Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofräte Dr. Fasching und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision des A, vertreten durch die MMag. Dr. Kazim Yilmaz Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 9. Mai 2025, Zl. VGW 152/088/2859/2025 14, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde in der Sache gemäß § 39 und § 42 Abs. 3 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) festgestellt, dass der Revisionswerber die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 27 Abs. 1 StbG durch Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit mit Wirkung vom 30. April 2018 verloren habe und nicht österreichischer Staatsbürger sei. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.
2Begründend führte das Landesverwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) aus, dass dem Revisionswerber mit Bescheid vom 15. Juli 1996 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden sei und er mit Wirkung vom 12. Juni 1997 aus dem türkischen Staatsverband ausgeschieden sei. Der Revisionswerber habe danach die türkische Staatsangehörigkeit ohne Genehmigung der Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft über eigenen Antrag wieder erworben, was seine auf der Homepage der hohen Wahlkommission der Türkei abrufbare Eintragung in der Wählerevidenz für die türkische Präsidentschafts- und Parlamentswahl am 24. Juni 2018 belege. In weiterer Folge sei der Revisionswerber (erneut) aus dem türkischen Staatsverband ausgeschieden. Weiters führte das Verwaltungsgericht aus, dass der Revisionswerber keinen Antrag auf Beibehaltung der Staatsbürgerschaft nach § 28 StbG gestellt habe. Mit Blick auf den Eintrag in der Wählerevidenz vermöge an der Annahme des (Wieder)Erwerbs der türkischen Staatsangehörigkeit der Umstand nichts zu ändern, dass in einem durch den Revisionswerber beigebrachten türkischen Personenstandsregisterauszug zwar dessen Ausscheiden aus dem türkischen Staatsverband, nicht aber der (Wieder)Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit vermerkt sei.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision wendet sich in den Ausführungen zu ihrer Zulässigkeit gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts und behauptet, aus dem beigebrachten Personenstandsregisterauszug gehe kein Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit durch den Revisionswerber hervor. Ein solcher Personenstandsregisterauszug sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als „Strengbeweismittel“ zu qualifizieren, sodass die (insbesondere) auf einer Eintragung des Revisionswerbers in der türkischen Wählerevidenz für die Präsidentschafts- und Parlamentswahl am 24. Juni 2018 beruhende Feststellung des Wiedererwerbs der türkischen Staatsangehörigkeit mit einem im Revisionsverfahren aufzugreifenden Mangel behaftet sei.
8 Dieses Vorbringen führt nicht zur Zulässigkeit der Revision.
9Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. für viele VwGH 10.5.2024, Ra 2024/01/0143, mwN).
10Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung wiederholt den erheblichen Beweiswert von Ausfertigungen bzw. Auszügen aus dem türkischen Personenstandsregister (nüfus kütüğü) für die Frage des Verlusts der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 27 Abs. 1 StbG durch den (Wieder)Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit hervorgehoben. Demnach haben Eintragungen im türkischen Personenstandsregister den Charakter einer öffentlichen Urkunde (resmi belge). Sie und ihre Ausfertigungen bzw. Auszüge gehören nach türkischem Recht zu den „Strengbeweismitteln“ (kesin delil) in Bezug auf den dokumentierten Sachverhalt, sind allerdings dem Gegenbeweis zugänglich (vgl. VwGH 10.7.2018, Ra 2018/01/0094; 25.9.2018, Ra 2018/01/0364; 21.2.2022, Ra 2022/01/0041 0042).
11Auf dieser Grundlage kann die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts zur Feststellung, dass dem Revisionswerber nach Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft am 15. Juli 1996 über eigenen Antrag die türkische Staatsangehörigkeit wieder verliehen wurde, nicht als in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen beurteilt werden. Insbesondere hat das Verwaltungsgericht die der Revision zugrundeliegende Prämisse der Vollständigkeit des türkischen Personenstandsregisterauszugs nicht geteilt, sodass die dort nicht enthaltene Eintragung des (Wieder)Erwerbs der türkischen Staatsangehörigkeit durch den Revisionswerber die vor allem auf seiner Erfassung in der türkischen Wählerevidenz für die türkische Präsidentschafts- und Parlamentswahl am 24. Juni 2018 beruhende Feststellung des (Wieder)Erwerbs nicht unvertretbar erscheinen lässt (vgl. zur Heranziehung einer Wählerabfrage als Beweismittel auch VwGH 12.3.2020, Ra 2019/01/0484).
12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 28. August 2025
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