Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Schaller als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichtes Mag. Klenk und Mag. Schmied in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geb. **, **, vertreten durch Dr. Oliver Peschel, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* N.V.,**Niederlande, vertreten durch Mag. Simon Wallner Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen EUR 25.246,79 sA, über den Antrag der beklagten Partei auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision (§ 508 ZPO), in nicht öffentlicher Sitzung den
B e s c h l u s s
gefasst:
Der Antrag der beklagten Partei, den Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision im Urteil des Berufungsgerichts vom 23.6.2025, 15 R 68/25t, dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision zulässig sei, wird samt der damit verbundenen ordentlichen Revision zurückgewiesen .
B e g r ü n d u n g :
1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts wurde der Beklagten am 25.6.2025 zugestellt, der Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO wurde am 25.8.2025 eingebracht. Generell werden gemäß § 222 ZPO nur Notfristen im Rechtsmittelverfahren gehemmt. Das sind neben Berufungs- (und Berufungsanmeldungs-), Revisions-, Rekurs- und Revisionsrekursfrist auch alle anderen nicht verlängerbaren Fristen in diesen Verfahrensstadien, wie die Fristen für die jeweiligen Rechtsmittelbeantwortungen und für Abänderungsanträge nach den §§ 508 und 528 Abs 2 a ZPO 10 ( Annerl in Fasching/Konecny 3 ,§ 222 ZPO Rz 4). Damit erweist sich der vorliegende Antrag der Beklagten als rechtzeitig.
2.Der Zulassungsantrag zeigt nicht auf, dass in der Berufungsentscheidung eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu lösen war.
3. Dazu im Einzelnen:
3.1.Das Berufungsgericht hat sich mit den von der Beklagten in der Berufung behaupteten Begründungsmängeln der erstinstanzlichen Entscheidung auseinandergesetzt. Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt worden sind, können nicht nach § 503 Z 2 ZPO geltend gemacht werden (RS0042963).
3.2.Auch eine mangelhafte und unzureichende Beweiswürdigung kann im Revisionsverfahren nicht angefochten werden. Nur wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht befasst hätte, wäre sein Verfahren mangelhaft (RS0043371; RS0043141; RS0043027 [T3]).
Abgesehen davon, dass die Beweisrüge unter Punkt 2. des Berufungsurteils abgehandelt wird, wird im Zulassungsantrag keine Mangelhaftigkeit des Berufungsurteils wegen unzureichender Behandlung der Beweisrüge behauptet, sodass auf die Ausführungen, mit denen die Beweiswürdigung bekämpft wird, nicht weiter einzugehen ist.
3.3.Zur Schlüssigkeit des Klagsvorbringens ist auf die bereits in der Berufung getätigten Ausführungen zu verweisen: Ein Klagsvorbringen ist schlüssig, wenn der Kläger zwar nicht jedes einzelne von zahlreichen Spielen nennt, wohl aber den Zeitraum angibt, während dem er bei der Beklagten als seiner Vertragspartnerin gespielt hat, und den Gesamtverlust nennt (vgl bereits wiederholt die höchstgerichtliche Judikatur zu 1 Ob 97/21b; 4 Ob 232/23f; 8 Ob 54/25m [8 f]; zuletzt 6 Ob 135/25h [Rn 8 mwN]). Welche Anforderungen an die Konkretisierung des Klagebegehrens wegen Spielverlusten zu stellen sind, ist daher höchstgerichtlich geklärt. Im Übrigen hängt die Beurteilung der Frage, ob eine Klage schlüssig ist, von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet regelmäßig – so auch hier - keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RS0037874 [T39]; 7 Ob 112/25h [Rz 7], 6 Ob 135/25h [Rz 8]).
3.4.Das im Zulassungsantrag neuerlich herangezogene Argument der Beklagten, die Verweigerung eines Rückforderungsanspruchs würde dem Spielerschutz besser gerecht, weil die Spieler sonst einerseits die Einsätze zurückverlangen, andererseits auf die Auszahlung von Gewinnen vertrauen könnten, hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach abgelehnt (zuletzt 6 Ob 135/25h [Rn 9 mwN]). Es wurde dazu wiederholt vom Obersten Gerichtshof dargelegt, dass der Verbotszweck, der sich gegen den Leistungsaustausch an sich wendet, die Rückabwicklung erfordert (für viele: 3 Ob 17/25h; 6 Ob 77/23a mwN; 6 Ob 135/25h). Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung, dass Spieler ihre verlorenen Einsätze aus verbotenen Glücksspielen zurückverlangen können (RS0134152).
Dies gilt, im Hinblick auf die Zielsetzung des GSpG, nach gefestigter Rechtsprechung auch dann, wenn der Leistende in Kenntnis der Nichtschuld ist, ihm die Ungültigkeit seiner Verpflichtung bekannt war (3 Ob 17/25h; 6 Ob 77/23a mwN) und er mit der Teilnahme an einem verbotenen Spiel selbst einen Verwaltungsstraftatbestand gesetzt hat. Demzufolge steht die im Zulassungsantrag enthaltene Argumention, die Rückforderung der Spieleinsätze erfolge wider Treu und Glauben, im Widerspruch zu der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung (für viele: 6 Ob 135/25h; 9 Ob 135/22v; 3 Ob 69/23b; 1 Ob 22/25d).
3 . 5. Mit der Behauptung, aus der Entscheidung des EuGH C 920/19, Fluctus, ergebe sich, dass die Gerichte eine Unionsrechtsmäßigkeit (des österreichischen Glücksspielmonopols) selbst prüfen müssten und sich nicht auf Entscheidungen höherer Gerichte berufen dürften, hat sich der Oberste Gerichtshof mehrfach, etwa in der Entscheidung 1 Ob 22/25d auseinandergesetzt und klargestellt, dass sich aus dieser Entscheidung des EuGH ein derartiges Verbot nicht ergibt (1 Ob 22/25d [8]).
Außerdem liegt zur Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücksspielrechts umfangreiche höchstgerichtliche Judikatur vor; die Frage der Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücksspielmonopols ist daher abschließend beantwortet (1 Ob 229/20p; 5 Ob 30/21d; 9 Ob 20/21p ua).
3.6. Die Beklagte beruft sich weiters auf die vor dem EuGH anhängigen Rechtssachen C 9/25 Tipico und C 440/23 European Lotto and Betting und meint, in jenen Verfahren gehe es um hier präjudizielle Rechtsfragen.
Das Verfahren C 9/25 des EuGH war aber weder im Verfahren erster Instanz noch im Berufungsverfahren ein Thema, weshalb sich das Berufungsgericht damit auch nicht auseinandersetzen konnte. Wegen dieses Verfahrens hat die Beklagte auch keinen Unterbrechungsantrag gestellt.
Darüber hinaus hat der Oberste Gerichtshof auch klargestellt, dass diese Verfahren unionsrechtliche Fragen betreffen, die bereits beantwortet sind (statt vieler 1 Ob 22/25d, Rz 9; 2 Ob 187/24z, Rz 4; 6 Ob 19/25z, Rz 10; je mwN; 7 Ob 112/25h, Rz 3; 8 Ob 80/25k, Rz 1; 6 Ob 135/25h), sodass die Bezugnahme im Zulassungsantrag auf diese anhängigen Verfahren unbeachtet bleiben konnte.
3.7.Auch der Anregung auf Einleitung eines weiteren Vorabentscheidungsverfahrens war mit Blick auf die geklärte Rechtslage nicht näher zu treten (7 Ob 112/25h).
3.8.Zusammenfassend liegen die Voraussetzungen für eine nachträgliche Änderung des Zulassungsausspruches nicht vor. Der Antrag der Beklagten samt der ordentlichen Revision ist deshalb gemäß § 508 Abs 4 ZPO zurückzuweisen.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden