Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger sowie den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Derfler, über die Revision der Mag. pharm. A H in W, vertreten durch die Metzler Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 28. Dezember 2020, Zlen. 1. LVwG 050141/32/MK/GSc und 2. LVwG 050172/2/MK/GSc 050175/2, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gmunden; mitbeteiligte Parteien: 1. Mag. pharm. B S, „S Apotheke“, 2. „S Apotheke“ Mag. pharm. K S KG, 3. „T Apotheke“ Mag. H KG, alle in G, und 4. „H Apotheke“ Mag. K KG in L, alle vertreten durch Prof. Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nußdorfer Straße 10 12, 5. Mag. pharm. U D, „S Apotheke“, in A, 6. Mag. pharm. Dr. A H, „L Apotheke“, in A, 7. „A Apotheke“ Mag. pharm. V KG in V, und 8. Mag. pharm. H F, „A Apotheke“, in V), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 sowie den erst- bis viertmitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der erst- bis viertmitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 28. Dezember 2020 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) im Beschwerdeverfahren einen Antrag der Revisionswerberin auf Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden Apotheke mit einer bestimmt bezeichneten Betriebsstätte und näher umschriebenem Standort in G. gestützt auf § 10 Apothekengesetz (ApG) ab, wobei es die Revision gegen diese Entscheidung nicht zuließ.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht soweit für das gegenständliche Revisionsverfahren von Interesse aus, dass aufgrund der Unterschreitung des Mindestversorgungspotentials zweier bereits bestehender Apotheken ein Bedarf nach § 10 Abs. 2 Z 3 ApG nicht gegeben sei. Im Fall der Bewilligung der beantragten Apotheke würde sich infolge des Betriebs an diesem Standort wie sich aus dem eingeholten Bedarfsgutachten der Österreichischen Apothekerkammer vom 30. Oktober 2018 (in seiner Variante 2, die die Betriebsstättenverlegung der S Apotheke berücksichtigt) samt den nachfolgenden ergänzenden Stellungnahmen der Österreichischen Apothekerkammer ergebe das verbleibende Versorgungspotential der von der erstmitbeteiligten Partei betriebenen S Apotheke auf 3.960 weiterhin zu versorgende Personen und der von der viertmitbeteiligten Partei betriebenen H Apotheke auf 4.795 weiterhin zu versorgende Personen verringern. Bei der S Apotheke in G. handle es sich um die zur beabsichtigten Betriebsstätte der Revisionswerberin nächstgelegene Apotheke mit einer Entfernung von ca. 900 m. Die nördlich von der geplanten Betriebsstätte in der Gemeinde L. gelegene H Apotheke sei ca. 7 km entfernt. Im näheren Umkreis der von der Revisionswerberin beabsichtigten Betriebsstätte befänden sich noch weitere (namentlich genannte) Apotheken der übrigen mitbeteiligten Parteien.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.
4 In dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren erstattete die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision beantragte. Die erst- bis viertmitbeteiligten Parteien erstatteten eine gemeinsame Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragten.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 und 3 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, in jeder Lage des Verfahrens mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision (gesondert) vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, inwiefern bei der apothekenrechtlichen Bedarfsprüfung im Rahmen der Beurteilung, ob es sich bei der Standortgemeinde um ein Fremdenverkehrszentrum handelt, zusätzlich zu den Fremdennächtigungen auch Tages-, Veranstaltungs- und Hochzeitstouristen zu berücksichtigen seien. Wie dem Verwaltungsgericht von der Revisionswerberin im Verfahren zur Kenntnis gebracht worden sei, gehe aus der Tourismusstatistik des Landes Oberösterreich hervor, dass im Kalenderjahr 2018 neben den 94.301 (gemeint wohl: 94.321) Nächtigungen zusätzlich 44.044 Ankünfte verzeichnet worden seien. Weiters sei das Verwaltungsgericht jedenfalls von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 14.12.2007, 2005/10/0228) abgewichen, weil das Verwaltungsgericht danach entsprechende Feststellungen zu den Gegebenheiten des konkreten Falls, somit zu den vorgebrachten Fakten zu den Tages-, Veranstaltungs- und Hochzeitstouristen, hätte treffen müssen. Weiters fehle Rechtsprechung zur Frage, ob eine dichte Agglomeration an Ärzten in einem Bezirkszentrum (wie hier in G. in unmittelbarer Nähe zur S Apotheke) eine „Einrichtung“ iSd § 10 Abs. 5 ApG darstelle, die bei der apothekenrechtlichen Bedarfsprüfung berücksichtigt werden müsse.
9 Das Verwaltungsgericht sei auch von der VwGH-Rechtsprechung zur Anwendung der Divisionsmethode abgewichen (Hinweis auf VwGH 19.3.2002, 2001/10/0114 und 0136), weil es nicht erkannt habe, dass es sich um einen jener Ausnahmefälle handle, der die divisionelle Prüfung der beiden weniger als 500 m voneinander entfernt liegenden Innenstadtapotheken (S Apotheke und Z Apotheke) rechtfertige. Allein die Standortverlegung der S Apotheke habe daran nichts geändert, weil es nach wie vor von der zufälligen Wahl der Zufahrtsstraße abhänge, welche der bestehenden Innenstadt Apotheken aufgesucht werde. Die österreichische Apothekerkammer habe in ihrem Gutachten unter Außerachtlassung der Betriebsstättenverlegung der S Apotheke (Variante 1) einen Anwendungsfall des § 10 Abs. 6a ApG bejaht, obwohl den relevanten umliegenden Apotheken (S Apotheke und Z Apotheke) ein Versorgungspotential jeweils unter 5.500 verblieben wäre. Ob ein attestierter, objektiver Verbesserungseffekt „rund um“ eine neue Apotheke dadurch konsumiert werde, dass in entgegengesetzter Richtung eine bestehende Apotheke geringfügig heranrücke, sei vom Verwaltungsgerichtshof ungeklärt.
10 Schließlich habe das Verwaltungsgericht verabsäumt, der Revisionswerberin die Möglichkeit zu bieten, sich zu den Ermittlungsergebnissen hinsichtlich des Streckennetzes der neu geschaffenen Lokal(straßen)bahn (zu ergänzen: zwischen G. und V.) und hinsichtlich all jener „Faktoren, die in der Bedarfsprüfung hätten berücksichtigt werden müssen“, die aber mit der Begründung verworfen worden seien, es stünden keine Daten zur Verfügung, zu äußern. Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht festgestanden sei, hätte das Verwaltungsgericht auch die von der Revisionswerberin beantragte mündliche Verhandlung zu den hier relevanten Sachverhaltsfragen zur korrekten Einbeziehung und Berücksichtigung von Einflutern durchführen müssen. Indem das Verwaltungsgericht keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe, sei es von der maßgeblichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen (Hinweis auf VwGH 10.9.2015, Ra 2015/09/0053; 20.11.2014, Ra 2014/07/0052).
11 Soweit im Zulässigkeitsvorbringen die Frage aufgeworfen wird, ob ein in der Variante 1 des Gutachtens der Österreichischen Apothekerkammer unter Berufung auf § 10 Abs. 6a ApG attestierter, objektiver Verbesserungseffekt „rund um“ eine neue Apotheke dadurch konsumiert werde, dass in entgegengesetzter Richtung eine bestehende Apotheke geringfügig heranrücke, ist die Revisionswerberin darauf zu verweisen, dass lediglich die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses betreffend Apothekenkonzession noch nicht vollzogene Verlegung der Betriebsstätte der Apotheke unbeachtlich ist (VwGH 30.1.2020, Ra 2020/10/0013; 18.3.2015, Ra 2015/10/0013; jeweils mwN). Wie sich den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses entnehmen lässt, wurde die Betriebsstätte der S Apotheke in G. mit Dezember 2018 verlegt, weshalb das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung die Verlegung der S Apotheke zu berücksichtigen hatte. Die Ausführungen der Variante 1 des Gutachtens der Österreichischen Apothekerkammer, die von der ursprünglichen (noch nicht verlegten) Betriebsstätte der S Apotheke ausgegangen waren, wurden der angefochtenen Entscheidung daher zu Recht nicht zugrunde gelegt (vielmehr liegt dem angefochtenen Erkenntnis, wie eingangs erwähnt, die Variante 2 zugrunde).
12 Ausgangspunkt für die Prüfung, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist gemäß § 41 VwGG zunächst grundsätzlich der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber wie hier in Bezug auf die Verlegung der S Apotheke bei der Darlegung der Zulässigkeit seiner Revision von diesem Sachverhalt, ohne weitere Gründe im Sinn des § 41 VwGG zu relevieren, liegt schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. etwa VwGH 10.3.2022, Ro 2021/06/0014; 10.7.2020, Ra 2020/01/0203, mwN).
13 Die weiteren im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung aufgeworfenen Rechtsfragen betreffen die Berechnung des Versorgungspotentials der S Apotheke: Diese liegt in G., das im Jahr 2018 94.321 Nächtigungen bei 13.158 Einwohnern verzeichnete, wohingegen die Standortgemeinde der H Apotheke, L., nach den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis bei einer Gesamteinwohnerzahl von 9.841 eine jährliche Nächtigungszahl von 5.615 aufwies. Neben der Berechnung der Einfluter aus dem Tourismus geht es im vorliegenden Fall bei der Frage der Berücksichtigung einer Konzentration an Fachärzten ebenfalls um das Versorgungspotential der S-Apotheke, gleiches gilt im Hinblick auf die Anwendung der Divisionsmethode, die sich auf die S Apotheke und die Z Apotheke in G. nicht aber auf die H Apotheke in L. bezieht. Die geltend gemachten Verfahrensmängel soweit sie ausreichend konkretisiert sind, betreffen sie Sachverhaltsfragen zur Berücksichtigung von Einflutern zielen ebenso auf das Versorgungspotential der S Apotheke ab.
14 Der Zulässigkeitsbegründung der Revision ist hingegen kein Vorbringen hinsichtlich der im gesamten Verfahren unstrittigen Verringerung des Versorgungspotentials der H Apotheke in L. auf unter 5.500 zu versorgende Personen zu entnehmen.
15 Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. etwa VwGH 14.10.2022, Ra 2022/10/0122; 29.9.2022, Ra 2022/10/0095).
16 Inwieweit das Schicksal der Revision von der Beantwortung der ausschließlich im Zusammenhang mit dem Versorgungspotential der S Apotheke stehenden Rechtsfragen abhängen sollte, wird mit Blick auf die weitere Feststellung des Verwaltungsgerichtes, wonach bei Errichtung der beantragten Apotheke auch von einer Verringerung des Versorgungspotentials der H Apotheke in L. auf 4.795 zu versorgende Personen, somit unter das Mindestversorgungspotential von 5.500, auszugehen sei, in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht dargetan.
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
18 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 49 Abs. 6 VwGG, in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren der erst- bis viertmitbeteiligten Parteien war abzuweisen, weil die geltend gemachte Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen nach dieser Verordnung bereits enthalten ist (VwGH 29.9.2021, Ra 2021/01/0214, mwN).
Wien, am 6. Februar 2023
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