Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofräte Dr. Himberger und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Mag. Dr. K B in I, vertreten durch Dr. Anton Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2 4/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. September 2024, Zl. W296 2297318 1/5E, betreffend Rezertifizierung nach dem Sachverständigen und Dolmetschergesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Landesgerichtes Innsbruck), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (Verwaltungsgericht) vom 1. Februar 2024 wurde dem Revisionswerber im zweiten Rechtsgang durch Abweisung seiner Beschwerde gegen einen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Jänner 2021 gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 Sachverständigen und Dolmetschergesetz (SDG) die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für die Fachgebiete 04.30 Allgemeine Psychologie, 04.31 Klinische Psychologie, 04.35 Familienpsychologie, Kinderpsychologie, Jugendpsychologie (inkl. Obsorge, Besuchsrecht, Fremdunterbringung, Kindeswohl, Missbrauch, Entwicklung) [nur für: psychische Störungen der Kindeseltern bzw. Bezugspersonen], 04.40 Arbeitspsychologie, Organisationspsychologie und 04.70 Verkehrspsychologie entzogen. Eine außerordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 11. Dezember 2024, Ra 2024/03/0101, zurückgewiesen.
2 Bereits mit Schreiben vom 15. September 2021, bei der belangten Behörde eingelangt am 17. September 2021, hatte der Revisionswerber einen Antrag gemäß § 6 SDG auf Rezertifizierung als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für die Zertifizierungsperiode vom 1. Jänner 2022 bis 31. Dezember 2026 gestellt.
3 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 11. September 2024 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 5. Juli 2024, mit welchem dieser Rezertifizierungsantrag im zweiten Rechtsgang zurückgewiesen wurde, als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision gegen diese Entscheidung nicht zulässig sei.
4 Im Rahmen der Darstellung des Verfahrensgangs führte das Verwaltungsgericht in diesem Erkenntnis u.a. aus, dass die belangte Behörde (nach einer Aufforderung durch das Verwaltungsgericht, die Art und Weise der Genehmigung und der Zustellung des angefochtenen Bescheides darzutun und nachzuweisen) mit E Mail vom 21. August 2024 den Zustellnachweis bezüglich des verfahrensgegenständlichen Bescheides und die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung gültige Geschäftseinteilung des Präsidenten des Landesgerichts Innsbruck (der belangten Behörde) vorgelegt und dazu ausgeführt habe, der Bescheid vom 5. Juli 2024 sei vom nach der Geschäftseinteilung approbationsbefugten Vizepräsidenten des Landesgerichtes Innsbruck durch elektronische persönliche Signatur unterfertigt bzw. genehmigt und dem Vertreter des Beschwerdeführers per elektronischem Rechtsverkehr (ERV) zugestellt worden.
5 In der rechtlichen Beurteilung erwog das Verwaltungsgericht (nach Bejahung der Rechtzeitigkeit der Beschwerde), dass sich aus § 11 SDG, wonach u.a. gegen die Ab oder Zurückweisung eines Antrags auf Eintragung oder Rezertifizierung die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zustehe, ergebe, dass Anträge auf Rezertifizierung in gewissen Fällen zurückgewiesen werden könnten. Aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 6 Abs. 1 SDG, aber auch aus der Regelung des § 6 Abs. 2 erster Satz SDG gehe zumindest implizit hervor, dass eine Rezertifizierung als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger eine (aufrechte) Eintragung in die Gerichtssachverständigen und Gerichtsdolmetscherliste voraussetze. Bereits ein verspäteter Antrag sei aufgrund des Fehlens einer Prozessvoraussetzung als unzulässig zurückzuweisen. Umso mehr müsse dies gelten, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung über einen solchen Antrag eine Eintragung nicht (mehr) vorliege. Hierbei handle es sich folglich um eine Prozessvoraussetzung.
6 Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 1. Februar 2024, mit welchem dem Revisionswerber (im Beschwerdeverfahren) gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 SDG die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für die betreffenden Fachgebiete entzogen worden sei, sei ungeachtet der Erhebung einer Beschwerde nach Art. 144 B VG an den Verfassungsgerichtshof rechtskräftig geworden. In Folge dieser Entscheidung sei die Eintragung des Revisionswerbers in der Gerichtssachverständigen und Gerichtsdolmetscherliste gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 SDG zu löschen gewesen. Zum Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde (bei Erlassung des Bescheides vom 5. Juli 2024) sei die Prozessvoraussetzung der Eintragung in der Gerichtssachverständigen und Gerichtsdolmetscherliste demnach bereits nicht mehr gegeben gewesen. Der Antrag des Revisionswerbers sei von der belangten Behörde folglich zu Recht zurückgewiesen worden, sodass die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen sei.
7 Eine mündliche Verhandlung habe aus näher dargestellten Erwägungen gemäß § 24 Abs. 1 iVm Abs. 4 VwGVG unterbleiben können.
8 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst eine Beschwerde gemäß Art. 144 B VG an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung mit Beschluss vom 25. November 2024, E 4062/2024 5, gemäß Art. 144 Abs. 2 B VG ab und führte darin u.a. aus, dass dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten sei, wenn er als Voraussetzung für den Antrag auf Rezertifizierung gemäß § 6 Abs. 2 SDG die (aufrechte) Eintragung in die Gerichtssachverständigen und Gerichtsdolmetscherliste vorsehe. Mit weiterem Beschluss vom 10. Dezember 2024, E 4062/2024 7, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
9 Daraufhin wurde die vorliegende außerordentliche Revision eingebracht.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, zu der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle, macht die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung zunächst geltend, ob bzw. dass ein Antrag auf Rezertifizierung zurückgewiesen werden könne, wenn während des Verfahrens betreffend die Rezertifizierung eine rechtskräftige Entscheidung betreffend die Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlich zertifizierter Sachverständiger ergeht. Dazu steht sie wie sich aus dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen ergibt auf dem Standpunkt, der Rezertifizierungsantrag könne auch bei fehlender Eintragung in die Gerichtssachverständigen und Gerichtsdolmetscherliste nicht zurückgewiesen werden, sondern er sei materiell (mit dem möglichen Ergebnis einer neuerlichen Zertifizierung, also einer Wiedereintragung) zu prüfen (vgl. dazu insbesondere den primären Revisionsantrag, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden und dem Antrag „auf Zertifizierung“ Folge geben).
12 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt jedoch dann, wenn die Rechtslage eindeutig ist, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. VwGH 26.3.2021, Ro 2020/03/0004, mwN). Ein solcher Fall liegt hier vor.
13 Das Sachverständigen und Dolmetschergesetz (SDG), BGBl. Nr. 137/1975 idF BGBl. I Nr. 61/2022, lautet auszugsweise:
„ Voraussetzungen für die Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher
§ 2 . (1) Die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen sind von den Präsidenten der Landesgerichte (§ 3) als Zertifizierungsstellen in die elektronische Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifzierten Sachverständigen und Dolmetscher (Gerichtssachverständigen und Gerichtsdolmetscherliste) einzutragen.
...
Eintragungsverfahren
§ 4. (1) Die Eintragung des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen darf nur auf Grund eines schriftlichen Antrags vorgenommen werden. Im Antrag sind die Angaben nach § 3a Abs. 2 zwingend anzuführen. Angaben nach § 3a Abs. 3 können gemacht werden. Eintragungen nach § 3a Abs. 5 kann der allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige erst nach seiner Eintragung in der Gerichtssachverständigen und Gerichtsdolmetscherliste vornehmen.
(2) Der Bewerber hat die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Z 1 Buchstaben a, b, f, g und i sowie Z 1a nachzuweisen, wobei sämtliche vorhandenen schriftlichen Nachweise bereits dem Antrag anzuschließen sind. Der Antrag und die beizufügenden Unterlagen sind, soweit sie vom Antragsteller stammen, in deutscher Sprache einzureichen; sonstige, nicht in deutscher Sprache abgefasste Unterlagen sind mit einer beglaubigten Übersetzung vorzulegen. Hat der entscheidende Präsident Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Z 1 Buchstaben c, d, e oder h, so hat er dem Bewerber die Bescheinigung dieser Voraussetzungen aufzutragen. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Z 1 Buchstaben a und b sowie Z 1a hat der entscheidende Präsident eine begründete Stellungnahme einer Kommission (§ 4a) einzuholen. Im Rahmen der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Z 1 lit. a und b haben der entscheidende Präsident und die Kommission (§ 4a) auch sämtliche in anderen Staaten erworbene Qualifikationen des Antragstellers angemessen zu berücksichtigen.
(3) Der entscheidende Präsident hat über die begründete Stellungnahme der Kommission hinaus alle ihm erforderlich scheinenden Ermittlungen anzustellen. Über den Antrag auf Eintragung ist mit Bescheid zu entscheiden.
...
Befristung des Eintrags
§ 6. (1) Die Eintragung in die Gerichtssachverständigen und Gerichtsdolmetscherliste ist zunächst mit dem Zeitraum von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Eintragung für das jeweilige Fachgebiet befristet und kann danach auf Antrag um jeweils fünf Jahre verlängert werden (Rezertifizierung).
(2) Der Antrag auf Rezertifizierung ist frühestens ein Jahr und spätestens drei Monate vor Ablauf der jeweiligen Frist zu stellen (§ 4 Abs. 1 erster Satz). Der allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige bleibt über den Fristablauf hinaus jedenfalls bis zur Entscheidung über einen fristgerecht gestellten Verlängerungsantrag in die Liste eingetragen. Die Rezertifizierung kann erfolgen, wenn die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2, mit Ausnahme der Z 1 lit. b und der Z 2, sowie nach § 2a weiterhin gegeben sind. Über den Antrag auf Rezertifizierung ist mit Bescheid zu entscheiden.
(3) Im Antrag sind die gerichtlichen Verfahren, in denen der oder die Sachverständige seit der Eintragung, bei häufiger Heranziehung in einem maßgeblichen Zeitraum unmittelbar vor der Antragstellung, tätig geworden ist, mit Aktenzeichen und Gericht anzuführen. Weiters hat der Antrag einen Hinweis auf die absolvierten Fortbildungsaktivitäten zu enthalten. Ist die Eignung der oder des Sachverständigen dem Entscheidungsorgan nicht ohnehin besonders wegen der häufigen Heranziehung in Gerichtsverfahren bekannt, so sind Kopien des Antrags zur Erhebung von Stichproben Leitern von Gerichtsabteilungen, denen die von der oder dem Sachverständigen angeführten Verfahren zur Erledigung zugewiesen sind oder waren, zur schriftlichen Stellungnahme über die Eignung der oder des Sachverständigen, besonders zur Äußerung über die Sorgfalt der Befundaufnahme, über die Rechtzeitigkeit der Gutachtenserstattung sowie über die Schlüssigkeit, die Nachvollziehbarkeit und den richtigen Aufbau der Gutachten, zu übermitteln. Das Entscheidungsorgan hat auf Grund der vorgelegten Berichte und der Nachweise über die Fortbildung die weitere Eignung der oder des Sachverständigen zu prüfen. Für diese Prüfung, die jedenfalls auch eine Überprüfung der Vertrauenswürdigkeit (§ 2 Abs. 2 Z 1 lit. e) der oder des Sachverständigen zu umfassen hat, kann das Entscheidungsorgan weitere Ermittlungen anstellen und eine begründete Stellungnahme der Kommission (§ 4a) oder eine Äußerung eines qualifizierten Mitglieds dieser Kommission einholen. Von der Möglichkeit der Einholung einer solchen begründeten Stellungnahme oder Äußerung ist insbesondere dann Gebrauch zu machen, wenn die weitere Eignung der oder des Sachverständigen auf der Grundlage der vorhandenen Informationen und Unterlagen nicht verlässlich beurteilt werden kann.
...
Erlöschen der Eigenschaft
§ 9. (1) Die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger erlischt mit der Löschung aus der Gerichtssachverständigen und Gerichtsdolmetscherliste. Der zuständige Präsident hat die Löschung vorzunehmen, wenn ...
2. die notwendige Rezertifizierung nicht erfolgt ist;
3. dem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen diese Eigenschaft entzogen wird;
...
Entziehung der Eigenschaft
§ 10. (1) Die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger ist vom Präsidenten des Landesgerichts (§ 3) durch Bescheid zu entziehen, ...
...
Rechtsmittel
§ 11. Gegen den Bescheid, mit dem der Antrag auf Eintragung oder Rezertifizierung ab oder zurückgewiesen oder die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger entzogen wird, steht die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu.“
14 Die „Rezertifizierung“ besteht nach § 6 Abs. 1 SDG in der Verlängerung der (jeweils befristeten) Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste und setzt damit schon begrifflich eine bestehende Eintragung in diese Liste voraus. Dies ergibt sich auch aus weiteren Bestimmungen, etwa § 6 Abs. 2 SDG, wonach ein Antrag in einem bestimmten Zeitraum vor Ablauf der Frist (für die die Eintragung erfolgt ist) zu stellen ist und ein rechtzeitig gestellter Rezertifizierungsantrag dazu führt, dass die Eintragung bis zur Entscheidung über diesen Antrag aufrecht bleibt. Weiters bestimmt § 9 Abs. 1 Z 2 SDG, dass das Unterbleiben der notwendigen Rezertifizierung zur Löschung aus der Gerichtssachverständigen und Gerichtsdolmetscherliste führt, was ebenso darauf deutet, dass eine Rezertifizierung nur auf Basis einer bestehenden Eintragung überhaupt in Betracht kommt.
15 Nach der klaren gesetzlichen Regelung ist somit die aufrechte Eintragung des Antragstellers in die Gerichtssachverständigen und Gerichtsdolmetscherliste Voraussetzung für eine Rezertifizierung nach § 6 SDG. Dies wird offenbar auch von der Revision nicht bestritten, zumal sie selbst ausführt, das Rezertifizierungsverfahren sei ein „Verlängerungsverfahren“ und habe „auf vorhandenen Grundlagen einer aufrechten Zertifizierung aufzusetzen“.
16 Genauso klar ist gesetzlich in § 9 Abs. 1 Z 3 SDG geregelt, dass mit der Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger und zwar mit (rechtskräftigem) Bescheid (§ 10 Abs. 1 SDG) bzw. gegebenenfalls verwaltungsgerichtlichem Erkenntnis (§ 11 SDG) die Löschung aus der Gerichtssachverständigen und Gerichtsdolmetscherliste vorzunehmen ist, womit die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger erlischt.
17 Ist somit der Antragsteller zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt nicht (mehr) in die Gerichtssachverständigen und Gerichtsdolmetscherliste eingetragen, etwa weil ihm die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger rechtskräftig entzogen wurde, so kann seinem Antrag auf Rezertifizierung nach § 6 SDG schon nach der eindeutigen Rechtslage nicht stattgegeben werden.
18 Soweit das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis allgemein Rechtsprechung zum Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) und der Bindungswirkung an eine behördliche Entscheidung aufgrund der materiellen Rechtskraft referiert, bringt es lediglich zum Ausdruck, als Folge der rechtskräftigen Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger daran gebunden zu sein, dass keine aufrechte Eintragung vorliegt, nicht aber wie die Revision vermeint , dass das Rezertifizierungsverfahren im Verhältnis zum Entziehungsverfahren die gleiche (bereits entschiedene) Sache etwa im Hinblick auf das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen darstellen würde.
19 Weiters unterscheidet das SDG eindeutig zwischen einem Antrag auf Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste (§ 4 SDG) und einem Antrag auf Verlängerung dieser Eintragung („Rezertifizierung“, § 6 SDG). Insbesondere sieht das Gesetz (in § 4 Abs. 2 SDG einerseits und § 6 Abs. 3 SDG andererseits) dafür unterschiedliche Antragsangaben und Antragsbeilagen vor. Auch in § 11 SDG sind Anträge auf Eintragung neben solchen auf Rezertifizierung angeführt.
20 Es handelt sich somit bei einer (erstmaligen oder nach zwischenzeitiger Löschung aus der Liste auch neuerlichen) Eintragung einerseits und der Rezertifizierung (Verlängerung einer aufrechten Eintragung) andererseits nach dem SDG um zwei verschiedene Angelegenheiten, sodass nach der wiederum klaren Rechtslage die Behandlung eines Rezertifizierungsantrags nach § 6 SDG als Eintragungsantrag nach § 4 SDG ausscheidet.
21 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann die in vertretbarer Weise vorgenommene fallbezogene Auslegung von Parteierklärungen nicht erfolgreich mit Revision bekämpft werden. Einer vertretbaren Auslegung kommt keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann erfolgreich mit Revision bekämpfbar, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung im Sinn einer unvertretbaren Rechtsansicht unterlaufen ist (vgl. VwGH 9.10.2024, Ra 2024/03/0092, mwN).
22 Dass die Deutung des Antrags des Revisionswerbers vom 15. September 2021 als Rezertifizierungsantrag nach § 6 SDG (und nicht als Eintragungsantrag nach § 4 SDG) nach diesem Maßstab unvertretbar gewesen wäre, legt die Revision nicht dar.
23 Die Revision stützt sich für ihre Ansicht, der Rezertifizierungsantrag sei wie ein Eintragungsantrag zu behandeln, vielmehr auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Juni 1995, B 2843/94 u.a. (zum damaligen Aufenthaltsgesetz [AufG], BGBl. Nr. 466/1992). Dort hat der Verfassungsgerichtshof unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 16. Juni 1995, B 1611 1614/94, ausgeführt, dass es im Rahmen einer (im Hinblick das auf durch Art. 8 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Achtung des Privat und Familienlebens) verfassungskonformen Auslegung des durch § 6 Abs. 2 AufG geschaffenen Regelungssystems geboten sei, Fälle, in denen seit langer Zeit in Österreich aufhältige Fremde die Frist, innerhalb der ein Antrag im Sinne des § 13 AufG zu stellen gewesen wäre, nur relativ geringfügig versäumt haben, unter den zweiten Satz des § 6 Abs. 2 AufG zu subsumieren, wonach Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (wie solche auf deren Verlängerung) auch vom Inland aus gestellt werden könnten.
24 Mit dem bloßen Hinweis darauf, dass das Recht auf Berufszulassung nach Art. 1 1. ZPMRK Eigentumsschutz genieße, legt die Revision nicht dar, inwiefern die Rechtslage nach dem SDG mit der vom Verfassungsgerichtshof beurteilten Regelung des damaligen AufG vergleichbar sein soll. Soweit der Revisionswerber aus diesem Grund eine Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses behauptet, ist er überdies auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über seine Beschwerde gegen das hier angefochtene Erkenntnis (VfGH 25.1.2024, E 4062/2024) zu verweisen.
25 Das in diesem Zusammenhang weiters erstattete Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe den Revisionswerber seines Rechtes auf Berufszulassung, nämlich auf Eintragung als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger nach § 2 Abs. 1 SDG, und zwar auch für die Zukunft bis zum 31. Dezember 2026 (dem Ende der beantragten Rezertifizierungsperiode), „gänzlich beraubt“, trifft im Übrigen nicht zu: Schon aufgrund des bereits dargestellten unterschiedlichen Entscheidungsgegenstandes steht die hier bekämpfte Entscheidung über eine Rezertifizierung einem Antrag nach § 4 SDG auf (auch neuerliche) Eintragung in die Gerichtssachverständigen und Gerichtsdolmetscherliste nicht entgegen.
26 Die Revision begründet ihre Zulässigkeit weiters damit, dass das Verwaltungsgericht von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu abgewichen sei, wonach es die Sach und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner eigenen Entscheidung (und nicht zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides) zu beurteilen habe. Es habe sich nämlich ausdrücklich darauf gestützt, dass zum Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde (Bescheid vom 5. Juli 2024) die Eintragung in der Gerichtssachverständigen und Gerichtsdolmetscherliste „bereits nicht mehr gegeben gewesen“ sei.
27 Von der behaupteten Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Revision aber schon deshalb nicht ab, weil sie nicht darlegt und auch sonst nicht ersichtlich ist, dass die maßgebliche Sach oder Rechtslage (insbesondere dazu, ob eine aufrechte Eintragung vorliegt) zum Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichtes eine andere gewesen wäre.
28 Schließlich stützt die Revision ihre Zulässigkeit darauf, dass das Verwaltungsgericht entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 9.11.2023, Ra 2023/06/0148, und 15.12.2023, Ra 2023/09/0139) zur Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung (auch in den Fällen des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG) von der Durchführung einer solchen Verhandlung abgesehen habe.
29 Sie bringt in diesem Zusammenhang ausschließlich vor, über die Eingabe der belangten Behörde an das Verwaltungsgericht vom 21. August 2024 (vgl. oben Rn. 4) nicht informiert worden zu sein. „Die Behauptung“ wäre in einem in der mündlichen Verhandlung durchzuführenden Ermittlungsverfahren abzuklären und zu beweisen gewesen.
30 Jedoch ergibt sich weder aus dem angefochtenen Erkenntnis noch aus dem Revisionsvorbringen, dass diese ausschließlich im Verfahrensgang des Erkenntnisses dargestellte Eingabe eine Bedeutung für die rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichtes entfaltet hätte. Den vorgelegten Akten kann dazu lediglich entnommen werden, dass das Verwaltungsgericht zuvor die Parteien zu entsprechenden Vorbringen und Urkundenvorlagen (betreffend die Erlassung und Zustellung des angefochtenen Bescheides) aufgefordert hatte, weil es Zweifel an der Rechtzeitigkeit der Beschwerdeerhebung durch den Revisionswerber hatte. Im angefochtenen Erkenntnis hat es diese Frage jedoch unter Zugrundelegung der übereinstimmenden Angaben zum Zustellvorgang und des Vorbringens des Revisionswerbers zum Zustellzeitpunkt gemäß § 89d Abs. 2 Gerichtsorganisationsgesetz zu seinen Gunsten gelöst. Insofern liegen der rechtlichen Beurteilung keine strittigen oder dem Revisionswerber unbekannten Umstände zugrunde.
31 Somit ist nicht dargetan, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich gewesen wäre. Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang die Verletzung des Parteiengehörs rügt, legt er die Relevanz des damit behaupteten Verfahrensmangels nicht dar (vgl. zu diesem Erfordernis etwa VwGH 3.9.2024, Ra 2023/03/0110, Rn. 41 f, mwN).
32 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 7. Februar 2025
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