Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der revisionswerbenden Partei Dr. M, Rechtsanwalt, seiner gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 1. März 2017, Zl VGW- 101/073/2706/2017-1, betreffend Vorarbeiten nach § 40a des Eisenbahngesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Landeshauptmann von Wien (Magistrat der Stadt Wien MA 64); mitbeteiligte Partei: Wiener Linien GmbH Co KG in Wien, vertreten durch Hasberger Seitz Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gonzagagasse 4), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Gemäß § 30 Abs 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
1 A. Mit Bescheid vom 7. Februar 2017 erklärte die vor dem Verwaltungsgericht belangte Verwaltungsbehörde auf Antrag der mitbeteiligten Partei gemäß § 40a des Eisenbahngesetzes 1957 eine Reihe von näher genannten Vorarbeiten auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien unter Zugrundelegung der schriftlichen Darstellung der Arbeiten (Beilage 3) und zweier Pläne (Beilagen 2 und 4) als zulässig (Spruchpunkt I.). Weiters wurde gemäß § 13 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer dagegen gerichteten Beschwerde ausgeschlossen (Spruchpunkt II.).
2 B. Mit Entscheidung vom 1. März 2017 gab das Verwaltungsgericht dem Antrag der revisionswerbenden Partei, seiner Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht statt und wies ferner in Bestätigung des verwaltungsbehördlichen Bescheides die dagegen gerichtete Beschwerde gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet ab. Die ordentliche Revision bezüglich beider Absprüche wurde vom Verwaltungsgericht für unzulässig erklärt.
3 C. Gegen diese Entscheidung richtete die revisionswerbende Partei zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde ablehnte und diese Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (VfGH vom 8. Juni 2017, E 709/2017-17). Zuvor hatte der Verfassungsgerichtshof dem Antrag der revisionswerbenden Partei, seiner Verfassungsgerichtshofsbeschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, keine Folge gegeben (VfGH vom 4. April 2017, E 709/2017-10).
4 D. Die in der Folge gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs erhobene außerordentliche Revision wurde mit dem Antrag verbunden, dieser gemäß § 30 Abs 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründet wurde dies damit, dass mit der unmittelbaren Umsetzung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts der Erfolg der Revision vereitelt würde. Der Vollzug dieser Entscheidung wäre für den Revisionswerber mit einem Nachteil verbunden, da nach der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auf den von ihm vermieteten Stellplätzen Schächte errichtet werden sollten, was eine Benutzung der Stellplätze verhindern würde. Zwingende öffentliche Interessen würden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegenstehen.
5 E. In ihrer Stellungnahme zu diesem Antrag führte die mitbeteiligte Partei aus, dass mittlerweile die von ihr beantragten Vorarbeiten bereits durchgeführt worden seien, dass daher die Entscheidung des Verwaltungsgerichts einem (weiteren) Vollzug nicht mehr unzugänglich sei, und dass ferner mit dem Vollzug dieser Entscheidung (ohnehin) keine Nachteile für den Revisionswerber verbunden seien.
6 Zudem sei mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid bestätigt worden. Eine Zuerkennung der beantragten aufschiebenden Wirkung an die Revision könnte derart nichts daran ändern, dass einer Beschwerde gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid keine aufschiebende Wirkung zukomme und dieser Bescheid daher jedenfalls nach wie vor vollstreckbar sei.
7 Ferner seien die beantragten Vorarbeiten zur Ausarbeitung eines Bauentwurfs erforderlich, um die Standsicherheit und Tragfähigkeit eines Gebäudes während der Bauzeit und dem darauffolgenden Betrieb der U-Bahn-Linie U 2 (neue Trasse) zu gewährleisten. Die Bauführung sei erst nach Vorliegen einer eisenbahnrechtlichen Genehmigung möglich, die wiederum die Vorlage eines Bauentwurfs zur Erteilung der Genehmigung voraussetze. Zur gesetzeskonformen Ausarbeitung eines solchen Bauentwurfs seien wiederum Vorarbeiten notwendig. Eine der außerordentlichen Revision zuerkannte aufschiebende Wirkung würde dazu führen, dass die Durchführung dieser Vorarbeiten und auch die Ausführung des Bauvorhabens und damit der Wiener U-Bahn-Ausbau wesentlich verzögert würden. Nach dem vom Gemeinderat im Jahr 2014 beschlossenen Fachkonzeptes Mobilität sei neben Modernisierungsmaßnahmen für das bestehende U-Bahn-Netz innerstädtisch eine deutliche Kapazitätssteigerung des hochrangigen "ÖV-Netzes" erforderlich, weil einzelne Linien in absehbarer Zeit an ihre Kapazitätsgrenzen gelangen würden. Eine Bestandsentlastung sei insbesondere durch eine neue Linienführung der U 2 vom Schottentor über die westlichen Innenbezirke Richtung Favoriten möglich. Die Realisierung der U 2 zum Matzleinsdorfer Platz würde eine jährliche Einsparung von knapp 18 Millionen gefahrenen "PKW-km" bewirken, was zu einer Verringerung von umgerechnet knapp "2500 t CO2" führe. Dieses öffentliche Interesse sei gefährdet, wenn die U-Bahn wegen der verzögerten Durchführung von Vorarbeiten nur verspätet ausgeführt werden könnte. Die Revision ignoriere diese gewichtigen öffentlichen Interessen bzw die in diesem Zusammenhang stehenden Vorarbeiten, die für die in diesem öffentlichen Interesse gelegene eisenbahnrechtliche Einrichtung zwingend erforderliche Informationen lieferten.
8 Die gegenständlichen Vorarbeiten dienten zudem primär der Sicherung und Verbesserung der Gebäude auf der Liegenschaft des Revisionswerbers und somit dessen Eigentum. Der damit verbundene Eingriff bestehe aus einer Begehung des Kellers, des Erdgeschosses, von allgemein zugänglichen Flächen des Hauses sowie der Vornahme von Fundament-Aufschließungsarbeiten in Gestalt der Errichtung von bis zu maximal 16 Schächten mit einer Größe von ca 1 m x 1 m und einer Tiefe von rund 1 m. Die Herstellung dieser Schächte erfolge nach durchzuführender Beweissicherung und unter möglichster Schonung fremder Rechte, nach Abschluss der Arbeiten werde der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt werden. Auf Grund der Kleinräumigkeit der Vorarbeiten sei kein irreversibler Nachteil für den Revisionswerber zu befürchten. Da diese Vorarbeiten bereits durchgeführt worden seien, drohe dem Revisionswerber auch kein weiterer Nachteil. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde demgegenüber (wie erwähnt) zur Verzögerung der Vorarbeiten zur Ausarbeitung des Bauentwurfs und damit zu einer erheblichen Verlängerung der Projektfertigstellung führen, was nachteilige volkswirtschaftliche und budgetäre Folgen für die Stadt Wien und negative Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehr und den Individualverkehr hätte.
9 F. Gemäß § 30 Abs 1 VwGG kommt einer Revision eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Nach § 30 Abs 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Nach der ständigen Rechtsprechung hat eine revisionserbende Partei (unabhängig vom Fehlen eines zwingenden öffentlichen Interesses) in ihrem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl dazu VwGH (verstärkter Senat) vom 25. Februar 1981, Slg Nr 10.381/A; VwGH vom 4. Juni 2016, Ra 2016/08/0031). Die Anforderungen an die Konkretisierungspflicht sind streng. In diesem Sinne erfordert die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteiles insbesondere die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen, die mit der Umsetzung des in Revision gezogenen Erkenntnisses verbunden sind. Erst eine solche ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung (vgl VwGH 28. März 2006, AW 2006/03/0021, und VwGH vom 3. Juli 2014, Ra 2014/02/0051). Im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit der vorliegend angefochtenen Entscheidung nicht zu prüfen (vgl etwa VwGH vom 31. Juli 2015, Ra 2015/03/0058).
10 G. Mit dem bloßen Hinweis, dass die vom Revisionswerber vermieteten Stellplätze infolge der bewilligten Vorarbeiten nicht benutzt werden könnten, wird der dargestellten Konkretisierungspflicht schon deshalb nicht entsprochen, weil die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einnahmeeinbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der revisionswerbenden Partei erfordert (vgl dazu etwa VwGH vom 28. März 2006, AW 2006/03/0021; VwGH vom 29. November 2011, AW 2011/03/0040; VwGH vom 11. Jänner 2013, AW 2013/08/0003; VwGH vom 3. Juli 2014, Ra 2014/02/0051; VwGH vom 16. Mai 2017, Ra 2017/03/0003). Eine solche Konkretisierung hat die revisionswerbende Partei nicht vorgenommen. Ausgehend davon setzt sie daher den von der mitbeteiligten Partei skizzierten gravierenden öffentlichen Interessen an der unmittelbaren Umsetzung der angefochtenen gerichtlichen Entscheidung keine Interessen entgegen, die gegen diese Umsetzung sprächen.
11 Der Vollständigkeit halber ist noch festzuhalten, dass in einer Konstellation wie der vorliegenden entgegen der mitbeteiligten Partei mit ihrem Argument, eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die außerordentliche Revision durch den Verwaltungsgerichtshof könnte nichts daran ändern, dass einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid keine aufschiebende Wirkung zukomme und dieser Bescheid daher jedenfalls nach wie vor vollstreckbar wäre, für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen ist. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts betreffend die damit zulässig erklärten Vorarbeiten iSd § 40a des Eisenbahngesetzes 1957 ist nämlich an die Stelle der Entscheidung der Verwaltungsbehörde getreten und hat deren Bescheid beseitigt (vgl VwGH vom 9. September 2015, Ro 2015/03/0032), weshalb das vor dem Verwaltungsgericht durchgeführte Beschwerdeverfahren (einschließlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der an das Verwaltungsgericht gerichteten Beschwerde seitens der Verwaltungsbehörde) nicht mehr in den Blick tritt.
12 H. Dem Aufschiebungsantrag war daher nicht stattzugeben.
Wien, am 25. August 2017