Auswertung in Arbeit
Der Antrag wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litc B VG gestützten Antrag begehren die antragstellenden Gesellschaften, der Verfassungsgerichtshof möge
"[…] die §§4 und 5 sowie §6 Abs3 Satz 2 des Bundesgesetzes über Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln (MSVAG), BGBl I 192/2023 idF BGBl I 38/2025, […]
in eventu
[…] die §§4 und 5 des Bundesgesetzes über Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln (MSVAG), BGBl I 192/2023 idF BGBl I 38/2025, […]"
als verfassungswidrig aufheben.
II. Rechtslage
1. Das Bundesgesetz über Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln (MSVAG), BGBl I 192/2023, idF BGBl I 38/2025 wird ab 1. Jänner 2026 lauten (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"Infrastruktursicherungsbeitrag
§1. Arzneimittel-Großhändlern gebührt auf Antrag ein Beitrag in Höhe von 0,28 EUR für jede an eine im Inland ansässige öffentliche Apotheke und Anstaltsapotheke im Zeitraum 1. September 2023 bis 31. August 2025 abgegebene und nicht retournierte Handelspackung einer Arzneispezialität mit Kosten unter der Kostenerstattungsgrenze sowie ein Beitrag in Höhe von 0,13 Euro für jede an eine im Inland ansässige öffentliche Apotheke und Anstaltsapotheke im Zeitraum 1. September 2025 bis 31. August 2028 abgegebene und nicht retournierte Handelspackung einer Arzneispezialität mit Kosten unter der Kostenerstattungsgrenze (Infrastruktursicherungsbeitrag).
Zuständigkeiten und Verfahren
§2. (1) Zuständige Behörde ist das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen.
(2) Anträge gemäß §1 sind jeweils ab dem 1. März 2024 bis zum 1. September 2028 alle drei Monate innerhalb eines Monats beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen einzubringen.
(3) Die Anträge haben entsprechend den Vorgaben der Verordnung des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen über die elektronische Übermittlung von Anträgen und Meldungen (Elektronische Einreichverordnung 2011 – EEVO) zu erfolgen.
(4) Dem Antrag sind sämtliche Unterlagen zum Nachweis der anspruchsbegründenden Tatsachen sowie eine Bestätigung eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers über die Richtigkeit und Vollständigkeit der in diesen Unterlagen gemachten Angaben beizulegen.
(5) Auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassene Bescheide, denen unrichtige Angaben eines Antragstellers über anspruchsbegründende Tatsachen zugrunde liegen, leiden an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler gemäß §68 Abs4 Z4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991.
Kostentragung
§3. (1) Die ausgewiesenen tatsächlichen Kosten für den Infrastruktursicherungsbeitrag gemäß §1 sind vom Bund zu tragen.
(2) Die Träger der Krankenversicherung haben dem Bund bis zum 31. Dezember der Jahre 2024 bis 2025 für jede im Abrechnungszeitraum vom 1. September des Vorjahres bis zum 31. August des jeweiligen Jahres gemäß maschineller Heilmittelabrechnung an eine von der Rezeptgebühr befreite versicherte Person abgegebene Handelspackung einer Arzneispezialität gemäß §1 einen Beitrag in Höhe des Infrastruktursicherungsbeitrags zu zahlen.
(2a) Zur Deckung des jährlichen Aufwandes für an von der Rezeptgebühr befreite versicherte Personen abgegebene Handelspackungen einer Arzneispezialität gemäß §1 haben die Träger der Krankenversicherung dem Bund bis zum 31. Mai der Jahre 2026 bis 2028 gemeinsam einen Beitrag in Höhe von 4,5 Millionen Euro p.a. zu zahlen. Der Beitrag ist unter den Trägern der Krankenversicherung entsprechend ihrer Anzahl an von der Rezeptgebühr befreiten versicherten Personen des Vorjahres zu teilen.
(3) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat dem Dachverband der Sozialversicherungsträger die Anzahl der Handelspackungen von den jeweiligen Arzneispezialitäten, für die ein Infrastruktursicherungsbeitrag gemäß §1 gezahlt wurde, bekanntzugeben.
(4) Werden Handelspackungen, für die ein Infrastruktursicherungsbeitrag gemäß §1 ausbezahlt wurde, retourniert, hat der Arzneimittel-Großhändler diesen dem Bund zurück zu zahlen.
Monitoringsystem der beim Großhandel gelagerten Arzneispezialitäten und Wirkstoffe
§4. (1) Arzneimittel-Vollgroßhändler haben dem/der für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister/in, dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen und dem Dachverband der Sozialversicherungsträger täglich über eine elektronische Schnittstelle Daten zu gelagerten Arzneispezialitäten und Wirkstoffen zur Verfügung zu stellen.
(2) Daten zu Arzneispezialitäten gemäß Abs1 sind
1. Pharmazentralnummern (PZN) der gelagerten Arzneispezialitäten,
2. Datum des Lagerbestandes,
3. Anzahl der gelagerten Packungen,
4. Anzahl der eingegangenen Packungen seit der letzten Zurverfügungstellung der Lagerstanddaten,
5. Anzahl der ausgegangenen Packungen seit der letzten Zurverfügungstellung der Lagerstanddaten,
6. bestellte Packungen für die Zugänge in den nächsten vier Wochen,
7. bestellte Packungen für die Abgänge in den nächsten vier Wochen,
8. durchschnittlicher Monatsbedarf anhand des Bedarfs der letzten zwölf Monate, und
9. gegebenenfalls Angaben des Herstellers zur Lieferfähigkeit der Arzneispezialitäten.
(3) Daten zu Wirkstoffen gemäß Abs1 sind
1. Internationale Freinamen (INN) der gelagerten Wirkstoffe,
2. Datum des Lagerbestandes,
3. gelagerte Menge der Wirkstoffe,
4. eingegangene Menge seit der letzten Zurverfügungstellung der Lagerstanddaten,
5. ausgegangene Menge seit der letzten Zurverfügungstellung der Lagerstanddaten,
6. bestellte Menge für die Zugänge in den nächsten vier Wochen,
7. bestellte Menge für die Abgänge in den nächsten vier Wochen,
8. durchschnittlicher Monatsbedarf anhand des Bedarfs der letzten zwölf Monate, und
9. gegebenenfalls Angaben des Herstellers zur Lieferfähigkeit der Wirkstoffe.
(4) Arzneimittel-Vollgroßhändler sind verpflichtet, die jeweils gültige Version der Schnittstellenbeschreibung, die von dem/der für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister/in zur Verfügung gestellt wird, zur Übermittlung der Daten zu nutzen. Die Kosten der Schnittstelle für die Zurverfügungstellung gemäß Abs1 sind von dem jeweiligen Arzneimittel-Vollgroßhändler zu tragen.
Strafbestimmung
§5. Kommt ein Arzneimittel-Vollgroßhändler seinen Verpflichtungen gemäß §4 nicht oder nicht rechtzeitig nach, macht er sich einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 Euro, im Wiederholungsfalle bis zu 50.000 Euro zu bestrafen.
Inkrafttreten
§6. (1) Dieses Bundesgesetz tritt rückwirkend mit 1. September 2023 in Kraft.
(2) §1, §2 Abs2 und §3 Abs2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 103/2024 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
(3) §1, §2 Abs2, §3 Abs2a, §6 und §7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 38/2025 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. §4 und §5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 38/2025 treten mit 1. Jänner 2026 in Kraft.
Vollziehung
§7. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister betraut."
2. Die §§1 Abs1, 4a und 5, 2 Abs2 und 3, 57, 57a und 82 des Bundesgesetzes vom 2. März 1983 über die Herstellung und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz – AMG), BGBl 185/1983, idF BGBl I 152/2023 (§57a), BGBl I 186/2023 (§§1 und 2), BGBl I 193/2023 (§57) und BGBl I 50/2025 (§82) lauten:
"Begriffsbestimmungen
§1. (1)
'Arzneimittel' sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die
1. zur Anwendung im oder am menschlichen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind, oder
2. im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen, oder
b) als Grundlage für eine medizinische Diagnose zu dienen.
(2) — (4) […]
(4a) 'Wirkstoffe' sind Stoffe oder Gemische von Stoffen, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung eines Arzneimittels verwendet zu werden und bei ihrer Verwendung in der Arzneimittelherstellung zu arzneilich wirksamen Bestandteilen des Arzneimittels zu werden.
(4b) […]
(5) 'Arzneispezialitäten' sind Arzneimittel, die im Voraus stets in gleicher Zusammensetzung hergestellt und unter der gleichen Bezeichnung in einer zur Abgabe an den Verbraucher oder Anwender bestimmten Form in Verkehr gebracht werden sowie Arzneimittel zur Abgabe an den Verbraucher oder Anwender, bei deren Herstellung sonst ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die gewerbsmäßig hergestellt werden.
(6) — (25) […]
§2. (1) […]
(2) 'Arzneimittel-Großhändler' ist ein Gewerbetreibender, der auf Grund der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194, zum Großhandel mit Arzneimitteln berechtigt ist und über eine entsprechende Bewilligung gemäß §63 Abs1 verfügt, sowie ein pharmazeutischer Unternehmer einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, der berechtigt ist, Großhandel mit Arzneimitteln zu treiben.
(3) 'Arzneimittel-Vollgroßhändler' ist ein Arzneimittel-Großhändler, der zufolge ausreichender Lagerhaltung, einer entsprechenden Sortimentgestaltung sowie einer entsprechenden Versorgungsbereitschaft, -regelmäßigkeit und -intensität, in der Lage ist, die Arzneimittelversorgung im Sinne des §57 in einem bestimmten Gebiet sicherzustellen.
(3a) – (20) […]
Abgabe von Arzneimitteln
§57. (1) Arzneimittel dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler nur abgegeben werden an
1. öffentliche Apotheken, Anstaltsapotheken und tierärztliche Hausapotheken,
1a. Personen, die den tierärztlichen Beruf gemäß §14 Abs5 Z4 Tierärztegesetz ausüben,
2. Drogisten oder andere Gewerbetreibende, die gemäß §59 Abs3 zur Abgabe von Arzneimitteln befugt sind,
3. Hersteller ausschließlich zum Zweck der Herstellung von Arzneimitteln oder soweit sie gemäß der Gewerbeordnung 1994 zum Handel mit Arzneimitteln befugt sind,
4. Arzneimittel-Großhändler,
5. Gebietskörperschaften
a) im Zusammenhang mit Aufgaben der Impfprophylaxe oder zur Erfüllung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben der Seuchenbekämpfung,
b) zur humanitären Hilfeleistung im Zusammenhang mit einer im Ausland eingetretenen Katastrophe oder einem schweren Unglücksfall,
c) zur Aufrechterhaltung der Arzneimittelversorgung im Inland, wenn dies im Zusammenhang mit einer Katastrophe, terroristischen Bedrohung, kriegerischen Auseinandersetzung oder einer Pandemie unbedingt erforderlich ist,
d) zur Erfüllung der Aufgaben nach dem Tierschutzgesetz (TSchG), BGBl I Nr 118/2004,
5a. Unternehmen und Organisationen, die der Aufrechterhaltung der Grundversorgung der Bevölkerung dienen und die auf der Grundlage eines zwischen dem Bund oder einem Land und einem Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler abgeschlossenen Vertrags über die Sicherstellung der Aufrechterhaltung der Arzneimittelversorgung im Zusammenhang mit einer Pandemie, kriegerischen Auseinandersetzung oder terroristischen Bedrohung ihrerseits Einzelverträge zum direkten Ankauf eines Arzneimittels für den Bedarf der eigenen Mitarbeiter abgeschlossen haben,
6. Einrichtungen des Österreichischen Bundesheeres, die der Arzneimittelversorgung des Bundesheeres dienen,
6a. das Bundesministerium für Inneres, die ihm nachgeordneten Behörden und Betreuungseinrichtungen zur Notfallversorgung, Vorsorge und Betreuung von Einsätzen, sofern diese die Arzneimittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen,
7. Einrichtungen, die vorläufige gerichtliche Verwahrungen beziehungsweise Anhaltungen, gerichtliche Freiheitsstrafen beziehungsweise mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende gerichtliche Maßnahmen vollziehen, sofern diese Arzneimittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen,
8. wissenschaftliche Institute und Untersuchungsanstalten der Gebietskörperschaften und der Universitäten und die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, sofern diese Arzneimittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen,
9. organisierte Notarztdienste, sofern es sich um Suchtmittel handelt, die diese für ihre notärztliche Tätigkeit benötigen, und
10. über einen mit Fragen des Suchtgiftmissbrauchs hinreichend vertrauten Arzt verfügende Einrichtungen nach §15 des Suchtmittelgesetzes, BGBl I Nr 112/1997, zur evidenzbasierten und qualitätsgesicherten Betreuung von Klienten im Rahmen von Maßnahmen zur Schadenminimierung, ausgenommen suchtmittelhaltige Arzneimittel.
(2) An Krankenanstalten ohne Anstaltsapotheke dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler abgegeben werden:
1. Vollblutkonserven, Suspensionen zellulärer oder korpuskulärer Blutbestandteile, Einzelspenderzubereitungen,
2. natives menschliches oder tierisches Gewebe.
(3) Die Abs1 und 2 gelten nicht für radioaktive Arzneimittel. Diese dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler nur an Inhaber einer Bewilligung für den Umgang mit radioaktiven Stoffen gemäß dem Strahlenschutzgesetz 2020 (StrSchG 2020), BGBl I Nr 50/2020, abgegeben werden.
(4) Vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler dürfen Arzneimittel, deren Abgabe im Kleinverkauf nicht den Apotheken vorbehalten ist, direkt an Bandagisten, Orthopädieschuhmacher, Orthopädietechniker, Zahntechniker, Fußpfleger und Masseure abgegeben werden, sofern es sich dabei um Arzneimittel handelt, die diese Gewerbetreibenden für die Ausübung ihrer Tätigkeit benötigen.
(5) Vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler dürfen Dentalarzneimittel, die
1. nicht der Rezeptpflicht unterliegen und
2. ausschließlich dazu bestimmt sind, von Zahnärzten, Fachärzten für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde oder Dentisten am Patienten angewendet zu werden,
direkt an diese sowie an Zahnambulatorien abgegeben werden.
(6) Medizinische Gase dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler an Krankenanstalten ohne Anstaltsapotheke und an Gewerbetreibende abgegeben werden, die gemäß der Gewerbeordnung 1994 zur Abgabe komprimierter technischer Gase berechtigt sind.
(7) Arzneimittel zur klinischen Prüfung dürfen vom Hersteller, Depositeur und Arzneimittel-Großhändler auch direkt an Krankenanstalten ohne Anstaltsapotheke und an Prüfer abgegeben werden.
(8) Rettungs- und Krankenbeförderungsdienste einer Gebietskörperschaft dürfen Arzneimittel, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen der Rettung und Krankenbeförderung benötigen, aus jenen Anstaltsapotheken beziehen, die von Krankenanstalten betrieben werden, deren Träger diese Gebietskörperschaft ist.
Sicherstellung der Versorgung
§57a. (1) Der Zulassungsinhaber oder der Inhaber einer Registrierung einer Arzneispezialität und die Arzneimittel-Großhändler und Arzneimittel-Vollgroßhändler, die diese tatsächlich in Verkehr gebrachte Arzneispezialität vertreiben, haben im Rahmen ihrer jeweiligen Verantwortung eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung der Arzneispezialität für die Abgabe durch Apotheken oder für sonst zur Abgabe gemäß §59 Berechtigte sicherzustellen, damit der Bedarf der Patienten im Inland gedeckt ist.
(2) Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen kann durch Verordnung nähere Bestimmungen hinsichtlich des Umfangs der in Abs1 genannten Verpflichtungen und der Maßnahmen bei deren Nichterfüllung erlassen, sofern dies erforderlich ist, um die Sicherstellung der Versorgung der Patienten im Inland zu gewährleisten.
(3) Ferner kann der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister durch Verordnung nähere Bestimmungen hinsichtlich der angemessenen und kontinuierlichen Bereitstellung von Wirk- und Hilfsstoffen von Arzneispezialitäten festlegen, sofern dies erforderlich ist, um die Sicherstellung der Versorgung der Patienten im Inland zu gewährleisten.
Geheimhaltungspflicht und Transparenz
§82 (1) Alle mit Aufgaben im Rahmen der Vollziehung dieses Bundesgesetzes betrauten Personen sind, soweit sie nicht schon nach anderen gesetzlichen Bestimmungen zur Geheimhaltung verpflichtet sind, zur Geheimhaltung über alle ihnen ausschließlich aus dieser Tätigkeit bekannt gewordenen Informationen verpflichtet, soweit und solange dies aus den in §6 Abs1 des Informationsfreiheitsgesetzes – IFG, BGBl I Nr 5/2024, genannten Gründen erforderlich und verhältnismäßig ist.
(2) Von dieser Verpflichtung hat sie die Aufsichtsbehörde auf Verlangen eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde oder sofern sich aus der Ladung erkennen lässt, dass der Gegenstand der Aussage vor Gericht oder einer Verwaltungsbehörde der Geheimhaltungspflicht unterliegen könnte, auf Verlangen des Betroffenen zu entbinden, wenn dies im Interesse der Rechtspflege oder im sonstigen öffentlichen Interesse liegt."
3. §460a des Bundesgesetzes vom 9. September 1955 über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG), BGBl 189/1955, idF BGBl I 50/2025 lautet:
"Geheimhaltungspflicht der Bediensteten
§460a. (1) Die Bediensteten sind über alle ihnen in Ausübung des Dienstes oder mit Beziehung auf ihre Stellung bekannt gewordenen Angelegenheiten im Interesse des Versicherungsträgers, der Versicherten, ihrer Angehörigen oder Dienstgeber/innen gegenüber jeder Person, der sie über solche Angelegenheiten eine dienstliche Mitteilung zu machen nicht verpflichtet sind, aus den in §6 Abs1 IFG genannten Gründen, soweit und solange dies erforderlich und verhältnismäßig ist, zur Geheimhaltung verpflichtet.
(2) Eine Ausnahme von der im Abs1 bezeichneten Verpflichtung tritt nur insoweit ein, als ein Bediensteter/eine Bedienstete für einen bestimmten Fall davon entbunden wurde.
(3) Die Bediensteten sind an die Geheimhaltungspflicht auch im Verhältnis außer Dienst, im Ruhestand sowie nach Beendigung des Dienstverhältnisses gebunden."
4. §38 der vom (damaligen) Hauptverband der Sozialversicherungsträger erlassenen Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG (VO‐EKO), kundgemacht als Amtliche Verlautbarungen der Sozialversicherung im RIS Nr 47/2004, idF Nr 106/2008 und Nr 40/2020 lautet:
"Lieferfähigkeit
§38. (1) Das vertriebsberechtigte Unternehmen ist verpflichtet, für die von der Krankenversicherung geschützten Personen die Lieferfähigkeit der im Erstattungskodex angeführten Arzneispezialitäten in der Mindestausstattungsmenge (Umsatzerwartung laut Antrag) sowie laufender bedarfsorientierter Menge sicherzustellen.
(2) Über eventuelle kurzzeitige Lieferschwierigkeiten einer bereits im Erstattungskodex angeführten Arzneispezialität (Probleme mit der Lieferung, welche voraussichtlich länger als ein Monat andauern werden) hat das vertriebsberechtigte Unternehmen den Dachverband unverzüglich ab Kenntnis des die Lieferfähigkeit beeinträchtigenden Umstandes zu informieren. Bei Verletzung dieser Meldepflicht hat das vertriebsberechtigte Unternehmen dem Dachverband den dadurch entstehenden Verwaltungsaufwand pauschaliert in der Höhe von 5.000 Euro zu ersetzen. Dieser Betrag ist nicht auf die pauschalierten Kostenersätze gemäß §351g Abs4 ASVG anzurechnen.
(3) Ist eine im Grünen oder Gelben Bereich des Erstattungskodex angeführte Arzneispezialität seit mehr als zwei Monaten oder wiederholt nicht lieferbar, ist der Dachverband berechtigt, nach Setzung einer angemessenen Frist an das vertriebsberechtigte Unternehmen die betreffende Arzneispezialität unverzüglich ohne Verfahren gemäß §35 Abs1 Z1 aus dem Erstattungskodex zu streichen und allfällige diese nicht lieferbare Arzneispezialität betreffenden Anträge zurückzuweisen. Für die Dauer der nicht gesicherten Lieferfähigkeit werden die Fristen gemäß §§29 und 34 Abs1 VO-EKO gehemmt.
(4) Ist eine im Roten Bereich des Erstattungskodex angeführte Arzneispezialität nicht lieferbar, ist der Dachverband berechtigt, nach Setzung einer angemessenen Frist an das vertriebsberechtigte Unternehmen die betreffende Arzneispezialität unverzüglich ohne Verfahren gemäß §35 Abs1 Z1 aus dem Erstattungskodex zu streichen und die diese nicht lieferbare Arzneispezialität betreffenden Anträge zurückzuweisen. Für die Dauer der Überprüfung der Lieferfähigkeit werden die Fristen gemäß §§20 Abs3 und 27 Abs1 VO-EKO für maximal 60 Tage gehemmt."
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Bei den fünf antragstellenden Gesellschaften handelt es sich um – nach ihrem Vorbringen die einzigen in der "Praxis des Gesundheitswesens" als solche qualifizierten und behandelten – Arzneimittel-Vollgroßhändler. Sie verfügen jeweils über eine Berechtigung gemäß §94 Z32 iVm §116 GewO 1994 für den Großhandel mit Arzneimitteln und entsprechende Betriebsbewilligungen gemäß §63 AMG. Sie betreiben (mit Ausnahme der Fünftantragstellerin) jeweils mehrere Standorte in ganz Österreich, wodurch eine entsprechende Lagerhaltung gewährleistet sei. Ihr Sortiment weise jeweils eine entsprechende Breite und Tiefe auf; es würden jeweils mehr als 90 % aller verfügbaren, auch seltenen Arzneispezialitäten gehandelt, die jeweils in entsprechend hoher Stückzahl vorhanden seien; der jeweilige Lagerbestand reiche jeweils mehrere Wochen. Sie würden jeweils mehrmals täglich österreichische Apotheken und Hausapotheken beliefern. So würde die erstantragstellende Gesellschaft 91 % aller öffentlichen Apotheken und 48 % aller ärztlichen Hausapotheken beliefern. Die zweitantragstellende Gesellschaft würde mit 40 % der Apotheken in Lieferbeziehungen bei "55.000 Auslieferungszeilen pro Tag" stehen. Die drittantragstellende Gesellschaft stehe mit 55 % aller Apotheken in Österreich in täglichen Lieferbeziehungen, im Schnitt würden ca. 70.000 Lieferpositionen pro Tag ausgeliefert, das seien ca. 260.000 Packungen pro Tag. Die viertantragstellende Gesellschaft habe "61.000 Auslieferungszeilen pro Tag an 65 % der Apotheken" und die fünftantragstellende Gesellschaft liefere durchschnittlich 15.000 Positionen pro Tag an 36 % der Apotheken und ärztlichen Hausapotheken aus.
2. Nach dem Vorbringen der antragstellenden Gesellschaften würden sie sich nicht gegen die Reduktion des Infrastruktursicherungsbeitrages, der alle Arzneimittel-Großhändler und Arzneimittel-Vollgroßhändler in gleicher Weise treffe, sondern ausschließlich gegen das "neue 'Monitoringsystem'", das ausschließlich die antragstellenden Gesellschaften verpflichte, richten. Die Zulässigkeit ihres Antrages begründen sie wie folgt: Die §§4 f. MSVAG hätten die antragstellenden Gesellschaften als Arzneimittel-Vollgroßhändler zu Adressaten und würden nachteilig in ihre Rechtssphäre, insbesondere in die Grundrechte auf Erwerbsfreiheit (Art6 StGG), auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 des 1. ZPEMRK), auf Achtung des Privatlebens (Art8 EMRK), auf Datenschutz (§1 DSG) und auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 B VG), eingreifen. Die Verpflichtung zur Implementierung des Monitoringsystems beruhe unmittelbar auf dem Gesetz und bedürfe keiner näheren Konkretisierung. Zwar trete diese Verpflichtung erst am 1. Jänner 2026 in Kraft, allerdings müssten die antragstellenden Gesellschaften bereits aktuell damit beginnen, die Schnittstellen-Infrastruktur aufzubauen und die innerbetriebliche Datenerfassung und -verwaltung in der Lagerhaltung sowie in den Lagerbewegungen zu adaptieren. Der Vorbereitungs- und Adaptierungsbedarf sei so groß, dass "spätestens im Frühherbst" damit begonnen werden müsse, damit den neuen gesetzlichen Anforderungen am 1. Jänner 2026 entsprochen werden könne. Infolge dieser "Vorwirkungen" im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Hinweis auf VfSlg 16.120/2001 und 18.896/2009) sei auch die aktuelle Betroffenheit zu bejahen. Auch stehe kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, die Bedenken gegen das Gesetz an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
3. Die antragstellenden Gesellschaften legen ihre Bedenken wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):
"5.1. Verfassungswidrigkeit der §§4 und 5 MSVAG idF BGBl I 38/2025
5.1.1. Verletzung der Erwerbsfreiheit gemäß Art6 StGG
Mit den Verpflichtungen zur Offenlegung der Lagerbestände und der Distribution von Arzneimitteln sowie zu entsprechenden technischen Maßnahmen (Schaffung von Schnittstellen auf eigene Kosten) wird die Ausübung der Erwerbstätigkeit von Arzneimittel-Vollgroßhändlern reglementiert, was – in Gestalt einer 'Ausübungsschranke' – einen Eingriff in die Erwerbsfreiheit gemäß Art6 StGG bewirkt (siehe ebenfalls zu einer Meldepflicht VfSlg 19.721/2012). Der Eingriff erfolgt sogar intentional: Durch das Monitoringsystem mit weitreichendsten Meldepflichten wird gezielt in die unternehmerische Kerntätigkeit von Arzneimittel-Vollgroßhändlern
(die Lagerorganisation und -verwaltung) eingegriffen. Der Gesetzgeber nimmt die Einschränkung der Erwerbsfreiheit als notwendiges Mittel zur Zielerreichung in Kauf und bezweckt sie sogar (arg IA 348/A BlgNR 28. GP 3: 'Verpflichtung').
Ein Eingriff in die Erwerbsfreiheit ist verfassungsrechtlich nur dann zulässig, wenn er verhältnismäßig ist, dh im öffentlichen Interesse gelegen und zur Erreichung des im öffentlichen Interesse gelegenen Ziels geeignet, erforderlich und adäquat ist.
Dazu im Einzelnen:
a. Zwar gibt es zweifellos ein öffentliches Interesse an der Gewährleistung der Versorgungssicherheit bei Arzneimitteln und einer entsprechenden Marktbeobachtung.
b. Das geplante Monitoringsystem ist jedoch nicht geeignet, die ausreichende Verfügbarkeit von Arzneimitteln österreichweit realitätsgetreu zu überwachen, wenn und weil nur Arzneimittel-Vollgroßhändler dem Monitoringsystem unterliegen, nicht hingegen die zahlreichen Arzneimittel-Großhändler, die vielleicht einzeln nur wenig versorgungswirksam sein mögen, in ihrer Gesamtheit aber sehr wohl eine maßgebliche Versorgungswirksamkeit aufweisen. Es kann daher von Vornherein kein flächendeckendes (und eine staatliche Planung ermöglichendes) Bild verschaffen, wenn allein die Lagerbestände der Arzneimittel-Vollgroßhändler überwacht werden. Dies fällt umso mehr ins Gewicht, wenn man bedenkt, dass es zudem eine nicht zu vernachlässigende Direktbelieferung von Apotheken durch Pharmaunternehmen gibt, die gerade bei hochinnovativen Produkten, die oft lebensbedrohliche Erkrankungen (Onkologie) betreffen, sogar häufig den Regelfall darstellt. Ein derart fragmentarisches Monitoringsystem hätte einen zumindest so erheblichen 'blinden Fleck', dass seine Geeignetheit zur Marktbeobachtung insgesamt angezweifelt werden muss.
Dieser 'blinde Fleck' wird umso größer, wenn man den gesamten Arzneimittelmarkt in Österreich und nicht nur den niedergelassenen Bereich in den Blick nimmt. Der Anteil der Arzneimittel, der im Krankenanstaltenbereich abgegeben wird, stellt ein Drittel des Gesamtmarkts dar. Da Anstaltsapotheken und Krankenanstalten ihren Arzneimittelbedarf fast zur Gänze direkt von Pharmaunternehmen beziehen und daher die vorgesehenen Meldepflichten keine Informationen darüber geben, welche Lieferschwierigkeiten in diesem intramuralen Segment bestehen, sind die vorgesehenen Maßnahmen auch aus diesem Grund ungeeignet, das angestrebte Ziel der realitätsgetreuen Marktbeobachtung zu erreichen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass es Arzneispezialitäten gibt (hierzu zählen insbesondere viele lebensnotwendige), die lege artis ausschließlich in Krankenanstalten verabreicht werden können (siehe dazu auch VwGH 11.9.2019, Ro 2019/08/0013).
Unabhängig von diesem blinden Fleck, der sich bereits dadurch ergibt, dass nur einzelne Vertriebswege und einzelne Marktsegmente dem Monitoringsystem unterliegen, ist dieses System auch deshalb nicht geeignet, weil es die Lagerbestände von Apotheken und vertriebsberechtigten Unternehmen unberücksichtigt lässt. Neben Arzneimittel-Großhändlern trifft nach §57a Abs1 AMG auch Zulassungsinhaber eine Versorgungsverantwortung. Diese haben in der Regel einen Lagerbestand, der die Versorgung mit Arzneimitteln für drei Monate gewährleistet. Seit 2024 gilt aufgrund der Verordnung über die Bevorratung von Humanarzneispezialitäten (BGBl II 161/2024) zudem eine spezielle Bevorratungspflicht von vier Monaten für 600 ausgewählte Arzneispezialitäten. Für Apotheken gilt der Versorgungsauftrag des §57a Abs1 AMG zwar nicht, diese unterliegen allerdings einem eigenen Versorgungsauftrag, der sich aus §1 Abs1 iVm Abs2 Z1 bzw §4 Abs1 und §35 Apothekenbetriebsordnung (ABO) ergibt (näher Steinböck in Cerha/Heissenberger/Steinböck, AMG 2§§57a, 57b AMG Rz 1), weshalb diese ebenfalls Ware für etwa eine Woche auf Lager haben. Zusätzlich zu den Lagerbeständen der Arzneimittel-Vollgroßhändler, mit welchen die österreichische Bevölkerung etwa drei Wochen versorgt werden könnte, bestehen somit Warenbestände für drei bis vier Monate bei den Zulassungsinhabern und weitere Bestände in den Apotheken, die allesamt in dem Monitoringsystem des §4 MSVAG gänzlich unberücksichtigt bleiben. Um eine gesamthafte Erkennung von Lieferengpässen zu ermöglichen, was ausweislich der Materialien das Ziel des Monitoringsystems ist, reicht es also bei weitem nicht aus, Meldeverpflichtungen allein bezüglich der Warenbestände der Arzneimittel-Vollgroßhändler zu normieren.
c. Aber selbst wenn man dennoch eine wenigstens eingeschränkte Geeignetheit des Monitoringsystems zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit bei Arzneimitteln bejahen wollte, so wäre dieses System doch nicht erforderlich, um das besagte Ziel zu erreichen: Es würde vermutlich bereits genügen, die Arzneimittel-Vollgroßhändler und die Arzneimittel-Großhändler anlassbezogen zu einer Meldung von konkret drohenden Lieferengpässen zu verhalten, wenn sie entsprechende Anhaltspunkte wahrnehmen. Für diese Zwecke wäre zudem eine kumulierte Datenlage (Lagerstände sämtlicher Arzneimittel-Vollgroßhändler sowie Arzneimittel-Großhändler gesamt) ausreichend, sodass es keineswegs erforderlich ist, diese Informationen auf Ebene einzelner Unternehmen abzufragen und deren Geschäftstätigkeit dabei umfassend zu durchleuchten.
Und selbst wenn man annehmen wollte, dass österreichweit drohende Lieferengpässe auf der Ebene einzelner individueller Unternehmen nicht ausreichend feststellbar wären, so wäre doch zumindest keine derart zeitlich engmaschige und inhaltlich umfangreiche Meldepflicht erforderlich:
Dies fängt bei der täglichen Meldepflicht an. Nicht einmal bei Produkten, bei denen häufiger Lieferengpässe bestehen, ist ein tägliches Monitoring notwendig; auch Meldeabstände in größeren zeitlichen Abständen wären allemal ausreichend, um sich anbahnende Lieferengpässe rechtzeitig wahrzunehmen.
Aber auch der inhaltliche Umfang der zu meldenden Daten ist für die Zielerreichung nicht erforderlich:
Erstens schränkt §4 MSVAG die Meldepflicht nicht auf konkrete versorgungsrelevante Arzneispezialitäten oder Wirkstoffe ein. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Antragstellerinnen bezüglich aller Arzneispezialitäten oder Wirkstoffe, die sie gelagert halten, Meldungen vorzunehmen haben. Es gibt aber zahlreiche Produkte, die nie von Liefereinschränkungen betroffen oder auch nur bedroht waren. Dass also unterschiedslos alle in §4 Abs2 MSVAG genannte Daten für alle Arzneispezialitäten zu melden sind, kann vor dem Hintergrund des verfolgten Ziels keinesfalls notwendig sein. Die Meldepflicht für alle Arzneispezialitäten ist auch mit Blick auf die oben bereits erwähnte BevorratungsV nicht sachgerecht; dort wird auf Verordnungsebene die Bevorratungspflicht zur Vermeidung von Lieferengpässen auf 600 konkrete Arzneispezialitäten beschränkt. Zudem ist der Begriff der Arzneispezialitäten denkbar weit. Hierunter fallen etwa auch homöopathische Arzneispezialitäten (vgl §1 Abs8 AMG iVm §11 AMG) oder – falls sie im Einzelfall den Begriff der Arzneispezialität im Sinne des §1 Abs5 AMG erfüllen – sogenannte Präsentationsarzneimittel, die überhaupt nur aufgrund der Art ihrer Aufmachung dem AMG unterfallen (§1 Abs1 Z1 AMG), aber über keine tatsächliche Wirksamkeit verfügen (näher Steinböck in Cerha/Heissenberger/Steinböck, AMG 2 §§1,2 Rz 9 ff). Diese Produktkategorien können keinesfalls eine derart zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung spielen, dass ohne sie die ausreichende Versorgung der österreichischen Bevölkerung gefährdet wäre.
Zweitens sind viele der im Sinne des §4 Abs2 und 3 MSVAG verlangten Informationen von Vornherein unnötig, um die Verfügbarkeit von Arzneimitteln sicherzustellen. Manche stehen nicht einmal in einem konkreten Bezug zu dem verfolgten Ziel, wie vor allem die historischen Aufzeichnungen über vergangene Wareneingänge und Bestellungen, die notorisch für die Prognose des zukünftigen Arzneimittelbedarfs nicht aussagekräftig sind. Nach der Judikatur des VfGH dürften aber immer nur Angaben verlangt werden, die für eine zweckentsprechende und aussagekräftige Datenbasis erforderlich sind (siehe etwa VfSlg 12.475/1990; vgl ferner VfSlg 16.369/2001, wo sogar bereits bei einmaliger Auskunftspflicht eine unverhältnismäßige Datensammlung angenommen wurde, was bei der hier geplanten täglichen Datensammlung umso mehr der Fall wäre). Ebenso wenig erforderlich sind etwa die jeweils in Z9 der Abs2 und 3 in §4 MSVAG genannten Angaben des Herstellers zur Lieferfähigkeit. Hierfür besteht durch die Verordnung zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung, BGBl II 30/2020, ohnedies eine eigene Meldepflicht der Zulassungsinhaber; es ist also nicht erforderlich, dass die ArzneimittelVollgroßhändler diese Information zusätzlich bzw erneut melden. Im Ergebnis ist sohin die mit §4 MSVAG intendierte laufende – sogar tägliche! – staatliche 'Totalüberwachung' der gesamten Lagerhaltung und -bewegung überschießend, dh keinesfalls das gelindeste Mittel, um drohende Lieferengpässe von staatlicher Seite rechtzeitig wahrnehmen und darauf erforderlichenfalls reagieren zu können.
d. Darüber hinaus würde sich das Monitoringsystem auch insgesamt als nicht adäquat darstellen: Dem öffentlichen Interesse an einer staatlichen Beobachtung des Arzneimittelmarkts steht vorliegend ein besonders intensiver Grundrechtseingriff gegenüber, der auf eine staatliche 'Totalüberwachung' hinausläuft, indem täglich (§4 Abs1 MSVAG) über eine permanente EDV-Schnittstelle (§4 Abs4 MSVAG) praktisch sämtliche Details der Lagerhaltung und -bewegung einschließlich der Lagerplanung (§4 Abs2 und 3 MSVAG) – also im Ergebnis der zentrale Kernbereich des individuellen Geschäftsmodells des jeweiligen Arzneimittel-Vollgroßhändlers – offengelegt werden müssten.
Dieser Eingriff ist von einer solchen Intensität, dass er auch durch das öffentliche Interesse an einer Marktbeobachtung nicht aufgewogen werden kann.
Dagegen kann auch nicht eingewendet werden, dass die Eingriffsintensität durch die Vorteile aus dem Infrastruktursicherungsbeitrag kompensiert werden könnten: Zuerst kann nämlich der Infrastruktursicherungsbeitrag nur für Arzneimittel beantragt werden, die unterhalb der Rezeptgebühr liegen. Die Meldeverpflichtungen gemäß §4 MSVAG betreffen jedoch alle Arzneispezialitäten, sie sind somit sehr viel umfassender. Allein deswegen kann der Infrastruktursicherungsbeitrag nicht geeignet sein, die Grundrechtseingriffe aufzuwiegen. Hinzu tritt, dass der Infrastruktursicherungsbeitrag bis zum 31.8.2028 befristet ist, wohingegen das Monitoringsystem unbefristet implementiert werden soll. Aus diesen Gründen ist auch der Infrastruktursicherungsbeitrag nicht in der Lage, die Intensität des Grundrechtseingriffs derart zu relativieren, dass sich das Monitoringsystem als verhältnismäßig darstellen würde.
e. Gegen die Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs spricht nicht zuletzt auch die folgende Überlegung: In den Materialien wird zutreffend davon ausgegangen, dass sich im Vergleich mit der Wintersaison 2022/23 und den damals aufgetretenen Arzneimittellieferengpässen 'die Verfügbarkeit der entsprechenden Produkte mittlerweile stabilisiert' hat. Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, warum gerade jetzt ein Monitoringsystem eingeführt werden soll, das auf eine 'Totalüberwachung' der Arzneimittel-Vollgroßhändler hinausläuft. Derart intensive staatliche Maßnahmen einer Marktüberwachung könnten – äußerstenfalls – in Notzeiten akuter Arzneimittelknappheit gerechtfertigt sein, aber nicht in Zeiten einer ohnehin stabilen Versorgung. Damit soll nicht etwa gesagt werden, dass ein System der 'Früherkennung von Lieferengpässen' nicht notwendig und sinnvoll wäre; es zeigt sich aber schon, dass das Monitoringsystem gerade auch mit Blick auf die gegenwärtigen Marktverhältnisse überschießend, mithin unverhältnismäßig ist.
f. Im Ergebnis erweist sich der durch das Monitoringsystem gemäß §§4 und 5 MSVAG bewirkte Grundrechtseingriff als unverhältnismäßig und sohin als Verletzung der Erwerbsfreiheit gemäß Art6 StGG.
5.1.2. Verletzung der Eigentumsgarantie gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK
Ein Eingriff in die Eigentumsgarantie nach Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK wird allein schon durch die Auferlegung der Kosten für die Herstellung der Schnittstellen-Infrastruktur bewirkt. Darüber hinaus können auch Unternehmensdaten als Teil des Eigentums betrachtet werden, wenn es sich – wie hier bei der Organisation und Abwicklung der Lagerhaltung sowie der Ein- und Ausgänge, die den Kern des individuellen Geschäftsmodells von Arzneimittel-Vollgroßhändlern bildet – um geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder wirtschaftlich wertvolle Informationen (vermögenswerte Privatrechte) handelt (siehe allgemein VfSlg 8201/1977, 9887/1983, 10.322/1985, 16.636/2002; zum 'goodwill' und Kundenstamm eines Unternehmens zB Grabenwarter/Pabel, EMRK 7 [2021] §25 Rz 5 mwN; zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen eines Unternehmens etwa Leopold/Hofbauer, Geheimnisschutz und Rechtsdurchsetzung, ecolex 2021/240, 336 [FN 8]).
Ein Eingriff in die Eigentumsgarantie muss – ebenso wie jener in die Erwerbsfreiheit – im öffentlichen Interesse liegen sowie zur Erreichung des im öffentlichen Interesse gelegenen Ziels geeignet, erforderlich und adäquat sein (Verhältnismäßigkeitsprüfung).
Dazu kann grundsätzlich auf die obigen Ausführungen zur Erwerbsfreiheit unter Punkt 5.1.1. verwiesen werden. Aus den dort dargelegten Gründen erweist sich auch der Eingriff in die Eigentumsgarantie als unverhältnismäßig.
Ergänzend ist noch auf das Folgende hinzuweisen:
Für eine Verhältnismäßigkeit (immerhin) der Kostentragung könnte auf den ersten Blick die in den Materialien getroffene Aussage angeführt werden, dass schon jetzt ein Datenaustausch über eine Schnittstelle stattfindet, welche man ja nur anzupassen brauche. Es sei daher 'nicht mit allzu großen Investitionskosten seitens der Arzneimittel-Vollgroßhändler zu rechnen' (vgl das ursprüngliche Vorblatt auf Seite 7).
Diese Ausführungen sind schlichtweg unrichtig:
Die Arzneimittel-Vollgroßhändler liefern momentan bestimmte Daten an die Datacare Datenpflege des Pharmagroßhandels GmbH, deren Eigentümer die Arzneimittel-Vollgroßhändler (also die Antragstellerinnen) selbst sind. Die über diesen Weg ausschließlich in einem europäischen Krisenfall an das BASG zur Verfügung zu stellenden Daten zu bestimmten Arzneispezialitäten betreffen zudem nur einen Bruchteil der nach §4 Abs2 und 3 MSVAG zu meldenden Informationen, nämlich ausschließlich kumulierte Lagerstandsdaten. Es ist daher nicht möglich, auf Basis dieses Datensatzes Lagerstände auf individueller Unternehmensebene zu beurteilen, sondern lediglich auf Ebene aller Arzneimittel-Vollgroßhändler.
Vor dem Hintergrund, dass das Monitoringsystem gemäß §4 MSVAG bei weitem umfassendere Datenerhebungen und -meldungen verlangt und die geforderte Schnittstelle auch nicht über die Datacare Datenpflege des Pharmagroßhandels GmbH gehandhabt werden kann, sind umfangreiche Anpassungen notwendig und die den Materialien zugrunde liegende Prämisse, es sei nicht mit allzu großen Investitionskosten zu rechnen, ist schlichtweg unzutreffend.
Darüber hinaus ist an dieser Stelle erneut darauf hinzuweisen, dass jedenfalls eine Meldung auf übergeordneter Ebene (und nicht auf Ebene einzelner Unternehmen) – sofern man diese überhaupt als erforderlich erachten möchte – allemal ausreichend wäre, um das angestrebte Ziel einer Gesamtmarktbeobachtung zu erreichen.
Im Ergebnis erweist sich der durch das Monitoringsystem gemäß §§4 und 5 MSVAG bewirkte Grundrechtseingriff also auch als unverhältnismäßiger Eingriff und somit als Verletzung der Eigentumsgarantie gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK.
5.1.3. Verletzung des Grundrechts auf Achtung des Privatlebens gemäß Art8 EMRK und des Grundrechts auf Datenschutz gemäß §1 DSG
Durch die Einführung des verpflichtenden Monitoringsystems wird auch in das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens nach Art8 EMRK eingegriffen. Der Schutz von Geheimnissen in der beruflichen Sphäre, insbesondere von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, ist vom Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens gemäß Art8 EMRK erfasst (vgl allgemein zB VfSlg 20.345/2019 mwN; im Besonderen zu Datenerfassungen EGMR 28.1.2004, Peck/Vereinigtes Königreich, Nr 44647/98, Rz 59; EGMR 25.9.2001, P.G und J.H/Vereinigtes Königreich, Nr 44787/9, Rz 57-59; EGMR 16.2.2000 (GK), Amann/Schweiz, Nr 27798/95, Rz 65-67; EGMR 4.5.2000 (GK), Rotaru/Rumänien, Nr 28341/95, Rz 43-44). Die zu meldenden Datenkategorien des §4 Abs2 und 3 MSVAG betreffen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerinnen, nämlich die gesamte Organisation und Verwaltung der Lagerhaltung, der Eingänge und der Distribution, sohin den Kern ihres individuellen Geschäftsmodells. Ein Arzneimittel-Vollgroßhändler ist aufgrund der Meldepflicht gezwungen, sein (selbstredend geheimes) Geschäftsmodell offenzulegen und auf täglicher Basis minutiös zu melden, welche Packungen eingekauft wurden (Anzahl der eingegangenen Packungen), wie viele er verkauft hat (Anzahl der ausgegangenen Packungen) und wie viele er nachbestellt hat (Anzahl der der bestellten Packungen); und dies ist nur ein kleiner Ausschnitt der zu meldenden Daten.
Auch der Eingriff in Art8 EMRK müsste, um verfassungskonform zu sein, im öffentlichen Interesse liegen sowie zur Erreichung des im öffentlichen Interesse gelegenen Ziels geeignet, erforderlich und adäquat sein (Verhältnismäßigkeitsprüfung). Da es sich beim Schutz des Privatlebens um ein durch die EMRK garantiertes Grundrecht handelt, muss das öffentliche Interesse zudem ein solches sein, welches in Art8 Abs2 EMRK genannt ist.
Genauso greifen die gesetzlichen Regelungen über das Monitoringsystem in das Grundrecht auf Datenschutz gemäß §1 DSG ein. Nach der Rechtsprechung des VfGH verbürgt dieses Grundrecht einen verfassungsrechtlichen Schutz vor Ermittlung personenbezogener Daten, bei denen es sich auch um Wirtschaftsdaten handeln kann (zuletzt VfSlg 20.674/2024 mwN; siehe auch DSB 25.5.2020, Zl 2020-0.191.240, wo das Inventar und der Lagerbestand eines Arzneimittel-Großhändlers als nach §1 DSG relevante Wirtschaftsdaten angesehen wurden). Der VfGH hat wiederholt festgehalten (vgl zB VfSlg 19.673/2012, 12.228/1989, 20.674/2024), dass die Erhebung von Wirtschaftsdaten, an denen die Wirtschaftssubjekte ein schutzwürdiges Interesse haben, gemäß §1 Abs2 DSG iVm Art8 Abs2 EMRK nur zulässig ist, wenn eine zur Datenerhebung ermächtigende Norm den Informationseingriff gestattet, dieser einem der enumerativ aufgezählten Eingriffsziele dient, auf das Erforderliche beschränkt und einem demokratischen Staat angemessen ist. Eine staatliche Behörde zur Erhebung von Daten ermächtigende Gesetze müssen daher gemäß §1 Abs2 DSG ihren Eingriffszweck hinreichend konkret bestimmen (vgl VfSlg 16.369/2001) und zur Sicherung der Verhältnismäßigkeit ausreichend präzise regeln, unter welchen Voraussetzungen die Ermittlung und die Verwendung personenbezogener Daten für die Wahrnehmung konkreter Verwaltungsaufgaben zulässig ist (siehe VfSlg 18.146/2007; zum Ganzen erneut VfSlg 20.674/2024).
Die angefochtenen Regelungen des MSVAG wahren die sowohl nach Art8 EMRK als auch nach §1 DSG erforderliche Verhältnismäßigkeit nicht:
Im Hinblick auf das öffentliche Interesse ist zwar bei einigen Datenkategorien durchaus zweifelhaft, inwiefern ihre Meldung zum Schutz der Gesundheit beitragen sollte (etwa, wie viel konkret nachbestellt wurde, wenn der Lagerbestand selbst ohnehin zu melden ist); doch man mag allenfalls – zumindest bei einer Grobbetrachtung – noch argumentieren wollen, dass das Monitoringsystem dem 'Schutz der Gesundheit' im Sinne des Art8 Abs2 EMRK dienen soll.
Jedoch ist das Monitoringsystem in seiner Ausgestaltung durch die §§4 und 5 MSVAG weder geeignet noch erforderlich und auch nicht adäquat. Dazu kann wiederum auf die obigen Ausführungen zur Erwerbsfreiheit unter Punkt 5.1.1. verwiesen werden. Aus den dort dargelegten Gründen erweist sich auch der Eingriff in die Grundrechte gemäß Art8 EMRK und §1 DSG als unverhältnismäßig.
Ergänzend ist hier in Bezug auf die Erforderlichkeit des Eingriffs noch festzuhalten, dass diese auch deshalb nicht gegeben ist, weil die Informationen nicht nur an jene eine Behörde zu melden ist, die für die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung zuständig ist, sondern gleich an drei Stellen, nämlich (1.) an den/die für das Gesundheitswesen zuständige/n Bundesminister/in, (2.) an das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) und (3.) an den Dachverband der Sozialversicherungsträger (siehe §4 Abs1 MSVAG). Während dem BASG auch andere maßgebliche Monitoringaufgaben obliegen, etwa auch jene für die Meldung von Liefereinschränkungen nach der Verordnung über die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung, BGBl II 30/2020, obliegen dem Dachverband keine entsprechenden Aufgaben. Im Gegenteil umfassen die Zuständigkeiten des Dachverbands eine gänzlich anders gelagerte Aufgabenstellung (vgl allgemein die §§30 bis 30b ASVG); in Bezug auf Arzneispezialitäten fällt zwar die Herausgabe des Erstattungskodex (EKO) darunter, dieses Verzeichnis dient aber weder der Vermeidung von Lieferengpässen noch jenen anderen Zwecken, die ausweislich der Materialien durch das MSVAG verfolgt werden. Es ist daher keinesfalls erforderlich, dass auch der Dachverband Adressat der gemäß §4 MSVAG zu meldenden Informationen ist.
Mit Blick auf §1 DSG wird außerdem das Gebot der Datensparsamkeit nicht gewahrt: Als besondere Betonung der Verhältnismäßigkeit sieht §1 Abs2 letzter Satz DSG in einem dritten Schritt ausdrücklich das Gebot des gelindesten Mittels vor. Unter mehreren grundsätzlich geeigneten und erforderlichen Beschränkungen des Grundrechts auf Datenschutz ist nur jene mit der geringsten Eingriffsintensität verfassungsrechtlich zulässig (Grundsatz der Datensparsamkeit). Das Gebot bezieht sich sowohl auf Art und Umfang der verarbeiteten Daten als auch auf die zeitlichen Grenzen zulässiger Datennutzungen und die Form der Datenverwendung. Eine Datenverwendung, die dieses Übermaßverbot missachtet, stellt eine Grundrechtsverletzung dar (zum Ganzen Ennöckl in Kahl/Khakzadeh/Schmid, Kommentar zum Bundesverfassungsrecht BVG und Grundrechte Art1 DSG Rz 40 mHa VfSlg 17.065/2003 [Stand 1.1.2021, rdb.at]). Zudem müssen gemäß §1 Abs2 DSG im Gesetz angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festgelegt werden.
Die angefochtenen Bestimmungen des MSVAG lassen all dies vermissen: Es werden uferlose, insbesondere auch für die Feststellung von Lieferengpässen von Vornherein nicht erforderliche Datenmengen zu übermitteln abverlangt und zugleich keinerlei Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Antragstellerinnen vorgesehen.
Vor allem ist nicht ansatzweise geregelt, wer überhaupt ein entsprechendes österreichweites Monitoring aufzubauen hätte und zu welchen konkreten Zwecken die genannten Stellen (BM, BASG, DVSV) die gemeldeten Informationen einsehen und nutzen dürfen. Nach dem Gesetz gibt es keinerlei Einschränkung der Datenverarbeitung und -verwendung, sodass die gemeldeten Informationen theoretisch für jeden beliebigen Zweck – auch solche, die das MSVAG gar nicht verfolgt – verwendet werden könnten. Aus diesen Gründen ist der gesetzliche Eingriffstatbestand nicht hinreichend determiniert. Derartiges hat der VfGH gerade auch in seiner Rechtsprechung zu §1 DSG als unzureichend qualifiziert (siehe VfSlg 16.369/2001: Verletzung im Grundrecht auf Datenschutz durch eine weitreichende Abfrage von Wirtschaftsdaten mangels hinreichender gesetzlicher Grundlage).
Der VfGH hat auch stets hervorgehoben, dass die Erhebung von Wirtschaftsdaten bei Unternehmen nur in jenem (eingeschränkten) Umfang zulässig ist, der für die Erreichung des jeweils im öffentlichen Interesses gelegenen Ziels erforderlich ist (siehe zur Erhebung von Wirtschaftsdaten für statistische Zwecke VfSlg 12.228/1989 sowie zur Erhebung von Wirtschaftsdaten bei Elektrizitätsunternehmen zum Zweck einer Marktuntersuchung VfSlg 19.673/2012: hier waren die Datenerhebungen nur deshalb zulässig, weil sie sich vom Umfang her in verhältnismäßigen Grenzen hielten und hinreichend determiniert waren). Insbesondere ist nochmals das Erkenntnis VfSlg 16.369/2001 hervorzuheben, wo eine mit §4 MSVAG vergleichbar umfassende Abfrage von Wirtschaftsdaten (losgelöst von konkreten wirtschaftsaufsichtsrechtlichen Verfahren der Regulierungsbehörde) als zu weitreichend und folglich als datenschutzrechtlich unzulässig qualifiziert wurde. In gleicher Weise vermag auch hier das Eingriffsinteresse das schutzwürdige Geheimhaltungsinteresse (der VfGH spricht in VfSlg 16.369/2001 explizit von einem erheblichen schutzwürdigen Interesse des Unternehmens an der Geheimhaltung seiner Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse) keinesfalls zu überwiegen.
Aus allen diesen Gründen ist – über die oben unter Punkt 5.1.1. dargelegten Gründe hinaus – die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme unter dem Gesichtspunkt des Art8 EMRK und des §1 DSG nicht gewahrt. Es ist an dieser Stelle auch nochmals hervorzuheben, dass die Offenlegungspflicht der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im gegebenen Fall, wie skizziert, besonders gravierender Natur ist, da praktisch das gesamte Geschäftsmodell jedes Arzneimittel-Vollgroßhändlers in Österreich offengelegt werden muss. Aus den zu meldenden Informationen können die gesamte Geschäftsstrategie, das individuelle Geschäftsmodell, Ankaufsüberlegungen uvm abgeleitet werden. An die Rechtfertigung eines derart gravierenden Eingriffs wären daher besonders hohe Anforderungen zu stellen, die im vorliegenden Fall, wie oben dargelegt wurde, keinesfalls erfüllt sind. Das angestrebte Ziel, das durch die gemeldeten Informationen nicht einmal sachgerecht adressiert wird, steht daher in keinem Verhältnis zu der Maßnahme, die deutlich über ihr Ziel hinausschießt (siehe dazu auch bereits Punkt 5.1.1./b. sowie unten Punkt 5.1.4.2.).
Im Ergebnis erweist sich der durch das Monitoringsystem gemäß §§4 und 5 MSVAG bewirkte Grundrechtseingriff also auch als unverhältnismäßiger Eingriff und somit als Verletzung des Grundrechts auf Achtung des Privatlebens gemäß Art8 EMRK sowie als Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz gemäß §1 DSG.
5.1.4. Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art7 B VG
Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art7 B VG liegt einerseits in der unsachlichen Ungleichbehandlung von Arzneimittel-Vollgroßhändlern und Arzneimittel-Großhändlern (Punkt 5.1.4.1.) und andererseits in der Unsachlichkeit des Monitoringsystems nach den §§4 und 5 MSVAG überhaupt (Punkt 5.1.4.2.):
5.1.4.1. Unsachliche Ungleichbehandlung von Arzneimittel-Vollgroßhändlern und Arzneimittel-Großhändlern
Der in Art7 B VG verankerte Gleichheitsgrundsatz gebietet es, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Werden rechtliche Differenzierungen vorgenommen (rechtliche Ungleichbehandlung), muss es hierfür eine sachliche Rechtfertigung geben.
Durch die §§4 und 5 MSVAG werden nur Arzneimittel-Vollgroßhändlern im Vergleich zu anderen Arzneimittel-Großhändlern zusätzliche Verpflichtungen und Belastungen auferlegt: Allein Arzneimittel-Vollgroßhändler sind den Verpflichtungen des §4 MSVAG und bei Nichteinhaltung der Strafsanktion des §5 MSVAG unterworfen. Wie oben bereits dargelegt wurde, findet eine solche Ungleichbehandlung ansonsten in keiner anderen Rechtsgrundlage, insbesondere nicht durch die Bestimmungen des AMG, statt.
Für diese Ungleichbehandlung gibt es keine sachliche Rechtfertigung. Das in den Materialien ins Treffen geführte Differenzierungsmerkmal ist nicht ausreichend, um die Ungleichbehandlung zwischen Arzneimittel-Vollgroßhändlern und Arzneimittel-Großhändlern sachlich zu rechtfertigen, und zwar aus folgenden Gründen:
Auszugehen ist vom erklärten Ziel des Gesetzgebers, das Monitoringsystem 'zur Früherkennung von Lieferengpässen sowie für die allgemeine gesundheitspolitische Steuerung im Bereich der Arzneimittelversorgung' einzuführen. Ein derartiges System zur Marktbeobachtung wäre dann sachgerecht ausgestaltet, wenn es tatsächlich einen vollständigen Marktüberblick verschaffen kann, der verlässlich genug ist, um drohende Lieferengpässe effektiv zu erkennen und gesundheitspolitisch darauf zu reagieren. Nach der gesetzlichen Grundkonzeption, die insbesondere in §57a AMG zum Ausdruck kommt, haben sowohl Arzneimittel-Vollgroßhändler als auch Arzneimittel-Großhändler zur Versorgung mit Arzneimitteln beizutragen, indem sie eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung der Arzneispezialität für die Abgabe durch Apotheken oder für sonst zur Abgabe gemäß §59 AMG Berechtigte sicherstellen, damit der Bedarf der Patienten im Inland gedeckt ist (vgl §57a Abs1 AMG). Ein bloß fragmentarisches Monitoringsystem, mit dem allein die Versorgungswirksamkeit der Arzneimittel-Vollgroßhändler, aber nicht jene der Arzneimittel-Großhändler überwacht wird (obwohl letztere jedenfalls in ihrer Gesamtheit auch in der Praxis eine bedeutsame Versorgungsrolle spielen), muss das angeführte Ziel notwendig verfehlen (siehe dazu bereits Punkt 5.1.1.).
In den Materialien zur vorliegenden Gesetzesnovelle wird nicht behauptet (geschweige denn belegt), dass die Arzneimittel-Großhändler vernachlässigbar wären. Es wird bloß davon ausgegangen, dass ein 'Großteil' (sic!) der Arzneimittel über die Arzneimittel-Vollgroßhändler vertrieben wird und dass sonstige Lagerstandsdaten deswegen 'nicht erforderlich' seien bzw eine Monitoringpflicht für sämtliche Arzneimittel-Großhändler 'aufgrund der meist deutlich kleineren Unternehmensgrößen und der zumeist geringeren Produktvielfalt einzelner Arzneimittel-Großhändler nicht rechtfertigbar' wäre. Hierin kommt einerseits zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber selbst von einem gravierenden Grundrechtseingriff ausgeht, der nicht alle Marktteilnehmer betreffen soll. Andererseits kann damit aber auch nicht schlüssig erklärt werden, wie das geplante Monitoringsystem trotz dieses 'blinden Flecks' funktionieren soll.
In dieser Situation ist allerdings kein sachlicher Grund dafür erkennbar, warum einseitig nur Arzneimittel-Vollgroßhändlern eine Verpflichtung zur Etablierung eines – zumal einschneidenden – Monitoringsystem aufgebürdet wird, das systemimmanent für eine sachgerechte Marktbeobachtung gar nicht brauchbar ist.
Die angefochtenen Bestimmungen sind daher (auch) wegen Verstoßes gegen Art7 B VG verfassungswidrig.
5.1.4.2. Unsachlichkeit des Monitoringsystems schlechthin
Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH sind gesetzliche Regelungen auch insofern an Art7 B VG zu messen, als sie auch dann gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, wenn sie an sich unsachlich sind; dabei wird geprüft, ob eine Regelung für sich genommen sachlich ist (vgl zB VfSlg 13.781/1994). Der Gesetzgeber ist somit kraft Art7 B VG an ein allgemeines Sachlichkeitsgebot gebunden.
Bei der Beurteilung der Sachlichkeit ist nach der jüngeren Judikatur des VfGH zunehmend auf die Verhältnismäßigkeit einer Regelung abzustellen: Eingriffe in Rechtspositionen der Rechtsunterworfenen dürfen über ein verhältnismäßiges Maß nicht hinausgehen (siehe etwa VfSlg 17.890/2006, 19.662/2012; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht – Allgemeines Verwaltungsrecht 5 [2022] 255).
Dass im vorliegenden Fall die Grundrechtseingriffe gegenüber den Arzneimittel-Vollgroßhändlern über ein verhältnismäßiges Maß hinausgehen, wurde unter den Punkten 5.1.1. bis 5.1.3. bereits umfassend dargelegt. Aber auch die vorhergehenden Ausführungen zur Ungleichbehandlung unter Punkt 5.1.4.1. erweisen deutlich, dass ein unverhältnismäßiger Eingriff stattfindet. Aus diesen Gründen ist insgesamt davon auszugehen, dass das Monitoringsystem gemäß §§4 und 5 MSVAG schlechthin unsachlich ausgestaltet und folglich auch aus diesem Grund wegen Verstoßes gegen Art7 B VG verfassungswidrig ist.
Besonders deutlich tritt die Unsachlichkeit des Monitoringsystems beispielsweise bei der gesetzlichen Vorgabe in §4 Abs3 Z3 MSVAG zu Tage, der zufolge die 'gelagerte Menge der Wirkstoffe' zu melden ist. Allein in sprachlicher Hinsicht ist unklar, was hier mit der Angabe der 'Menge' gemeint ist. Sprachlich kann damit zB eine Gewichtsangabe (Milligramm, Gramm, Kilogramm), eine Volumenangabe (Milliliter, Liter) oder auch Stückzahlen (Anzahl eingelagerter Behältnisse) gemeint sein. Anders als Arzneispezialitäten, die in spezifischen Packungen abgegeben werden, die jeweils über eine PZN verfügen, werden Wirkstoffe aber in gänzlich unterschiedlicher Form gehandelt. So kann es bei manchen Wirkstoffen der Fall sein, dass diese sowohl in 200g-Säckchen als auch in 5kg-Behältnissen gehandelt werden, andere wiederum in flüssiger Form. Es ist daher völlig unklar, wie die 'Mengen' hier zu verstehen und zu melden wären. Darüber hinaus verursacht diese Meldeverpflichtung einen unverhältnismäßigen Aufwand für die Antragstellerinnen, da alle vorhandenen Gebinde eines Wirkstoffs erst in Kilogramm oder Liter umgerechnet werden müssen, um dann die gesamt gelagerte 'Menge der Wirkstoffe' melden zu können. Anders als etwa die Anzahl der Packungen einer lagernden Arzneispezialität sind diese Daten nicht ohne weiteres verfügbar, sondern es sind aufwändige Zwischenschritte (vor allem die besagten Umrechnungen) und zusätzliche Ressourcen nowendig, um der Pflicht zur Meldung der gelagerten 'Menge der Wirkstoffe' überhaupt nachkommen zu können. Eine derartige Verpflichtung ist unsachlich, ja geradezu schikanös.
5.1.5. Verletzung des Klarheitsgebots gemäß Art7 EMRK, des Bestimmtheitsgebots gemäß Art18 B VG und (erneut) des Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art7 B VG
Art7 EMRK gewährleistet, dass ohne entsprechende gesetzliche Grundlage keine Strafe verhängt werden darf. Dies setzt auch voraus, dass die Strafnorm ausreichend präzise und klar und die Strafe vorhersehbar ist (Klarheitsgebot). Die Verwendung übermäßig vager Begriffe und Kriterien im Wortlaut einer Bestimmung kann dazu führen, dass diese Bestimmung selbst mit den Anforderungen an Klarheit und Vorhersehbarkeit der Strafnorm unvereinbar ist (vgl EGMR, 25.6.2009, Liivik/Estland, Nr 12157/05, Rz 96 bis 104), was einen Verstoß gegen Art7 EMRK begründen kann.
Ein solcher Verstoß gegen Art7 EMRK liegt auch mit Blick auf die §§4 und 5 MSVAG vor: In §4 MSVAG ist vorgesehen, das das Monitoringsystem nur von Arzneimittel-Vollgroßhändlern zu implementieren ist; folglich adressiert auch die Strafbestimmung in §5 MSVAG allein Arzneimittel-Vollgroßhändler.
Als 'Arzneimittel-Vollgroßhändler' gilt nach §2 Abs3 AMG ein Arzneimittel-Großhändler, 'der zufolge ausreichender Lagerhaltung, einer entsprechenden Sortimentgestaltung sowie einer entsprechenden Versorgungsbereitschaft, -regelmäßigkeit und -intensität, in der Lage ist, die Arzneimittelversorgung im Sinne des §57 in einem bestimmten Gebiet sicherzustellen'. Ob ein Arzneimittel-Großhändler (siehe §2 Abs2 AMG) als Arzneimittel-Vollgroßhändler gilt oder nicht, ist also gemäß §2 Abs3 AMG von Kriterien abhängig, welche nicht klar definiert sind. Das Gesetz verwendet mehrere vage und unbestimmte Rechtsbegriffe ('ausreichende Lagerhaltung', 'entsprechende Sortimentgestaltung', 'entsprechende Versorgungsbereitschaft, -regelmäßigkeit und -intensität') und verknüpft diese kumulativ (arg 'sowie'). Der Verweis auf §57 AMG hilft nicht weiter, weil dort nur die Abgabe von Arzneimitteln (ua durch Arzneimittel-Großhändler) geregelt ist, aber keine (konkreteren) Kriterien für das Vorliegen der Eigenschaft als Arzneimittel-Vollgroßhändler. Auch in der Literatur wurde der Begriffsinhalt des 'Arzneimittel-Vollgroßhändlers' bisher nicht konkret geklärt (siehe Steinböck in Cerha/Heissenberger/Steinböck, AMG §2 Rz 104 [Stand 1.9.2020, rdb.at]; keine Ausführungen zu §2 Abs3 AMG bei D’Orlando/Semp, Pharmazeutische Vorschriften §2 AMG [Stand 15.4.2025, rdb.at]); ebenso wenig gibt es dazu einschlägige Judikatur.
Es kann mitunter große Rechtsunsicherheit bestehen, welche Unternehmen als Arzneimittel-Vollgroßhändler anzusehen sind (oder diese Eigenschaft aufgrund von Veränderungen in der Lagerhaltung, der Sortimentsgestaltung oder der Versorgungswirksamkeit vielleicht wieder verlieren oder schon wieder verloren haben). Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Entscheidet sich ein Unternehmen, das die nach §2 Abs3 AMG für Arzneimittel-Vollgroßhändler maßgeblichen Kriterien ('ausreichende Lagerhaltung', 'entsprechende Sortimentgestaltung' und 'entsprechende Versorgungsbereitschaft, -regelmäßigkeit und -intensität') aufweist, bestimmte Produktgruppen aus dem Sortiment zu nehmen (etwa weil die Logistik für gekühlte Arzneimittel künftig nicht mehr zur Verfügung gestellt werden kann), sodass versorgungsrelevante Produkte, wie etwa Diabetes-Medikationen, künftig nicht mehr angeboten werden, wäre bereits unklar, ob die Eigenschaft als Arzneimittel-Vollgroßhändler weiterhin zu bejahen wäre oder aber wegfällt. Genauso gibt es den umgekehrten Fall, dass ein Unternehmen sukzessive sein Sortiment ausbaut; ab welchem konkreten Zeitpunkt dieses Unternehmen als Arzneimittel-Vollgroßhändler zu qualifizieren ist, ist nicht klar und eindeutig bestimmbar.
Diese Rechtsunsicherheit wird nunmehr mit den §§4 und 5 MSVAG gleichsam in das MSVAG 'importiert'. Da die Strafbestimmung des §5 MSVAG ausschließlich für Verstöße gegen die Meldeverpflichtungen nach §4 MSVAG gilt, ist gerade auch die Anwendung dieser Strafbestimmung mit der besagten Rechtsunsicherheit verbunden, worin ein Verstoß gegen das Klarheitsgebot gemäß Art7 EMRK liegt. Auch der VfGH hat wiederholt festgehalten, dass eine Strafbestimmung, deren Adressatenkreis nicht präzise abgrenzbar ist, verfassungswidrig ist (siehe VfSlg 13.492/1993, 15.785/2000, 16.662/2002).
Der VfGH stützt sich hierbei aber auch auf Art7 B VG und beurteilt Straftatbestände als verfassungswidrig, wenn eine eindeutige Interpretation nicht möglich ist. Eine Gesetzesvorschrift verstößt nämlich auch dann gegen das Gleichheitsgebot, wenn sie wegen ihrer weitgehenden inhaltlichen Unbestimmtheit gar nicht auf ihre Gleichheitskonformität beurteilt werden kann. Aus den dargelegten Gründen liegt sohin auch ein Verstoß gegen Art7 B VG vor.
Im Ergebnis erfüllt die sich aus §5 iVm §4 MSVAG ergebende Strafsanktion nicht die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die ausreichende Klarheit und Vorhersehbarkeit einer Strafe nach Art7 EMRK; sie ist daher auch aus diesem Grund verfassungswidrig. Aus denselben Gründen ist keine eindeutige Interpretation des Straftatbestands möglich, weshalb die Bestimmung inhaltlich gar nicht auf ihre Übereinstimmung mit Art7 B VG geprüft werden kann und daher auch gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt.
Zusätzlich ist geltend zu machen, dass die Unbestimmtheit des Adressatenkreises auch mit Blick auf die generellen Bestimmtheitsanforderungen des Art18 B VG unzureichend ist. Damit fehlt es an einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage für behördliches Handeln, was einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Legalitätsprinzip darstellt. Art18 Abs1 B VG verpflichtet die Vollziehung, insbesondere die Verwaltung, zu einem Handeln auf Basis klarer gesetzlicher Vorgaben. Normen müssen so bestimmt sein, dass für den Einzelnen – so auch für die betroffenen Unternehmen – vorhersehbar ist, welche Rechtsfolgen sich aus einem bestimmten Verhalten ergeben. Im vorliegenden Fall lässt sich jedoch weder aus dem Gesetz noch aus einschlägiger Judikatur oder Fachliteratur mit ausreichender Klarheit ableiten, wann ein Arzneimittel-Großhändler die Qualifikation als Arzneimittel-Vollgroßhändler erfüllt und folglich dem Monitoringsystem nach den §§4 und 5 MSVAG unterliegt. Ein solches Maß an Unbestimmtheit widerspricht dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot gemäß Art18 Abs1 B VG.
Im Detail gilt dies insbesondere auch für §4 Abs4 MSVAG, wo nicht bestimmt wird, welche Kosten die Antragstellerinnen eigentlich zu tragen haben werden (nur die hauseigenen Kosten der Schnittstelle oder auch jene des BMG, des BASG und des DVSV?). Als (schon) mit Blick auf die Eigentumsgarantie 'eingriffsnahe' Bestimmung bestehen hier sogar erhöhte Anforderungen an die Bestimmtheit, die mit §4 Abs4 MSVAG nicht erfüllt werden.
5.1.6. Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Exzessverbot bei Strafdrohungen
Speziell gegen die Strafbestimmung gemäß §5 MSVAG ist zusätzlich vorzubringen, dass die drakonische Strafdrohung bei Verstößen gegen die tägliche Meldepflicht (bis zu € 25.000,00 beim Verstoß am ersten Tag und bis zu € 50.000,00 an jedem folgenden Tag) auch gegen das aus Art7 BVG abzuleitende Exzessverbot bei Strafdrohungen verstößt (siehe dazu etwa Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG 3§30 VStG Rz 3/5 [Stand 1.7.2023, rdb.at]).
5.2. Verfassungswidrigkeit des §6 Abs3 Satz 2 MSVAG idF BGBl I 38/2025
Die vorstehend dargelegten, gegen die §§4 und 5 MSVAG gerichteten Normbedenken schlagen notwendig auch auf die Inkrafttretensbestimmung gemäß §6 Abs3 Satz 2 MSVAG durch, wenn und weil man einen untrennbaren Regelungszusammenhang annehmen wollte. Es werden daher dieselben Normbedenken auch gegen §6 Abs3 Satz 2 MSVAG ins Treffen geführt; um unnotwendige Wiederholungen zu vermeiden, darf diesbezüglich auf Punkt 5.1. verwiesen werden.
Darüber hinaus kann vertreten werden, dass auch eine Bestimmung verfassungswidrig ist, mit der andere verfassungswidrige Bestimmungen in Kraft gesetzt werden. Dies träfe für §6 Abs3 Satz 2 MSVAG zu: Indem diese Bestimmung die Inkraftsetzung der wegen Verstoßes gegen Art6 StGG, Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK, Art8 EMRK, §1 DSG, Art7 EMRK sowie Art18 B VG verfassungswidrigen §§4 und 5 MSVAG anordnet, verstößt sie zwangsläufig selbst gegen dieselben Vorgaben der Bundesverfassung.
Aus allen angeführten Gründen erweist sich somit auch §6 Abs3 Satz 2 MSVAG idF BGBl I 38/2025 als verfassungswidrig."
4. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie zunächst vorbringt, dass die antragstellenden Gesellschaften — als Mitglieder des Verbandes der Österreichischen Arzneimittel-Vollgroßhändler — im Oktober 2023 mit dem damaligen Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ein "Politisches Memorandum" vereinbart hätten, das die Basis für eine Kooperation und konkrete Maßnahmen bilden sollte, um — vor dem Hintergrund der in der Wintersaison 2022/2023 aufgetretenen Lieferengpässe — die Versorgung mit Arzneimitteln bestmöglich sicherzustellen. Dabei habe der zuständige Gesundheitsminister erklärt, die legistischen Vorbereitungsarbeiten für einen Infrastruktursicherungsbeitrag für Arzneimittel-Großhändler als Unterstützung für den Vertrieb niedrigpreisiger Arzneimittel erstellen zu lassen. Im weiteren Verlauf sei das Bundesgesetz über finanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln rückwirkend mit 1. September 2023 in Kraft getreten. Neben der Vereinbarung weiterer Maßnahmen zur Absicherung der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln hätten die antragstellenden Gesellschaften in der genannten Vereinbarung erklärt, dem zuständigen Bundesminister und dem Dachverband der Sozialversicherungsträger (DVSV) drohende Versorgungsengpässe zu melden. Zusätzlich seien die antragstellenden Gesellschaften und der zuständige Bundesminister übereingekommen, "dass gemeinsam mit dem DVSV ein vorläufiges Monitoringsystem der in Österreich beim Großhandel gelagerten Arzneispezialitäten und Wirkstoffe entwickelt" werden solle, "welches zukünftig in ein gesetzlich verankertes institutionalisiertes Monitoring überführt" werde. Ziel dieses institutionalisierten Monitorings sollte es sein, "einen gesamthaften und möglichst aktuellen Überblick über die Verfügbarkeit von Arzneispezialitäten und Wirkstoffen zu erlangen". Es sei mit den antragstellenden Gesellschaften also bereits im Jahr 2023 "im Wesentlichen" der Inhalt des - in weiterer Folge erlassenen - Bundesgesetzes BGBl I 38/2025 vereinbart worden.
4.1. Gegen die Zulässigkeit des vorliegenden Antrages bringt die Bundesregierung vor, dass keine Vorwirkungen vorlägen, die eine Anfechtung vor Inkrafttreten der angefochtenen Bestimmungen legitimieren würden: Die Lagerorganisation und -verwaltung zähle nach dem Antragsvorbringen zu der "unternehmerischen Kerntätigkeit" von Arzneimittel-Vollgroßhändlern. Die Logistik zur Sicherstellung der Versorgung von Hunderten öffentlichen Apotheken, ärztlichen Hausapotheken und Anstaltsapotheken mit dem ganz überwiegenden Teil der verfügbaren Arzneispezialitäten erfordere eine umfangreiche IT-Infrastruktur und ein zentrales Warenwirtschaftssystem, das alle Bestände der Warenbewegungen digital erfasse. Es sei somit nicht nachvollziehbar, dass die in §4 Abs2 und 3 MSVAG genannten Daten im Wesentlichen nicht bereits jetzt strukturiert vorhanden seien. Für Arzneimittel-Vollgroßhändler bestünden nach der Verordnung über Betriebe, die Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellen, kontrollieren oder in Verkehr bringen, und über die Vermittlung von Arzneimitteln (Arzneimittelbetriebsordnung 2009 - AMBO 2009), BGBl II 324/2008, idF BGBl II 10/2025 umfassende Dokumentationspflichten (insb. §22 leg. cit.), weshalb die entsprechenden Aufzeichnungen ohnehin weitestgehend vorliegen müssten. Ein allfälliger zusätzlicher Aufwand, der sich aus dem "Vorbereitungs- und Adaptierungsbedarf" ergäbe, sei daher als gering einzuschätzen. Da bereits das Geschäftsmodell der antragstellenden Gesellschaften einen umfassenden Überblick über die Lagerstände und die damit verbundenen Daten verlange, blieben als Vorwirkungen im Wesentlichen technische Anpassungen, die sich aus Vorkehrungen für die in §4 Abs4 MSVAG geforderte Nutzung der jeweils gültigen Version der Schnittstellenbeschreibung ergeben würden. Der Umstand, dass Arzneimittel-Vollgroßhändler in aller Regel ohnehin über die geforderten Daten verfügen würden, wirke sich auch positiv auf den zu erwartenden Aufwand bei der Implementierung der genannten Schnittstelle aus. Da die vorhandenen Datenstrukturen und Prozesse bereits bekannt und erprobt seien, könne auf bestehenden Datenmodellen aufgebaut werden und seien umfangreiche Anpassungen an bestehende Systeme nicht erforderlich. Unabhängig davon würden die antragstellenden Gesellschaften selbst darauf hinweisen, dass erst "im Frühherbst" mit den Vorbereitungshandlungen begonnen werden müsse. Damit fehle es an einem aktuellen Rechtseingriff.
4.2. In der Sache tritt die Bundesregierung den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegen (ohne die Hervorhebungen im Original):
"1. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Recht auf Erwerbsfreiheit (Art6 StGG):
1.1. Die Antragstellerinnen bringen vor, das Monitoringsystem mit weitreichendsten Meldepflichten verstoße gegen ihr Recht auf Erwerbsfreiheit (Art6 StGG). Das Monitoringsystem würde kein flächendeckendes Bild darstellen, da etwa die Direktbelieferung von Apotheken durch Pharmaunternehmen, der im Bereich der Krankenanstalten abgegebene Anteil der Arzneimittel oder aber die Lagerbestände von Apotheken und vertriebsberechtigten Unternehmen nicht erfasst seien. Zudem sei eine derart zeitlich engmaschige und inhaltlich umfangreiche Meldepflicht – gerade in Zeiten einer stabilen Versorgung – nicht erforderlich.
1.2. Nach der ständigen Rechtsprechung zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art6 StGG (VfSlg 10.179/1984, 12.921/1991, 15.038/1997, 15.700/1999, 16.120/2001, 16.734/2002 und 17.932/2006) sind gesetzliche, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind. Das bedeutet, dass Erwerbsausübungsregeln bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein müssen. Es steht jedoch der Gesetzgebung bei Regelung der Erwerbsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einer Erwerbstätigkeit (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist, als durch Vorschriften, die den Zugang zur Erwerbstätigkeit überhaupt behindern (vgl VfSlg 11.558/1987 mwH, 11.853/1988, 12.379/1990, 12.481/1990, 13.704/1994, 16.324/2001; VfGH 27.11.2013, G49/2013).
1.3. Den Ausführungen der Antragstellerinnen ist entgegenzuhalten, dass das gegenständliche Monitoringsystem vor allem der Früherkennung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln sowie der gesundheitspolitischen Steuerung im Bereich von Arzneimitteln und damit dem Schutz der öffentlichen Gesundheit (vgl etwa VfSlg 20.445/2021), aber auch konkret der Sicherstellung einer funktionierenden Arzneimittelversorgung dient. Lieferengpässe und Arzneimittelverknappungen sind ein globales und in der Vergangenheit wiederholt aufgetretenes Problem, das durch die COVID-19-Pandemie und die damit in Zusammenhang stehenden Verzögerungen in der Vertriebskette nochmals deutlicher sichtbar wurde. So kam es beispielsweise im Winter 2022/2023 in Verbindung mit einem außergewöhnlich hohen Auftreten von Infektionskrankheiten in ganz Europa zu Engpässen in der Versorgung mit essentiellen Arzneimitteln. Sind Arzneimittel nicht in ausreichender Menge verfügbar, können erkrankte Personen nicht hinreichend behandelt werden bzw kann es durch die Zunahme der Anzahl von schwer erkrankten Personen in weiterer Folge auch zu einer Überlastung des Gesundheitssystems kommen. Engpässe zwingen die Akteure des Gesundheitswesens zu kurzfristigen Notlösungen und untergraben langfristige Strategien zur Sicherstellung einer stabilen Arzneimittelversorgung im Sinne der Sicherheit der Patienten. Um frühzeitig Probleme in der Versorgung mit Arzneimitteln erkennen und diesen somit effektiv gegensteuern zu können, ist es daher von großer Bedeutung, einen umfassenden aktuellen Überblick über Lagerstanddaten zu erhalten.
1.4.1. Der persönliche Anwendungsbereich der angefochtenen Bestimmungen adressiert Arzneimittel-Vollgroßhändler, da diese bei der nationalen Versorgung mit Arzneimitteln eine zentrale Rolle einnehmen: Sie liefern den Großteil der Arzneimittel an öffentliche Apotheken (vgl IA 348/A, 28. GP, 3, wonach aus diesem Grund eine Miteinbeziehung aller Arzneimittel-Großhändler nicht erforderlich ist); nach den Angaben auf der Webseite des Verbandes der österreichischen Arzneimittel-Vollgroßhändler (vgl ***, So funktioniert unsere Arbeit für Patient:innen im Hintergrund, https://www.***.at/***, abgerufen am 1. September 2025) jährlich über 200 Millionen Packungen. Beim Vergleich mit den Schätzungen für den Gesamtmarkt 2024 (intra- und extramural, Absatz von ca. 245 Millionen Packungen laut IQVIA; https://thehealthcareprof.com/pharma-news/marktueberblick-2024/, abgerufen am 1. September 2025) entspricht dies einem Deckungsgrad von rund 80 %. Selbst die Angaben der Antragstellerinnen (Punkt 2.3. des Antrages) zeigen deren essentielle Bedeutung für den Markt: So beliefert beispielsweise die Erstantragstellerin regelmäßig 91 % aller öffentlichen Apotheken und 48 % aller Hausapotheken. Das Monitoringsystem verschafft somit einen profunden Überblick über die Arzneimittelversorgung und stellt einen wichtigen Schritt dar, um die Versorgungssicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.
1.4.2. Die angefochtenen Bestimmungen sind auch im Zusammenspiel mit anderen rechtlichen (Transparenz-)Vorgaben, deren Empfänger sich zum Teil unterscheiden, zu sehen. Für den Bereich der 'Direktbelieferungen von Apotheken durch Pharmaunternehmen' (sog 'Direct-To-Pharmacy' Produkte) sind Zulassungsinhaber von Arzneimitteln gemäß der Verordnung über die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung, BGBl II Nr 30/2020, verpflichtet, dem BASG jede Einschränkung der Vertriebsfähigkeit einer verschreibungspflichtigen Arzneispezialität im Inland unverzüglich zu melden. Auch sind vertriebsberechtigte Unternehmen von im Erstattungskodex angeführten Arzneispezialitäten nach §38 Abs2 der Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG – VO-EKO, AVSV Nr 47/2004, verpflichtet, den DVSV über kurzzeitige Lieferschwierigkeiten zu informieren.
Darüber hinaus erfolgen Direktbelieferungen von Apotheken durch Pharmaunternehmen zumeist im höherpreisigen patentgeschützten Bereich. Lieferengpässe finden aber erfahrungsgemäß im niedrigpreisigeren patentfreien Bereich statt (vgl BASG, Liste der Meldungen zu Vertriebsbeschränkungen von Arzneispezialitäten, https://medicineshortage.basg.gv.at/vertriebseinschraenkungen/faces/adf.task-flow;jsessionid=XUO97BRqcW_ws5uwbdsowPBnA6FhG3WlzcV2wQQo5UCUualpCmC0!-48738728?_id=main-btf _document=WEB-INF/main-btf.xml, abgerufen am 1. September 2025), welcher hauptsächlich von den Arzneimittel-Vollgroßhändlern distribuiert wird. Dem folgend sind es auch die niedrigpreisigen, patentfreien, von den Arzneimittel- Vollgroßhändlern distribuierten Arzneispezialitäten, welche zur Erkennung von Lieferengpässen mit der gegenständlichen Regelung einem Monitoring unterworfen werden.
1.4.3. Außerdem nehmen Apotheken eine andere Rolle als Arzneimittel-Vollgroßhändler in der Arzneimittelversorgung ein. So sind Apotheken auf die Abgabe im Kleinen beschränkt (siehe §59 AMG und §1 der Apothekenbetriebsordnung 2005 – ABO, BGBl II Nr 65/2005). Durch die Apotheken erfolgt keine regional breite Streuung; sie dürfen nur gelegentlich Arzneimittel an andere Apotheken liefern (siehe §62 Abs2a iVm. Abs2c AMG; §1 Abs2 Z8 ABO). Im Gegensatz zum Großhandel ist es ihnen insbesondere verboten, Arzneimittel parallel zu vertreiben und 'umzuverteilen'. Ihre Kernaufgabe ist es vielmehr, als letztes Glied in der Vertriebskette die Arzneimittel-Versorgung der Bevölkerung zu garantieren. Demgegenüber ist der Arzneimittel-(Voll-)Großhandel definitionsgemäß für die Verteilung auf Großhandelsebene zuständig; er bedarf einer arzneimittelrechtlichen Betriebsbewilligung gemäß §63 Abs1 AMG. Die Aufgabenverteilung zwischen Apotheken und Großhändlern spiegelt sich auch in den strengen Vertriebswegen der §§57 bis 59 AMG wider: So setzt insb. die Abgabe im Großhandel gemäß 5 AMG eine arzneimittelrechtliche Betriebsbewilligung voraus (die Definition des Arzneimittel-Großhändlers in §2 Abs2 AMG stellt auf die Bewilligung gemäß §63 AMG ab). Den Apotheken ist hingegen die Abgabe im Kleinen gemäß §59 AMG vorbehalten.
1.4.4. Im Zusammenhang mit Krankenanstalten ist bloß auf die unterschiedliche kompetenzrechtliche Grundlage hinzuweisen (vgl Art12 Abs1 Z1 BVG; zum Arzneimittelvorrat in öffentlichen Krankenanstalten etwa §20 des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten – KAKuG, BGBl Nr 1/1957 in der Fassung des Informationsfreiheits-Anpassungsgesetzes BGBl I Nr 50/2025).
1.5.1. Im Hinblick auf die Ausgestaltung des Monitoringsystems ist zunächst anzumerken, dass, wie aus den Gesetzesmaterialien hervorgeht (vgl IA 348/A, 28. GP, 3), das Ziel der Bestimmung nicht ausschließlich auf die Erkennung von drohenden Lieferengpässen beschränkt ist, sondern auch der allgemeinen Verbesserung der gesundheitspolitischen Steuerung im Bereich der Arzneimittel dient, indem es den betroffenen Institutionen auf Grundlage der daraus gewonnenen Informationen ermöglicht, ihren Aufgaben effektiver nachzukommen bzw diese erstmalig wahrnehmen zu können. Ohne diese Daten ist die Aufgabenwahrnehmung vor allem im Zusammenhang mit Lageeinschätzungen im Krisenmanagement, aber auch der generellen Weiterentwicklung der Arzneimittelversorgungstrukturen für die Menschen in Österreich schwer bzw teilweise nicht möglich. Eine Einschätzung nur durch die einzelnen Arzneimittel-Vollgroßhändler selbst oder rein anlassbezogene Meldungen lässt keine fundierte, auf ganz Österreich bezogene Beurteilung der Versorgungssituation mit entsprechenden Steuerungsmöglichkeiten zu. Zur Zielerreichung ist die regelmäßige Zurverfügungstellung der Daten geboten.
Vor diesem Hintergrund reichen auch gelegentliche Auskünfte von Arzneimittel- Vollgroßhändler zu Lieferengpässen nicht aus, zumal diese ohne die zugrundeliegenden Daten nicht überprüft und damit nicht als solide Entscheidungsgrundlage herangezogen werden können. Nur die tägliche Datenübermittlung ermöglicht eine lückenlose Qualitätssicherung der Daten und trägt zur Überprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Warenströme bei. In einem längeren Betrachtungszeitraum können kurzfristige Schwankungen sonst unentdeckt bleiben, die jedoch auf potenziell bedenkliche Muster hinweisen (können). Auch in Krisensituationen werden tagesaktuelle Daten benötigt. Das Monitoringsystem rüstet somit für den Ernstfall.
1.5.2. Eine Beschränkung auf bestimmte Arzneimittel (bei denen es beispielsweise bereits zu Lieferengpässen gekommen ist) wäre insofern unsachgemäß, als so gerade unerwartete Lieferengpässe nicht frühzeitig erkannt und bekämpft werden könnten. So könnten Lieferengpässe auch produktionstechnische Auslöser haben, wie im Jahr 2019 die Verunreinigung bei Valsartan/Sartan-haltigen Arzneimitteln zeigt (vgl BASG, Valsartan / Sartan-haltige Arzneimittel, https://basg.gv.at/marktbeobachtung/amtliche- nachrichten/detail/valsartan-sartan-haltige-arzneimittel-pharmazeutische-unternehmen- sollen-herstellungsverfahren-ueberpruefen-um-auftreten-nitrosaminhaltiger-verunreinigungen-zu-vermeiden?sword_list%5B1%5D=1A sword_list%5B2%5D=Pharma sword_list%5B3%5D=100 sword_list%5B4%5D=mg cHash=d0dd932c098a17d428079dc4e773e820, abgerufen am 1. September 2025).
1.5.3. In der Lieferengpassthematik und für schnelle Gegenmaßnahmen sind Bedarfszahlen ('demand') und laufende Lieferzahlen ('supply') wesentlich (die europäische Definition von Lieferengpässen lautet: 'A shortage of a medicinal product for human or veterinary use occurs when supply does not meet demand at a national level.'; European Medicines Agency, Guidance on detection and notification of shortages of medicinal products for Marketing Authorisation Holders [MAHs] in the Union [EEA], https://www.ema.europa.eu/en/documents/regulatory-procedural-guideline/guidance- detection-and-notification-shortages-medicinal-products-marketing-authorisation-holders-mahs-union-eea_en.pdf, 2023, Seite 2, abgerufen am 1. September 2025). Die Daten der Arzneimittel-Vollgroßhändler tragen somit wesentlich besser zur Zielerreichung bei als kumulierte Datensätze. Daher ist gerade die in der gegenständlichen Regelung normierte Datengranularität erforderlich (zu einer umfassenden, verhältnismäßigen Datenmeldung vgl VfSlg 12.475/1990; siehe auch VfSlg 19.721/2012).
1.6. Beim Monitoringsystem handelt es sich um eine einzelne Maßnahme im Rahmen eines umfassenden Maßnahmenpakets zur Bekämpfung von Lieferengpässen und der Sicherstellung der Arzneimittelversorgung, welches laufend angepasst und weiterentwickelt wird. So sind beispielsweise Zulassungsinhaber nach der Verordnung betreffend die Bevorratung von Humanarzneispezialitäten, BGBl II Nr 161/2024, in der Fassung der Verordnung BGBl II Nr 38/2025, zur Bevorratung kritischer Arzneimittel verpflichtet, um Lieferengpässe abzufedern. Im bereits erwähnten Memorandum wurde auch vereinbart, dass die Arzneimittel-Vollgroßhändler Wirkstoffe bevorraten, wobei es eine gleichzeitige Zusage der Apotheken gab, diese im Bedarfsfall zur Herstellung magistraler Zubereitungen zu nutzen. Weiters sichert der Infrastruktursicherungsbeitrag gemäß §1 MSVAG ab, dass niedrigpreisige Arzneimittel nicht aus Kostengründen von Arzneimittel-Großhändlern aus dem Sortiment genommen werden (weshalb es auch im legitimen Interesse der Datenempfänger liegt, zu überprüfen, ob diese finanzielle Stützung effektiv ist und die Arzneimittel ihr Ziel, nämlich die Patientinnen und Patienten, erreichen). Es werden damit auf jeder Vertriebsstufe die passenden Maßnahmen gesetzt, die in einem Gesamtsystem zu betrachten sind.
1.7. Die Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln, die Früherkennung von Lieferengpässen und die Verbesserung der gesundheitspolitischen Steuerung entlang der Lieferkette und damit die stabile Versorgung der Patientinnen und Patienten liegen im öffentlichen Interesse. Durch das Monitoringsystem können Lieferengpässe frühzeitig erkannt und – im Interesse der Versorgungssicherheit – rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden. Die Bundesregierung vertritt daher die Ansicht, dass es im – bei Ausübungsschranken größeren – Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung liegt, ein solches Monitoringsystem für Arzneimittel-Vollgroßhändler vorzusehen (vgl zu Meldepflichten auch etwa VfGH 29.11.2022, V135/2022 mwN).
2. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 [1.] ZPEMRK):
2.1. Die Antragstellerinnen behaupten (vor allem) durch die Auferlegung der Kosten für die Herstellung der Schnittstellen-Infrastruktur eine Verletzung des Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 [1.] ZPEMRK).
2.2. Den Schutz des Art5 StGG genießt jedes vermögenswerte Privatrecht (zB VfSlg 8201/1977, 9887/1983, 10.322/1985 und 16.636/2002, 20.586/2022). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gilt der erste Satz des Art5 StGG auch für Eigentumsbeschränkungen. Die Gesetzgebung kann aber angesichts des in Art1, [1.] ZPEMRK enthaltenen Gesetzesvorbehalts Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern sie dadurch nicht den Wesensgehalt des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts der Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch sie bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt (VfSlg 9189/1981, 10.981/1986 und 15.577/1999), soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt (VfSlg 9911/1983, 14.535/1996, 15.577/1999 und 17.071/2003) und nicht unverhältnismäßig ist (VfSlg 13.587/1993, 14.500/1996, 14.679/1996, 15.367/1998 und 15.753/2000).
2.3. Im Hinblick auf das Vorbringen zur Kostentragung ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nicht von einem erheblichen Kostenaufwand auszugehen ist (vgl VfGH 23.2.2021, G29/2021) und es angesichts der Wichtigkeit des öffentlichen Interesses verhältnismäßig ist, großen, finanzstarken Unternehmen die Kosten für die Herstellung der Schnittstellen- Infrastruktur aufzuerlegen. Die Antragstellerinnen zählen zu den größten Unternehmen des Arzneimittelgroßhandels mit entsprechender Systemrelevanz und Wirtschaftskraft. So beschäftigt die Erstantragstellerin rund 1 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und zählt sich selbst zu 'Österreichs Leitbetrieben' (***, Über uns, https://www.***.at/***, abgerufen am 1. September 2025). Zudem besteht – vor dem Hintergrund des bereits dargelegten Pakets an (finanziellen) Maßnahmen – auch keine einseitige Belastung der Arzneimittel-Vollgroßhändler.
2.4. Vor diesem Hintergrund ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Gesetzgebung ihren rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten hat. Darüber hinaus sind auch die Bedenken im Hinblick auf das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 [1.] ZPEMRK) aus den zum Recht auf Erwerbsfreiheit (Art6 StGG) gesagten Gründen jedenfalls gerechtfertigt.
3. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Recht auf Achtung des Privatlebens (Art8 EMRK) sowie das Grundrecht auf Datenschutz (§1 DSG):
3.1. Nach Ansicht der Antragstellerinnen verstoße das Monitoringsystem gegen das Recht auf Achtung des Privatlebens (Art8 EMRK) und das Grundrecht auf Datenschutz (§1 DSG). Die zu meldenden Daten würden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, nämlich die gesamte Organisation und Verwaltung der Lagerhaltung, der Eingänge und der Distribution, betreffen. Vor allem sei es nicht erforderlich, dass eine derart umfangreiche Meldung sowohl an die zuständige Bundesministerin bzw den zuständigen Bundesminister, das BASG als auch den DVSV ergeht. Besonders dem DVSV obliege keine entsprechende Aufgabe. Überdies werde das Gebot der Datensparsamkeit nicht gewahrt, da den Antragstellerinnen die Übermittlung einer nicht erforderlichen Datenmenge abverlangt werden würde und zugleich keinerlei Garantien für den Schutz ihrer Geheimhaltungsinteressen vorgesehen seien. Der Eingriffstatbestand sei nicht hinreichend determiniert, da nicht klar sei, wer zu welchen Zwecken ein Monitoringsystem aufbauen solle.
3.2. Dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrecht auf Datenschutz gemäß §1 Abs1 DSG zufolge hat jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten. Auch Wirtschaftsdaten sind personenbezogene Daten im Sinne des §1 Abs1 DSG (VfSlg 12.228/1989, 12.880/1991, 16.369/2001). Das Grundrecht auf Datenschutz verbürgt einen verfassungsrechtlichen Schutz vor Ermittlung personenbezogener Daten, bei denen es sich auch um Wirtschaftsdaten handeln kann. Beschränkungen dieses Grundrechtes sind dem Gesetzesvorbehalt des §1 Abs2 DSG zufolge (abgesehen vom lebenswichtigen Interesse des Betroffenen an der Verwendung personenbezogener Daten oder seiner Zustimmung dazu) nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen zulässig, die aus den in Art8 Abs2 EMRK genannten Gründen notwendig sind. Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 19.673/2012 und VfSlg 12.228/1989 ausgesprochen hat, ist die Erhebung von Wirtschaftsdaten, an denen die Wirtschaftssubjekte ein schutzwürdiges Interesse haben, gemäß §1 Abs2 DSG in Verbindung mit Art8 Abs2 EMRK nur zulässig, wenn eine zur Datenerhebung ermächtigende Norm den Informationseingriff gestattet, dieser einem der enumerativ aufgezählten Eingriffsziele dient, auf das Erforderliche beschränkt und einem demokratischen Staat angemessen ist. Gesetze, die staatliche Behörden zur Erhebung von Daten ermächtigen, müssen daher gemäß §1 Abs2 DSG ihren Eingriffszweck hinreichend konkret bestimmen (vgl VfSlg 16.369/2001) und zur Sicherung der Verhältnismäßigkeit ausreichend präzise regeln, unter welchen Voraussetzungen die Ermittlung und die Verwendung personenbezogener Daten für die Wahrnehmung konkreter Verwaltungsaufgaben zulässig ist (siehe VfSlg 18.146/2007).
3.3.1. Wie aus den Gesetzesmaterialien ersichtlich (vgl IA 348/A, 28. GP, Seite 3) soll durch das Monitoringsystem die Wirksamkeit der Weiterführung des Infrastruktursicherungsbeitrags überwacht werden, es soll der Früherkennung von drohenden Lieferengpässen und der damit zusammenhängenden Sicherstellung der Arzneimittelversorgung dienen und die allgemeine gesundheitspolitische Steuerung in diesem Bereich gewährleisten. Dies legt auch bereits der Titel des Gesetzes dar ('Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln'). Die Bestimmung zum Monitoringsystem liegt somit im öffentlichen Interesse, dem Schutz der Gesundheit im Sinne des Art8 Abs2 EMRK, insbesondere dem Schutz der Funktionsfähigkeit der Gesundheitsinfrastruktur (VfSlg 20.399/2020).
3.3.2. Neben dieser Festlegung des Zweckes der Datenübermittlung ist in der Bestimmung zum Monitoringsystem klar festgelegt, wer (Arzneimittel-Vollgroßhändler), wann (täglich), welche Daten (die in §4 Abs2 und 3 MSVAG genannten), an wen (nämlich an die für das Gesundheitswesen zuständige Bundesministerin bzw den zuständigen Bundesminister, das BASG sowie den DVSV) zu übermitteln hat. Die Modalitäten sind somit durch ausreichende Präzisierung des Gesetzes für jedermann vorhersehbar und auch ausreichend determiniert. Darüber hinaus ist das Bedenken im Hinblick auf die erforderliche Datenmenge aus den zuvor zum Recht auf Erwerbsfreiheit (Art6 StGG) gesagten Gründen jedenfalls gerechtfertigt, da nur die zur Zweckerreichung auch notwendigen Daten zu übermitteln sind.
Die Ansicht der Antragstellerinnen, die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs VfSlg 16.369/2001 behandelte Abfrage umfassender Wirtschaftsdaten sei mit der des §4 MSVAG vergleichbar, kann von der Bundesregierung nicht geteilt werden. Die gemäß §4 MSVAG zu übermittelnden Daten sind im Gegensatz zu der telekommunikationsrechtlichen Bestimmung, die dem genannten Erkenntnis zugrunde lag, bereits auf das Wesentlichste eingeschränkt. Die damals verfahrensgegenständliche Bestimmung in §83 Abs2 TKG sah eine Auskunftspflicht von Betreibern von Telekommunikationsdiensten gegenüber dem zuständigen Minister bzw der zuständigen Ministerin und der Regulierungsbehörde im Hinblick auf 'die für den [Gesetzes-]Vollzug […] und der relevanten internationalen Vorschriften notwendig[en]' Informationen vor. Die behandelte Datenabfrage beträgt somit ein Vielfaches des nach §4 MSVAG geforderten Datensatzes.
Gleichzeitig werden auch die Geheimhaltungsinteressen der Antragstellerinnen geschützt: Die Daten werden weder veröffentlicht noch dritten Unternehmen zur Verfügung gestellt. Zum Schutz etwaiger Geschäftsgeheimnisse ermöglicht außerdem die elektronische Schnittstelle einen entsprechend sensiblen Umgang mit den Daten. Außerdem gelten – wie für alle Bereiche der Verwaltung – auch hier die entsprechenden Geheimhaltungspflichten (zur Amtsverschwiegenheit gemäß Art20 Abs3 B VG in der bis zum Ablauf des 31. August 2025 geltenden Fassung siehe VfSlg 19.673/2012; siehe nunmehr die auf Grund des Bundesgesetzes BGBl I Nr 50/2025 geregelten Geheimhaltungspflichten).
3.3.3. Neben der zuständigen Bundesministerin bzw dem zuständigen Bundesminister und dem BASG erfolgt auch im DVSV eine Nutzung der gegenständlichen Daten zur Erfüllung der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben. Entgegen den Ausführungen der Antragstellerinnen kommt dem DVSV eine zentrale Bedeutung im System der Arzneimittelversorgung zu. So obliegen ihm gemäß §30 Abs2 Z2 und 3 ASVG die Koordinierung der Vollziehungstätigkeit der Sozialversicherungsträger sowie die Wahrnehmung trägerübergreifender Verwaltungsaufgaben im Bereich der Sozialversicherung. Da die Arzneimittelversorgung zum Wesenskern der Sozialversicherung zählt (vgl nur §133 Abs1 Z2 ASVG), tritt der DVSV auch in diesem Bereich als koordinierende Institution auf.
Ferner ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass der DVSV zur Erfüllung seiner koordinierenden Aufgaben im ständigen Austausch mit allen Stakeholdern des österreichischen Gesundheitswesens steht. Dies umfasst den Dialog mit vertriebsberechtigten Unternehmen im Kontext der Herausgabe des Erstattungskodex (vgl §30b Abs1 Z4 ASVG zur Aufnahme von gesichert lieferbaren Arzneispezialitäten), den Dialog mit der Apothekerschaft im Kontext der Beziehung der Sozialversicherung zu den Apothekern (vgl die §§348a ff ASVG) sowie mit den Krankenanstaltenträgern (vgl Vereinbarung gemäß Art15a B VG über die Organisation und Finanzierung im Gesundheitswesen, BGBl I Nr 2/2025). Dadurch hat der DVSV einen weitgehenden Überblick über die Versorgungslage der Versicherten. Da die neuen Bestimmungen des Bundesgesetzes über Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln mitunter dazu dienen sollen, speziell in Krisensituationen das fortbestehende Zusammenspiel dieser komplexen Systeme zu gewährleisten, ist die Einbeziehung des DVSV in den Adressatenkreis der Datenmeldung somit unerlässlich. Beispielsweise sind im Rahmen der Krankenbehandlung auch die Kosten des Imports von Therapiealternativen zu übernehmen, wenn kein adäquates Produkt verfügbar ist. Daher kann dem DVSV der ihm gesetzlich übertragene Aufgabenbereich der Arzneimittelversorgung und ein damit zusammenhängendes Interesse an einem Monitoringsystem aus versorgungspolitischen und ökonomischen Gründen nicht abgesprochen werden. Vor diesem Hintergrund sind Vertreterinnen und Vertreter des DVSV auch Mitglied in der nach §8 des Bundesministeriengesetzes 1986 eingerichteten Kommission zur Arzneimittelversorgung zur Beratung der Bundesministerin bzw des Bundesministers.
3.4. Die Bundesregierung weist weiters darauf hin, dass entsprechende (wenngleich in der konkreten Ausgestaltung unterschiedliche) Monitoringsysteme auch in anderen Ländern vorgesehen sind (siehe Vogler, Tackling medicine shortages during and after the COVID-19 pandemic. Compilation of governmental policy measures and developments in 38 countries, Health policy 143 [2024], insb. Seite 11 [Beilage 1]; Ravela et al., Can a national storage obligation for medicines prevent shortages? Evidence from the Finnish experience, Exploratory Research in Clinical and Social Pharmacy 19 [2025] [Beilage 2]).
Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, dass die Gesetzgebung bei der Einführung des Monitoringsystems ihren im Hinblick auf Wirtschaftsdaten weitergehenden Gestaltungsspielraum für Informationseingriffe des Staates (vgl VfSlg 19.673/2012) nicht überschritten hat.
3.5. Auch eine Prüfung am Maßstab des von den Antragstellerinnen weiters ins Treffen geführten Rechts auf Achtung des Privatlebens (Art8 EMRK) führt zu keinem anderen Ergebnis als diejenige am Maßstab des §1 DSG (vgl etwa wiederum VfSlg 19.673/2012).
4. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz (Art7 B VG):
4.1. Die Antragstellerinnen behaupten weiters eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art7 B VG). Einerseits adressiere das Monitoringsystem nur Arzneimittel- Vollgroßhändler, weshalb eine unsachliche Ungleichbehandlung von Arzneimittel- Vollgroßhändlern und Arzneimittel-Großhändlern vorliege. Andererseits würden die hohen Strafdrohungen des §5 MSVAG gegen das aus Art7 B VG abgeleitete Exzessverbot verstoßen.
4.2. Der Gleichheitssatz bindet auch die Gesetzgebung (vgl VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001, 20.555/2022). Er setzt ihr insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, unsachliche, durch tatsächliche Unterschiede nicht begründbare Differenzierungen und eine unsachliche Gleichbehandlung von Ungleichem (vgl VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005) sowie sachlich nicht begründbare Regelungen zu schaffen (vgl VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es der Gesetzgebung jedoch von Verfassung wegen nicht verwehrt, ihre (sozial-)politischen Zielvorstellungen auf die ihr geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl VfSlg 13.576/1993, 13.743/1994, 15.737/2000, 16.504/2002, 20.565/2022). Sie kann im Rahmen ihres rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes einfache und leicht handhabbare Regelungen treffen und darf bei der Normsetzung generalisierend von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen (vgl VfSlg 13.497/1993, 15.850/2000, 16.048/2000, 17.315/2004 und 17.816/2006, 19.722/2012, 20.565/2022, jeweils mwN) sowie auch Härtefälle in Kauf nehmen (vgl VfSlg 16.771/2002 mwN). Ob das Ergebnis einer Regelung in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht am Maßstab des Gleichheitssatzes gemessen werden (vgl VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000, 16.814/2003, 20.555/2022).
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es der Gesetzgebung nicht verwehrt, bei der Normsetzung zu generalisieren und auf eine Durchschnittsbetrachtung abzustellen (vgl VfSlg 15.850/2000, 16.048/2000, 16.744/2002, 17.315/2004 und 17.816/2006).
4.3. Der Marktanteil der Arzneimittel-Vollgroßhändler ist von wesentlicher Relevanz (siehe näher Pkt. 1.4.1.). Arzneimittel-Vollgroßhändler (im Gegensatz zu Arzneimittel-Großhändlern) sind dem Prinzip des Vollsortiments, der Lieferfähigkeit und der Lieferbereitschaft verpflichtet. Sie unterhalten umfangreiche Lager mit breitem Sortiment und sind darauf ausgerichtet, sicher, schnell und effizient Arzneimittel in ganz Österreich auszuliefern. Dieser Umstand erfordert ein entsprechendes Organisationssystem, insbesondere bei der Waren- und Lagerwirtschaft. Nach Auffassung der Bundesregierung konnte die Gesetzgebung somit in einer Durchschnittsbetrachtung vertretbar davon ausgehen, dass die Datenübermittlung durch Arzneimittel-Vollgroßhändler ein realitätsgetreues Bild über den nationalen Versorgungsstand und das Auftreten möglicher Engpässe liefert und insofern anders geartet ist als eine Datenübermittlung durch Arzneimittel-Großhändler.
4.4. Darüber hinaus verfügen Arzneimittel-Vollgroßhändler über andere finanzielle, personelle und organisatorische Möglichkeiten als Arzneimittel-Großhändler. Für die kleineren Arzneimittel-Großhändler stellt das Monitoringsystem eine deutlich größere wirtschaftliche Belastung dar. Für die Funktionsfähigkeit des Monitoringsystems genügen aber die Daten der Arzneimittel-Vollgroßhändler, weshalb eine Differenzierung nach den wirtschaftlichen und organisationstechnischen Gegebenheiten und Möglichkeiten durchaus sachlich gerechtfertigt ist (zu einer Differenzierung nach der Leistungskraft vgl bereits VfSlg 2957/1956; zur Unterscheidung auch nochmal der Verweis auf IA 348/A, 28. GP, Seite 3 f).
4.5. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes begrenzt das Sachlichkeitsgebot den Spielraum der Gesetzgebung bei der Festlegung von Sanktionen für rechtswidriges Verhalten. Das Sachlichkeitsgebot verpönt auch den Fall, in dem ein exzessives Missverhältnis zwischen dem unter Strafsanktion gestellten Verhalten und der als primären Rechtsfolge vorgesehenen Geldstrafe gegeben ist (VfSlg 12.151/1989). Ein solches Missverhältnis liegt nicht vor:
§5 MSVAG sieht bei nicht (rechtzeitiger) Pflichterfüllung eine Verwaltungsstrafe in Höhe von 25 000 Euro – im Wiederholungsfall bis zu 50 000 Euro – vor. Zunächst ist die Strafdrohung nach der Schädlichkeit dadurch differenziert, dass sich im Wiederholungsfall die Strafdrohung erhöht. Darüber hinaus ist die Strafdrohung vor dem Hintergrund der Adressaten der Verwaltungsstrafbestimmung zu sehen. Arzneimittel-Vollgroßhändler sind große, finanzstarke Unternehmen (siehe bereits oben Pkt. 2.3.). Um wirksam zu sein, muss die Strafdrohung an die üblicherweise vorliegenden wirtschaftlichen Gegebenheiten der Normadressaten angepasst werden. Der Strafzweck wird somit nur erreicht, wenn die für den Fall des rechtswidrigen Verhaltens vorgesehene Strafe derart empfindlich ist, dass ein in der Regel normgemäßes Verhalten durchgesetzt werden kann (vgl VfSlg 19.960/2015).
4.6. Im Ergebnis liegt nach Auffassung der Bundesregierung vor dem Hintergrund der vorgenommenen Durchschnittsbetrachtung und der bestehenden Unterschiede (der Daten) von Arzneimittel-Vollgroßhändlern und Arzneimittel-Großhändlern sowie der sachlichen Ausgestaltung der vorgesehenen Verwaltungsstrafe kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz im Sinne des Art7 B VG vor.
5. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Bestimmtheits- (Art18 BVG) und Klarheitsgebot (Art7 EMRK) sowie den Gleichheitssatz (Art7 B VG):
5.1. Die Antragstellerinnen behaupten (der Sache nach) vordergründig einen Verstoß gegen das Bestimmtheits- (Art18 BVG) und Klarheitsgebot (Art7 EMRK). Weder seien Arzneimittel-Vollgroßhändler klar definiert noch sei ausdrücklich festgelegt, welche Kosten die Antragstellerinnen zu tragen haben und zudem sei die Wortfolge 'gelagerte Menge der Wirkstoffe' zu unbestimmt.
5.2. Das im Art18 Abs1 B VG verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet, dass Gesetze einen Inhalt haben müssen, durch den das Verhalten der Vollziehung vorherbestimmt ist. Das Kriterium für die Beurteilung, ob eine Norm ausreichend bestimmt ist, ist dabei die Frage, ob die getroffene Entscheidung auf ihre inhaltliche Gesetzmäßigkeit überprüft werden kann. Dabei sind in Ermittlung des Inhalts des Gesetzes alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen: Ob eine Norm dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, richtet sich nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrer Entstehungsgeschichte, dem Gegenstand und dem Zweck der Regelung (vgl VfSlg 8209/1977, 9883/1983, 12.947/1991, 20.537/2022). Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Norm die in Art18 B VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse (VfSlg 11.859/1988, 18.738/2009, 20.410/2020, VfGH 20.9.2012, B783/12).
Darüber hinaus muss die Gesetzgebung klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, wo gestraft werden soll und muss dem Einzelnen damit die Möglichkeit geben, sich dem Recht gemäß zu verhalten (Art18 Abs1 BVG, Art7 EMRK; vgl VfSlg 11.520/1987, 11.776/1988, 14.606/1996, 20.011/2015; 20.039/2016jeweils mwN; vgl auch Rill, Art18 B VG, in Kneihs/Lienbacher [Hrsg.] Rill-Schäffer-Kommentar. Bundesverfassungsrecht [1. Lfg. 2001] Rz. 65).
5.3. Die Legaldefinition in §2 Abs3 AMG definiert Arzneimittel-Vollgroßhändler als 'Arzneimittel-Großhändler, der zufolge ausreichender Lagerhaltung einer entsprechenden Sortimentgestaltung sowie einer entsprechenden Versorgungsbereitschaft, -regelmäßigkeit und -intensität, in der Lage ist, die Arzneimittelversorgung […] in einem bestimmten Gebiet sicherzustellen' (der Begriff findet sich auch an zahlreichen anderen Stellen der Rechtsordnung, etwa in §57a Abs1 AMG, §62 Abs3 AMG, §94d Abs2 AMG, nach §62 Abs4 AMG können mittels Verordnung die Anforderungen an Arzneimittel-Vollgroßhändler näher bestimmt werden). Zudem wird in den Materialien der Unterschied zwischen Arzneimittel-Großhändler und Arzneimittel-Vollgroßhändler näher ausgeführt. Arzneimittel-Vollgroßhändler verfügen über ein breiteres (seltene, wichtige Arzneimittel), aber auch ein tieferes (Stückzahl) Arzneimittellager und einen organisatorischen Apparat, der den Kleinverkauf zumindest einmal täglich beliefern kann (RV 1060, 15. GP, Seite 29). Die gesetzliche Grundlage enthält somit kumulativ mehrere Kriterien anhand deren ein Arzneimittel-Vollgroßhändler feststellbar und dessen Abgrenzung zum Arzneimittel-Großhändler möglich ist. Dies führt auch in der Praxis zu keinen Abgrenzungsschwierigkeiten (und auch in der einschlägigen Literatur werden diesbezüglich keine Probleme hervorgehoben, vgl nur Steinböck, §2, in Cerha/Heissenberger/Steinböck [Hrsg.], AMG 2, Stand 15.2.2025, rdb.at, Rz. 106). Darüber hinaus bezeichnen sich die Antragstellerinnen selbst als Arzneimittel-Vollgroßhändler und legen die Erfüllung der einzelnen gesetzlichen Kriterien im Sinne des §2 Abs3 AMG dar (Pkt. 2.3. des Antrages; ***, so funktioniert unsere Arbeit für Patient:innen im Hintergrund, https://www.***.at/***, abgerufen am 1. September 2025).
5.4. Zur Unklarheit, welche Angabe mit 'Menge' gemeint sei, wird festgehalten, dass die Menge einerseits über die Schnittstellenbeschreibung definiert wird und andererseits, wie bei Wirkstoffen branchenüblich, in einer Gewichtsangabe besteht (vgl in diesem Sinn etwa auch §49 Abs1 Z2 der Verordnung über Statistiken zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und zur landwirtschaftlichen Erzeugung, BGBl II Nr 420/2024, wonach 'die Menge der auf der Fläche verwendeten Pflanzenschutzmittel und Wirkstoffe (Kilogramm)' zu erheben ist). Eine Erfassung nach Stückzahl der Gebinde ist – wie auch von den Antragstellerinnen vorgebracht – nicht zielführend, da die enthaltene Menge vom Wirkstoff variieren kann. Eine Erfassung nach Volumen, wie von den Antragstellerinnen suggeriert, scheidet ebenfalls aus, da hier nicht sicher auf die Menge des enthaltenen Wirkstoffes geschlossen werden kann. Die Bestimmung ist daher aus Sicht der Bundesregierung jedenfalls hinreichend bestimmt bzw bestimmbar. Da die Antragstellerinnen mit Wirkstoffen handeln, ist nicht davon auszugehen, dass sie wesentliche zusätzliche Ressourcen benötigen, um deren Menge festzustellen.
5.5. Zur Kostentragung ist auszuführen, dass im Sinne des §4 Abs4 MSVAG die 'Kosten der Schnittstelle für die Zurverfügungstellung gemäß Abs1 […] von dem jeweiligen Arzneimittel-Vollgroßhändler zu tragen' sind. Daraus ergibt sich unmissverständlich, dass die Antragstellerinnen lediglich die hauseigenen Kosten ihrer Schnittstelle zu tragen haben.
5.6. Nach Auffassung der Bundesregierung sind die betreffenden Vorschriften einer Sinnermittlung im Wege der Auslegung zugänglich und verstoßen daher nicht gegen das Bestimmtheitsgebot gemäß Art18 BVG bzw das Klarheitsgebot gemäß Art7 EMRK. Nichts anderes gilt für die Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz gemäß Art7 B VG.
6. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Bestimmungen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."
5. Die antragstellenden Gesellschaften haben mit Schriftsatz vom 21. November 2025 und die Bundesregierung hat mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2025 weitere Unterlagen vorgelegt.
6. Der Verfassungsgerichtshof führte am 3. Dezember 2025 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der sowohl tatsächliche als auch rechtliche Gesichtspunkte hinsichtlich der angefochtenen Bestimmungen mit den Parteien erörtert wurden.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‐VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).
1.2. Die angefochtene Verpflichtung zur Bereitstellung der in §4 MSVAG genannten Informationen und die daran knüpfende Verwaltungsstrafdrohung des §5 leg. cit., welche die antragstellenden Gesellschaften unmittelbar zu Adressaten haben, treten gemäß §6 Abs3 zweiter Satz leg. cit. erst mit dem 1. Jänner 2026 in Kraft.
1.2.1. Die antragstellenden Gesellschaften begründen ihre aktuelle Betroffenheit durch diese Bestimmungen in ihrem am 29. Juli 2025 eingebrachten Antrag damit, dass sie "bereits jetzt" damit beginnen müssten, die Schnittstellen-Infrastruktur aufzubauen und die innerbetriebliche Datenerfassung und -verwaltung in der Lagerhaltung sowie in den Lagerbewegungen derart zu adaptieren, dass alle in §4 Abs2 und 3 MSVAG geforderten Daten in der gesetzlich geforderten Form ab dem 1. Jänner 2026 parat seien. Der Vorbereitungs- und Adaptierungsbedarf sei derart groß, dass spätestens im Frühherbst damit begonnen werden müsste, damit die neuen gesetzlichen Anforderungen rechtzeitig erfüllt werden könnten.
1.2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat ua in den Erkenntnissen VfSlg 15.773/2000, 18.896/2009, 20.002/2015 und 20.065/2016 bereits festgestellt, dass es sich bei Verpflichtungen, die durch das Gesetz auferlegt worden sind, dann nicht um bloße – in der Regel verfassungsrechtlich unerhebliche – wirtschaftliche Reflexwirkungen handelt, wenn sie ab einem bestimmten Stichtag zu erfüllen sind und es zur Vermeidung von strafrechtlichen Sanktionen tatsächlich unvermeidlich ist, vor diesem Stichtag administrative, technische oder sonstige Vorkehrungen, die mit ins Gewicht fallenden Aufwendungen verbunden sind, zu treffen, um ab dem Stichtag die Pflichten gesetzeskonform erfüllen zu können. Vielmehr ist in einem solchen Fall davon auszugehen, dass der gesetzlich vorgesehene nachteilige Eingriff bereits vor dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens eines Gebots eine aktuelle Beeinträchtigung der Rechtssphäre des von der Verpflichtung Betroffenen bewirkt. Die Zulässigkeit ist sohin ab jenem Zeitpunkt zu bejahen, der es erlaubt, über die Rechtmäßigkeit des beanstandeten Eingriffs eine Klärung derart herbeizuführen, dass die damit verbundenen Aufwendungen vermieden oder doch verringert werden können.
1.2.3. Die Kundmachung der Novelle BGBl I 38/2025 zum MSVAG, mit der die in Anfechtung gezogenen, künftigen Verpflichtungen erlassen worden sind, erfolgte am 23. Juli 2025. Aus dem zum 1. Jänner 2026 vorgesehenen Inkrafttreten der angefochtenen Bestimmungen resultierte bereits ab dem 24. Juli 2025 die Notwendigkeit zu entsprechenden Vorkehrungen, damit sich die antragstellenden Gesellschaften ab 1. Jänner 2026 rechtskonform verhalten können.
1.2.4. §4 MSVAG zeitigt daher Vorwirkungen dergestalt, dass die antragstellenden Gesellschaften bereits vorab entsprechende Maßnahmen zur Normerfüllung, insbesondere im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung, vorzunehmen haben, die mit Aufwand verbunden sind; die Bundesregierung ist dem nicht substantiiert entgegengetreten. Die aktuelle Betroffenheit der antragstellenden Gesellschaften durch die angefochtenen Vorschriften ist daher zu bejahen. Daran vermag auch der Hinweis der Bundesregierung auf das Vorbringen der antragstellenden Gesellschaften, wonach diese mit den Vorbereitungsarbeiten (erst) "im Frühherbst" beginnen müssten, nichts zu ändern, weil ein Zuwarten bis zu diesem Zeitpunkt angesichts der voraussichtlichen Dauer eines Gesetzesprüfungsverfahrens (vgl §63 Abs2 VfGG) den drohenden Aufwand dann nicht mehr verhindern könnte.
1.3. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Hauptantrag hinsichtlich §4 MSVAG und der mit dieser Bestimmung in einem nicht offenkundig trennbaren Regelungszusammenhang stehenden Bestimmungen der §§5 und 6 Abs3 zweiter Satz leg. cit. insgesamt als zulässig. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf den Eventualantrag.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den im Antrag dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
2.2.1. Das Bundesgesetz über Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln (MSVAG) gewährte in der Stammfassung BGBl I 192/2023 Arzneimittel-Großhändlern auf Antrag einen "Infrastruktursicherungsbeitrag" in Höhe von 28 Cent für jede an eine im Inland ansässige öffentliche Apotheke oder Anstaltsapotheke im Zeitraum vom 1. September 2023 bis zum 31. August 2024 abgegebene und nicht retournierte Handelspackung einer Arzneispezialität mit Kosten unter der Kostenerstattungsgrenze. Die weiteren Bestimmungen dieses Gesetzes regelten die Zuständigkeiten und das Verfahren sowie die Kostentragung für diese Maßnahme. Ausweislich der Gesetzesmaterialien (IA 4761/A XXVII. GP, 2) sollte damit "vor dem Hintergrund der in der Wintersaison 2022/23 aufgetretenen Lieferengpässe […] die Verfügbarkeit von Arzneimitteln in Österreich in der Wintersaison 2023/24 bestmöglich" sichergestellt und verhindert werden, "dass Arzneimittel aus Rentabilitätsgründen aus dem Warensortiment genommen werden". Die Novelle BGBl I 103/2024 verlängerte diese Maßnahme um ein Jahr.
2.2.2. Die weitere Novelle BGBl I 38/2025 führte nicht nur diese Förderungsmaßnahme für den Zeitraum vom 1. September 2025 bis zum 31. August 2028 (allerdings mit verringerter Beitragshöhe) weiter, sondern sieht für die Zeit ab 1. Jänner 2026 ein "Monitoringsystem der beim Großhandel gelagerten Arzneispezialitäten und Wirkstoffe" vor. Demnach sollen "Arzneimittel-Vollgroßhändler" – bei Verwaltungsstrafdrohung (§5 MSVAG) – dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister, dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen und dem Dachverband der Sozialversicherungsträger (DVSV) "täglich" über eine elektronische Schnittstelle näher bestimmte Daten zu gelagerten Arzneispezialitäten und Wirkstoffen zur Verfügung stellen (§4 Abs1 MSVAG). Die zu übermittelnden Daten umfassen nach §4 Abs2 und 3 MSVAG insbesondere die Anzahl der gelagerten Arzneispezialitätenpackungen bzw Wirkstoffmengen, die eingegangenen und ausgegangenen Arzneispezialitätenpackungen bzw Wirkstoffmengen seit Zurverfügungstellung der letzten Lagerstandsdaten, die bestellten Packungen bzw Mengen für die Zugänge und für die Abgänge in den nächsten vier Wochen, den durchschnittlichen Monatsbedarf anhand des Bedarfes der letzten zwölf Monate und gegebenenfalls Angaben des Herstellers zur Lieferfähigkeit der Arzneispezialitäten bzw Wirkstoffe. Arzneimittel-Vollgroßhändler sind verpflichtet, die jeweils gültige Version der Schnittstellenbeschreibung, die vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zur Verfügung gestellt wird, zur Datenübermittlung zu nutzen; die "Kosten der Schnittstelle für die Zurverfügungstellung gemäß [§4 Abs1 MSVAG] sind vom jeweiligen Arzneimittel-Vollgroßhändler zu tragen" (§4 Abs4 leg. cit.).
Die Gesetzesmaterialien (IA 348/A XXVIII. GP, 3) begründen die Einführung dieses Monitoringsystems damit, es ermögliche "einerseits die Überwachung dieser Maßnahme" (gemeint wohl des Infrastruktursicherungsbeitrages) und sei "anderseits für die zukünftige Früherkennung von Lieferengpässen sowie für die allgemeine gesundheitspolitische Steuerung im Bereich der Arzneimittelversorgung notwendig". Da derzeit der Großteil der Arzneimittel in Österreich über die Arzneimittel-Vollgroßhändler vertrieben werde, werde eine Verpflichtung der Zurverfügungstellung von Lagerstandsdaten für sämtliche Arzneimittel-Großhändler "als nicht erforderlich erachtet bzw wäre eine solche Verpflichtung aufgrund der meist deutlich kleineren Unternehmensgrößen und der zumeist geringeren Produktvielfalt einzelner Arzneimittel-Großhändler nicht rechtfertigbar".
2.2.3. Das MSVAG definiert den Begriff des Arzneimittel-Vollgroßhändlers nicht. Die Gesetzesmaterialien (IA 348/A XXVIII. GP, 3) verweisen auf die Definition des Arzneimittelgesetzes. Gemäß §2 Abs2 Arzneimittelgesetz (AMG) gelten als "Arzneimittel-Großhändler" Gewerbetreibende, die auf Grund der Gewerbeordnung 1994 zum Großhandel mit Arzneimitteln berechtigt sind und über eine entsprechende Bewilligung gemäß §63 Abs1 leg. cit. verfügen, sowie pharmazeutische Unternehmer einer anderen Vertragspartei des EWR-Abkommens, die berechtigt sind, Großhandel mit Arzneimitteln zu treiben; unter einem "Arzneimittel-Vollgroßhändler" versteht §2 Abs3 AMG einen Arzneimittel-Großhändler, der zufolge ausreichender Lagerhaltung, einer entsprechenden Sortimentgestaltung sowie einer entsprechenden Versorgungsbereitschaft, -regelmäßigkeit und -intensität in der Lage ist, die Arzneimittelversorgung im Sinne des §57 leg. cit. in einem bestimmten Gebiet sicherzustellen. §57 AMG regelt die Berechtigung zur Abgabe von Arzneimitteln. Ausweislich der Gesetzesmaterialien (ErlRV 1060 BlgNR XV. GP, 29) bestehe der "Unterschied zwischen 'Arzneimittel-Großhändler' und 'Arzneimittel-Vollgroßhändler' […] darin, dass der Vollgroßhändler über ein breiteres (seltene, wichtige Arzneimittel), aber auch ein tieferes (Stückzahl) Arzneimittellager und einen organisatorischen Apparat verfügt, der den Kleinverkauf zumindest einmal täglich beliefern kann".
2.3. Die antragstellenden Gesellschaften hegen das Bedenken, das verpflichtende Monitoringsystem verletze die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens (Art8 EMRK) und auf Datenschutz (§1 DSG): Die zu meldenden Datenkategorien des §4 Abs2 und 3 MSVAG würden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der antragstellenden Gesellschaften, nämlich die gesamte Organisation und Verwaltung der Lagerhaltung, die Eingänge und die Distribution, und somit den Kern ihres individuellen Geschäftsmodells betreffen. Arzneimittel-Vollgroßhändler würden gezwungen, ihr Geschäftsmodell offenzulegen und auf täglicher Basis minutiös zu melden, welche Packungen eingekauft wurden, wie viele verkauft und wie viele nachbestellt wurden.
Dieses Monitoringsystem sei aus den folgenden Gründen weder geeignet noch erforderlich noch adäquat und daher auch nicht verhältnismäßig iSd Gesetzesvorbehalte des Art8 Abs2 EMRK und des §1 Abs2 DSG:
2.3.1. Das geplante Monitoringsystem sei nicht geeignet, die ausreichende Verfügbarkeit von Arzneimitteln österreichweit realitätsgetreu zu überwachen, weil nur Arzneimittel-Vollgroßhändler, nicht aber die zahlreichen Arzneimittel-Großhändler einbezogen seien. Daher könne von vornherein kein flächendeckendes (eine staatliche Planung ermöglichendes) Bild entstehen, wenn allein die Lagerbestände der Arzneimittel-Vollgroßhändler überwacht würden. Dazu komme, dass die Direktbelieferung von Apotheken durch Pharmaunternehmen ebenso wenig erfasst werde wie Belieferung der Krankenanstalten, die fast ausschließlich durch Pharmaunternehmen erfolge und ein Drittel des Gesamtmarktes ausmachen würde. Auch blieben die gesetzlich gebotenen Lagerbestände von Apotheken und vertriebsberechtigten Unternehmen unberücksichtigt. Daher sei die Eignung des Monitoringsystems zur Marktbeobachtung zweifelhaft. Es reiche für eine gesamthafte Erkennung von Lieferengpässen nicht aus.
2.3.2. Selbst wenn man die Eignung bejahen wollte, wäre das System nicht zur Zielerreichung erforderlich. Eine Verpflichtung zu anlassbezogenen Meldungen würde genügen. Auch eine kumulierte Datenlage (Lagerbestände der Arzneimittel-Vollgroßhändler und Arzneimittel-Großhändler insgesamt) wäre ausreichend. Schließlich sei auch eine derart zeitlich engmaschige und inhaltlich umfangreiche Meldepflicht nicht erforderlich. Nicht einmal bei Produkten, bei denen häufiger Lieferengpässe bestünden, sei ein tägliches Monitoring nötig. Die Meldepflicht sei auch nicht auf konkrete, versorgungsrelevante Arzneispezialitäten oder Wirkstoffe eingeschränkt, im Unterschied zur Bevorratungsverordnung, BGBl II 161/2024, die zur Vermeidung von Lieferengpässen auf 600 konkrete Arzneispezialitäten abstelle. Das Monitoringsystem erfasse hingegen sogar homöopathische Arzneispezialitäten und sog Präsentationsarzneimittel. Viele der verlangten Informationen seien von vornherein unnötig, um die Verfügbarkeit von Arzneimitteln sicherzustellen, etwa die historischen Aufzeichnungen über vergangene Wareneingänge und Bestellungen, die für die Prognose des zukünftigen Arzneimittelbedarfes nicht aussagekräftig seien. Auch die Angaben des Herstellers zur Lieferfähigkeit seien nicht erforderlich, weil hiefür ohnehin die Verordnung zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung, BGBl II 30/2020, eine Meldepflicht der Zulassungsinhaber vorsehe. Die tägliche "staatliche 'Totalüberwachung'" der gesamten Lagerhaltung und -bewegung sei überschießend.
2.3.3. Das Monitoringsystem sei auch nicht adäquat. Dem öffentlichen Interesse an einer staatlichen Beobachtung des Arzneimittelmarktes stehe ein besonders intensiver Grundrechtseingriff gegenüber, der auf eine "staatliche 'Totalüberwachung'" hinauslaufe, indem täglich über eine permanente Schnittstelle praktisch sämtliche Details der Lagerhaltung und -bewegung einschließlich der Lagerplanung – also im Ergebnis der zentrale Kernbereich des individuellen Geschäftsmodells des jeweiligen Arzneimittel-Vollgroßhändlers – offengelegt werden müsse. Dieser Eingriff sei von solcher Intensität, dass er auch durch das öffentliche Interesse an einer Marktbeobachtung nicht aufgewogen werden könne. Dieser Eingriff werde auch nicht durch den Infrastruktursicherungsbeitrag kompensiert, der nur für Arzneimittel "unterhalb der Rezeptgebühr" beantragt werden könne und außerdem befristet sei.
2.3.4. Die Gesetzesmaterialien würden zutreffend davon ausgehen, dass sich im Vergleich zur Wintersaison 2022/23 und den damals aufgetretenen Arzneimittellieferengpässen "die Verfügbarkeit der entsprechenden Produkte mittlerweile stabilisiert" habe. Es sei daher unverständlich, warum "gerade jetzt" ein Monitoringsystem eingeführt werde, das auf eine "Totalüberwachung" der Arzneimittel-Vollgroßhändler hinauslaufe. Derart intensive staatliche Maßnahmen könnten allenfalls in "Notzeiten akuter Arzneimittelknappheit gerechtfertigt sein". Im Ergebnis sei das Monitoringsystem unverhältnismäßig.
2.3.5. Dazu komme, dass die Informationen nicht nur an jene eine Behörde zu melden seien, die für die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung zuständig sei, sondern an drei Stellen, nämlich den für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister, an das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) und an den Dachverband der Sozialversicherungsträger. Während das BASG auch andere maßgebliche Monitoringaufgaben habe, würden dem Dachverband der Sozialversicherungsträger keine entsprechenden Aufgaben obliegen. Es sei keinesfalls erforderlich, dass auch der Dachverband Adressat der zu meldenden Informationen sei.
2.3.6. Außerdem werde das Gebot der Datensparsamkeit (§1 Abs2 letzter Satz DSG) nicht gewahrt. Es würden "uferlose", insbesondere auch für die Feststellung von Lieferengpässen von Vornherein nicht erforderliche Datenmengen verlangt, ohne dass ein Schutz der Geheimhaltungsinteressen der antragstellenden Gesellschaften vorgesehen sei. Es sei nicht ansatzweise geregelt, wer überhaupt ein entsprechendes österreichweites Monitoring aufzubauen hätte und zu welchen konkreten Zwecken die genannten Stellen (Bundesminister, BASG, Dachverband) die gemeldeten Informationen einsehen und nutzen dürften. Das Gesetz enthalte keinerlei Einschränkung der Datenverarbeitung und -verwendung, weshalb die gemeldeten Informationen theoretisch für jeden beliebigen Zweck – auch solche, die das MSVAG gar nicht verfolge – verwendet werden könnten. Der Eingriffstatbestand sei daher nicht hinreichend determiniert (Hinweis auf VfSlg 16.369/2001). Damit werde die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt.
2.4. Die Bundesregierung hält den Bedenken zur Eignung, Erforderlichkeit und Adäquanz der angefochtenen Regelungen entgegen, dass das Monitoringsystem vor allem der Früherkennung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln sowie der gesundheitspolitischen Steuerung im Bereich von Arzneimitteln und damit dem Schutz der öffentlichen Gesundheit, aber auch konkret der Sicherstellung einer funktionierenden Arzneimittelversorgung diene. Lieferengpässe und Arzneimittelverknappungen seien ein globales und in der Vergangenheit wiederholt aufgetretenes Problem, das durch die COVID-19-Pandemie und die damit in Zusammenhang stehenden Verzögerungen in der Vertriebskette nochmals deutlicher sichtbar geworden sei. So sei es beispielsweise im Winter 2022/23 in Verbindung mit einem außergewöhnlich hohen Auftreten von Infektionskrankheiten in ganz Europa zu Engpässen in der Versorgung mit essentiellen Arzneimitteln gekommen, wodurch es zu einer Überlastung des Gesundheitssystems kommen könne. Engpässe würden die Akteure des Gesundheitswesens zu kurzfristigen Notlösungen zwingen und langfristige Strategien zur Sicherstellung einer stabilen Arzneimittelversorgung untergraben. Um frühzeitig Probleme in der Versorgung mit Arzneimitteln erkennen und effektiv gegensteuern zu können, sei es daher von großer Bedeutung, einen umfassenden aktuellen Überblick über Lagerstandsdaten zu erhalten.
2.4.1. Der persönliche Anwendungsbereich der angefochtenen Bestimmungen erfasse Arzneimittel-Vollgroßhändler, weil diese bei der nationalen Versorgung mit Arzneimitteln eine zentrale Rolle einnehmen würden: Sie würden den Großteil der Arzneimittel an öffentliche Apotheken liefern. Nach Angaben des Verbandes der Arzneimittel-Vollgroßhändler würden sie jährlich über 200 Millionen Packungen liefern, was — bei Schätzungen der IQVIA für den (intra- und extramuralen) Gesamtmarkt 2024 von 245 Millionen Packungen — einem Deckungsgrad von rund 80 % entspreche. Schon die Angaben der antragstellenden Gesellschaften würden für deren essentielle Bedeutung für den Markt sprechen. Das Monitoringsystem würde einen profunden Überblick über die Arzneimittelversorgung verschaffen und einen wichtigen Schritt darstellen, um die Versorgungssicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Die angefochtenen Bestimmungen seien auch im Zusammenspiel mit anderen rechtlichen (Transparenz-)Vorgaben, deren Empfänger sich zum Teil unterscheiden würden, zu sehen. Für den Bereich der "Direktbelieferungen von Apotheken durch Pharmaunternehmen" (sog "Direct-To-Pharmacy"-Produkte) seien Zulassungsinhaber von Arzneimitteln gemäß der Verordnung über die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung, BGBl II 30/2020, verpflichtet, dem BASG jede Einschränkung der Vertriebsfähigkeit einer verschreibungspflichtigen Arzneispezialität im Inland unverzüglich zu melden. Auch seien vertriebsberechtigte Unternehmen von im Erstattungskodex angeführten Arzneispezialitäten nach §38 Abs2 der Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex (VO-EKO) verpflichtet, den DVSV über kurzzeitige Lieferschwierigkeiten zu informieren. Darüber hinaus würden Direktbelieferungen von Apotheken durch Pharmaunternehmen zumeist im höherpreisigen patentgeschützten Bereich erfolgen, während Lieferengpässe erfahrungsgemäß im niedrigpreisigen patentfreien Bereich stattfinden würden, der hauptsächlich von Arzneimittel-Vollgroßhändlern distribuiert werde. Dementsprechend seien es auch die niedrigpreisigen, patentfreien, von den Arzneimittel-Vollgroßhändlern distribuierten Arzneispezialitäten, welche zur Erkennung von Lieferengpässen einem Monitoring unterworfen würden.
2.4.2. Außerdem würden Apotheken eine andere Rolle als Arzneimittel-Vollgroßhändler in der Arzneimittelversorgung einnehmen. So seien Apotheken auf die Abgabe im Kleinen beschränkt, und es erfolge durch sie keine regional breite Streuung. Apotheken dürften nur gelegentlich Arzneimittel an andere Apotheken liefern. Im Gegensatz zum Großhandel sei es ihnen verboten, Arzneimittel parallel zu vertreiben und "umzuverteilen". Ihre Kernaufgabe sei es vielmehr, als letztes Glied der Vertriebskette die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zu garantieren. Demgegenüber sei der Arzneimittel-(Voll-)Großhandel definitionsgemäß für die Verteilung auf Großhandelsebene zuständig. Die Aufgabenverteilung zwischen Apotheken und Großhändlern spiegle sich auch in den strengen Vertriebswegen nach den §§57 bis 59 AMG wider: So setze insbesondere die Abgabe im Großhandel gemäß §57 AMG eine arzneimittelrechtliche Betriebsbewilligung voraus; den Apotheken sei hingegen die Abgabe im Kleinen vorbehalten.
2.4.3. Im Zusammenhang mit Krankenanstalten sei auf die unterschiedliche kompetenzrechtliche Grundlage (Art12. Abs1 Z1 B VG) hinzuweisen.
2.4.4. Zur Ausgestaltung des Monitoringsystems sei anzumerken, dass das Ziel der Bestimmung nicht ausschließlich auf die Erkennung von drohenden Lieferengpässen beschränkt sei, sondern (wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sei) auch der allgemeinen Verbesserung der gesundheitspolitischen Steuerung im Bereich der Arzneimittel diene, indem es den betroffenen Institutionen auf Grundlage der daraus gewonnenen Informationen ermögliche, ihren Aufgaben effektiver nachzukommen bzw diese erstmalig wahrzunehmen. Ohne diese Daten sei die Aufgabenwahrnehmung vor allem im Zusammenhang mit der Lageeinschätzung im Krisenmanagement, aber auch der generellen Weiterentwicklung der Arzneimittelversorgungsstrukturen für die Menschen in Österreich schwer bzw teilweise nicht möglich. Eine Einschätzung nur durch die einzigen Arzneimittel-Vollgroßhändler selbst oder rein anlassbezogene Meldungen ließen keine fundierte, auf ganz Österreich bezogene Beurteilung der Versorgungssituation mit entsprechenden Steuerungsmöglichkeiten zu. Zur Zielerreichung sei die regelmäßige Zurverfügungstellung der Daten geboten. Vor diesem Hintergrund würden auch gelegentliche Auskünfte von Arzneimittel-Vollgroßhändlern zu Lieferengpässen nicht ausreichen, zumal diese ohne die zugrunde liegenden Daten nicht überprüft und damit nicht als solide Entscheidungsgrundlage herangezogen werden könnten. Nur die tägliche Datenübermittlung ermögliche eine lückenlose Qualitätssicherung der Daten und trage zur Überprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Warenströme bei. In einem längeren Betrachtungszeitraum könnten kurzfristige Schwankungen sonst unentdeckt bleiben, die jedoch auf potentiell bedenkliche Muster hinweisen könnten. Auch in Krisensituationen würden tagesaktuelle Daten benötigt; das Monitoringsystem rüste somit für den Ernstfall.
2.4.5. Eine Beschränkung auf bestimmte Arzneimittel (bei denen es beispielsweise bereits zu Lieferengpässen gekommen sei) wäre insofern unsachgemäß, als so gerade unerwartete Lieferengpässe nicht frühzeitig erkannt und bekämpft werden könnten. So könnten Lieferengpässe auch produktionstechnische Auslöser haben, wie im Jahr 2019 die Verunreinigung von Valsartan/Sartan-haltigen Arzneimitteln zeige.
2.4.6. In der Lieferengpassthematik und für schnelle Gegenmaßnahmen seien Bedarfszahlen und laufende Lieferzahlen wesentlich. Die Daten der Arzneimittel-Vollgroßhändler trügen somit wesentlich besser zur Zielerreichung bei als kumulierte Datensätze. Daher sei gerade die normierte Datengranularität erforderlich.
2.4.7. Beim Monitoringsystem handle es sich um eine einzelne Maßnahme im Rahmen eines umfassenden Maßnahmenpaketes zur Bekämpfung von Lieferengpässen und der Sicherstellung der Arzneimittelversorgung, welches laufend angepasst und weiterentwickelt werde. So seien beispielsweise Zulassungsinhaber nach der Verordnung betreffend die Bevorratung von Humanarzneispezialitäten, BGBl II 161/2024, idF BGBl II 38/2025 zur Bevorratung kritischer Arzneimittel verpflichtet, um Lieferengpässe abzufedern. Im erwähnten Memorandum sei auch vereinbart worden, dass die Arzneimittel-Vollgroßhändler Wirkstoffe bevorraten, wobei es eine gleichzeitige Zusage der Apotheken gegeben habe, diese im Bedarfsfall zur Herstellung magistraler Zubereitungen zu nutzen. Weiters sichere der Infrastruktursicherungsbeitrag (§1 MSVAG) ab, dass niedrigpreisige Arzneimittel nicht aus Kostengründen von Arzneimittel-Vollgroßhändlern aus dem Sortiment genommen würden (weshalb es auch im legitimen Interesse der Datenempfänger liege, zu überprüfen, ob diese finanzielle Stützung effektiv sei und die Arzneimittel ihr Ziel, die Patienten, erreichen würden). Es würden damit auf jeder Vertriebsstufe die passenden Maßnahmen gesetzt, die in einem Gesamtsystem zu betrachten seien.
2.4.8. Die Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln, die Früherkennung von Lieferengpässen und die Verbesserung der gesundheitspolitischen Steuerung entlang der Lieferkette und damit die stabile Versorgung der Patienten lägen im öffentlichen Interesse. Durch das Monitoringsystem könnten Lieferengpässe frühzeitig erkannt und rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden. Es liege daher im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ein solches Monitoringsystem für Arzneimittel-Vollgroßhändler vorzusehen.
2.4.9. Im Besonderen den datenschutzspezifischen Bedenken der antragstellenden Gesellschaften hält die Bundesregierung entgegen, dass das Monitoringsystem der Überwachung der Wirksamkeit der Weiterführung des Infrastruktursicherungsbeitrages, der Früherkennung drohender Lieferengpässe und der damit zusammenhängenden Sicherstellung der Arzneimittelversorgung diene sowie die allgemeine gesundheitspolitische Steuerung in diesem Bereich gewährleiste. Das Monitoringsystem liege somit im öffentlichen Interesse (Schutz der Gesundheit iSv Art8 EMRK, insbesondere Schutz der Funktionsfähigkeit der Gesundheitsinfrastruktur). Die zu übermittelnden Daten seien klar geregelt, und es seien nur die zur Zweckerreichung notwendigen Daten zu übermitteln. Die Konstellation zu VfSlg 16.369/2001 sei nicht vergleichbar. Gleichzeitig würden auch die Geheimhaltungsinteressen der antragstellenden Gesellschaften geschützt. Die Daten würden weder veröffentlicht noch dritten Unternehmen zur Verfügung gestellt und unterlägen Geheimhaltungspflichten. Auch der Dachverband der Sozialversicherungsträger, dem eine zentrale Bedeutung im System der Arzneimittelversorgung zukomme, nutze die Daten zur Erfüllung der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben. So würden ihm gemäß §30 Abs2 Z2 und 3 ASVG die Koordinierung der Vollziehungstätigkeit der Sozialversicherungsträger sowie die Wahrnehmung der trägerübergreifenden Verwaltungsaufgaben im Bereich der Sozialversicherung obliegen. Da die Arzneimittelversorgung zum Wesenskern der Sozialversicherung zähle, trete der Dachverband auch in diesem Bereich als koordinierende Institution auf. Der Dachverband stehe im ständigen Austausch mit allen "Stakeholdern" des österreichischen Gesundheitswesens. Dies umfasse den Dialog mit den vertriebsberechtigten Unternehmen im Kontext der Herausgabe des Erstattungskodex, mit der Apothekerschaft im Kontext der Beziehung der Sozialversicherung zu den Apothekern sowie mit den Krankenanstaltenträgern. Dadurch habe der Dachverband einen weitgehenden Überblick über die Versorgungslage der Versicherten. Da die neuen Bestimmungen des MSVAG "mitunter" dazu dienen sollten, speziell in Krisensituationen das fortbestehende Zusammenspiel dieser komplexen Systeme zu gewährleisten, sei die Einbeziehung des Dachverbandes in den Adressatenkreis der Datenmeldung unerlässlich. Beispielsweise seien im Rahmen der Krankenbehandlung auch die Kosten des Importes von Therapiealternativen zu übernehmen, wenn kein adäquates Produkt verfügbar sei. Daher könne dem Dachverband der ihm gesetzlich übertragene Aufgabenbereich der Arzneimittelversorgung und ein damit zusammenhängendes Interesse an einem Monitoringsystem aus versorgungspolitischen und ökonomischen Gründen nicht abgesprochen werden. Vor diesem Hintergrund seien Vertreter des Dachverbandes auch Mitglied in der nach §8 BMG 1986 eingerichteten Kommission zur Arzneimittelversorgung zur Beratung des zuständigen Bundesministers. Hinzuweisen sei darauf, dass auch in anderen Ländern entsprechende (wenngleich in der konkreten Ausgestaltung unterschiedliche) Monitoringsysteme vorgesehen seien. Der Gesetzgeber habe daher mit der Einführung des Monitoringsystems seinen im Hinblick auf Wirtschaftsdaten weitergehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten.
2.5. Das Grundrecht auf Datenschutz gemäß §1 Abs1 DSG, das auch Wirtschaftsdaten (etwa VfSlg 12.228/1991, 12.880/1991, 16.369/2001, 18.975/2009, 19.673/2012) juristischer Personen (zB VfSlg 19.673/2012 und zuletzt VfSlg 20.674/2024) schützt, gewährleistet jedermann den Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit er daran ein schutzwürdiges Interesse, insbesondere im Hinblick auf die Achtung des Privatlebens, hat. Dieser Anspruch auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten ist nicht bloß auf die Nichtweitergabe erhobener Daten gerichtet, sondern verbietet es auch, dass der Betroffene unzulässiger Weise zur Offenlegung verpflichtet wird. §1 Abs2 DSG enthält hiezu einen materiellen Gesetzesvorbehalt, der die Grenzen für Eingriffe in das Grundrecht enger zieht, als dies im Hinblick auf Art8 Abs2 EMRK der Fall ist (VfSlg 19.892/2014): Abgesehen von der Verwendung personenbezogener Daten im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung sind Beschränkungen des Anspruches auf Geheimhaltung demnach nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art8 Abs2 EMRK genannten Gründen notwendig sind und die ausreichend präzise, also für jedermann vorhersehbar, regeln, unter welchen Voraussetzungen die Ermittlung bzw die Verwendung personenbezogener Daten für die Wahrnehmung konkreter Verwaltungsaufgaben erlaubt ist (vgl VfSlg 16.369/2001, 18.146/2007, 18.643/2008, 18.963/2009, 19.886/2014, 19.892/2014, 20.213/2017).
Der Gesetzgeber muss nach den Vorgaben des §1 Abs2 DSG somit eine materienspezifische Regelung in dem Sinn vorsehen, dass die Fälle zulässiger Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz konkretisiert und begrenzt werden (VfSlg 18.643/2008, 19.886/2014, 20.213/2017). Dabei darf nicht übersehen werden, dass §1 Abs2 DSG abgestufte Anforderungen an die gesetzliche Regelung von Datenerhebungen je nachdem stellt, welche Daten in Rede stehen. So gelten für ihrer Art nach besonders schutzwürdige, also sensible Daten qualifizierte Anforderungen. Wirtschaftsdaten unterliegen demgegenüber, wie auch der diesbezügliche Eingriffstatbestand des wirtschaftlichen Wohles des Landes (Art8 Abs2 EMRK) zeigt, eigenen Anforderungen, die – verglichen mit sensiblen Daten – einem weitergehenden Gestaltungsspielraum für zulässige Informationseingriffe des Staates unterliegen (etwa VfSlg 19.673/2012). Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jedenfalls nur in der jeweils gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden. Hieraus folgt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, dass an die Verhältnismäßigkeit des Eingriffes in das Grundrecht auf Datenschutz nach §1 DSG ein strengerer Maßstab angelegt werden muss, als er sich bereits aus Art8 EMRK ergibt (VfSlg , , , ).
Gemäß Art8 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung strafbarer Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
2.6. Die Verpflichtung der Arzneimittel-Vollgroßhändler zur täglichen Übermittlung der in §4 MSVAG genannten Daten greift in deren Grundrecht auf Datenschutz ein und bedarf daher einer Rechtfertigung iSd §1 Abs2 DSG iVm Art8 Abs2 EMRK, wobei zu berücksichtigen ist, dass es hier um die Erhebung von Wirtschaftsdaten geht, weshalb dem Gesetzgeber ein weitergehender Gestaltungsspielraum zusteht.
2.6.1. Die Überwachung der Wirksamkeit des Infrastruktursicherungsbeitrages, die künftige Früherkennung von Lieferengpässen sowie die "allgemeine gesundheitspolitische Steuerung im Bereich der Arzneimittelversorgung", welche der Initiativantrag zu BGBl I 38/2025 (348/A XXVIII. GP, 3) als Zwecke des angefochtenen Monitoringsystems ausweist, liegen im öffentlichen Interesse, nämlich im Interesse am "Schutz der Gesundheit" und (was den Infrastruktursicherungsbeitrag anlangt) des Schutzes der Rechte anderer (Art8 Abs2 EMRK).
2.6.2. Die sichere, rasche, flächendeckende und jederzeitige Versorgung der Bevölkerung mit notwendigen Arzneimitteln liegt jedenfalls im öffentlichen Interesse (vgl idS etwa VfSlg 15.103/1998). Der Gesetz- und der Verordnungsgeber haben schon bisher erhebliche Anstrengungen zur Gewährleistung einer sicheren Arzneimittelversorgung unternommen. §57a Abs1 AMG verpflichtet neben den Zulassungsinhabern und Inhabern einer Registrierung einer Arzneispezialität die Arzneimittel-Großhändler und Arzneimittel-Vollgroßhändler, die diese tatsächlich in Verkehr gebrachte Arzneispezialität vertreiben, im Rahmen ihrer jeweiligen Verantwortung eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung der Arzneispezialität für die Abgabe durch Apotheken oder für sonst zur Abgabe gemäß §59 leg. cit. Berechtigte sicherzustellen, damit der Bedarf der Patienten im Inland gedeckt ist. Die §§1 bis 3 MSVAG sehen vor, dass seit 1. September 2023 (derzeit befristet bis 31. August 2028) allen Arzneimittel-Großhändlern für näher bezeichnete Arzneispezialitäten ein Infrastruktursicherungsbeitrag im Interesse der Gewährleistung der Verfügbarkeit dieser Arzneimittel gewährt wird. Mit Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung (im Folgenden kurz: Sicherstellungsverordnung), BGBl II 30/2020, wurden bereits die Zulassungsinhaber zur Meldung jeder Einschränkung der Vertriebsfähigkeit einer verschreibungspflichtigen Arzneispezialität im Inland verpflichtet (§1 Abs1 leg. cit.); nach Veröffentlichung dieses Umstandes (§1 Abs3 leg. cit.) gilt ein Verbot des Exportes für die betroffene Arzneispezialität in einen anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes (§5 Abs1 leg. cit.). Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Bevorratung von Humanarzneispezialitäten (im Folgenden kurz: Bevorratungsverordnung), BGBl II 161/2024 idF BGBl II 38/2025, verpflichtet seit 21. April 2025 (derzeit befristet bis 20. April 2028) Zulassungsinhaber, die in der Anlage zu dieser Verordnung genannten Humanarzneispezialitäten in näher geregeltem Umfang vorrätig zu halten.
Die gleichmäßige und sichere Versorgung der gesetzlich Kranken- und Unfallversicherten mit Arzneimitteln ist auch Aufgabe (vgl nur die §§133, 136 und 189 ASVG) der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherungsträger, die im Dachverband der Sozialversicherungsträger zusammengeschlossen sind (§30 Abs1 ASVG). Der Dachverband der Sozialversicherungsträger verantwortet insbesondere die Herausgabe des "Erstattungskodex der Sozialversicherung für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung des Sozialversicherungsträgers im niedergelassenen Bereich" (§30b Abs1 Z4 und §§351c ff. ASVG); der Erstattungskodex dient der hinreichenden Heilmittelversorgung der Patienten, dem öffentlichen Interesse an der Gewährleistung der Finanzierbarkeit der öffentlichen Gesundheitsversorgung und der Absicherung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Sozialversicherungsträger (vgl VfSlg 17.500/2005, 18.738/2009, 19.714/2012). Die Funktionsfähigkeit dieses öffentlich-rechtlichen Systems der Arzneimittelversorgung liegt aber nicht nur im öffentlichen Interesse, sondern – angesichts der evidenten (Markt-)Vorteile, welche die Arzneimittel vertreibenden Unternehmen aus der Abgabe von Arzneimitteln auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung ziehen – auch im Interesse dieser Unternehmen (vgl idS bereits VfSlg 18.738/2009, 18.821/2009). Daraus folgt auch, dass der Arzneimittelmarkt, der in erheblichen Teilen aus öffentlichen Mitteln gespeist wird, nicht ohne Weiteres mit anderen Wirtschaftszweigen vergleichbar ist.
2.6.3. Vor diesem Hintergrund hegt der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Einrichtung eines Monitoringsystems der beim Großhandel gelagerten Arzneispezialitäten und Wirkstoffe, wenn es auch im Detail verfassungskonform ausgestaltet ist:
2.6.3.1. Der Verfassungsgerichtshof hegt zunächst keine Bedenken, wenn das Monitoringsystem nur die Lagerhaltung der Arzneimittel-Vollgroßhändler und nicht auch jene der sonstigen Arzneimittel-Großhändler (und der anderen vertriebsberechtigten Unternehmen) umfasst. Angesichts des – unbestrittenen – Marktanteils der fünf antragstellenden Arzneimittel-Vollgroßhändler bei der Versorgung von öffentlichen Apotheken und ärztlichen Hausapotheken von rund 80 % ist für den Verfassungsgerichtshof nachvollziehbar, dass bereits das Monitoring der Arzneimittel-Vollgroßhändler einen repräsentativen Überblick über die Sicherheit der Arzneimittelversorgung im extramuralen Bereich sicherzustellen geeignet ist. Die Lagerbestände der Apotheken betreffen hingegen eine andere Handelsstufe und spiegeln sich weitgehend in den bei den Arzneimittel-Vollgroßhändlern eingehenden Bestellungen.
2.6.3.2. Was die Arzneimittelversorgung der Krankenanstalten, also den intramuralen Bereich, anlangt, dessen Direktbelieferung durch Pharmaunternehmen nicht vom Monitoringsystem des §4 MSVAG erfasst ist, vermag der Verfassungsgerichtshof angesichts der Besonderheiten dieses Sektors (ua spezifischer Arzneimittelbedarf, weitgehende Direktbelieferung durch Pharmaunternehmen, keine Maßgeblichkeit des Erstattungskodex des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger) nicht zu erkennen, dass die Einschränkung des durch §4 MSVAG etablierten Monitoringsystems auf den Arzneimittel-Vollgroßhandel unsachlich wäre oder sonst die Eignung in Zweifel ziehen könnte. Damit erübrigt sich auch ein Eingehen auf die Frage, ob ein Monitoring der Arzneimittelversorgung der Krankenanstalten dem Kompetenztatbestand des Art10 Abs1 Z12 B VG oder dem Kompetenztatbestand des Art12 Abs1 Z1 B VG unterfällt.
2.6.3.3. Der Verfassungsgerichtshof hegt auch keine Bedenken, wenn §4 MSVAG zur tagesaktuellen Bekanntgabe der Lagerstandsdaten von Arzneispezialitäten (§1 Abs5 AMG) und Wirkstoffen (§1 Abs4a AMG) verpflichtet (§4 Abs2 Z1, 2 und 3 sowie Abs3 Z1, 2 und 3 MSVAG). Der Verfassungsgerichtshof vermag dem Gesetzgeber nämlich nicht entgegenzutreten, wenn er davon ausgeht, dass eine tagesaktuelle Meldung wesentlich zu einer frühzeitigen Erkennung von Lieferengpässen beiträgt. Da die bloße Differenz zwischen den jeweiligen Lagerstandsdaten aufeinanderfolgender Meldungen nach Umständen noch keine Rückschlüsse auf zu- oder abnehmende Durchflussraten (und damit allfällige Engpässe) zulässt, hegt der Verfassungsgerichtshof auch keine Bedenken gegen die Erhebung der tatsächlichen Ein- und Ausgänge seit der letzten Meldung (§4 Abs2 Z4 und 5 sowie Abs3 Z4 und 5 MSVAG); das Vorbringen der antragstellenden Gesellschaften, dass "historische Aufzeichnungen über vergangene Wareneingänge" keinen Bezug zum verfolgten Ziel hätten, trifft daher nicht zu. Ebenso wenig hegt der Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Erhebung der ein- und ausgehenden Bestellungen (§4 Abs2 Z6 und 7 sowie Abs3 Z6 und 7 MSVAG), die ebenfalls Rückschlüsse auf allfällige Verknappungen zuzulassen geeignet sind. Allfällige Angaben der Zulassungsinhaber zur Vertriebsfähigkeit von verschreibungspflichtigen Arzneispezialitäten nach §1 Sicherstellungsverordnung vermögen die Erforderlichkeit dieser Informationen nicht auszuschließen, weil sie nach den nachvollziehbaren Angaben der Bundesregierung in der mündlichen Verhandlung zu spät kommen können, wenn ein Lieferengpass bereits eingetreten ist. Aus diesem Grund vermag auch die von den antragstellenden Gesellschaften als gelinderes Mittel vorgeschlagene Verpflichtung zu "anlassbezogenen" Meldungen von konkret drohenden Lieferengpässen nicht zu genügen.
2.7.3.4. Der Verfassungsgerichtshof vermag dem Gesetzgeber auch nicht entgegenzutreten, wenn er die Pflicht zur Meldung des durchschnittlichen Monatsbedarfes anhand des Bedarfes der letzten zwölf Monate (§4 Abs2 Z8 und Abs3 Z8 MSVAG) für die Bewertung der jeweils aktuellen Lagerstandsdaten als erforderlich erachtet, mag der Durchschnittsbedarf auch nicht bei allen Arzneispezialitäten und Wirkstoffen gleich aussagekräftig sein. Schließlich ist auch die Pflicht zur Weitergabe von allfälligen Informationen eines Herstellers zur "Lieferfähigkeit" der Arzneispezialitäten und Wirkstoffe (§4 Abs2 Z9 und Abs3 Z9 MSVAG) gerechtfertigt, weil Hersteller vielfach im Ausland ansässig sind und daher selbst nicht ohne Weiteres zur Information staatlicher Stellen verpflichtet werden können, und weil §4 Abs2 Z9 und Abs3 Z9 MSVAG angesichts der Bedeutung der Sicherstellung der Arzneimittelversorgung neben den Verpflichtungen nach §1 Sicherstellungsverordnung (der sich an Zulassungsinhaber wendet und nur verschreibungspflichtige Arzneispezialitäten erfasst) und §38 Abs2 VO-EKO (der sich nur auf im Erstattungskodex gelistete Arzneimittel bezieht) zur Erhöhung der Resilienz des Informationsflusses geeignet erscheint.
2.7.3.5. Die antragstellenden Gesellschaften hegen ferner das Bedenken, dass §4 MSVAG das Monitoringsystem undifferenziert und überschießend auf sämtliche, von den Arzneimittel-Vollgroßhändlern gelagerte Arzneispezialitäten und Wirkstoffe erstrecke:
Arzneispezialitäten sind gemäß §1 Abs5 AMG "Arzneimittel, die im Voraus stets in gleicher Zusammensetzung hergestellt und unter der gleichen Bezeichnung in einer zur Abgabe an den Verbraucher oder Anwender bestimmten Form in Verkehr gebracht werden, sowie Arzneimittel zur Abgabe an den Verbraucher oder Anwender, bei deren Herstellung sonst ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die gewerbsmäßig hergestellt werden". Wirkstoffe sind gemäß §1 Abs4a AMG "Stoffe oder Gemische von Stoffen, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung eines Arzneimittels verwendet zu werden und bei ihrer Verwendung in der Arzneimittelherstellung zu arzneilich wirksamen Bestandteilen des Arzneimittels zu werden". Arzneimittel sind gemäß §1 Abs1 AMG Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die entweder zur Anwendung im oder am menschlichen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind (Z1), oder im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder (a.) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen, oder (b.) als Grundlage für eine medizinische Diagnose zu dienen (Z2), ausgenommen die in §1 Abs3 AMG aufgezählten Stoffe und Zubereitungen.
Der Verfassungsgerichtshof erachtet es vor diesem Hintergrund nicht als unsachlich, wenn der Gesetzgeber das vorgesehene Monitoringsystem ausschließlich auf Arzneispezialitäten und Wirkstoffe im Sinne des AMG ausrichtet und angesichts der Arzneimitteldefinition des §1 Abs1 AMG keine Unterscheidung zwischen mehr oder weniger "versorgungsrelevanten" Arzneispezialitäten und Wirkstoffen vornimmt, mögen auch einzelne, von den antragstellenden Gesellschaften genannte Arzneispezialitäten für sich allein gesehen das Monitoringsystem nicht zu rechtfertigen. Dazu kommt, dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt ist, Abgrenzungsschwierigkeiten vermeidende Regelungen zu schaffen, indem er auf Arzneispezialitäten und Wirkstoffe schlechthin abstellt, zumal die antragstellenden Gesellschaften auch nicht konkret dargetan haben, dass "nicht versorgungsrelevante" Arzneispezialitäten und Wirkstoffe der Zahl nach einen ins Gewicht fallenden Anteil des Lagerbestandes ausmachen.
Der Vergleich von Meldepflichten nach dem alle Arzneispezialitäten erfassenden, angefochtenen Monitoringsystem mit der lediglich auf rund 600 ausgewählte Arzneispezialitäten eingeschränkten Bevorratungspflicht der Zulassungsinhaber nach der Bevorratungsverordnung, BGBl II 161/2024, verfängt auf Grund der unterschiedlichen Eingriffsintensität dieser beiden Maßnahmen von vornherein nicht. Auch liegt der Umstand, dass das Monitoringsystem nicht – wie die antragstellenden Gesellschaften für ausreichend halten – auf Arzneispezialitäten eingeschränkt ist, die bereits in der Vergangenheit von Liefereinschränkungen betroffen oder bedroht waren, nachvollziehbar darin begründet, dass es nicht um vergangene, sondern um künftig mögliche Liefereinschränkungen geht, die naturgemäß auch bei anderen Arzneispezialitäten auftreten können. Aus diesem Grund ist auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber das Monitoringsystem zu einem Zeitpunkt — mit den Worten der antragstellenden Gesellschaften: "gerade jetzt" — einführt, in dem keine (erheblichen) Arzneimittellieferengpässe bestehen.
2.7.3.6. Wenn die antragstellenden Gesellschaften monieren, dass eine Übermittlung der aggregierten (kumulierten) Daten aller Arzneimittel-Vollgroßhändler für die Zwecke des Gesetzes ausreichend wäre, ist ihnen zunächst entgegenzuhalten, dass erst die Information hinsichtlich des Lagerstandes jedes einzelnen Vollgroßhändlers nach Umständen präzise Steuerungsmaßnahmen ermöglicht. Dazu kommt, dass die Erhebung bloß kumulierter Daten – auch aus Wettbewerbsgründen – die Einschaltung einer vorgelagerten, datenaggregierenden Stelle bedingen würde, die nicht nur mit erheblichen Komplexitätssteigerungen einherginge, sondern ihrerseits auch weitere, wenn auch andere, aber keineswegs geringere Datenschutzfragen aufwerfen würde.
2.7.3.7. Der Verfassungsgerichtshof teilt auch nicht das Bedenken der antragstellenden Gesellschaften, dass die Pflicht zur Datenübermittlung (auch) an den Dachverband der Sozialversicherungsträger nicht erforderlich wäre. Dieser hat die Vollziehungstätigkeit der Sozialversicherungsträger zu koordinieren und trägerübergreifende Verwaltungsaufgaben im Bereich der Sozialversicherung wahrzunehmen (§30 Abs2 Z2 und 3 ASVG). Zu den Aufgaben der Kranken- und Unfallversicherungsträger zählt auch die Gewährleistung der Arzneimittelversorgung der Versicherten, zu den Aufgaben des Dachverbandes zählt auch, wie bereits erwähnt, die Herausgabe des "Erstattungskodex der Sozialversicherung für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung des Sozialversicherungsträgers im niedergelassenen Bereich" (§30b Abs1 Z4 und §§351c ff. ASVG). Die Erhebung der nach §4 MSVAG umschriebenen Informationen dient der Wahrnehmung der Aufgaben des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass nur ein Teil der Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex aufgenommen ist. Denn unter Umständen sind auch nicht im Erstattungskodex aufgenommene Arzneispezialitäten und Wirkstoffe erstattungsfähig, deren Kosten also von den Sozialversicherungsträgern zu übernehmen (näher §30b Abs1 Z4 ASVG), weshalb insbesondere im Fall nicht hinreichender Verfügbarkeit von im Erstattungskodex aufgenommenen Arzneien Informationen über verfügbare Alternativen erforderlich sind.
2.7.3.8. Der Verfassungsgerichtshof teilt ferner nicht das Bedenken der antragstellenden Gesellschaften, dass §4 MSVAG die Verwendung der erhobenen Daten für beliebige Zwecke zulasse: Vielmehr folgt bereits aus der Titulierung des Bundesgesetzes "über Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln", dass die nach §4 MSVAG erhobenen Daten lediglich für Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln (einschließlich der diesem Zweck dienenden Überwachung der Wirksamkeit des Infrastruktursicherungsbeitrages und der diesbezüglichen gesundheitspolitischen Steuerung) verwendet werden dürfen; die Datenverwendung für andere Aufgaben der datenempfangenden Stellen bedürfte daher einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung.
2.7.3.9. Auch das Vorbringen der antragstellenden Gesellschaften, es bestünden keine Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen iSv Art1 Abs2 DSG, trifft nicht zu (vgl etwa §6 [Abs1 Z7 litb] Informationsfreiheitsgesetz, §82 AMG und die §§424, 460 Abs5 und 460a ASVG, die auch Unternehmensdaten der antragstellenden Gesellschaften umfassen, §§122 und 310 StGB sowie VfSlg 19.673/2012 [50 f.]).
2.8. Die Bedenken, §4 MSVAG verstoße gegen §1 DSG bzw Art8 EMRK, sind daher nicht begründet.
2.9. Soweit die antragstellenden Gesellschaften die oben angeführten Bedenken auch in Bezug auf die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsbetätigung (Art6 StGG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK) geltend machen, gilt das oben Ausgeführte auch zu diesen Grundrechten sinngemäß.
2.10. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz
2.10.1. Der Gleichheitsgrundsatz (Art7 B VG) sei nach dem Vorbringen der antragstellenden Gesellschaften einerseits infolge einer unsachlichen Ungleichbehandlung von Arzneimittel-Vollgroßhändlern und Arzneimittel-Großhändlern und anderseits infolge der Unsachlichkeit des Monitoringsystems überhaupt verletzt:
Für die Ungleichbehandlung von Arzneimittel-Vollgroßhändlern und Arzneimittel-Großhändlern, die ansonsten in keiner Rechtsgrundlage, insbesondere nicht im AMG, stattfinde, gebe es keine sachliche Rechtfertigung. Nach dem erklärten Ziel des Gesetzgebers diene das Monitoringsystem der "Früherkennung von Lieferengpässen sowie für die allgemeine gesundheitspolitische Steuerung im Bereich der Arzneimittelversorgung". Ein solches System wäre dann sachgerecht ausgestaltet, wenn es tatsächlich einen vollständigen Marktüberblick verschaffen würde, der verlässlich genug sei, um drohende Lieferengpässe effektiv zu erkennen und gesundheitspolitisch darauf zu reagieren. Nach der gesetzlichen Grundkonzeption, die insbesondere in §57a AMG zum Ausdruck komme, hätten sowohl Arzneimittel-Vollgroßhändler als auch Arzneimittel-Großhändler zur Versorgung mit Arzneimitteln beizutragen, indem sie eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung der Arzneispezialität für die Abgabe durch Apotheken und für sonst zur Abgabe gemäß §59 AMG Berechtigte sicherstellen, damit der Bedarf der Patienten im Inland gedeckt sei. Ein bloß fragmentarisches Monitoringsystem, mit dem allein die Versorgungswirksamkeit der Arzneimittel-Vollgroßhändler überwacht werde, obwohl auch die sonstigen Arzneimittel-Großhändler jedenfalls in ihrer Gesamtheit in der Praxis eine bedeutsame Versorgungsrolle spielen würden, müsse das angeführte Ziel notwendig verfehlen.
Das Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes sei weiters infolge der (bereits in anderem Zusammenhang dargelegten) Unverhältnismäßigkeit der Regelung in ihrer Gesamtheit verletzt.
Im Besonderen sei die Verpflichtung zur Meldung der "gelagerte[n] Menge der Wirkstoffe" angesichts der Unklarheit der Bezugsgröße (Gewicht, Volumen oder Gebinde?) und der damit verbundenen Umrechnungspflicht "geradezu schikanös".
Schließlich verstoße die "drakonische Strafdrohung" des §5 MSVAG bei Verstößen gegen die tägliche Meldepflicht (von bis zu € 25.000,-- beim Verstoß am ersten Tag und bis zu € 50.000,-- an jedem folgenden Tag) auch gegen das aus Art7 B VG abzuleitende "Exzessverbot" bei Strafdrohungen.
2.10.2. Nach Auffassung der Bundesregierung sei der Marktanteil der Arzneimittel-Vollgroßhändler von wesentlicher Relevanz. Arzneimittel-Vollgroßhändler seien (im Unterschied zu Arzneimittel-Großhändlern) dem Prinzip des Vollsortimentes, der Lieferfähigkeit und der Lieferbereitschaft verpflichtet. Sie würden umfangreiche Lager mit breitem Sortiment unterhalten und seien darauf ausgerichtet, sicher, schnell und effizient Arzneimittel in ganz Österreich auszuliefern. Dies erfordere ein entsprechendes Organisationssystem, insbesondere bei der Waren- und Lagerwirtschaft. Der Gesetzgeber könne somit in einer Durchschnittsbetrachtung vertretbar davon ausgehen, dass die Datenübermittlung durch Arzneimittel-Vollgroßhändler ein realitätsgetreues Bild über den nationalen Versorgungsstand und das Auftreten möglicher Engpässe liefere und insofern anders geartet sei als eine Datenübermittlung durch Arzneimittel-Großhändler. Darüber hinaus würden Arzneimittel-Vollgroßhändler über andere finanzielle, personelle und organisatorische Möglichkeiten als Arzneimittel-Großhändler verfügen. Für die kleineren Arzneimittel-Großhändler stelle das Monitoringsystem eine deutlich größere wirtschaftliche Belastung dar. Für die Funktionsfähigkeit des Monitoringsystems würden aber die Daten der Arzneimittel-Vollgroßhändler genügen, weshalb eine Differenzierung nach den wirtschaftlichen und organisationstechnischen Möglichkeiten durchaus sachlich gerechtfertigt sei.
Zur Unklarheit, welche Angabe mit "Menge" gemeint sei, werde festgehalten, dass die Menge einerseits über die Schnittstellenbeschreibung definiert werde und anderseits, wie bei Wirkstoffen branchenüblich, in einer Gewichtsangabe bestehe. Eine Erfassung nach Stückzahl der Gebinde sei nicht zielführend, weil die enthaltene Menge des Wirkstoffes variieren könne. Eine Erfassung nach Volumen scheide ebenfalls aus, weil hier nicht sicher auf die Menge des enthaltenen Wirkstoffes geschlossen werden könne. Die Regelung sei daher hinreichend bestimmt bzw bestimmbar. Da die antragstellenden Gesellschaften mit Wirkstoffen handeln würden, sei nicht davon auszugehen, dass sie wesentliche zusätzliche Ressourcen benötigen würden, um deren Menge festzustellen.
§5 MSVAG sehe bei nicht (rechtzeitiger) Pflichterfüllung eine Verwaltungsstrafe in Höhe von bis zu € 25.000,-- im Wiederholungsfall bis zu € 50.000,-- vor. Die Strafdrohung sei nach der Schädlichkeit dadurch differenziert, dass sich im Wiederholungsfall die Strafdrohung erhöhe. Darüber hinaus sei die Strafdrohung vor dem Hintergrund der Adressaten der Verwaltungsstrafbestimmung zu sehen. Arzneimittel-Vollgroßhändler seien große, finanzstarke Unternehmen. Um wirksam zu sein, müsse die Strafdrohung an die üblicherweise vorliegenden wirtschaftlichen Gegebenheiten der Normadressaten angepasst sein. Der Strafzweck werde nur dann erreicht, wenn die für den Fall rechtswidrigen Verhaltens vorgesehene Strafe derart empfindlich sei, dass ein in der Regel normgemäßes Verhalten durchgesetzt werden könne. Auch die Verwaltungsstrafdrohung verstoße daher nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.
2.10.3. Der Gleichheitsgrundsatz gebietet dem Gesetzgeber, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln, und setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er es verbietet, sachlich nicht begründbare Differenzierungen zwischen den Normadressaten zu schaffen (vgl VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005, 20.244/2018, 20.270/2018). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002).
2.10.4. Der monierte Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liegt nicht vor:
§4 MSVAG verpflichtet lediglich die Arzneimittel-Vollgroßhändler iSv §2 Abs3 AMG, nicht aber sonstige Arzneimittel-Großhändler zur Teilnahme am Monitoringsystem. Diese Ungleichbehandlung wäre unsachlich, wenn zwischen diesen Gruppen von Großhändlern keine Unterschiede im Tatsächlichen bestünden oder wenn das Monitoringsystem ohne Einbeziehung der (schlichten) Arzneimittel-Großhändler seinen Zweck nicht erfüllen könnte. Beides vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen. Wie sich bereits aus den Legaldefinitionen des §2 Abs2 und 3 AMG ergibt, sind Arzneimittel-Vollgroßhändler dadurch charakterisiert, dass sie (auf Grund näher bestimmter Eigenschaften) in der Lage sind, die Arzneimittelversorgung in einem bestimmten Gebiet "sicherzustellen", während sonstige "Großhändler" nicht durch ihre "Größe", sondern durch ihre Abgrenzung zum Detailhandel, der Arzneimittel an Letztverbraucher abgibt, gekennzeichnet sind und sohin auch kleine, auf wenige Arzneimittel spezialisierte Händler sein können, die keinesfalls die Arzneimittelversorgung in einem bestimmten Gebiet sicherzustellen vermögen. Der Verfassungsgerichtshof vermag dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er angesichts dieser Unterschiede und des mit der Teilnahme am Monitoringsystem verbundenen Aufwandes die (sonstigen) Arzneimittel-Großhändler (bis auf Weiteres) von der Teilnahmepflicht ausnimmt. Auch vermag der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er angesichts der Marktwirksamkeit der Arzneimittel-Vollgroßhändler davon ausgeht, dass bereits deren Einbeziehung in das Monitoringsystem einen hinreichend verlässlichen und repräsentativen Überblick über die Arzneimittelverfügbarkeit gewährleistet, der für die Gesetzeszwecke der "Früherkennung von Lieferengpässen" sowie der "allgemeinen gesundheitspolitischen Steuerung im Bereich der Arzneimittelversorgung" ausreicht.
Zu den behaupteten sonstigen Unverhältnismäßigkeiten des Monitoringsystems insgesamt, die nach Auffassung der antragstellenden Gesellschaften auch den Gleichheitsgrundsatz verletzen würden, genügt es, auf die obenstehenden Ausführungen zum Grundrecht auf Datenschutz zu verweisen.
Auch das Bedenken, die Bezugsgröße der zu meldenden "Mengen" von "Wirkstoffen" sei unklar, sodass die daraus resultierende Umrechnungspflicht "schikanös" sei, trifft nicht zu. Für den Verfassungsgerichtshof ist nämlich nicht erkennbar, dass dieser Tatbestand vor dem Hintergrund des allgemeinen Wissens des betroffenen Personenkreises um die objektiven Gegebenheiten und Besonderheiten der Arzneimittelbranche nicht unter Heranziehung aller Auslegungsmethoden einer Auslegung zugänglich wäre: Indem mit der "Menge", worauf die Bundesregierung hinweist, auf branchenübliche Maßeinheiten abgestellt wird, geht der Vorwurf "schikanöser" Umrechnungspflichten ins Leere.
Der Verfassungsgerichtshof erachtet schließlich die in §5 MSVAG vorgesehenen Strafdrohungen auch nicht als (gleichheitswidrig) exzessiv, zumal einerseits das volle Strafzumessungsermessen nach §19 VStG offen steht und anderseits die Höchststrafdrohungen – sollen sie wirksam sein – auch die finanzielle Leistungsfähigkeit der Normadressaten berücksichtigen dürfen.
2.11. Zu den Bedenken hinsichtlich der Verwaltungsstrafbestimmung
2.11.1. Nach dem Vorbringen der antragstellenden Gesellschaften verstoße die Verwaltungsstrafbestimmung des §5 MSVAG gegen das Klarheitsgebot gemäß Art7 EMRK, das Bestimmtheitsgebot nach Art18 B VG (und erneut gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art7 B VG):
Ob ein Arzneimittel-Großhändler als Arzneimittel-Vollgroßhändler gelte oder nicht, hänge gemäß §2 Abs3 AMG von vagen und unbestimmten Kriterien ("ausreichende Lagerhaltung", "entsprechende Sortimentgestaltung", "entsprechende Versorgungsbereitschaft, -regelmäßigkeit und -intensität") ab. Insbesondere sei unklar, ab wann eine bestimmte Einschränkung oder Ausweitung des Sortimentes zum Verlust oder zur Erlangung der Eigenschaft als Arzneimittel-Vollgroßhändler führe. Diese Rechtsunsicherheit werde in das MSVAG "importiert", indem §5 leg. cit. an die Meldeverpflichtungen für Arzneimittel-Vollgroßhändler anknüpfe. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes seien Strafbestimmungen, deren Adressatenkreis nicht präzise abgrenzbar sei, verfassungswidrig (Hinweis auf VfSlg 13.492/1993, 15.785/2000, 16.662/2002).
2.11.2. Nach der Auffassung der Bundesregierung seien die betreffenden Vorschriften einer Sinnermittlung im Wege der Auslegung zugänglich und würden nicht gegen Art18 BVG (Art7 EMRK) verstoßen:
Die Legaldefinition des §2 Abs3 AMG definiere Arzneimittel-Vollgroßhändler. Der Begriff finde sich auch an zahlreichen anderen Stellen der Rechtsordnung. Zudem werde in den Gesetzesmaterialien der Unterschied zwischen Arzneimittel-Großhändlern und Arzneimittel-Vollgroßhändlern näher ausgeführt. Arzneimittel-Vollgroßhändler verfügten über ein breiteres (seltene, wichtige Arzneimittel), aber auch ein tieferes (Stückzahl) Arzneimittellager und einen organisatorischen Apparat, der den Kleinverkauf zumindest einmal täglich beliefern könne (Hinweis auf ErlRV 1060, 15. GP, 29). Die gesetzliche Grundlage enthalte somit kumulativ mehrere Kriterien, anhand deren ein Arzneimittel-Vollgroßhändler feststellbar und dessen Abgrenzung möglich sei. Dies führe in der Praxis zu keinen Abgrenzungsschwierigkeiten. Darüber hinaus würden sich die antragstellenden Gesellschaften selbst als Arzneimittel-Vollgroßhändler bezeichnen und die Erfüllung der einzelnen gesetzlichen Kriterien nach §2 Abs3 AMG darlegen.
2.11.3. Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip ausgesprochen, dass der Gesetzgeber klar und unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen hat, wo er strafen will, und dass die Rechtsordnung dem Einzelnen die Möglichkeit geben muss, sich dem Recht gemäß zu verhalten (VfSlg 12.947/1991 mwN). Auch Art7 EMRK schließt das Gebot in sich, Strafvorschriften so klar zu gestalten, dass es dem Einzelnen möglich ist, sein Verhalten am Gesetz zu orientieren (VfSlg 11.776/1988 mwH). Nach der Judikatur sowohl des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte als auch des Verfassungsgerichtshofes ist diese Bedingung dann erfüllt, wenn der Einzelne aus dem Wortlaut der maßgeblichen Bestimmung erkennen kann, erforderlichenfalls aber auch mit Hilfe der Auslegung dieser Bestimmung durch Gerichte, welche Handlungen und Unterlassungen ihn strafbar werden lassen (EGMR 25.5.1993, 14.307/88, Kokkinakis , Z52; VfSlg 18.516/2008, 19.665/2012). Angesichts der unterschiedlichen Lebensgebiete, Sachverhalte und Rechtsfolgen, die Gegenstand und Inhalt gesetzlicher Regelungen sein können, ist ganz allgemein – und zwar auch im Zusammenhang mit Verwaltungsstraftatbeständen – davon auszugehen, dass Art18 B VG einen dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad verlangt (VfSlg 13.785/1994, 16.993/2003, 17.349/2004, 18.516/2008, 20.288/2018).
2.11.4. Die §§4 und 5 MSVAG knüpfen an die Legaldefinition der Arzneimittel-Vollgroßhändler in §2 Abs3 AMG an. Zwar verwendet diese Legaldefinition mehrere unbestimmte Gesetzesbegriffe ("ausreichender Lagerhaltung, einer entsprechenden Sortimentgestaltung sowie einer entsprechenden Versorgungsbereitschaft, -regelmäßigkeit und -intensität"), diese sind jedoch nach dem Gesetzestext auf die Fähigkeit zu beziehen, "die Arzneimittelversorgung im Sinne des §57 [AMG] in einem bestimmten Gebiet sicherzustellen", damit einer Auslegung zugänglich und sohin – unter dem Gesichtspunkt des aus Art18 BVG (Art7 EMRK) abzuleitenden, an den Gesetzgeber gerichteten Determinierungsgebotes – hinreichend bestimmt (vgl zur prinzipiellen Zulässigkeit unbestimmter Gesetzesbegriffe etwa VfSlg 3981/1961, 18.550/2008, 19.530/2011, 20.070/2016 und im Besonderen zu Vorschriften, die sich an sachkundige Fachkreise wenden, zB VfSlg 16.993/2003). So haben auch die antragstellenden Gesellschaften, die sich im "Verband der Österreichischen Arzneimittelvollgroßhändler" zusammengeschlossen haben, selbst keine Zweifel, dass sie dem Tatbestand der Arzneimittel-Vollgroßhändler unterfallen. Das Bedenken mangelnder Bestimmtheit der Verwaltungsstrafbestimmung des §5 MSVAG trifft daher nicht zu.
2.12. Zu den Bedenken hinsichtlich der (Kosten der) Schnittstelle zur Datenübertragung
2.12.1. Nach Auffassung der antragstellenden Gesellschaften sei auch §4 Abs4 MSVAG, der nicht regle, welche Kosten die antragstellenden Gesellschaften zu tragen hätten (lediglich die "hauseigenen" Kosten der Schnittstelle oder auch jene des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers, des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen und des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger) in verfassungswidriger Weise zu unbestimmt (Art18 BVG). Als mit Blick auf die Eigentumsgarantie "eingriffsnahe" Bestimmung bestünden erhöhte Anforderungen an die Bestimmtheit, die §4 Abs4 MSVAG nicht erfülle. Die Auferlegung der Kosten der Schnittstelleninfrastruktur verletze auch das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK); die Annahme der Gesetzesmaterialien, dass nicht mit allzu hohen Investitionskosten zu rechnen sei, sei unzutreffend.
2.12.2. Die Bundesregierung führt zur Frage der Kostentragung aus, dass im Sinne des §4 Abs4 MSVAG die "Kosten der Schnittstelle für die Zurverfügungstellung gemäß Abs1 […] von dem jeweiligen Arzneimittel-Vollgroßhändler zu tragen" sei. Daraus ergebe sich unmissverständlich, dass die antragstellenden Gesellschaften lediglich die "hauseigenen" Kosten ihrer Schnittstelle zu tragen hätten. Es sei nicht von einem "erheblichen Kostenaufwand" auszugehen; es sei angesichts der Wichtigkeit des öffentlichen Interesses verhältnismäßig, großen, finanzstarken Unternehmen die Kosten für die Herstellung der Schnittstelleninfrastruktur aufzuerlegen. Die antragstellenden Gesellschaften würden zu den größten Unternehmen des Arzneimittelgroßhandels mit entsprechender Systemrelevanz und Wirtschaftskraft zählen. Zudem liege angesichts des Infrastruktursicherungsbeitrages keine einseitige Belastung der Arzneimittel-Vollgroßhändler vor.
2.12.3. Der Verfassungsgerichtshof teilt auch die Bedenken der antragstellenden Gesellschaften gegen §4 Abs4 MSVAG nicht:
Die Kostentragungsregelung des §4 Abs4 MSVAG wäre tatsächlich zu unbestimmt, wäre sie so zu verstehen, dass die Arzneimittel-Vollgroßhändler auch – nicht näher determinierte – Schnittstellenkosten, die bei dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister, beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen und beim Dachverband der Sozialversicherungsträger anfallen, zu tragen hätten; unklar wäre insbesondere, ob lediglich Herstellungs- oder auch Betriebskosten, ob lediglich Infrastruktur- oder auch Personalkosten zu tragen und wie diese auf die Arzneimittel-Vollgroßhändler aufzuteilen wären. Mit der Bundesregierung ist jedoch festzuhalten, dass sich aus §4 Abs4 MSVAG zweifelsfrei ergibt, dass Arzneimittel-Vollgroßhändler lediglich ihre "hauseigenen" Kosten zu tragen haben. Das Bedenken, dass die Kostentragungsregelung des §4 Abs4 MSVAG zu unbestimmt wäre, trifft daher nicht zu.
Ausgehend von dieser Bedeutung des §4 Abs4 MSVAG, der lediglich die endgültige Tragung der Eigenkosten zum Gegenstand hat, teilt der Verfassungsgerichtshof auch nicht das Bedenken, der – von den antragstellenden Gesellschaften nicht näher bezifferte – Normerfüllungsaufwand sei unverhältnismäßig und verletze das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums.
V. Ergebnis
Die ob der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen des MSVAG erhobenen Bedenken treffen somit nicht zu. Der Antrag ist daher abzuweisen.
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