Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Mag. Liebhart Mutzl und Dr. in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Tichy, in der Revisionssache der D M in G, vertreten durch die Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 28. Mai 2020, LVwG 152276/20/RK/FE, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben und Abweisung eines Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadtgemeinde G; mitbeteiligte Parteien: 1. Mag. C H in G und 2. B M in P, beide vertreten durch Dr. Otto Urban, Mag. Andreas Meissner und Mag. Thomas Laherstorfer, Rechtsanwälte in 4840 Vöcklabruck, Feldgasse 1; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der Stadtgemeinde G Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40, jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution, zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (LVwG) wurden zwei Beschwerden der Revisionswerberin, zum einen gegen einen Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde G. (belangte Behörde) vom 5. Juni 2019, mit dem den mitbeteiligten Parteien die Baubewilligung für einen Teilabbruch sowie einen Um- und Zubau zu bestehenden Gebäuden auf näher bezeichneten Grundstücken der KG G. erteilt worden war, und zum anderen gegen einen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Juli 2019, mit dem dem Antrag der Revisionswerberin auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde gegen den genannten Bewilligungsbescheid vom 5. Juni 2019 keine Folge gegeben worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen (I.). Gleichzeitig sprach das LVwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei (II.).
2 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in welcher unter Punkt „3. Revisionspunkt“ geltend gemacht wird, die Revisionswerberin erachte sich durch das angefochtene Erkenntnis in den ihr als Nachbarin zukommenden Rechten darauf verletzt, „dass bei Nichtvorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen nach § 35 OÖ BauO 1994 für ein Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück auch keine Bewilligung erteilt wird“, „dass nicht entgegen § 35 Abs 1 Z 2 OÖ BauO 1994 eine Baubewilligung für ein Bauvorhaben erteilt wird, das den gemäß § 31 Abs 4 OÖ BauO 1994 auch dem Interesse der Nachbarschaft dienenden Bestimmungen über die Geschoßflächenzahl widerspricht“, „dass nicht entgegen § 35 Abs 1 Z 2 OÖ BauO 1994 eine Baubewilligung für ein Bauvorhaben erteilt wird, das den gemäß § 31 Abs 4 OÖ BauO 1994 auch dem Interesse der Nachbarschaft dienenden Bestimmungen über die gesundheitlichen Belange sowie den Schutz der Nachbarschaft vor Immissionen widerspricht“ sowie „dass nicht entgegen § 35 Abs 1 Z 2 OÖ BauO 1994 eine Baubewilligung für ein Bauvorhaben erteilt wird, das den gemäß § 31 Abs 4 OÖ BauO 1994 auch dem Interesse der Nachbarschaft dienenden Bestimmungen über die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden sowie die Gebäudehöhe widerspricht“. Das angefochtene Erkenntnis leide an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und an Rechtswidrigkeit infolge „entscheidungswesentlicher“ Verletzung von Verfahrensvorschriften.
3 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück-, in eventu Abweisung der Revision beantragt. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten unter Anschluss eines Kostenverzeichnisses in der Höhe von € 1.898,17 ebenfalls eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, der Revision keine Folge zu geben. Die Oberösterreichische Landesregierung sah von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung ab.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes legt der Revisionspunkt den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens fest und steckt den Rahmen ab, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Ist der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich. Die Überprüfung des angefochtenen Erkenntnisses, aber auch der Zulässigkeit einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof hat daher im Rahmen des Revisionspunktes zu erfolgen und sich auf das dort geltend gemachte Recht zu beschränken (vgl. VwGH 25.5.2021, Ra 2020/06/0307; 13.1.2021, Ra 2020/05/0036; 21.12.2020, Ra 2019/05/0111, oder auch 15.5.2020, Ra 2019/05/0316, jeweils mwN).
8 Mit dem in den Revisionspunkten zunächst genannten Recht, „dass bei Nichtvorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen nach § 35 OÖ BauO 1994 für ein Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück auch keine Bewilligung erteilt wird“, wird nicht dargelegt, in welchem konkreten, durch die Oö. Bauordnung 1994 Nachbarn eingeräumten subjektiv öffentlichen Recht die Revisionswerberin durch das angefochtene Erkenntnis verletzt sein solle (vgl. für viele etwa VwGH 14.7.2021, Ra 2021/05/0123, mwN).
9 Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften werden Aufhebungsgründe vorgebracht, es handelt sich dabei aber nicht um die Geltendmachung eines Revisionspunktes (vgl. für viele etwa VwGH 12.8.2020, Ra 2020/05/0084, mwN).
10 Somit verbleiben als grundsätzlich taugliche Revisionspunkte das Recht auf Einhaltung von Bestimmungen über die Geschoßflächenzahl, von Bestimmungen zum Schutz vor Immissionen, sowie von Bestimmungen über die Abstände und die Gebäudehöhe, und die Revisionszulässigkeitsbegründung ist nur insoweit zu prüfen (vgl. nochmals etwa VwGH 25.5.2021, Ra 2020/06/0307; 13.1.2021, Ra 2020/05/0036; 21.12.2020, Ra 2019/05/0111, oder auch 15.5.2020, Ra 2019/05/0316, jeweils mwN).
11 In Bezug auf das geltend gemachte Recht auf Einhaltung der Geschoßflächenzahl führte das LVwG im angefochtenen Erkenntnis mit näherer Begründung aus, dass gegenständlich die „Zone 2“, „seeorientierte Zone/Altstadt“ des anzuwendenden örtlichen Entwicklungskonzeptes der Stadtgemeinde G. relevant sei. Für die „Zone 2“ finde sich in der genannten Verordnung kein Richtwert betreffend die Geschoßflächenzahl. Das Bauvorhaben widerspreche (auch aus diesem Grund) keinen Bestimmungen des Oö. Raumordnungsgesetzes 1994, der Oö. Bauordnung 1994 oder des Oö. Bautechnikgesetzes 2013.
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Frage, ob ein konkretes Bauvorhaben einer konkreten Verordnung (wie einem Flächenwidmungs- oder Bebauungsplan oder wie hier dem Örtlichen Entwicklungskonzept) entspricht, Beurteilungen des Einzelfalles betrifft. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG könnte in diesem Zusammenhang nur vorliegen, wenn dem Verwaltungsgericht dabei eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen und die im Einzelfall vorgenommene Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. etwa VwGH 27.6.2023, Ra 2023/05/0180, 6.12.2022, Ra 2021/06/0226; 5.10.2022, Ra 2022/06/0198, oder auch 4.10.2022, Ra 2022/05/0159, jeweils mwN). Eine solche Unvertretbarkeit zeigt die Revision mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen betreffend eine angeblich auch für die „Zone 2“ des Örtlichen Entwicklungskonzeptes festgelegte Geschoßflächenzahl nicht auf. Das von der Revision in diesem Zusammenhang ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. April 2020, Ra 2019/05/037, betreffend das örtliche Entwicklungskonzept der Stadtgemeinde G. ist nicht einschlägig, da dieses gerade nicht die „Zone 2“, sondern die „Zone 3“ des betreffenden Örtlichen Entwicklungskonzeptes betraf. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird daher mit dem Vorbringen zu einer durch das Bauvorhaben nur behauptetermaßen einzuhaltenden Geschoßflächenzahl nicht aufgezeigt.
13 Wenn die Revision zu ihrer Zulässigkeit weiters ausführt, das Bauvorhaben berühre „unterirdische Tanks“ und „entsprechende Leitungen“, wodurch es zu Immissionen im Sinne des § 31 Abs. 4 Oö. Bauordnung 1994 käme, wird mit dem diesbezüglichen Vorbringen weder dargelegt, inwiefern fallbezogen ein Nachbarrecht im Sinne des § 31 Abs. 4 Oö. Bauordnung 1994 betroffen sein sollte, noch wird in diesem Zusammenhang formuliert, welche über den Revisionsfall hinausgehende konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG, von der die Entscheidung über die vorliegende Revision abhinge, vom Verwaltungsgerichtshof beantwortet werden sollte (vgl. zu diesem Erfordernis für viele etwa VwGH 22.6.2023, Ra 2023/06/0033, mwN). Bei dem hierzu erstatteten Zulässigkeitsvorbringen, die Revisionswerberin habe die Einholung eines „umweltschutzfachlichen Gutachtens“ gefordert, handelt es sich um einen behaupteten Verfahrensmangel. Dazu ist zu bemerken, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Rechtsfragen des Verfahrensrechtes nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG zukommt, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen oder die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. für viele etwa VwGH 18.11.2022, Ra 2022/05/0160, mwN). Dabei muss auch schon in der abgesonderten Zulassungsbegründung die Relevanz dieser behaupteten Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für die Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 26.9.2022, Ra 2022/05/0130, mwN). Eine solche konkrete und fallbezogene Relevanzdarstellung lässt die Revision mit ihrem pauschal gehaltenen Zulässigkeitsvorbringen vermissen.
14 Im Übrigen hat das LVwG im angefochtenen Erkenntnis ausgeführt, dass eine Kontamination schon aufgrund der Lage des Grundstückes der Revisionswerberin nicht zu erwarten sei und in diesem Niveaubereich keinerlei bauliche Veränderung vorgenommen werde, da das Erdgeschoss einschließlich der Garagennutzung weiterhin bestehen bleibe, wodurch auch Hangrutschungen ausgeschlossen seien. Weiters seien bestehende Tanks bereits laut einem näher bezeichneten Bescheid vom 13. Juli 1977 ordnungsgemäß aufgelassen und die unterirdischen Anlagenteile entleert, gereinigt, entgast und eingeschlämmt worden. Dem setzt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nichts entgegen.
15 Soweit zur Begründung der Zulässigkeit der Revision weiters mit weitwendigen Ausführungen Verstöße gegen den einzuhaltenden Abstand und die Gebäudehöhe vorgebracht werden, genügt es, auf Folgendes hinzuweisen:
16 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann der Nachbar hinsichtlich der Bestimmungen über die Gebäudehöhe deren Einhaltung nur an der seiner Liegenschaft zugekehrten Front geltend machen. Wenn sich ein Bauteil nicht an der der Nachbarliegenschaft zugewandten Front des Gebäudes befindet, steht dem Nachbarn ein Mitspracherecht diesbezüglich nicht zu. Durch die bloße Möglichkeit der Einsichtnahme auf eine Front von der Nachbarliegenschaft aus wird diese nicht zu einer der Nachbarliegenschaft zugewandten Front (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 29.7.2021, Ra 2019/05/0282, mwN).
17 Das LVwG führte im angefochtenen Erkenntnis aus, dass für den verfahrensgegenständlichen Bereich kein Bebauungsplan gelte und der Abstand des projektierten Bauvorhabens zum nordwestlich des Baugrundstückes gelegenen Grundstück der Revisionswerberin mindestens 8,33 m betrage; der Abstand (u.a.) gemäß § 40 Z 1 Oö. Bautechnikgesetz 2013 werde eingehalten. Dem tritt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht entgegen, weshalb in diesem Zusammenhang eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht ersichtlich ist.
18 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird auch nicht dargetan, aus welchen Gründen das dort umfangreich erstattete Vorbringen betreffend Gebäudehöhe bzw. Abstand das offenbar die oben angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verkennt, wonach ein subjektiv öffentliches Nachbarrecht nur hinsichtlich der dem Nachbarn zugekehrten Front eines Bauvorhabens besteht angesichts der konkreten Lage des Bauvorhabens zum Grundstück der Revisionswerberin für das rechtliche Schicksal der vorliegenden Revision entscheidend sein könnte und inwiefern sich in diesem Zusammenhang eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung für den Revisionsfall ergeben sollte. Dasselbe gilt für das Zulässigkeitsvorbringen betreffend eine im östlichen Grenzbereich behauptetermaßen vorzuschreibende Brandabschnittswand.
19 Da somit insgesamt in der Revision deren Zulässigkeit wie dargestellt nur innerhalb des von ihr selbst festgelegten Prozessgegenstandes zu prüfen war keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
20 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil es in den zitierten Bestimmungen keine Deckung findet (vgl. § 1 Z 3 lit. a der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014, vgl. dazu weiters sinngemäß VwGH 23.4.2020, Ra 2018/06/0099).
Wien, am 21. November 2023
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