Auswertung in Arbeit
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
I. Anträge
1. Mit dem zu V20/2024 protokollierten, auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Antrag begehrt das Verwaltungsgericht Wien, der Verfassungsgerichtshof möge (Zitat ohne Hervorhebungen im Original)
"1. die Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 14.10.1996, MA46-V19-886/96, insoweit als gesetzwidrig aufheben, als damit unter Punkt 6. Folgendes verordnet wurde:
'b) in Wien 19., Hochstraße - B14 Bereich zwischen Heiligenstädter Straße B14 unter 6)a) und Zubringer zur Nußdorfer Lände - B227 ist in die jeweils vorhandene Richtung das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit von 70 km/h für Fahrzeuge aller Art verboten.'
2. in eventu
die Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 14.10.1996, MA46-V19-886/96 zur Gänze als gesetzwidrig aufheben
3. in eventu
die Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 14.10.1996, MA46-V19-886/96 in der Fassung der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 09.07.2002, MA46-V19-13402/2002 zur Gänze als gesetzwidrig aufheben."
2. Mit den zu V75/2025 und zu V219/2025 protokollierten, auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Anträgen begehrt das Verwaltungsgericht Wien, der Verfassungsgerichtshof möge (Zitat ohne die Hervorhebungen im Original)
"aussprechen, dass die Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 14.10.1996, MA 46 - V19-886/96, kundgemacht durch Straßenverkehrszeichen, insoweit gesetzwidrig war, als damit unter Punkt 6. Folgendes verordnet wurde:
'b) in Wien 19., Hochstraße - B14 Bereich zwischen Heiligenstädter Straße B14 unter 6)a) und Zubringer zur Nußdorfer Lände - B227 ist in die jeweils vorhandene Richtung das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit von 70 km/h für Fahrzeuge aller Art verboten.'
in eventu
1. aussprechen, dass die Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 14.10.1996, MA 46 - V19-886/96, kundgemacht durch Straßenverkehrszeichen, zur Gänze gesetzwidrig war,
in eventu
2. aussprechen, dass die Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 14.10.1996, MA 46 - V19-886/96, in der Fassung der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 09.07.2002, MA 46 - V19-13402/2002, kundgemacht durch Straßenverkehrszeichen, zur Gänze gesetzwidrig war,
in eventu
3. die Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 14.10.1996, MA 46 - V19 886/96, kundgemacht durch Straßenverkehrszeichen, insoweit als gesetzwidrig aufheben, als damit unter Punkt 6. Folgendes verordnet wurde:
'b) in Wien 19., Hochstraße - B14 Bereich zwischen Heiligenstädter Straße B14 unter 6)a) und Zubringer zur Nußdorfer Lände - B227 ist in die jeweils vorhandene Richtung das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit von 70 km/h für Fahrzeuge aller Art verboten.'
in eventu
4. die Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 14.10.1996, MA 46 - V19 886/96, kundgemacht durch Straßenverkehrszeichen, zur Gänze als gesetzwidrig aufheben,
in eventu
5. die Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 14.10.1996, MA 46 - V19 886/96, in der Fassung der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 09.07.2002, MA 46 - V19-13402/2002, kundgemacht durch Straßenverkehrszeichen, zur Gänze als gesetzwidrig aufheben."
II. Rechtslage
1. Die "Verordnung" des Magistrates der Stadt Wien vom 14. Oktober 1996, ZMA46-V19-886/96, lautet auszugsweise (Zitat ohne die Hervorhebungen im Original):
"MAGISTRAT DER STADT WIEN
Magistratsabteilung 46
MA 46 - V19-886/96
VERORDNUNG
Gemäß […] §43 Abs1 litb […]
werden folgende in der bezughabenden Niederschrift (Aktenvermerk) vom 1.7.1996 festgehaltenen Verkehrsbeschränkungen, Ge- und Verbote
[…] in Verbindung mit §94 b StVO (Bezirksverwaltungsbehörde) verordnet:
[…]
Die Kundmachung dieser Verordnung erfolgt gemäß §44 StVO.
Genehmigt am: Für den Abteilungsleiter:
1996.10.14 […]"
2. Die Niederschrift des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46, vom 1. Juli 1996, ZMA46-V19-886/96, lautet auszugsweise:
"1. Gegenstand (Antrag):
Überprüfung der Verkehrssituation bezüglich Überprüfung und Neuverordnung sämtlicher definitiver Maßnahmen in 19., 20., und 21., Heiligenstädter Straße B14, Nußdorfer Lände und Brigittenauer Lände bei und anschließend Nordknoten und Nordbrücke (ämtlicher Anlaß).
[…]
5. Sachverhalt: Der Antrag wurde den Verhandlungsteilnehmern zur Kenntnis gebracht. Die neuerliche Verordnung sämtlicher definitiver Maßnahmen im Bereich Nordknoten, Nußdorfer Lände, Brigittenauer Lände, Nordbrücke sowie Verordnung der selben Bereich Heiligenstädter Straße werden zur Diskussion gestellt. Grund für den Antrag ist die fehlende Verordnung für die Geschwindigkeitsbeschränkung in der Heiligenstädter Straße - B14. Lt. Vertreter der BV und [...] ist keine neuerliche Verordnung im Bereich Nordknoten, Nordbrücke u. Brigittenauer Lände notwendig, da teilweise durch Umbauarbeiten eine völlig neue Verkehrslösung entsteht, und der übrige Bereich schon verordnet ist. Man kommt daher zu folgendem Beschluß. Nachverordnung der Geschwindigkeitsbesch. im Bereich Heiligenstädter Straße B14 und Nußdorfer Lände B227 [...] in Wien 19. Keine Änderungen der Maßnahmen erforderlich. Nachstehendes Ergebnis kann daher seitens der Teilnehmer einhellig erzielt werden.
6. Ergebnis:
a) […]
b) In Wien 19., Hochstraße - B14 Bereich zwischen Heiligenstädter […] Straße B14 unter 6)a) und Zubringer zur Nußdorfer Lände - B227 ist in die jeweils vorhandene Richtung das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit von 70 km/h für Fahrzeuge aller Art verboten.
c)-d) […]
[…]"
3. Die für die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen "Verordnungsbestimmung" anzuwendenden Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO. 1960), BGBl 159/1960, lauten in der maßgeblichen Fassung wie folgt (Zitat ohne die Hervorhebungen im Original):
" §20. Fahrgeschwindigkeit.
(1) […]
(2) Sofern die Behörde nicht gemäß §43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.
(2a) - (4) […]
[…]
§43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise.
(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung
a) […]
b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,
1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,
2. den Straßenbenützern ein bestimmtes Verhalten vorzuschreiben, insbesondere bestimmte Gruppen von der Benützung einer Straße oder eines Straßenteiles auszuschließen oder sie auf besonders bezeichnete Straßenteile zu verweisen;
c)-d) […]
(1a)-(3) […]
(4) Wenn es der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs dient und aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs keine Bedenken dagegen bestehen, kann die Behörde durch Verordnung die gemäß §20 Abs2 erlaubten Höchstgeschwindigkeiten erhöhen.
(4a)-(11) […]"
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Beim Verwaltungsgericht Wien sind mehrere Verfahren über Beschwerden gegen Straferkenntnisse der Landespolizeidirektion Wien anhängig, mit denen den Beschwerdeführern jeweils eine Übertretung des §52 lita Z10a StVO 1960 zur Last gelegt wird, weil sie als Lenker von jeweils dem Kennzeichen nach näher bestimmten Fahrzeugen zu einem jeweils näher bezeichneten Zeitpunkt in 1190 Wien, Klosterneuburger Hochstraße B14, "181 Meter vor Höhe Lichtmasten Nr E222, Richtung stadteinwärts" (V 20/2024), "274 Meter nach Höhe Lichtmasten Nr D118, Richtung stadtauswärts" (V 75/2025) bzw "222 Meter nach Höhe Lichtmasten Nr D118, Richtung stadtauswärts" (V 219/2025) die durch Straßenverkehrszeichen im Ortsgebiet in diesem Bereich kundgemachte, zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten hätten. Über die Beschwerdeführer wurde daher jeweils eine Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.
2. Aus Anlass der Beschwerdeverfahren stellt das Verwaltungsgericht Wien die vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Anträge, die "Verordnung" des Magistrates der Stadt Wien vom 14. Oktober 1996, ZMA46-V19-886/96, insoweit als gesetzwidrig aufzuheben (V 20/2024) bzw deren Gesetzwidrigkeit festzustellen (V 75/2025 und V219/2025), als damit unter Punkt 6. Folgendes verordnet wurde: "b) in Wien 19., Hochstraße - B14 Bereich zwischen Heiligenstädter Straße B14 unter 6)a) und Zubringer zur Nußdorfer Lände - B227 ist in die jeweils vorhandene Richtung das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit von 70 km/h für Fahrzeuge aller Art verboten.", jeweils samt Eventualanträgen.
2.1. Zur Zulässigkeit der Anträge wird jeweils darauf hingewiesen, dass das Verwaltungsgericht Wien die angefochtene "Verordnungsbestimmung" im Beschwerdeverfahren anzuwenden habe. Der jeweilige Tatort befinde sich in dem von Punkt 6)b) der "Verordnung" des Magistrates der Stadt Wien vom 14. Oktober 1996, ZMA46-V19-886/96, erfassten Bereich. Da der angefochtene Punkt 6)b) von den übrigen "Verordnungsbestimmungen" trennbar sei, weil diese andere Straßenabschnitte beträfen, werde nur die "Verordnungsbestimmung" des Punktes 6)b) angefochten. Das Verwaltungsgericht Wien stelle die Eventualanträge für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof zur Auffassung gelangen sollte, dass der Anfechtungsantrag zu eng bemessen worden sei. In den zu V75/2025 und zu V219/2025 protokollierten Anträgen stelle das Verwaltungsgericht Wien Eventualanträge für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof zur Auffassung gelangen sollte, dass die angefochtene "Verordnungsbestimmung" nicht bereits mit der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 21. Mai 2024, MA 46 - DEF/462087/2024/HOT/, aufgehoben worden sei, sondern weiterhin in Geltung stehe.
2.2. In der Folge legt das Verwaltungsgericht Wien seine Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof veranlasst haben, dar:
Durch die auf §43 Abs1 litb StVO 1960 gestützte angefochtene "Verordnungsbestimmung" sei die zulässige Geschwindigkeit von 50 km/h (Ortsgebiet) auf 70 km/h erhöht worden. §43 StVO 1960 verpflichte die verordnungserlassende Behörde, die Erforderlichkeit einer verkehrsbeschränkenden Maßnahme auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nachvollziehbar darzulegen. Auch wenn nicht übersehen werde, dass auf Grund der baulichen Gestaltung der Klosterneuburger Hochstraße B14 im verfahrensgegenständlichen Bereich die Erhöhung der erlaubten Geschwindigkeit (im Hinblick auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs sowie die Sicherheit des Verkehrs) gerechtfertigt sein könnte, lasse sich dem Verordnungsakt selbst jedoch keine Begründung für die verordnete Geschwindigkeitsbeschränkung entnehmen. Eine Büroverhandlung habe zwar stattgefunden, doch werde in der Niederschrift lediglich ausgeführt, dass keine Änderungen der Maßnahmen erforderlich seien und das nachstehende Ergebnis daher seitens der Teilnehmer einhellig erzielt werden könne. Dem Akt sei darüber hinaus nur zu entnehmen, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h bereits zuvor verordnet gewesen sei, der entsprechende Verordnungsakt aber in Verstoß geraten sei und dieser Mangel durch Nachverordnung behoben werden sollte. Eine Begründung, warum die Beschränkung der Geschwindigkeit mit 70 km/h den Anforderungen der StVO entspreche, sei damit dem Verordnungsakt nicht zu entnehmen. Die Geschwindigkeitsbeschränkung sei daher nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Wien gesetzwidrig, weil sie unter Verletzung der Verpflichtung, auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung nachvollziehbar darzulegen, erlassen worden sei.
2.3. Die zu V75/2025 und zu V219/2025 protokollierten Anträge enthalten darüber hinaus Bedenken seitens des Verwaltungsgerichtes Wien ob der ausreichenden Bestimmtheit der "Verordnung" des Magistrates der Stadt Wien vom 14. Oktober 1996, ZMA 46-V19-886/96. Diese regle nämlich, dass "folgende in der bezughabenden Niederschrift (Aktenvermerk) vom 1.7.1996 festgehaltenen Verkehrsbeschränkungen, Ge- und Verbote [...] in Verbindung mit §94b StVO (Bezirksverwaltungsbehörde) verordnet:" werden, ohne die – mit dem Begriff "folgende" angekündigten und nach dem Satzzeichen ":" zum Ausdruck zu bringenden – zu verordnenden Verkehrsbeschränkungen, Ge- und Verbote anzuführen. Sofern alle in der bezughabenden Niederschrift vom 1.7.1996 festgehaltenen Verkehrsbeschränkungen, Ge- und Verbote verordnet werden sollten, wären nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Wien der Begriff "folgende" und das Satzzeichen ":" nicht zu verwenden gewesen oder nach dem Satzzeichen ":" eine entsprechende Anführung erforderlich gewesen, dass alle in der Niederschrift festgehaltenen Verkehrsbeschränkungen, Ge- und Verbote verordnet werden sollen. Insofern würde der Wortlaut der "Verordnung" auch einer allfälligen Absicht des Verordnungsgebers, alle in der bezughabenden Niederschrift (Aktenvermerk) vom 1. Juli 1996 festgehaltenen Verkehrsbeschränkungen, Ge- und Verbote verordnen zu wollen, widersprechen. Dementsprechend sei für den Normunterworfenen aus der "Verordnung" nicht ausreichend ersichtlich, welche Verkehrsbeschränkungen, Ge- und Verbote verordnet wurden bzw werden sollten.
3. Im Verfahren zu V20/2024 hat der Beschwerdeführer als mitbeteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der er sich im Wesentlichen den Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien anschließt.
4. In den zu V20/2024 und zu V75/2025 protokollierten Verfahren hat der Magistrat der Stadt Wien jeweils inhaltlich im Wesentlichen gleichlautende Äußerungen erstattet, in denen den in den Anträgen dargelegten Bedenken entgegengetreten wird.
4.1. Der Magistrat der Stadt Wien führt zunächst im Wesentlichen Folgendes zum Sachverhalt aus:
Die – zur Bundesstraße erklärte – B14 Klosterneuburger Straße verlaufe über die Strecke "Anschlußstelle Nordbrücke (B 10, B227) - Heiligenstädter Straße - Landesgrenze Wien/Niederösterreich". Seit 1980 seien in der B14 für einen bestimmten Streckenabschnitt Hinweiszeichen "Autostraße" gemäß §53 Z8a StVO 1960 kundgemacht. Am 1. Juli 1996 habe eine Verhandlung zu MA 46-V19-886/1996 zur Überprüfung der Verkehrssituation zur Geschwindigkeit bis 70 km/h für die B14 stattgefunden, und die Ergebnisse seien in der Niederschrift festgehalten worden. Die "Verordnungsblätter" seien am 14. Oktober 1996 unterfertigt worden. Die entsprechenden Verkehrszeichen seien bereits aufgestellt gewesen. Die Verordnung MA 46-V19-13402/2002 habe die Beschränkung der Geschwindigkeit auf 50 km/h im 19. Wiener Gemeindebezirk, Heiligenstädter Straße ONN 255 - 303, also in einem Teilbereich der "Verordnung" MA 46-V19/886/1996 Punkt 6.a) betroffen.
Die Straßenzüge des Autostraßennetzes der B14 seien dem höherrangigen Straßennetz zuzuordnen und dienten dem Durchzugsverkehr. Vom Ortsgebiet mit Tempo 50 km/h leite das Autostraßennetz mit der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h hin zu Wiener Stadtautobahnen (und von ihnen wieder ab), auf denen die Geschwindigkeit regelmäßig auf 80 km/h beschränkt sei. Die B14 Autostraße sei autobahnähnlich ausgebaut, also im Wesentlichen als zweispurige Richtungsfahrbahn, ohne Fußgänger- bzw Radverkehr, ohne Parkstreifen, ohne Kreuzungen bzw nur mit Überschneidungen – jedoch ohne besondere Anschlussstellen für die Zu- und Abfahrt. Autostraßen dürften nur von Fahrzeugen mit einer Bauartgeschwindigkeit über 60 km/h befahren werden und führten nicht durch ein für Wohnen gewidmetes Gebiet.
Am 17. April 2024 sei in der Verhandlung zu MA 46-DEF/462087/2024 die Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h für die Autostraßen in den 19. und 20. Wiener Gemeindebezirken gemäß Planbeilage Nr 20-1521 ausführlich begründet worden. Die unterfertigte Niederschrift und das unterfertigte Verordnungsblatt seien am 21. Mai 2024 elektronisch erstellt und genehmigt worden.
4.2. In der Folge tritt der Magistrat der Stadt Wien den in den Anträgen erhobenen Bedenken inhaltlich im Wesentlichen wie folgt entgegen:
Die "Verordnung" zur ZMA 46-V19/886/1996 sei nur hinsichtlich Punkt 6)b) präjudiziell, weil sich der jeweilige Tatort auf die von diesem Punkt umfasste Strecke beschränke und die anderen "Verordnungspunkte" sich auf andere örtlich getrennte Strecken bezögen.
Der Magistrat der Stadt Wien räumt ein, es habe eine Verordnung gegeben, die nachfolgend nicht mehr auffindbar gewesen sei, sodass es im Jahr 1996 mit der angefochtenen "Verordnung" zu einer "Nachverordnung" gekommen sei. Im Akt zur "Nachverordnung" seien die Beweggründe für die "Verordnung" rudimentär dargestellt. Aus Anlass des dem Verfahren V20/2024 zugrunde liegenden Verwaltungsstrafverfahrens habe die Verkehrsbehörde neuerlich ein Verordnungsverfahren eröffnet, bereits eine Verhandlung durchgeführt und ausführlich eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h begründet.
5. Die Wiener Landesregierung hat weder eine Äußerung erstattet, noch Akten vorgelegt.
6. Da der zu V219/2025 den zu V20/2024 und zu V75/2025 protokollierten Anträgen der Sache nach im Wesentlichen gleicht, hat der Verfassungsgerichtshof davon abgesehen, ein weiteres Vorverfahren in dieser Rechtssache durchzuführen.
IV. Zulässigkeit
1. Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:
2. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist für die Qualität eines Verwaltungsaktes als Verordnung nicht der formelle Adressatenkreis und die äußere Bezeichnung und auch nicht die Art der Verlautbarung, sondern nur dessen Inhalt maßgebend (zB VfSlg 15.061/1997 mwN). Unter einer Verordnung ist jeder generelle, also an die Allgemeinheit überhaupt oder an einen nach Gattungsmerkmalen umschriebenen Personenkreis gerichtete, normative Akt der Verwaltung zu verstehen (vgl VfSlg 17.137/2004).
3. Diese Voraussetzungen treffen auf die angefochtene Enuntiation nicht zu, weil sie ungeachtet ihrer Bezeichnung als "Verordnung" selbst keinen eigenständigen normativen Inhalt hat, der sich an Rechtsunterworfene richtet. Nach dem Wortlaut der angefochtenen Enuntiation würden damit "folgende in der bezughabenden Niederschrift (Aktenvermerk) vom 1.7.1996 festgehaltenen Verkehrsbeschränkungen, Ge- und Verbote […] in Verbindung mit §94 b StVO (Bezirksverwaltungsbehörde) verordnet:". Im Anschluss an diese Formulierung werden jedoch keine "Verkehrsbeschränkungen, Ge- und Verbote" genannt und auch sonst keine Anordnungen getroffen. Vielmehr folgt lediglich eine Vorgabe zur Kundmachungsform.
4. Wenngleich ein Verweis in einer Verordnung auf in einer Niederschrift oder in einem Aktenvermerk näher bezeichnete Ge- oder Verbote nicht per se unzulässig ist, so muss durch die verweisende Vorschrift zumindest erkennbar sein, welche Ge- oder Verbote verordnet werden sollen. Die angefochtene Enuntiation erfüllt dieses Kriterium nicht. Sie stellt ihrem Wortlaut nach zwar die Anordnung "folgender" Ge- oder Verbote in Aussicht, ohne jedoch in weiterer Folge – nach dem Doppelpunkt – solche zu nennen. Da sie sohin keinen normativen Inhalt hat, der sich an Rechtsunterworfene richtet, stellt sie keine Verordnung im Sinn des Art139 BVG dar (vgl auch VfGH 23.2.2017, V42/2016; 15.12.2021, V515/2020).
V. Ergebnis
1. Die Anträge sind daher schon mangels eines geeigneten Prüfungsgegenstandes als unzulässig zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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