Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofräte Mag. Nedwed und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien, vertreten durch die Bock Fuchs Nonhoff Rechtsanwälte OG in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 1 A, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 15. Juni 2023, Zl. VGW 101/060/859/2023 7, betreffend Vergütung nach § 16 Abs. 4 Rechtsanwaltsordnung (mitbeteiligte Partei: Mag. M J, vertreten durch die Austrolaw Sommerbauer Dohr Rechtsanwälte in 2700 Wiener Neustadt, Babenbergerring 5a/3. OG), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die mitbeteiligte Rechtsanwältin wurde mit Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht und nunmehrige Revisionswerberin) vom 19. Dezember 2018 gemäß § 45 RAO zur Verfahrenshilfeverteidigerin eines Angeklagten in einem näher bezeichneten Strafverfahren vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien bestellt.
2 Mit Antrag vom 29. März 2022 begehrte die Mitbeteiligte für ihre im Verhandlungsjahr 2021 erbrachten Leistungen in diesem Strafverfahren bei der belangten Behörde die Zuerkennung einer Vergütung gemäß § 16 Abs. 4 RAO in der Höhe von € 47.689,56.
3 Mit Bescheid vom 22. November 2022 gab die belangte Behörde dem Antrag im Ausmaß von € 21.896,73 statt und wies das Mehrbegehren ab. Begründend führte die belangte Behörde auf das hier Wesentliche zusammengefasst aus, ein Erfolgszuschlag gemäß § 12 AHK komme bei Verfahrenshilfen nicht in Betracht. Bei der Berechnung der angemessenen Vergütung gemäß § 16 Abs. 4 RAO sei nach der (näher genannten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein pauschaler Abschlag gerechtfertigt. Bei besonders umfangreichen Verfahren sei überdies zu beachten, dass der Aufwand für Verhandlungen mit zunehmender Verfahrensdauer weiter sinke. Es sei daher ein Abschlag in der Höhe von 25 % für den 11. bis 20. Verhandlungstag, von 33,33 % für den 21. bis 30. Verhandlungstag und von 40 % für jeden darüber hinausgehenden remunerierbaren Verhandlungstag eines Verfahrens angemessen, woraus sich die (näher berechnete) Vergütung ergebe.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien der dagegen erhobenen Beschwerde der Mitbeteiligten teilweise statt und erkannte dieser eine angemessene Vergütung in der Höhe von € 24.725,70 zu (Spruchpunkt I.). Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
5 Begründend führte das Verwaltungsgericht, soweit hier von Bedeutung, aus, die Zuerkennung eines Erfolgszuschlages komme nicht in Betracht (Hinweis auf VwGH 19.12.2022, Ro 2022/03/0059). Nach der (näher genannten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei im Sinne einer „Annäherung“ an die nach den Standesrichtlinien als angemessen anzusehende Entlohnung und auf die allgemeine Übung verweisend von den Ansätzen der AHR bzw. den AHK ausgehend ein Abschlag von 25 % als rechtmäßig anzusehen. Auch im Revisionsfall sein ein pauschaler Abschlag von 25 %, aber nicht mehr, angemessen. Ausgehend davon ergebe sich (nach näherer Berechnung) die spruchgemäß zuerkannte Vergütung.
6 Die ordentliche Revision sei unzulässig, weil keine Rechtsfrage von grundsätzliche Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B VG vorliege. Weder weiche die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehle es an Rechtsprechung. Die vorliegende Rechtsprechung sei auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
7 Mit Beschluss vom 10. Juli 2023 berichtigte das Verwaltungsgericht Spruchpunkt II. dieses Erkenntnisses dahin, dass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.
8 Begründend führte es aus, in den Entscheidungsgründen sei ausführlich dargelegt, dass eine ordentliche Revision unzulässig sei. Auch in der Rechtsmittelbelehrung werde auf die Möglichkeit der Erhebung einer außerordentlichen Revision hingewiesen. Es liege somit ein offenkundiger Schreibfehler vor, weswegen gemäß § 17 VwGVG iVm. § 62 Abs. 4 AVG eine Berichtigung des Spruches erfolge.
9 Gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
10 Voranzustellen ist, dass der Berichtigungsbeschluss mit der berichtigten Entscheidung eine Einheit bildet, die als solche vom Verwaltungsgerichtshof seinem Verfahren zu Grunde zu legen ist (vgl. VwGH 10.6.2022, Ra 2020/09/0060, mwN).
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 In der demnach für die Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung wird lediglich vorgebracht, der Verwaltungsgerichtshof habe sich „zu dem durch die Rechtsanwaltskammer Wien vorgenommenen gestaffelten Abschlag in Höhe von 33,33 % bzw. 40 %“ noch nicht geäußert. „Den 25 % übersteigenden Anteil des pauschalen Abschlages betreffend“ liege daher eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B VG vor.
15 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Rechtsprechung bereits ausführlich mit dem Anspruch auf angemessene Vergütung nach § 16 Abs. 4 RAO befasst. So hat er etwa in dem (auch in der Revision zitierten) Erkenntnis vom 17. Dezember 2009, 2009/06/0144, ausgeführt, „angemessen“ sei jene Vergütung, die sich unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Bedachtnahme darauf, was in gleich gelagerten Fällen geschieht, ergebe. Maßgeblich sei, in welcher Höhe die Vergütungen für gemäß § 45 RAO bestellte Rechtsanwälte in Fällen mit vergleichbarem Leistungsumfang bemessen werden. Die Materialien zu § 16 Abs. 4 RAO sprächen davon, dass sich die Höhe der besonderen Vergütung nach der gemäß § 47 Abs. 5 RAO gesondert festzusetzenden Pauschalvergütung für solche überlangen Verfahren richten werde. Die Angemessenheit der gesondert festzusetzenden Pauschalvergütung werde nach den für die Festsetzung der Pauschalvergütung im Allgemeinen anzuwendenden Grundsätzen (siehe insbesondere § 47 Abs. 3 Z 3 RAO) zu bestimmen sein. In der zuletzt zitierten Gesetzesstelle sei davon die Rede, „die Vergütung ... der Entlohnung anzunähern die nach den Standesrichtlinien der Rechtsanwälte als angemessen angesehen wird“. Im Erkenntnis vom 4. November 2002, 2000/10/0050, hat der Verwaltungsgerichtshof auch die Auffassung vertreten, dass es nicht rechtswidrig sei, im Sinne einer „Annäherung“ an die nach den Standesrichtlinien als angemessen anzusehende Entlohnung und in Verweisung auf die allgemeine Übung, von den Ansätzen der AHR ausgehend einen Abschlag von 25 % vorzunehmen.
16 Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung legt die Revision mit ihrer bloß allgemein gehaltenen Zulässigkeitsbegründung, es fehle Rechtsprechung zur Zulässigkeit von über 25 % hinausgehenden Abschlägen nicht dar, dass das Verwaltungsgericht im hier vorliegenden Fall mit der Anwendung eines solchen pauschalen Abschlags auf alle über dem „Schwellenwert“ liegenden anwaltlichen Leistungen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre bzw. aus welchen Gründen im konkreten Einzelfall für welche anwaltlichen Leistungen höhere Abschläge angemessen gewesen wären und welche konkrete Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B VG der Verwaltungsgerichtshof dabei zu beantworten hätte.
17 Darüber hinaus bringt die Revision zu ihrer Zulässigkeit vor, beim Verwaltungsgericht Wien seien mehrere Verfahren über gleichgelagerte Sachverhalte anhängig (gewesen), in denen betreffend den pauschalen Abschlag unterschiedliche Erkenntnisse ergangen seien. „Diese Fragen“ stellten sich nicht bloß im Einzelfall, sondern seien potentiell in allen Verfahren betreffend die Zuerkennung einer Pauschalvergütung relevant.
18 Mit dem bloßen Hinweis auf eine vermeintlich uneinheitliche Judikatur der Verwaltungsgerichte wird von der Revision ebenfalls noch keine grundsätzliche Rechtsfrage aufgezeigt (vgl. VwGH 7.4.2022, Ra 2022/03/0074, mwN).
19 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 17. November 2023
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