Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulzbacher sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Thaler, über die Revision des Bundesministers für Inneres gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 20. August 2019, LVwG AV 1367/001-2018, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptfrau von Niederösterreich; mitbeteiligte Partei: F Q, vertreten durch Dr. Mario Züger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Aufwandersatz wird nicht zugesprochen.
1.1. Mit Bescheid vom 12. November 2018 wies die Landeshauptfrau von Niederösterreich den Antrag der Mitbeteiligten, einer afghanischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot Weiß Rot Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 lit. c NAG zum Zweck der Familienzusammenführung mit ihrem asylberechtigten Ehemann ab.
1.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 20. August 2019 gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der gegen den vorgenannten Bescheid erhobenen Beschwerde der Mitbeteiligten statt und erteilte dieser den beantragten Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten.
1.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die gegenständliche ordentliche Amtsrevision des Bundesministers für Inneres, zu der die Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung (samt Antrag auf Kostenersatz) erstattete.
2. Wie vom Verwaltungsgerichtshof erhoben wurde, hat die Mitbeteiligte nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet im Dezember 2019 umgehend einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Diesem Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 12. Mai 2020 stattgegeben. Die Mitbeteiligte lebt (soweit ersichtlich) als Asylberechtigte aufrecht gemeldet nach wie vor in Österreich.
3.1. Im Hinblick darauf teilte der Verwaltungsgerichtshof dem Revisionswerber unter Einräumung einer Äußerung mit Verfügung vom 24. Juli 2023 mit, dass die Amtsrevision mittlerweile als gegenstandslos geworden zu erachten sei.
3.2. Der Revisionswerber äußerte sich dahingehend, dass den Ausführungen zur Gegenstandslosigkeit nicht entgegengetreten werde.
4. Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, ist bei einer Revision nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 B VG unter einer Klaglosstellung gemäß § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eingetreten ist. Vielmehr liegt ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber - infolge Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art - kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung hat und somit materiell klaglos gestellt wurde (vgl. etwa VwGH 11.2.2019, Ra 2018/22/0016, Pkt. 2.1.; VwGH 23.1.2020, Ro 2019/15/0015, Rn. 9; je mwN). Diese Judikatur gilt auch für Fälle einer Amtsrevision (vgl. etwa VwGH 16.8.2017, Ro 2017/22/0005, Pkt. 4.1., mwN).
5. Das vorliegende Revisionsverfahren war daher wegen des nachträglichen Wegfalls des rechtlichen Interesses in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und einzustellen.
6. Wird eine Revision ohne formelle Aufhebung der angefochtenen Entscheidung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unter sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt, ist die Kostenentscheidung mangels formeller Klaglosstellung nicht gemäß § 55 VwGG, sondern gemäß § 58 Abs. 2 VwGG zu treffen (vgl. etwa VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0249, Rn. 10; neuerlich VwGH 23.1.2020, Ro 2019/15/0015, Rn. 11).
Im Hinblick darauf, dass die Frage des hypothetischen Schicksals der Revision nicht ohne nähere Prüfung zu lösen wäre und die Entscheidung über den von der Mitbeteiligten gestellten Kostenantrag daher einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Verwaltungsgerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG).
Wien, am 24. August 2023
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