtsführende Stadtrat und der Direktor der Unternehmung ‚Stadt Wien WIENER WOHNEN‘, die Zeichnungsberechtigung.
[...]“
12 Aus dem Statut der revisionswerbenden Partei ergibt sich demnach, dass die revisionswerbende Partei neben dem Bürgermeister, dem zuständigen amtsführenden Stadtrat und dem Direktor von den nach ihrer Organisation zuständigen „leitenden Bediensteten“, jeweils innerhalb ihres Aufgabenkreises, selbständig nach außen vertreten wird. Gemäß § 11 Abs. 2 dieses Statuts sind die im Abs. 1 Genannten also unter anderem die „leitenden Bediensteten“ innerhalb ihres jeweiligen Aufgabenkreises sowie darüber hinaus weitere Bedienstete, die vom Direktor damit betraut werden, zur Unterfertigung von Schriftstücken sowie zur Vertretung der Unternehmung vor Gerichten und Verwaltungsbehörden befugt. Diese Unterscheidung des § 11 leg. cit. zwischen „leitenden Bediensteten“ und „betrauten Bediensteten“ hat das Verwaltungsgericht außer Acht gelassen.
13 Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts bedurfte Ing. H daher gemäß § 11 des Statuts für die Unternehmung „Stadt Wien Wiener Wohnen“ in seiner Funktion als „leitender Bediensteter“ der revisionswerbenden Partei für eine Beschwerde in deren Vertretung innerhalb seines Aufgabenkreises keiner Betrauung durch ihren Direktor.
14Indem das Verwaltungsgericht dies verkannte, belastete es seinen Beschluss mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
15Gemäß § 47 Abs. 5 VwGG ist der dem Revisionswerber zu leistende Aufwandersatz von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verwaltungsverfahren gehandelt hat. Vorliegend wäre das Land Wien als zuständiger Rechtsträger zum Aufwandersatz zu verpflichten. Beim Land und der Stadt Wien handelt es sich um eine einzige Gebietskörperschaft. Ein Aufwandersatz an die obsiegende revisionswerbende Partei findet aus diesem Grund nicht statt. Es ist nämlich ausgeschlossen, dass ein und derselbe Rechtsträger sich selbst Kosten ersetzen kann (vgl. VwGH 29.7.2025, Ra 2023/04/0044, mwN).
Wien, am 13. November 2025
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