Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr. in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Tichy, über die Revision der S W in W, vertreten durch Dr. Hanno Zanier, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 27/DG, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 29. Dezember 2022, LVwG 153611/7/KHu, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Puchenau; mitbeteiligte Partei: H GmbH in A; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der belangten Behörde, mit dem der mitbeteiligten Bauwerberin die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen erteilt worden war, als unbegründet ab. Die Revision erklärte es für unzulässig.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht (soweit von Relevanz) aus, die Revisionswerberin habe gegen das Bauvorhaben eingewendet, die Geschoßflächenzahl (GFZ) von 0,69 widerspreche dem „Räumlichen Leitbild P[...]“ des Gemeinderats der Gemeinde P und aufgrund der Dimensionierung des Vorhabens werde das Orts und Landschaftsbild beeinträchtigt. Damit habe die Revisionswerberin kein subjektiv öffentliches Nachbarrecht geltend gemacht. Selbst wenn man inhaltlich auf die Einwendungen eingehen wollte, stelle das „Räumliche Leitbild P[...]“ keinen Bestandteil des Flächenwidmungsplans oder eines örtlichen Entwicklungskonzeptes (ÖEK) dar; es sei außerdem weder als Verordnung beschlossen noch kundgemacht worden. Selbst bei nicht gegebener Annahme einer normativen Wirkung wäre dem Leitbild durch die spätere Erlassung des aktuell gültigen Flächenwidmungsplans samt ÖEK derogiert. Darin werde auf das Räumliche Leitbild P[...]“ auch nicht verwiesen. Für das Baugrundstück sei keine GFZ festgelegt.
3 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 19. September 2023, E 675/2023 9, lehnte dieser die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
4 Daraufhin brachte die Revisionswerberin die vorliegende außerordentliche Revision ein. Zur Zulässigkeit bringt sie darin zusammengefasst vor, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob die Festlegung einer höchstzulässigen GFZ auch in Gestalt eines Gemeinderatsbeschlusses erfolgen könne. Sollte dies verneint werden, hätte der Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden, wie in einem Fall, in dem es keine für das Gemeindegebiet allgemein verbindliche Festlegung einer höchstzulässigen GFZ gebe, „zu verfahren ist, insbesondere, ob die Baubehörde bzw. das Landesverwaltungsgericht eine Geschoßflächenzahl mit einer allfälligen Bauplatzbewilligung oder mit der Baubewilligung in Gestalt einer Auflage festzuschreiben hat.“ Ausgehend vom „Räumlichen Leitbild P[...]“ hätte das Verwaltungsgericht ein orts und raumplanerisches Gutachten einholen und anhand dessen begründen müssen, warum im konkreten Fall eine Überschreitung der höchstzulässigen GFZ von 0,5 um 38 Prozent den Raumordnungszielen nicht zuwiderlaufe.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Frage, ob ein konkretes Bauvorhaben einer konkreten Verordnung (wie einem Flächenwidmungs- oder Bebauungsplan oder einem Örtlichen Entwicklungskonzept) entspricht, Beurteilungen des Einzelfalles betrifft. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG könnte in diesem Zusammenhang nur vorliegen, wenn dem Verwaltungsgericht dabei eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen und die im Einzelfall vorgenommene Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. etwa VwGH 21.11.2023, Ra 2020/05/0166, Rn. 12, mwN). Eine solche Unvertretbarkeit zeigt die Revision mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht auf. Insbesondere blendet die Revisionswerberin darin aus, dass das Verwaltungsgericht in seiner Begründung erstens bereits die Geltendmachung eines subjektiv öffentlichen Nachbarrechts verneinte, zweitens das „Räumliche Leitbild P[...]“ nicht als rechtlich verbindlich erachtete und drittens den zeitlich später beschlossenen und kundgemachten Flächenwidmungsplan samt ÖEK ohne festgelegte GFZ als maßgeblich beurteilte.
9 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 27. Jänner 2025
Rückverweise