Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der A GmbH Co KG in B, vertreten durch die Matt Anwälte OG in 6900 Bregenz, Belruptstraße 22, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 20. Dezember 2021, LVwG 408 37/2021 R7, betreffend Vergütung für Verdienstentgang nach dem Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die revisionswerbende Partei betreibt in Klösterle, im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Bludenz (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde), einen Gastronomiebetrieb.
2 Mit dem im Beschwerdeverfahren ergangenen angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg den Antrag der revisionswerbenden Partei auf Zuerkennung einer Vergütung des Verdienstentgangs nach § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) für den Zeitraum 16. März 2020 bis 13. April 2020 als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte es für nicht zulässig.
3 Dagegen erhob die revisionswerbende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 29. April 2022, E 131/2022, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
4 In der Folge wurde die vorliegende außerordentliche Revision erhoben, die sich als unzulässig erweist.
5 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die revisionswerbende Partei sieht die Zulässigkeit ihrer Revision zunächst deshalb für gegeben an, weil keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vorliege, ob auch de facto aufgrund einer epidemiegesetzlichen Betriebsschließung eines Seilbahnbetriebs geschlossene Gastronomiebetriebe Anspruch auf Vergütung des Verdienstentgangs haben.
8 Die Frage, ob die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG vorliegen, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage mittlerweile durch den Verwaltungsgerichtshof geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. VwGH 9.3.2022, Ra 2021/09/0159, mwN).
9 Eine solche Situation ist im vorliegenden Fall gegeben: Im Erkenntnis vom 28. Februar 2022, Ra 2021/09/0229, hat der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung ausgeführt, dass eine bloß mittelbare Auswirkung der durch Verordnung verfügten Maßnahme der Schließung von Seilbahnen und Beherbergungsbetrieben auf Gastgewerbebetriebe zu keinem eigenen Vergütungsanspruch nach § 32 EpiG führt. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen.
10 Zur Zulässigkeit der Revision wird überdies vorgebracht, dass sich das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung maßgeblich auf § 3 COVID 19 Maßnahmenverordnung-96 gestützt habe. Im Hinblick auf die zu dieser Bestimmung ergangenen Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes liege eine fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, welche Rechtsfolge eine grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Epidemiegesetzes fallende, aber auf eine alternative gesetzliche Grundlage gestützte behördliche Maßnahme auslöse, wenn die alternative gesetzliche Grundlage nachträglich wegfalle.
11 Der Verfassungsgerichtshof hat mit den Erkenntnissen vom 1. Oktober 2020, V 405/2020-14, sowie vom 29. September 2021, V 188/2021 11, ausgesprochen, dass § 3 der COVID 19 Maßnahmenverordnung 96 (sowohl in der Stammfassung BGBl. II Nr. 96/2020 als auch in der Fassung BGBl. II Nr. 130/2020) gesetzwidrig war und dass diese Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist. Die revisionswerbende Partei übersieht, dass der Verfassungsgerichtshof nicht die Grundlage, auf der die Verordnung erlassen worden war, aufgehoben hat, sodass wie offenbar die revisionswerbende Partei dies vermeint eine neue Grundlage für die Verordnung gesucht (und im Epidemiegesetz 1950 gefunden) werden könnte. Der Verfassungsgerichtshof hat in Bezug auf die Verordnung selbst (also die Maßnahme an sich) ausgesprochen, dass sie gesetzwidrig war und nicht etwa eine Umdeutung der Verordnung in Richtung EpiG vorgenommen.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 1. September 2022
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