Kein Verstoß gegen den Vertrauensschutz durch Bestimmungen der Wr DienstO 1994 betreffend die Nichtanrechnung von Zeiten des Präsenzdienstes bei der Festsetzung des Besoldungsdienstalters; allfällige Verschlechterung des Besoldungsdienstalters durch spätere Vorrückung im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers; Sachlichkeit der unionsrechtlichen Anpassungen des Dienstrechtes zur Verringerung des verwaltungstechnischen Aufwands, der Kosten sowie der komplexen Anrechnungsbestimmungen; kein Eingriff iSd §68 Abs1 AVG in das bescheidmäßig rechtskräftig festgesetzte Besoldungsdienstalter durch die gesetzliche Neufestsetzung
Abweisung eines Antrags des Verwaltungsgerichts Wien (VGW — LVwG) auf Aufhebung des §15c Wr DienstO 1994 idF LGBL 69/2021 sowie von Teilen des §15a leg cit idF LGBl 63/2019.
Keine Verletzung des Vertrauensschutzes:
Das bloße Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage als solches genießt keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Es bleibt dem Gesetzgeber grundsätzlich unbenommen, die Rechtslage auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern, sofern keine besonderen Umstände vorliegen. Es steht dem Dienstgesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes grundsätzlich frei, die gehaltsrechtliche Stellung von Bediensteten (somit auch die Anrechnung von Vordienstzeiten) mit Wirkung für die Zukunft, also gemessen an der Lebensverdienstsumme, zu verschlechtern. Zu berücksichtigen ist, dass die Neuberechnung nach §15c Wr DO 1994 mit einer Berücksichtigung bloß "berufseinschlägiger" Tätigkeiten – die eine Angleichung an §7 W‑BedG bezweckt – im Einzelfall sowohl zur Verbesserung als auch zur Verschlechterung der besoldungsrechtlichen Stellung im Hinblick auf die Vorrückung führen kann. Eine rückwirkende Verschlechterung (im Sinne einer Rückzahlung) ist gemäß §15 Abs5 Wr. DO 1994 jedenfalls ausgeschlossen; auch die bestehenden Gehälter bleiben unberührt, weil eine allfällige Verschlechterung des Besoldungsdienstalters lediglich zu einer späteren Vorrückung in die nächsthöhere Gehaltsstufe führt. Darüber hinaus ist in dieser Bestimmung zur Vermeidung von Härtefällen als Begrenzung die Verringerung des Besoldungsdienstalters um höchstens zwei Jahre vorgesehen. Damit besteht jedenfalls ein angemessener Ausgleich zwischen den künftigen gehaltsrechtlichen Wirkungen einer allfälligen Verringerung des Besoldungsdienstalters und dem Interesse an der Wahrung des bestehenden Gehaltes, sodass sich die Regelung in dieser Hinsicht als sachlich erweist.
Sachliche Rechtfertigung für die Neuberechnung für nach dem 31.07.2015 begründete Dienstverhältnisse gemäß §15c Abs1 Wr. DO 1994:
Dem Gesetzgeber kommt bei der Festsetzung von Stichtagsregelungen, die notwendig ein gewisses Maß an Beliebigkeit aufweisen und insofern Härtefälle in Kauf nehmen müssen, unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Dieser Gestaltungsspielraum ist nicht überschritten, wenn zur Harmonisierung der unionsrechtlich beeinflussten Anpassungen des Dienstrechtes, die mit einem sehr hohen verwaltungstechnischen Aufwand und hohen Kosten verbunden waren, und angesichts der komplexeren Anrechnungsbestimmungen vor dem 31.07.2015 (dem Inkrafttreten der Dienstrechts‑Novelle 2015, LGBl 28/2015) bei der Neufestsetzung gemäß §15c Wr DO 1994 nur auf jene Bediensteten abstellt, deren Vordienstzeiten nach dem 31.07.2015 angerechnet worden sind und die nicht in das Besoldungssystem der Dienstrechts‑Novelle 2015 übergeleitet worden sind.
Kein Eingriff in die (materielle) Rechtskraft jenes Bescheides, mit dem das Besoldungsdienstalter festgestellt wurde, durch die Neufestsetzung gemäß §15c Abs1 Wr DO 1994:
Bei §15c Abs1 Wr DO 1994 handelt es sich um eine materiellrechtliche und keine verfahrensrechtliche Bestimmung, sodass eine Abweichung iSd Art11 Abs2 B‑VG von vornherein nicht in Betracht kommt. Vor diesem Hintergrund liegt die behauptete Abweichung von §68 Abs1 AVG auch deshalb nicht vor, weil durch die Erlassung der angefochtenen Bestimmung die materielle Rechtslage geändert worden ist, eine entschiedene Sache iSd §68 Abs1 AVG, der gemäß §1 Abs1 iVm §13 DVG auch auf das Verfahren in Dienstrechtsangelegenheiten anzuwendenden ist, jedoch gerade eine unveränderte materielle Rechtslage voraussetzt. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass §68 Abs6 AVG selbst ausdrücklich abweichende Regelungen durch den Materiengesetzgeber zur Zurücknahme und Einschränkung von Berechtigungen zulässt, die somit ohnehin auch nicht an Art11 Abs2 B‑VG zu messen wären.
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