Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision des V B in K, vertreten durch Mag. Leopold Zechner, Rechtsanwalt in 8600 Bruck/Mur, Fridrichallee 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2024, G308 2270721 1/16E, betreffend Beitragsrückstand nach dem GSVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen; weitere Partei: Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeweg ergangenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass der Revisionswerber verpflichtet sei, einen Gesamtbetrag in Höhe von € 23.585,35 an Sozialversicherungsbeiträgen zur Pensions , Kranken- und Unfallversicherung nach dem GSVG, Selbständigenvorsorge, Nebengebühren, Kostenanteile sowie Verzugszinsen zu bezahlen. In der Begründung schlüsselte das Bundesverwaltungsgericht im Einzelnen auf, wie sich der Beitragsrückstand aus den Jahren 2017 bis 2021 zusammensetzte. Von der in der Beschwerde beantragten mündlichen Verhandlung sah das Bundesverwaltungsgericht ab, weil der maßgebliche Sachverhalt als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden könne.
2 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
3 Über die gegen dieses Erkenntnis gerichtete außerordentliche Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
4 Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG rügt der Revisionswerber, dass das Bundesverwaltungsgericht die Verhandlungspflicht verletzt habe. Er habe in seiner Stellungnahme vom 15. Mai 2023 ausdrücklich vorgebracht, im Jahr 2019 Zahlungen über insgesamt € 5.603,18 geleistet zu haben. Gemäß der Aufstellung der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS), die dem Revisionswerber mit Verfügung vom 14. März 2024 übermittelt worden sei, sollten jedoch nur Zahlungen von insgesamt € 4.713,66 geleistet worden sein. Die Aufklärung dieser Diskrepanz sei eine typische Fragestellung auf Sachverhaltsebene, die in einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu klären sei. Tatsächlich liege eine typische vorgreifende Beweiswürdigung vor, das heißt, das Bundesverwaltungsgericht habe das Vorbringen des Revisionswerbers ohne Beweisaufnahme von vornherein als unglaubwürdig und die Aufstellung der SVS als richtig beurteilt.
5 Mit diesem Vorbringen ist der Revisionswerber im Recht.
6 Das Bundesverwaltungsgericht hätte nach § 24 Abs. 4 VwGVG von der beantragten mündlichen Verhandlung nur dann absehen dürfen, wenn die Akten hätten erkennen lassen, dass durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegengestanden wären.
7 Im vorliegenden Verfahren hatte der Revisionswerber behauptet, dass ein höherer Betrag an geleisteten Zahlungen auf den Beitragsrückstand anzurechnen gewesen wäre als von der SVS angenommen. Es gehört gerade im Fall zu klärender bzw. widersprechender prozessrelevanter Behauptungen wie hier vorliegend zu den grundlegenden Pflichten des Verwaltungsgerichtes, dem auch im § 24 VwGVG verankerten Unmittelbarkeitsprinzip Rechnung zu tragen, um sich als Gericht u.a. einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien zu verschaffen und insbesondere darauf seine Beweiswürdigung zu gründen (vgl. zB VwGH 30.11.2022, Ra 2021/08/0023, mwN). Das Bundesverwaltungsgericht hätte daher die beantragte mündliche Verhandlung durchführen müssen.
8 Das angefochtene Erkenntnis war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
9 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 30. Juni 2025
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