Im vorliegenden Fall gibt es in den verwaltungsbehördlichen Akten keine Hinweise, dass der Bruder des minderjährigen Revisionswerbers nach - gemäß § 10 Abs. 1 BFA-VG für die Handlungsfähigkeit des Revisionswerbers maßgeblichem - österreichischem Recht im Zeitpunkt seiner (des Bruders) Erstbefragung gesetzlicher Vertreter des Revisionswerbers war. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kinder- und Jugendhilfeträger gemäß § 207 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) kraft Gesetz mit der Obsorge des Revisionswerbers betraut war. Die Eltern des Revisionswerbers sind nicht im Sinne dieser Bestimmung unbekannt. Der Oberste Gerichtshof ging im Fall eines Fremden, dessen Eltern namentlich bekannt waren, davon aus, dass § 207 ABGB nicht anwendbar ist (vgl. OGH 30.8.2016, 4 Ob 150/16m, mwN). Der Revisionswerber hatte im Zeitpunkt der Erstbefragung seines Bruders somit nach österreichischem Recht keinen gesetzlichen Vertreter. Hat ein unmündiger Minderjähriger keinen gesetzlichen Vertreter, können die Interessen des Minderjährigen auch nicht von diesem wahrgenommen werden. Der Revisionswerber war daher gemäß § 10 Abs. 6 erster Satz BFA-VG berechtigt, selbst einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.
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