Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofrätinnen Dr. Wiesinger und Dr. in Oswald als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Wagner, über die Revision des M K, vertreten durch Mag. Peter Michael Wolf, Rechtsanwalt in Mödling, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. November 2023, W231 2217349 2/8E, betreffend Entziehung eines Konventionsreisepasses (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Dem Revisionswerber, einem 1986 geborenen iranischen Staatsangehörigen, war im Beschwerdeweg mit dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 20. Oktober 2021 gemäß § 3 Abs. 1 AyslG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden. In der Folge wurde ihm am 4. Jänner 2022 ein Konventionsreisepass ausgestellt.
2 Bereits am 12. April 2018 war der Revisionswerber mit dem mittlerweile getilgtenrechtskräftigen Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer zur Gänze bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden. Dem Schuldspruch war zugrunde gelegen, dass der Revisionswerber im November 2017 einen gefälschten österreichischen Konventionsreisepass im Zuge einer Personenkontrolle zum Nachweis seiner Identität sowie des „aufrechten Aufenthalts“ verwendet habe.
3Mit dem weiteren rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 14. September 2023 wurde der Revisionswerber wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG und der (teilweise als Bestimmungstäter begangenen) Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter und vierter Fall SMG, § 12 zweiter Fall StGB zu einer zur Gänze bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Revisionswerber im Zeitraum von Anfang des Jahres 2019 bis Mai 2023 Cannabiskraut an verschiedene Abnehmer gewinnbringend verkauft und im Mai 2023 zwei Personen angewiesen habe, Opium zu transportieren. Im Rahmen der Strafbemessung berücksichtigte das Strafgericht den bisher ordentlichen Lebenswandel des Revisionswerbers und sein reumütiges Geständnis als mildernd, erschwerend hingegen das Zusammentreffen eines Verbrechens mit Vergehen.
4Mit Bezug auf die Straftaten des Revisionswerbers nach dem SMG entzog ihm das Bundesamt für Fremdwesen und Asyl (BFA) nach Einräumung von schriftlichem Parteiengehörmit Bescheid vom 27. September 2023 gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 iVm § 92 Abs. 1 Z 3 FPG den Konventionsreisepass.
5Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 17. November 2023 wies das BVwG die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab. Gemäß § 25a VwGG sprach das BVwG aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
6Das BVwG ging zusammengefasst davon aus, im Hinblick auf die sich über einen sehr langen Tatzeitraum erstreckende und an mehreren Orten verübte Suchtmitteldelinquenz des Revisionswerbers sei der Entziehungstatbestand des § 93 Abs. 1 Z 1 iVm § 92 Abs. 1 Z 3 und § 94 Abs. 5 FPG erfüllt, zumal die Wiederholungsgefahr bei Suchtmitteldelikten besonders hoch und der seit der Tatbegehung verstrichene Zeitraum zu kurz sei, um die vom Revisionswerber ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte auch nur als erheblich gemindert anzusehen. Hinzu komme, dass der Revisionswerber bereits einmal wegen Vorlage eines gefälschten Konventionsreisepasses verurteilt worden sei.
7 Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG abgesehen werden können, weil in der Beschwerde kein Vorbringen erstattet worden sei, das eine Verhandlung erfordert hätte. Der Sachverhalt ergebe sich zweifelsfrei aus der Aktenlage.
8 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision erweist sich als unzulässig.
9 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
11 In dieser Hinsicht macht der Revisionswerber zusammengefasst geltend, das BVwG habe entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen, obwohl es den seiner Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt nicht nur unwesentlich ergänzt habe, indem es über die Annahmen des BFA hinausgehend auf „die“ strafgerichtliche Verurteilung des Revisionswerbers Bezug genommen habe.
12 Das BVwG hat die Entziehung des Konventionsreisepasses wie das BFAin den Entscheidungsgründen auf das nachträgliche Bekanntwerden bzw. Eintreten des Versagungsgrundes nach § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 3 FPG gestützt. Nach diesen Bestimmungen ist ein Konventionsreisepass zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen, womit auch im Sinn des Art. 25 Abs. 1 der Statusrichtlinie (RL 2011/95/EU) zwingende Gründe der öffentlichen Ordnung für die Versagung des Passes vorlägen. Im Rahmen der dafür erforderlichen Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände diese Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist, wobei nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen ist (vgl. zur Versagung eines Konventionsreisepasses VwGH 29.1.2025, Ra 2023/21/0177, Rn. 11, mwN).
13 Im Einklang mit dieser Judikatur hat sich das BVwG zur Begründung seiner Gefährdungsprognose nicht bloß auf die Tatsache der Verurteilung vom 14. September 2023, sondern maßgeblich auf die dem Schuldspruch zugrunde liegenden vom Revisionswerber verübten in der Beschwerde nicht bestrittenenStraftaten im Bereich der Suchtgiftkriminalität (auf die sich auch bereits das BFA im Bescheid vom 27. September 2023 gestützt hatte) bezogen und insbesondere den langen Tatzeitraum von ungefähr viereinhalb Jahren, die teilweise Tatbegehung als Bestimmungstäter und das zum Entscheidungszeitpunkt erst rund zwei Monate andauernde Wohlverhalten berücksichtigt. Schließlich hat das BVwG auch zu Recht dargelegt, dass der Besitz eines Konventionsreisepasses den (grenzüberschreitenden) Handel mit Suchtgift jedenfalls erleichtern könnte, und zwar unabhängig davon, ob der Revisionswerber seinen Konventionsreisepass zuvor zu diesem Zweck verwendet habe (vgl. neuerlich VwGH 29.1.2025, Ra 2023/21/0177, nunmehr Rn. 12, mwN).
14 Vor diesem Hintergrund ist das BVwG in vertretbarer Weise davon ausgegangen, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt, dem der Revisionswerber in seiner Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten war, im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA VG keiner weiteren Klärung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedurfte.
15 Soweit sich die Revision der Sache nach gegen die Ausführungen des BVwG hinsichtlich der im Jahr 2018 erfolgten Verurteilung des Revisionswerbers wegen Gebrauchens eines gefälschten österreichischen Konventionsreisepasses wendet, erweist sich dieser Begründungsteil des angefochtenen Erkenntnisses als nicht tragend.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.
17Von der in der Revision beantragten Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte in diesem Fall gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 24. November 2025
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