Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. in Lachmayer als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Mag. Dr. Arno Maschke, Rechtsanwalt in Wien als Insolvenzverwalter im Konkurs über das Vermögen der K GmbH in W, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 15. Juni 2022, Zl. RV/7103402/2009, betreffend Umsatzsteuer 2003, den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber ist Masseverwalter im mit Beschluss vom September 2022 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der K GmbH.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht u.a. der Beschwerde der K GmbH gegen den Umsatzsteuerbescheid 2003 teilweise Folge und änderte diesen Bescheid ab.
3 Nach Wiedergabe des Verfahrensganges führte das Bundesfinanzgericht unter der Überschrift „Rechtliche Beurteilung des Sachverhalts“ aus, dass die K GmbH zur K Gruppe gehöre und im Jahr 2003 zwei Rechnungen an die EC GmbH Co KG gelegt habe. Die Rechnungen seien mit 7. Mai 2003 datiert gewesen und hätten auf „Ablöse der Investitionen in den Büroräumlichkeiten im Objekt X, P“ und „Ablöse der Investitionen in den Büroräumlichkeiten im Objekt Y, W“ gelautet. Die Rechnungen hätten sich auf 750.000 € plus Umsatzsteuer sowie 1,2 Mio. € plus Umsatzsteuer belaufen. Neben der K GmbH hätten im Jahr 2003 drei weitere Gesellschaften der K Gruppe Rechnungen an die EC GmbH Co KG gelegt. Die EC GmbH Co KG sei auch Teil der K Gruppe.
4 Die gegenständlichen Rechnungslegungen der K GmbH an die EC GmbH Co KG hätten im Rahmen eines Gesamtkonzeptes stattgefunden, wobei alle involvierten Gesellschaften zur K Gruppe gehört hätten und durch die Geschäftsführer JW und FK vertreten gewesen seien. Zwischen den rechnungslegenden Gesellschaften und der EC GmbH Co KG sei am 30. April 2003 ein Rahmenvertrag abgeschlossen worden. Auf diesen Rahmenvertrag hätten sich die Mietverträge zwischen der K GmbH als Vermieterin und der EC GmbH Co KG als Mieterin betreffend die Objekte X und Y ergeben. Nach Durchführung der gegenständlichen Rechnungslegung durch die Revisionswerberin sei jeweils die Überrechnung der Umsatzsteuergutschriften auf Antrag auf das Finanzamtskonto der K GmbH erfolgt. Die EC GmbH Co KG habe in den berichtigten Umsatzsteuervoranmeldungen vom 25. September 2003 die Vorsteuern aus den betreffenden Rechnungen nicht mehr geltend gemacht und habe hinsichtlich der Nachforderungen Stundungsansuchen eingebracht. Auch die K GmbH und die übrigen rechnungslegenden Gesellschaften der K Gruppe hätten berichtigte Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht und die Rückzahlung der sich auf den Abgabenkonten ergebenden Gutschriften verlangt.
5 Das Finanzamt sei hinsichtlich der von der K GmbH an die EC GmbH Co KG gelegten Rechnungen vom Vorliegen einer Steuerschuld gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994 ausgegangen und habe dementsprechend den Umsatzsteuerbescheid 2003 erlassen. Dies sei damit begründet worden, dass von vornherein kein ernsthafter Leistungswille bestanden hätte und eine Finanzierungsmöglichkeit der vereinbarten Geschäfte nicht habe glaubhaft gemacht werden können. Die Beschwerden der anderen rechnungslegenden Gesellschaften seien rechtskräftig abgewiesen worden; Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof wie auch eine Beschwerde sowie eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof seien abgelehnt bzw. zurückgewiesen worden (siehe VwGH 21.9.2016, 2013/13/0040 und 27.3.2019, Ra 2019/13/0017). Aufgrund der Tatsache, dass die Rechnungslegung der beiden anderen Gesellschaften an die EC GmbH Co KG im Rahmen desselben Gesamtkonzeptes erfolgt sei wie die revisionsgegenständliche Rechnungslegung durch die K GmbH, müsse davon ausgegangen werden, dass der rechtlichen Beurteilung im gegenständlichen Fall ein im Wesentlichen gleichartiger Sachverhalt wie in den beiden ergangenen Rechtsmittelentscheidungen zu den anderen Gesellschaften der K Gruppe zugrunde liege. Dies ergebe sich nicht nur auf Grundlage eines alle diese Geschäfte umfassenden Finanzierungsvorhabens, sondern es müsse aufgrund der Faktenlage als erwiesen angesehen werden, dass alle Rechnungslegungen aus Perspektive der handelnden Personen eindeutig Teile einer Gesamtkonzeption darstellen würden, die aus dem Rahmenvertrag vom 30. April 2003 klar hervorgehen würden. Als Konsequenz der dargelegten Erwägungen sei festzustellen, dass sich aus dem von der K GmbH erstatteten Vorbringen in der Beschwerdeschrift keine Gründe ergeben würden, die zu einer anderen rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes führen könnten. Der Behauptung der K GmbH, es sei nicht von einem gleichartigen Sachverhalt wie bei den anderen beiden Gesellschaften auszugehen, könne nicht gefolgt werden. Die Beschwerde habe vorgebracht, dass im Revisionsfall berücksichtigt werden müsse, dass der Vertragsgegenstand ein gänzlich anderer sei als in den Fällen der beiden anderen Gesellschaften und dass die Finanzierbarkeit des Wirtschaftsgutes sehr wohl möglich gewesen wäre. Dazu sei eine gutachterliche Stellungnahme von der K GmbH vorgelegt worden. Diese gutachterliche Stellungnahme sei grundsätzlich plausibel. Es sei jedoch zu bedenken, dass den Gegenstand der Beurteilung im Gutachten ausschließlich das Geschäftsmodell als solches gebildet habe. Eine positive Beurteilung der Finanzierbarkeit der als Bestandteil einer Gesamtkonzeption anzusehenden Geschäfte würde allerdings keinen Beweis für das Nichtvorliegen von Scheingeschäften erbringen. Selbst wenn ein Geschäft bei objektiver Betrachtung als finanzierbar qualifiziert werden könne, hätte dies nicht per se die Konsequenz, dass kein Anwendungsfall des § 11 Abs. 14 UStG 1994 vorliegen könne. Die Argumentation der K GmbH zur grundsätzlichen Finanzierbarkeit und Fremdüblichkeit des Modells beinhalte eine Ausblendung von wesentlichen Aspekten der Realität und sei aufgrund der Abstraktheit nicht überzeugend. Wenn die K GmbH argumentiere, dass die Finanzierbarkeit auf einer anderen Ebene liegen würde und eine solche ungeachtet der Vereinbarungen zwischen der EC GmbH
6 Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der K GmbH als „Haftungspflichtige“ gemäß den Bestimmungen des § 11 Abs. 14 UStG 1994 lägen vor, weil die Rückabwicklung des gewährten Vorsteuerabzugs nicht mehr möglich sei und keine Gutgläubigkeit des Rechnungsausstellers gegeben gewesen sei. Die K GmbH als Rechnungsausstellerin könne mangels ernsthaftem Leistungswillen keinen Gutglaubensschutz in Anspruch nehmen. Dies deshalb, weil die K GmbH zur K Gruppe gehört habe und die gegenständliche Rechnungslegung durch die K GmbH einen untrennbaren Bestandteil einer Gesamtkonzeption gebildet hätte. In Anbetracht des vorliegenden Sachverhalts komme der Beantwortung der rein hypothetischen Frage, ob die Finanzierung der Geschäfte über Kredit und Renditen objektiv gesehen möglich gewesen wäre, keine Entscheidungsrelevanz zu.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Erkenntnis leide an einem Begründungsmangel. Das Erkenntnis entspreche in seiner Gliederung nicht den Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes, die K GmbH sei dadurch in ihrer Rechtsmittelmöglichkeit deutlich beschränkt. Der zweite Rechtsbereich betreffe die Rechtsfrage der Auslegung der Bestimmung des § 23 Abs. 1 BAO Scheingeschäfte. Als spezielle Missbrauchsvorschrift gehe § 11 Abs. 14 UStG 1994 dem § 22 BAO sowie dem § 21 BAO vor. Das Bundesfinanzgericht sei von der herrschenden Rechtsprechung abgewichen. Für die Annahme eines Rechtsgeschäfts als Scheingeschäft auch im Zusammenhang mit Umsatzsteuerberichtigungen müsse eindeutig feststehen, dass vor Abschluss des Rechtsgeschäfts bzw. Setzen von Scheinhandlungen ein gemeinsamer Vorsatz in Richtung Scheinvertrag vorgelegen sein müsse. Es hätte marktwirtschaftlich nachvollziehbare Argumente gegeben, die den Vorsatz auf Scheingeschäft ausschließen würden. Im Revisionsfall sei auf den Einzelfall abzustellen und keine Verbindung zu den anderen Gesellschaften der K Gruppe herzustellen. Zudem sei die K GmbH in ihrem gemäß Art. 47 GRC gewährleisteten Recht auf angemessene Verfahrensdauer verletzt. Die Rechtsfolgen bei Verstoß gegen diese Verpflichtung durch Gerichte im Abgabenverfahren sei nicht geklärt.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Die Revision macht zunächst einen Begründungsmangel geltend. Ein Begründungsmangel führt nur dann zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, wenn durch diesen Mangel die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird (vgl. z.B. VwGH 24.8.2023, Ra 2023/13/0052, mwN). Dass dies hier der Fall wäre, ist nicht erkennbar.
12 Die Revision führt zwar zutreffend aus, dass das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts nicht den formalen Erfordernissen an eine Gliederung in Sachverhalt, Beweiswürdigung und rechtlicher Beurteilung entspricht. Die Sachverhaltsfeststellungen sowie die Beweiswürdigung finden sich vielmehr disloziert unter der Überschrift „Rechtliche Beurteilung des Sachverhalts“. In diesem Teil des Erkenntnisses werden aber ausführliche Feststellungen und beweiswürdigende Erwägungen getroffen, die darlegen, von welchem Sachverhalt das Bundesfinanzgericht ausgegangen ist und wieso es zu diesen Annahmen gekommen ist. Zudem enthält das Erkenntnis die Ausführungen dazu, wie das Bundesfinanzgericht zu der rechtlichen Beurteilung gelangt ist, dass ein Anwendungsfall des § 11 Abs. 14 UStG 1994 vorliegt. Dass eine nachfolgende Überprüfung oder Rechtsverfolgung durch die Partei nicht möglich wäre, ist somit nicht richtig.
13 Wenn die Revision eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 23 BAO moniert, ist darauf zu verweisen, dass das Bundesfinanzgericht sich nicht auf § 23 BAO gestützt hat. Zudem verabsäumt es die Revision aufzuzeigen, von welcher „herrschenden“ Rechtsprechung das Bundesfinanzgericht abgewichen ist. Es reicht nicht aus, eine Abweichung von der Rechtsprechung zu behaupten, ohne entsprechende Judikatur zu benennen (vgl. VwGH 12.11.2021, Ra 2019/13/0125).
14 Das Bundesfinanzgericht ist davon ausgegangen, dass kein ernsthafter Leistungswille seitens der Vertragspartner EC GmbH Co KG und der K GmbH vorgelegen hat und daher kein Gutglaubensschutz in Bezug auf die Rechnungsberichtigungen besteht. Es hat sich auch damit auseinandergesetzt, dass die abgeschlossenen Immobilienverträge grundsätzlich ein plausibles Geschäftsmodell darstellen könnten, aber allein deswegen noch keinen Beleg über den ernsthaften Leistungswillen und einen Gutglaubensschutz vermitteln könnten. Aufgrund der Einbindung dieses Geschäftsmodells in eine Gesamtkonzeption, die bereits in anderen Fällen rechtskräftig als Scheingeschäft erkannt wurde, ging das Bundesfinanzgericht davon aus, dass auch im Fall der K GmbH von keinem guten Glauben und einem Scheingeschäft auszugehen sei. Gegen all das wendet sich die Revision nicht. Wenn sie in dem Zusammenhang lediglich vorbringt, das Geschäft der K GmbH sei isoliert zu betrachten, obwohl nach den unwidersprochenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts die Verträge im Rahmen eines Gesamtkonzepts erstellt worden sind, bleibt sie eine Begründung dafür schuldig.
15 Wenn die Revision einen Verstoß gegen Art 47 GRC wegen überlanger Verfahrensdauer moniert, ist darauf zu verweisen, dass mit diesem Vorbringen nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses dargetan werden kann (vgl. VwGH 9.6.2023, Ra 2023/13/0042). Zur Gewährleistung einer angemessenen Verfahrensdauer stehen die Rechtsbehelfe der Säumnisbeschwerde und des Fristsetzungsantrages zur Verfügung (vgl. VwGH 14.6.2022, Ra 2022/10/0075, mwN). Solche Säumnisbehelfe hat die K GmbH nicht ergriffen.
16 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 25. März 2024
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