Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulzbacher sowie Hofrat Dr. Schwarz und Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Thaler, über die Revision der D A, vertreten durch Rast Musliu, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Alser Straße 23/14, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 9. Jänner 2023, VGW 151/087/11903/2022 25, betreffend Wiederaufnahme eines Verfahrens iA Aufenthaltskarte (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid vom 10. August 2022 nahm die belangte Behörde (Landeshauptmann von Wien) das aufgrund eines Antrags der Revisionswerberin, einer serbischen Staatsangehörigen, vom 10. Jänner 2017 auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte rechtskräftig positiv abgeschlossene Verfahren gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 3 AVG von Amts wegen wieder auf. Unter einem wurden der Antrag vom 10. Jänner 2017 sowie der Antrag der Revisionswerberin vom 12. Jänner 2022, mit dem die neuerliche Ausstellung einer Aufenthaltskarte begehrt worden war, gemäß § 54 Abs. 1 iVm. Abs. 7 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zurückgewiesen und gemäß der zuletzt genannten Bestimmung festgestellt, dass die Revisionswerberin „nicht in den Anwendungsbereich des unionrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt“.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 Auf das im Revisionsfall Wesentliche zusammengefasst, legte das Verwaltungsgericht näher dar, weshalb es nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Vernehmung der Revisionswerberin sowie mehrerer Zeugen ebenso wie die Behörde zum Ergebnis gelangt sei, dass es sich bei der zwischen der Revisionswerberin und einem bulgarischen Staatsangehörigen im Jahr 2015 geschlossenen Ehe, auf die sich die gegenständlichen Anträge auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte stützten, um eine Aufenthaltsehe gehandelt habe. Hinsichtlich des in Bulgarien lebenden Ehegatten der Revisionswerberin hielt das Verwaltungsgericht weiters fest, dass dieser von der Revisionswerberin nicht stellig gemacht worden sei. Ein Ladungsversuch auf direktem postalischen Weg an der von der Revisionswerberin bekanntgegebenen Adresse in Bulgarien sowie über die Österreichische Botschaft in Sofia sei ebenfalls erfolglos geblieben.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die sich im Wesentlichen gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wendet. In diesem Zusammenhang wird insbesondere ins Treffen geführt, das Verwaltungsgericht wäre in der vorliegenden Konstellation verpflichtet gewesen, einen neuerlichen Versuch zur Ladung des Ehegatten der Revisionswerberin zu unternehmen.
Die Revision erweist sich unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B VG als unzulässig:
5 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
7 In Bezug auf die Beweiswürdigung hat der Verwaltungsgerichtshof schon generell klargestellt, dass in diesem Zusammenhang eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG nur dann vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Nach dieser Judikatur ist der Verwaltungsgerichtshof nämlich zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen, allerdings hat er insbesondere doch zu prüfen, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist, ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind und ob das Verwaltungsgericht dabei alle in Betracht kommenden (relevanten) Umstände vollständig berücksichtigt hat (siehe etwa VwGH 16.5.2019, Ra 2019/21/0056, Rn. 12, mwN).
8 Eine derartige Unvertretbarkeit der gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Beweiswürdigung vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Das Verwaltungsgericht gelangte auf Basis schlüssiger beweiswürdigender Überlegungen sowie gestützt auf die Ermittlungsergebnisse, die es u.a. im Rahmen einer mündlichen Verhandlung sowie nach Befragung der Revisionswerberin sowie weiterer Zeugen erzielt hatte, zum Ergebnis, dass fallbezogen eine Aufenthaltsehe vorliege. So hielt das Verwaltungsgericht u.a. zu Recht fest, die Revisionswerberin sei trotz mehrmaliger Nachfrage nicht in der Lage gewesen, das Geburtsjahr ihres bulgarischen Ehegatten aus Eigenem anzugeben. Sie habe erst Unterlagen aus ihrer Handtasche hervorsuchen müssen, um das Geburtsjahr ihres Ehemannes nennen zu können. Zudem seien die Angaben der Revisionswerberin zu Aufenthalten sowie diversen Wohnadressen und ZMR Meldungen ihres Ehegatten widersprüchlich gewesen. Ferner spreche der Umstand, dass sich die Eheleute seit ca. drei Jahren nicht mehr persönlich getroffen hätten, gegen das Vorliegen einer „echten“ Ehe.
9 Im Übrigen ist hinsichtlich der von der Revision vermissten neuerlichen Ladung des Ehegatten der Revisionswerberin eine Verkennung amtswegiger Ermittlungspflichten nicht ersichtlich. Zum einen übersieht die Revision, dass im Ausland lebende Zeugen in der Regel nicht zum persönlichen Erscheinen verhalten werden können (siehe VwGH 18.11.2021, Ro 2021/22/0012, Rn. 16). Gegenständlich hat das Verwaltungsgericht zudem (aus eigener Initiative) sowohl über die Österreichische Botschaft in Sofia als auch auf direktem postalischen Weg einen Ladungsversuch hinsichtlich des in Bulgarien wohnhaften Ehegatten unternommen. Somit hat es Schritte gesetzt, um eine Befragung des Zeugen zu bewerkstelligen. Die Revisionswerberin hatte ihrerseits bereits im Vorfeld der Verhandlung über Nachfrage des Verwaltungsgerichts schriftlich mitgeteilt, ihren Ehegatten nicht stellig machen zu können. Hinweise darauf, dass der Zeuge in der Zukunft bereit gewesen wäre, zu einer Verhandlung zu erscheinen bzw. sich sonst am Verfahren zu beteiligen, sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht dargetan (vgl. dazu auch VwGH 14.12.2020, Ra 2020/08/0113, Rn. 9, mwN).
10 Überdies wurde selbst im Rahmen der mündlichen Verhandlung, zu der der Zeuge nicht erschienen war, von der Revisionswerberin ein Antrag auf zeugenschaftliche Befragung ihres Ehegatten nicht gestellt. Darüber hinaus wird in der Revision nicht konkret dargelegt, welche Aussagen der Ehegatte im Fall seiner Befragung zur „Entlastung“ der Revisionswerberin getätigt hätte, sodass auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt wird.
11 Da die Revision somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 4. Mai 2023
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