Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak, die Hofrätin Mag. Hainz Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision der Datenschutzbehörde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 2022, Zl. W258 2225375 1/9E, betreffend eine datenschutzrechtliche Angelegenheit (mitbeteiligte Partei: A L in W; weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Mandatsbescheid vom 7. August 2019 untersagte die Amtsrevisionswerberin (in einem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren) dem für eine näher bezeichnete Website verantwortlichen Mitbeteiligten mit sofortiger Wirkung die Offenlegung von Bildern einer Überwachungskamera (im Sinne der Verarbeitung personenbezogener Daten) zum Zweck der Ausforschung mutmaßlicher Straftäter auf dieser Website.
2 Dagegen erhob der Mitbeteiligte Vorstellung.
3 Mit Spruchpunkt 2. des Vorstellungsbescheides vom 24. Oktober 2019 bestätigte die Amtsrevisionswerberin den Mandatsbescheid vom 7. August 2019. Unter einem stellte sie fest, dass die Überwachungskamera des Mitbeteiligten den öffentlichen Bereich in unzulässiger Weise erfasse und somit über das erforderliche Maß hinausgehe (Spruchpunkt 3.), trug ihm auf, innerhalb einer Frist von einer Woche bei sonstiger Exekution den Aufnahmebereich der Überwachungskamera in näher genannter Weise zu beschränken (Spruchpunkt 4.) sowie innerhalb einer Frist von einer Woche entsprechende Nachweise über die zur Umsetzung der Spruchpunkte 2. und 4. getroffenen Maßnahmen zu übermitteln (Spruchpunkt 5.). Ferner schloss die Amtsrevisionswerberin die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aus (Spruchpunkt 6.).
4 Gegen diese Spruchpunkte des Vorstellungsbescheids erhob der Mitbeteiligte Beschwerde.
5 Mit Erkenntnis vom 19. September 2022 gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) dieser Beschwerde Folge und änderte den Vorstellungsbescheid dahingehend ab, „dass die Spruchpunkte 3. bis 6. entfallen und es im Spruchpunkt 2. zu lauten hat: ‚2. Der Mandatsbescheid vom 07.08.2019 [...] wird ersatzlos behoben.‘“ Die Revision erklärte das BVwG für nicht zulässig.
6 Begründend führte das BVwG soweit für das Revisionsverfahren maßgeblich aus, der Mitbeteiligte sei zwischenzeitig rechtskräftig zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und es sei seine Unterbringung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet worden; die (näher bezeichnete) relevante Website existiere nicht mehr; das zu dieser Website gehörende Geschäftslokal sei geschlossen. Aufgrund dieser zu berücksichtigenden Sachverhaltsänderungen sei es nicht mehr erforderlich, die Offenlegung der eingangs erwähnten Bilder zu untersagen.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Entscheidungen nicht ausreicht. Ebenso reicht auch die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. etwa VwGH 20.9.2021, Ra 2017/11/0217, Rn. 19, mwN).
12 Die Amtsrevisionswerberin bringt zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision vor, das angefochtene Erkenntnis weiche vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes 2001/09/0072 ab, weil das Verwaltungsgericht wie noch im Detail ausgeführt werdeausschließlich das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 57 Abs. 1 AVG in dem Zeitpunkt, in dem der Mandatsbescheid erlassen worden sei, zu prüfen gehabt hätte.
13 Dieses Vorbringen erfüllt die erwähnten Zulässigkeitskriterien schon deshalb nicht, weil die Amtsrevisionswerberin nicht konkret darlegt, dass der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt dem von ihr angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 2001, 2001/09/0072, betreffend eine Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz und den Zeitpunkt, auf welchen Zustand sich die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Objektes zu beziehen habe, gleicht und inwiefern das Verwaltungsgericht im Revisionsfall dennoch anders entschieden habe. Die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu einer hg. Entscheidung bzw. die bloße Nennung einer hg. Entscheidung nach Datum und Geschäftszahl reicht dazu nach dem Gesagten nicht aus.
14Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Prozessgegenstand des Vorstellungsverfahrens der Mandatsbescheid, der durch den Vorstellungsbescheid ersetzt wird. Trotz Fehlens einer dem § 66 Abs. 4 AVG entsprechenden ausdrücklichen Bestimmung für das Vorstellungsverfahren ist auch die Behörde, die über eine Vorstellung nach § 57 Abs. 2 AVG zu entscheiden hat, berechtigt und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen verpflichtet, das Mandat in jeder Richtung, daher in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nach der im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides nach § 56 AVG bestehenden Sach- und Rechtslage zu überprüfen, allerdings nur im Rahmen dessen, was „Sache“ des Mandatsbescheides gewesen ist (vgl. allgemein zum Prozessgegenstand des Vorstellungsverfahrens etwa VwGH 13.12.2023, Ra 2021/16/0090, Rn. 20, mwN).
15Die Amtsrevisionswerberin ist im verfahrensgegenständlichen Vorstellungsbescheid vom 24. Oktober 2019 selbst davon ausgegangen, dass die Behörde in einem gemäß § 57 Abs. 3 AVG einzuleitenden Ermittlungsverfahren nicht mehr an den Mandatsbescheid gebunden sei und neue Verfahrensergebnisse in die Beurteilung einbeziehen könne. Die Revision vermag daher mit der Zulässigkeitsbegründung, die sich auf das Verkennen des Abstellens auf den Zeitpunkt des Mandatsbescheids selbst bezieht, im Hinblick auf den in der Folge ergangenen Vorstellungsbescheid keine Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B VG aufzuzeigen, von der die Entscheidung über die Revision abhängt.
16Soweit die Revision in der Zulässigkeitsbegründung schließlich mit der Formulierung „wie noch im Detail ausgeführt wird“ auf die nachfolgenden Revisionsgründe verweist, ist darauf hinzuweisen, dass ein Verweis auf die sonstigen Ausführungen der Revision nicht genügt, um dem Erfordernis, gesondert die Gründe zu nennen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, Rechnung zu tragen (vgl. etwa VwGH 26.9.2017, Ra 2017/04/0067 bis 0070, Rn. 18, mwN).
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 31. Oktober 2024
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