Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätin Mag. Hainz Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision der Die H GmbH, vertreten durch Hon. Prof. Dr. Clemens Thiele, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Oktober 2022, Zl. W252 2239457 1/7E, betreffend eine datenschutzrechtliche Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Datenschutzbehörde; mitbeteiligte Partei: DI M O; weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
1 1. Der Mitbeteiligte brachte am 5. August 2020 bei der belangten Behörde eine gegen die Revisionswerberin gerichtete Datenschutzbeschwerde ein. Darin führte er aus, dass die Revisionswerberin ein Hotel betreibe und ein Werbe E Mail an ihn versandt habe. Daraufhin habe er ein Auskunftsersuchen an die Revisionswerberin gestellt. Diese habe per E Mail geantwortet, dass die Daten des Mitbeteiligten bereits gelöscht worden seien.
2 In ihrer Stellungnahme vom 16. September 2020 gab die Revisionswerberin an, das Hotel kurz vor Beginn der Covid 19 Pandemie übernommen zu haben. Auf Grund zahlreicher Stornierungen habe sie als Werbemaßnahme einen Newsletter an alle ehemaligen Gäste versandt. Dazu sei die Adresskartei der Hotelsoftware verwendet worden, die die Revisionswerberin bei der Übernahme des Hotels erhalten habe. Die Daten des Mitbeteiligten seien nach dessen Kontaktaufnahme aus allen Kontaktadressbüchern und dem Reservierungssystem gelöscht worden. Es könne nun nicht mehr nachvollzogen werden, wann sich der Mitbeteiligte registriert bzw. in die Datenverarbeitung eingewilligt habe.
3 Mit Bescheid vom 30. Dezember 2020 gab die belangte Behörde der Datenschutzbeschwerde statt und stellte fest, dass die Revisionswerberin den Mitbeteiligten in seinem Recht auf Auskunft verletzt habe, indem sie nach Eingang des Auskunftsbegehrens dessen personenbezogene Daten gelöscht habe.
4 2.1. Die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wies das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 3. Oktober 2022 als unbegründet ab.
Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
5 2.2. In der Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Löschung von Daten nach Einlangen eines Auskunftsbegehren dem Grundsatz der Verarbeitung nach Treu und Glauben nach Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO und der Rechenschaftspflicht nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO widerspreche.
6 Grundsätzlich gelte im Fall des Vorliegens von spezialgesetzlichen Auskunfts und Einsichtsrechten, dass das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO nur subsidiär ausgeübt werden könne. § 107 TKG 2003 räume aber entgegen dem Beschwerdevorbringen der Revisionswerberin gerade kein Auskunftsrecht ein, sondern lediglich ein Widerrufsrecht hinsichtlich einer erteilen Einwilligung in die Zusendung elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung bzw. ein diesbezügliches Ablehnungsrecht. Dieses kollidiere nicht mit dem Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO.
7 Die Revisionswerberin habe nach eigenen Angaben zum Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens noch Daten des Mitbeteiligten verarbeitet, weil sie diese erst in Reaktion auf das Auskunftsbegehren gelöscht habe. Das Auskunftsbegehren sei somit nicht im Sinn des Art. 15 DSGVO erfüllt worden. Vielmehr habe die Revisionswerberin durch die Löschung der personenbezogenen Daten die Beauskunftung verunmöglicht. Dadurch sei der Mitbeteiligte von der Revisionswerberin in seinem Recht auf Auskunft verletzt worden, weshalb die belangte Behörde die Rechtsverletzung zu Recht festgestellt habe.
8 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
9 4.1. Die belangte Behörde erstattete im eingeleiteten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragte, die Revision als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen, in eventu die Revision zurückzuweisen, in eventu die Revision als unbegründet abzuweisen.
10Die belangte Behörde führte dazu aus, dass die Revisionswerberin am 17. April 2024 infolge Vermögenslosigkeit gemäß § 40 Firmenbuchgesetz (FBG) aus dem Firmenbuch gelöscht worden sei. Damit bestünden angesichts näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Zweifel, ob die Revisionswerberin weiterhin über Rechtssubjektivität verfüge.
11 4.2.Nach der (von der belangten Behörde ins Treffen geführten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wirkt die Löschung einer GmbH im Firmenbuch insofern nur deklarativ, als sie nicht zum Verlust der Parteifähigkeit führt, solange Vermögen vorhanden ist. Die Rechtssubjektivität einer wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH besteht solange fort, als noch ein Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind und diese Abgabenfestsetzung zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann, etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugssteuern oder Vorsteuern (vgl. VwGH 30.5.2023, Ra 2023/16/0047, Rn. 16, mwN).
12 4.3. Die Revisionswerberin hat im Rahmen des ihr eingeräumten Parteiengehörs zum Vorbringen der belangten Behörde mitgeteilt, dass der Rechtsanspruch des Mitbeteiligten gemäß Art. 15 DSGVO nach wie vor unerledigt sei. Damit sei ein Rechtsverhältnis zu einem Dritten im Sinn der erwähnten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht abgewickelt. Die Parteifähigkeit der Revisionswerberin stehe somit nicht in Zweifel. Den nach wie vor bestehenden Auskunftsanspruch des Mitbeteiligten gestehe auch die belangte Behörde zu, indem sie in der Revisionsbeantwortung ausführe, dass sich die ausschließlich nach Art. 15 DSGVO zu beurteilenden Auskunftsrechte über die verarbeiteten Daten nicht in der Löschung erschöpfen könnten. Vielmehr seien die Auskunftsrechte vom Verantwortlichen nach wie vor zu gewährleisten und damit zu erfüllen.
13 4.4. Mit diesem Vorbringen wird nicht aufgezeigt, dass die Revisionswerberin trotz ihrer im Firmenbuch ersichtlich gemachten Löschungnoch über Vermögen verfüge oder dass noch ein Abwicklungsbedarf bestehe, der die Rechtssubjektivität der GmbH begründen könnte. Auch liegt durch das von der Revisionswerberin hier ins Treffen geführte offene datenschutzrechtliche Verfahren kein Abwicklungsbedarf im Sinn der dargelegten hg. Rechtsprechung vor, weil dieses Verfahren weder direkt noch indirekt ein abwickelbares Aktivvermögen der GmbH betrifft (vgl. VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035). Auch kann es zu keinem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen (vgl. nochmals VwGH 30.5.2023, Ra 2023/16/0047, Rn. 19). So räumt die Revisionswerberin in ihrer Stellungnahme selbst ein, dass es sich bei einer Verletzung im Recht auf Datenschutz um höchstpersönliche Ansprüche handle, die nicht vermögensrechtlicher Natur und daher einer Bewertung nicht zugänglich seien.
14 Damit ist vorliegenden Fall vom Untergang der Rechtspersönlichkeit der Revisionswerberin auszugehen.
15 5.Die Revision war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Wien, am 26. November 2025
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