Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Mag. I. Zehetner als Richter und Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 27. Oktober 2021, LVwG 413058/26/KH, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Perg; mitbeteiligte Partei: J W in E, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg (im Folgenden: die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde) vom 28. August 2018 wurde der Mitbeteiligte der vierfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 zweites Tatbild iVm. § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz GSpG schuldig erkannt. Es wurden über ihn vier Geldstrafen (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt, weil er im Zeitraum vom 1. bis 3. Februar 2017 die mit (näher bezeichneten) Eingriffsgegenständen ermöglichten Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen in einem näher genannten, vom Verein Ö (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof) betriebenen Lokal organisiert habe, indem er gegen Entgelt die Aufstellung der Glücksspielgeräte „durch entsprechende Vermittlungsverhandlungen wie Mietvereinbarungen“ für die U s.r.o. und notwendige Vorbereitungsarbeiten ermöglicht habe. Begründend führte die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde u.a. aus, der Mitbeteiligte habe „in selbständiger Weise nach mündlicher Vereinbarung mit der U s.r.o. Aufstellungsplätze für Glücksspielgeräte organisiert und vereinbart“.
2 Mit Erkenntnis vom 2. Mai 2019 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die dagegen vom Mitbeteiligten erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung (mit einer hier nicht weiter relevanten Maßgabe) als unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und verpflichtete den Mitbeteiligten zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens (Spruchpunkt II.).
3 Diese Entscheidung hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14. Juni 2021, Ra 2019/17/0067, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf. Zur Begründung führte der Verwaltungsgerichtshof nach Auseinandersetzung mit den einzelnen Tatbildern des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG und näheren Überlegungen zur Auslegung des vom Verwaltungsgericht herangezogenen zweiten Tatbilds des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG aus:
„Der Organisator verbotener Ausspielungen richtet diese planmäßig und eigenverantwortlich ein, er ist also die treibende Kraft bzw. der führende Kopf von verbotenen Ausspielungen nach § 2 Abs. 4 GSpG. Vom Veranstalter unterscheidet den Organisator, dass Ersterer unmittelbar auch das Risiko des Gewinnes und des Verlustes aus den Ausspielungen trägt.
Es bedarf somit zur Beurteilung einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 zweites Tatbild GSpG präziser Feststellungen, durch welches konkrete Verhalten ein Unternehmer, der nicht Veranstalter im Sinne des ersten Tatbilds dieser Gesetzesbestimmung ist, die Durchführung der verbotenen Ausspielungen im aufgezeigten Sinn bewirkt und veranlasst hat (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das bereits genannte Erkenntnis VwGH 7.7.2014, 2012/17/0049, zur Frage der Veranlassung der Aufstellung und des Betriebes von Glücksspielgeräten) und dass er nicht das Risiko des Gewinnes und des Verlustes aus den Ausspielungen getragen hat.
Entscheidend für die Erfüllung des zweiten Tatbilds sind also auf das Wesentliche zusammengefasst Tathandlungen, die auf die planmäßige und eigenverantwortliche Einrichtung verbotener Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG abzielen, ohne dass der Täter zugleich das unmittelbare Risiko von Gewinn und Verlust aus solchen Ausspielungen trägt. Der Organisator schafft somit den Plan dafür, dass verbotene Ausspielungen durchgeführt werden, und er sorgt für dessen Umsetzung.“
4 Der Verwaltungsgerichtshof führte weiters aus, dass ausgehend von dem gegen den Mitbeteiligten im Straferkenntnis erhobenen (und im Spruch des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts übernommenen) Vorwurf, verbotene Ausspielungen organisiert zu haben, indem er die Aufstellung von Glücksspielgeräten „durch entsprechende Vermittlungsverhandlungen wie Mietvereinbarungen für die U s.r.o. und notwendigen Vorbereitungsarbeiten ermöglicht“ habe, nicht ersichtlich sei, ob der Mitbeteiligte „in Umsetzung seines Planes verbotene Ausspielungen im Sinne des zweiten Tatbilds des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG ermöglicht habe, würden ihm doch lediglich Vermittlungs- und Vorbereitungshandlungen vorgeworfen, die unter das vierte Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG subsumiert werden könnten, „was das Verwaltungsgericht im fortzusetzenden Verfahren zu prüfen haben wird“.
5 Im fortgesetzten Verfahren erging das nunmehr angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich, mit dem dieses der Beschwerde stattgab, das Straferkenntnis vom 28. August 2018 aufhob und das Verwaltungsstrafverfahren einstellte.
6 In seiner Begründung führte das Landesverwaltungsgericht aus, dass der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 14. Juni 2021, Ra 2019/17/0067, den Begriff „organisiert“ dahingehend ausgelegt habe, „dass der Beschuldigte den Plan dafür schafft, dass verbotene Ausspielungen durchgeführt werden und für dessen Umsetzung sorgt“. Dabei richte der Organisator verbotener Ausspielungen diese planmäßig und eigenverantwortlich ein, sei somit treibende Kraft bzw. führender Kopf verbotener Ausspielungen. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hätten „keine über die bereits festgehaltenen Sachverhaltselemente hinausgehende Feststellungen hinsichtlich der Tätigkeiten des [Mitbeteiligten] im Hinblick auf eine mögliche Verwirklichung des zweiten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG getroffen werden“ können. Insbesondere habe nicht festgestellt werden können, dass der Mitbeteiligte „über die von ihm angegebenen Tätigkeiten hinaus als Organisator von verbotenen Ausspielungen bei den von ihm gesetzten Handlungen in größerem Rahmen als von ihm angegeben eigenverantwortlich bzw. nach einem in seinem Einflussbereich liegenden Plan vorgegangen wäre“. Ebenso wenig habe festgestellt werden können, dass er „vorliegend eine über die von ihm durchgeführten Tätigkeiten hinausgehende führende Rolle hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Ausspielungen eingenommen hätte“, dass er somit „die treibende Kraft bzw. der führende Kopf der verfahrensgegenständlichen verbotenen Ausspielungen im Sinn des erwähnten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 2021 gewesen wäre“.
7 Folglich habe die dem Mitbeteiligten im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegte Verwaltungsstraftat nicht erwiesen werden können und sei „dieses daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen“ gewesen.
8 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
9 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision des Bundesministers für Finanzen, über die der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren einleitete. Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 Die Revision erweist sich bereits mit ihrem Vorbringen als zulässig, dass das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine Verpflichtung der Verwaltungsgerichte zur Präzisierung der rechtlichen Grundlage der Bestrafung bestehe, sofern es dadurch nicht zum Austausch der Tat komme, abgewichen sei.
12 Die Revision ist aus diesem Grund auch berechtigt.
13 Die maßgeblichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes GSpG, BGBl. Nr. 620/1989, § 2 Abs. 1 und 4 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010, § 52 Abs. 1 Z 1 in der Fassung BGBl. I Nr. 118/2016, lauten (auszugsweise):
„Ausspielungen
§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele,
1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und
2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und
3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).
(2) Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.
Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs. 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind.
...
(4) Verbotene Ausspielungen sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.
...
Verwaltungsstrafbestimmungen
§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,
1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt; ...“
14 Der mit dem Straferkenntnis der belangten Behörde vom 28. August 2018 gegen den Mitbeteiligten erhobene Vorwurf war, dass dieser im Zeitraum vom 1. bis 3. Februar 2017 die mit (näher bezeichneten) Eingriffsgegenständen ermöglichten Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen in einem näher genannten, vom Verein Ö betriebenen Lokal organisiert habe, indem er gegen Entgelt die Aufstellung der Glücksspielgeräte „durch entsprechende Vermittlungsverhandlungen wie Mietvereinbarungen“ für die U s.r.o. und notwendige Vorbereitungsarbeiten ermöglicht habe.
15 Wie das Landesverwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, ergibt sich aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 14. Juni 2021, Ra 2019/17/0067, dass dann, wenn „Tathandlungen, die auf die planmäßige und eigenverantwortliche Einrichtung verbotener Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG abzielen, ohne dass der Täter zugleich das unmittelbare Risiko von Gewinn und Verlust aus solchen Ausspielungen trägt“ nicht vorliegen, keine Subsumtion unter das zweite Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfolgen kann. Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof zusätzlich bezogen auf den im Straferkenntnis der belangten Behörde vom 28. August 2018 erhobenen Tatvorwurf ausgeführt, dass mit diesem Vorwurf „Vermittlungs- und Vorbereitungshandlungen“ angelastet worden sind, „die unter das vierte Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG subsumiert werden könnten, was das Verwaltungsgericht im fortzusetzenden Verfahren zu prüfen haben wird“.
16 Dass das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis wie der Mitbeteiligte dies in der Revisionsbeantwortung vorbringt „sehr wohl auch geprüft“ habe, ob der Mitbeteiligte „einen Verstoß gegen § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG zu verantworten hat“, geht aus dem angefochtenen Erkenntnis nicht hervor. In dessen rechtlicher Beurteilung wird ausschließlich die Qualifikation des Tatvorwurfs unter dem Gesichtspunkt der für die Verwirklichung des zweiten Tatbilds des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG maßgeblichen Voraussetzungen behandelt und allein aus deren Nichterfüllung der Schluss gezogen, dass die dem Mitbeteiligten „im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegte Verwaltungsstraftat nicht erwiesen werden“ könne und dieses daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen sei.
17 Nach der in der Revision zutreffend ins Treffen geführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat jedoch der Umstand, dass die belangte Behörde im Straferkenntnis eine unzutreffende Strafbestimmung gewählt hat, als solcher nicht zur Folge, dass das Verwaltungsgericht das Strafverfahren einzustellen hat. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht diesfalls berechtigt und verpflichtet, seine rechtliche Qualifikation an die Stelle jener der Verwaltungsbehörde zu setzen (vgl. VwGH 28.2.2001, 2000/03/0350). Nach der Rechtsprechung ist eine Präzisierung der rechtlichen Grundlage der Bestrafung (Angabe der verletzten Verwaltungsbestimmung und angewendeten Strafnorm) zulässig (und geboten), wenn es nicht zu einem „Austausch der Tat“ durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts kommt (VwGH 5.9.2013, 2013/09/0065; 27.2.2015, 2011/17/0131). Dass es im Zusammenhang mit der im ersten Rechtsgang bereits im aufhebenden Erkenntnis vom 14. Juni 2021, Ra 2019/17/0067, erwähnten Prüfung der Subsumtion des von der belangten Behörde gegenüber dem Mitbeteiligten erhobenen Tatvorwurfs unter das vierte Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zu einem Austausch der Sache käme, ist nicht zu sehen.
18 Das Verwaltungsgericht wird daher diese Prüfung, allenfalls nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens, vorzunehmen haben. Da es diese unterlassen hat, war das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 22. Oktober 2023
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