Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie den Hofrat Dr. Lukasser und die Hofrätin Mag. Zehetner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision des D K, vertreten durch Mag. Roland Seeger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 6. November 2023, Zl. LVwG 2022/15/2997 9, betreffend Übertretung des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 1.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis legte das Landesverwaltungsgericht Tirol dem Revisionswerber im Beschwerdeverfahren (nach Durchführung von drei Verhandlungen) zur Last, er habe es als zur Vertretung nach außen befugtes Organ (nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer) der E. GmbH zu verantworten, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt außerhalb einer geschlossenen Ortschaft auf zwei bestimmten Grundstücken eine Geländeabtragung bzw. Geländeaufschüttung „im Bereich der Uferböschung innerhalb von 5 m des fließenden natürlichen Gewässers ‚H Bach‘“ ohne die hierfür erforderliche naturschutzrechtliche Bewilligung vorgenommen worden sei; dadurch habe der Revisionswerber § 45 Abs. 1 lit. a iVm § 7 Abs. 2 lit. a Z 2 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 TNSchG 2005 verletzt, weshalb über ihn nach § 45 Abs. 1 lit. a TNSchG 2005 eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.000 (Ersatzfreiheitsstrafe von 22 Stunden) verhängt wurde.
2 Die Revision gegen dieses Erkenntnis ließ das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zu.
3 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung darüber hinaus soweit für den vorliegenden Revisionsfall von Interesse zugrunde, die E. GmbH habe ein bestimmtes Bauunternehmen mit der Realisierung eines bestimmten Bauvorhabens, nicht aber mit der Einholung allenfalls erforderlicher Genehmigungen, beauftragt; im Zuge der Realisierung des Bauvorhabens sei es zum Zweck der Herstellung eines Niveauausgleichs zu den Abgrabungs- und Aufschüttungsarbeiten auf den beiden gegenständlichen Grundstücken gekommen.
4 Mit Blick auf die Lage der gegenständlichen Grundstücke außerhalb einer „geschlossenen Ortschaft“ (vgl. dazu § 3 Abs. 2 TNSchG 2005) stellte das Verwaltungsgericht (u.a.) fest, das Bauvorhaben sei sowohl in nordöstlicher als auch in nördlicher Richtung mehr als 50 m von weiteren Gebäuden entfernt (vgl. S. 5 der schriftlichen Ausfertigung).
5Von einem Verschulden des Revisionswerbers ging das Verwaltungsgericht, da ein sog. „Ungehorsamsdelikt“ vorliege, aufgrund § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG aus: Es sei dem Revisionswerber nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, zumal es alleinige Verantwortung der Bauherrin sei, für die im Zusammenhang mit der Umsetzung des Bauvorhabens erforderlichen Genehmigungen zu sorgen.
6 Der Ausdruck „Wer [...] ein [...] bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne naturschutzrechtliche Bewilligung ausführt“ in § 45 Abs. 1 lit. a TNSchG 2005 umfasse nicht nur die unmittelbare Arbeitsausführung, sondern auch alle jene Akte, die erforderlich seien, um das Vorhaben zu realisieren, insbesondere die Erteilung des Auftrages hiezu (Hinweis auf VwGH 27.3.2012, 2011/10/0054).
7 Es sei im vorliegenden Fall unbeachtlich, dass der Revisionswerber weder von der Baubehörde noch von der Gewerbebehörde auf eine erforderliche naturschutzrechtliche Bewilligung hingewiesen worden sei: Nach der hg. Rechtsprechung könnte sich der Beschuldigte nur dann auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum berufen, wenn er trotz ausführlicher Darlegung des maßgebenden Sachverhaltes von der zuständigenBehörde eine ausdrückliche Auskunft in eine bestimmte Richtung erhalten hätte (Hinweis auf VwGH 9.3.2021, Ra 2019/04/0143).
8Aus diesen Gründen ging das Verwaltungsgericht von Fahrlässigkeit des Revisionswerbers aus und begründete abschließend die von ihm nach § 19 VStG vorgenommene Strafbemessung.
9 1.2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
10 Die belangte Behörde hat nach Einleitung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie (auch) die Zulässigkeit der Revision in Zweifel zieht und Aufwandersatz beantragt.
11 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein Beschluss nach § 34 Abs. 1 VwGG ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
13Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 3.1. In den Zulässigkeitsausführungen seiner außerordentlichen Revision bringt der Revisionswerber zunächst vor, das Verwaltungsgericht habe in der (dritten und letzten) Verhandlung am 6. November 2023, nachdem „noch weitere Erörterungen durchgeführt und seitens des Rechtsvertreters [des Revisionswerbers] ein weiteres Vorbringen erstattet“ worden sei, das Erkenntnis verkündet; eine „tatsächliche mündliche Begründung“ sei jedoch unterblieben, stattdessen habe der Richter dem Revisionswerbervertreter eine „mündliche Begründung“ in schriftlicher Form vorgelegt und diesen aufgefordert, das Schriftstück durchzulesen (vgl. dazu auch S. 3 des Verhandlungsprotokolls vom 6. November 2023).
15 Weil in dieser „schriftlichen Zusammenfassung der Begründung“ das Vorbringen des Revisionswerbers in der Verhandlung am 6. November 2023 nicht berücksichtigt worden sei, erachtet sich der Revisionswerber (erkennbar) als an der Geltendmachung seiner Rechte vor dem Verwaltungsgerichtshof gehindert.
16 Zunächst ist festzuhalten, dass auch nach diesem Zulässigkeitsvorbringen der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses in der Verhandlung am 6. November 2023 verkündet wurde (vgl. auch dazu S. 3 des Verhandlungsprotokolls).
17 Da selbst das Unterbleiben der Begründung bei der mündlichen Verkündung, lediglich einen Verfahrensmangel bewirkt (vgl. dazu Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG ErgBd., Rz 61 zu § 29 VwGVG, mit Nachweisen aus der hg. Rechtsprechung; weiters etwa VwGH 26.2.2020, Ra 2019/09/0154, oder 22.1.2021, Ra 2020/20/0438, jeweils mwN), stellt auch das wiedergegebene Zulässigkeitsvorbringen eine bloße Verfahrensrüge dar.
18 Nach ständiger hg. Rechtsprechung setzt die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mangelfreien Verfahrens zu einer anderen Sachverhaltsgrundlage zu führen. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen. Die Entscheidungswesentlichkeit setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 8.8.2024, Ra 2022/10/0136, mwN).
19 Das erwähnte Zulässigkeitsvorbringen (vgl. oben Rz 15) legt allerdings nicht auf die erforderliche konkrete Weise die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels dar.
203.2. Im Weiteren behauptet der Revisionswerber zur Zulässigkeit seiner Revision eine im Sinn der hg. Rechtsprechung (Hinweis auf VwGH 23.9.2020, Ra 2019/14/0558 bis 0560) wesentliche Abweichung der schriftlichen Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses von der „Niederschrift zur mündlichen Verkündung“, weil das Verwaltungsgericht in der Begründung im Zuge der Verhandlung am 6. November 2023 zwar ausgeführt habe, dass „die Bauwerke in nördlicher und nordöstlicher Richtung mehr als 50 m entfernt seien“, in der schriftlichen Ausfertigung jedoch „vollkommen auf Feststellungen hinsichtlich der Entfernung der Nachbargebäude verzichtet“ habe.
21 Dieser Vorwurf der Revision trifft nicht zu, lässt er doch die oben (unter Rz 4) wiedergegebenen (wenn auch disloziert getroffenen) Feststellungen der schriftlichen Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses außer Acht.
22 Bei dem weiteren Vorbringen des Revisionswerbers, mit dem er die Situierung der gegenständlichen Grundstücke innerhalb einer „geschlossenen Ortschaft“ iSd § 3 Abs. 2 TNSchG 2005 dartun will, handelt es sich überwiegend um bloße (mit Blick auf die genannte Legaldefinition überdies ungenaue) Revisionsgründe, in welchen keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B VG aufgeworfen wird. Im Übrigen hat der Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass die vom Revisionswerber besonders hervorgehobene Widmung eines Gebietes als „Gewerbegebiet“ mit Blick auf die Legaldefinition der „geschlossenen Ortschaft“ unerheblich ist (vgl. etwa VwGH 10.7.1989, 89/10/0079, oder zur Unerheblichkeit der bloßen Widmung eines noch nicht bebauten Grundstückes VwGH 29.10.2007, 2006/10/0095).
23 3.3. Schließlich behauptet der Revisionswerber im Rahmen seines Zulässigkeitsvorbringen, das Verwaltungsgericht sei zur „Frage, ob ein Auftraggeber von Bauarbeiten trotz erteiltem Auftrag an Fachfirmen und Planungsbüros für Verstöße gegen das TNSchG haftet“, von (nicht näher genannter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
24Nach ständiger hg. Rechtsprechung hat ein Revisionswerber, der eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, konkret anzuführen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Dabei hat er konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten hg. Erkenntnisse gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hätte und damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre (vgl. etwa VwGH 17.12.2024, Ra 2023/10/0374, mwN).
25 Diesen Anforderungen wird das erwähnte Zulässigkeitsvorbringen nicht gerecht.
26Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht seine Beurteilung nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG (und die Verneinung eines entschuldbaren Rechtsirrtums) auf der Grundlage der hg. Rechtsprechung vorgenommen (vgl. oben unter Rz 5 bis 8; vgl. neben der bereits im angefochtenen Erkenntnis zitierten Judikatur etwa auch VwGH 29.4.2009, 2005/10/0092, mwN).
27 4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
28 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
29Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 1. Dezember 2025
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