Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. M. Mayr als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Stüger, in der Rechtssache der Revision des M M in S, vertreten durch Dr. Norbert Kittenberger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Opernring 7/18, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juni 2024, W231 2267959 1/22E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber reiste spätestens am 4. September 2021 unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005. Als Fluchtgrund machte er geltend, für die iranische Geheimpolizei gearbeitet zu haben und verdächtigt worden zu sein, geheime Informationen an die sunnitische Minderheit weitergegeben zu haben. Er sei verhaftet und gefoltert worden. Schließlich sei er aus dem Gefängnis und in der Folge nach Europa geflüchtet. Im Herkunftsland habe er Angst um sein Leben. Ihn erwarte die Todesstrafe.
2 Mit Bescheid vom 31. Jänner 2023 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Revisionswerbers, der sich zwischenzeitig dem Asylverfahren durch Ausreise nach Deutschland entzogen hatte, sowohl hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Revisionswerber nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Es wurde festgestellt, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei, und eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen den genannten Bescheid gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer Verhandlung ab.
4 Mit Beschluss vom 3. Oktober 2024, E 2899/2024 10, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen das angefochtene Erkenntnis gerichteten Beschwerde des Revisionswerbers ab und trat sie an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
5 In der Folge brachte der Revisionswerber die gegenständliche Revision ein. Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren gemäß § 36 VwGG ein. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zu näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach sich ein Verwaltungsgericht über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen dürfe. Das Bundesverwaltungsgericht habe zur Identität des Revisionswerbers ausgeführt, er habe lediglich eine Kopie der Vorderseite seines Personalausweises vorgelegt, was nicht den Tatsachen entspreche. Überdies habe der Revisionswerber eine Vielzahl von Beweismitteln beigebracht, aus denen abzuleiten sei, dass er bei der Basij Miliz beschäftigt gewesen sei. Wären die in der Revision angeführten und für die Beurteilung des Sachverhalts entscheidungserheblichen Beweismittel vom Bundesverwaltungsgericht untersucht worden, hätte seine Identität sowie die Mitgliedschaft in der Basij Miliz als bewiesen gelten müssen. Er sei nicht nur in der genannten Funktion auf staatlichen Websites und einer Website der Basij Organisation zu sehen, die er im Verfahren auch beschrieben habe. Er habe auch ein Foto seines Arbeitsplatzes in Vorlage gebracht, das seinen Angaben im Verfahren entspreche.
10 Auch habe das Bundesverwaltungsgericht zu den exilpolitischen Aktivitäten des Revisionswerbers unvollständige Feststellungen getroffen, indem es angenommen habe, er veröffentliche auf Instagram unter einem Profilnamen Beiträge mit politisch-religiösen Inhalten. Es habe dabei außer Acht gelassen, dass dort auch das Profilbild des Revisionswerbers zu erkennen sei und sein echter Name aufscheine. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich infolge dessen nicht damit auseinandergesetzt, ob der Revisionswerber, der schon in seinem Profil einen Bezug zur politischen Tätigkeit herstelle, einer Verfolgung ausgesetzt sei.
11 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Bundesverwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. statt vieler VwGH 18.2.2025, Ra 2025/20/0043, mwN).
12 Der Revisionswerber weist zunächst zu Recht darauf hin, dass das in der Revision angesprochene „Original“ seines iranischen Personalausweises eine Chipkarte im Scheckkartenformat mit darauf angebrachtem Lichtbild im behördlichen Akt enthalten ist. Auf dieses Dokument, das der im angefochtenen Erkenntnis erwähnten Kopie optisch entspricht, geht das Bundesverwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis nicht ein.
13 Das Bundesverwaltungsgericht gelangte jedoch mit ausführlichen und nicht unschlüssigen beweiswürdigenden Erwägungen zur Ansicht, dass den Ausführungen des Revisionswerbers zu seiner Fluchtgeschichte die Glaubwürdigkeit zu versagen sei. Es stützte sich dabei auf eine Vielzahl von Überlegungen, wie insbesondere darauf, dass der Revisionswerber zu seiner behaupteten Tätigkeit bei der Basij Miliz nur vage und ausweichende Angaben gemacht habe und zum Aufbau dieser Miliz nur unzureichende Angaben habe machen können. Die Aussagen des Revisionswerbers zu dessen Stellung in der Basij Miliz seien nicht stimmig gewesen und er habe die angeblich gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht gleichbleibend geschildert. Auch sei nicht plausibel, weshalb der Revisionswerber, der behaupte, seit 2008 bei der Basij Miliz tätig gewesen zu sein, keine konkreteren Nachweise zu dieser Tätigkeit habe erbringen können. Der Revisionswerber habe auch näher genannte widersprüchliche Angaben zum Verbleib seines vorgeblichen Basij Dienstausweises gemacht. Zudem seien hinsichtlich der vorgebrachten Verfolgungshandlungen und Rückkehrbefürchtungen weitere näher genannte Widersprüche aufgetreten.
14 Zu den in der Revision angesprochenen Fotos führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass diese keinen Schluss auf die vom Revisionswerber behaupteten Tätigkeiten bei der Basij Miliz zuließen und hinsichtlich der angeführten Webseiten, dass auf diesen der Revisionswerber nicht zweifelsfrei zu erkennen sei.
15 Das Bundesverwaltungsgericht hat sein Erkenntnis im Zusammenhang mit den Aktivitäten des Revisionswerbers in den sozialen Medien entgegen dem Revisionsvorbringen nicht tragend auf die nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht zweifelsfrei festgestellte Identität des Revisionswerbers gestützt. So ging es zwar unter Hinweis „auf die Unsicherheiten“ hinsichtlich des Namens und der Identität des Revisionswerbers, der mit seinem Profilbild und dem Namen, „den er im Verfahren angegeben hat“, aufgetreten sei, davon aus, dass ein Zusammenhang mit dem Revisionswerber nicht sicher festzustellen sei. Es stützte seine Beweiswürdigung jedoch auch darauf, dass der Revisionswerber selbst angegeben habe, „nicht so viele Aktivitäten im Internet“ gesetzt zu haben. Das Bundesverwaltungsgericht kam mit näherer Begründung zur Ansicht, dass diesbezüglich von keiner intensiven aktuellen Tätigkeit des Revisionswerbers auszugehen sei und dessen sehr niederschwellige Internetaktivitäten im Iran nicht bekannt und auch nicht von Relevanz seien.
16 Dass die umfangreichen beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts denen auch bei unterstellter festgestellter Identität des Revisionswerbers maßgebliches und vom Revisionswerber nicht entkräftetes Gewicht zukommt im Lichte der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wären, zeigt der Revisionswerber nicht auf.
17 In der Revision wird sohin keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 23. April 2025
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