Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Rendl als Vorsitzenden sowie die Richter Mag. Falmbigl und Mag. Viktorin in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, **, **, vertreten durch die Summer Schertler Kaufmann Rechtsanwälte GmbH in Bregenz, gegen die beklagte Partei B* Limited , **, MALTA, vertreten durch die BRANDL TALOS Rechtsanwält:innen GmbH in Wien, wegen EUR 245.035,54 samt Nebengebühren, über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse EUR 74.621) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 31. März 2025, GZ: **-39, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.806,22 (darin EUR 634,37 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte bietet über die von ihr betriebene Webseite www.C*.eu jedenfalls seit dem Jahr 2015 auch in Österreich Glücksspiel an, ohne über eine Konzession nach dem GSpG zu verfügen.
Der Kläger legte bereits im Jahr 2009 auf www.C*.com zum Zweck der Teilnahme an Glücksspielen ein Nutzerkonto an. Auf diesem Nutzerkonto wurden sämtliche Zahlungsflüsse, insbesondere die Transferierung der eingelösten Einsätze und erzielten Spielgewinne, abgewickelt. Gewinne wurden gutgeschrieben, Verluste abgezogen. Ein Nutzerkonto und Spielguthaben sind Voraussetzungen für die Teilnahme am Glücksspiel.
Die Website www.C*.com wurde (und wird) von der D* Limited (auch: Vorbetreiberin) betrieben. Diese gehört demselben Konzern an wie die Beklagte und bot bis Jänner 2015 das Glücksspielangebot von C* für Spieler in Österreich an. Seit dem Jahr 2015 wurde (und wird) jedoch das C*-Angebot für österreichische Spieler von der Beklagten auf der von ihr betriebenen Webseite www.C*.eu angeboten. Die österreichischen Kunden wurden im Jänner 2015 sohin allesamt auf das Angebot der Beklagten, das über die Webseite www.C*.eu angeboten wird, übertragen.
Anlässlich der Übertragung auf das Glücksspielangebot der Beklagten und deren Webseite nahm der Kläger den Wechsel billigend zur Kenntnis und spielte mit dem bisherigen Account weiter, ohne dass sich eine spürbare Änderung ergeben hätte.
Der Kläger erlitt im Zeitraum von 23.12.2009 bis 5.8.2022 einen Spielverlust von insgesamt EUR 256.236,21, wovon EUR 74.621,00 auf den Zeitraum von 23.12.2009 bis Jänner 2015 entfallen.
Im Berufungsverfahren ist (nur) noch strittig, ob der Kläger auch die vor dem 1.1.2015 auf der Webseite www.C*.com erlittenen Verluste von der Beklagten zurückfordern kann.
Dazu brachte der Kläger vor: Er habe hinsichtlich der Führung des Spielerkontos ein Dauerschuldverhältnis mit der ursprünglichen Anbieterin abgeschlossen. Dieses Rechtsverhältnis sei auf die Beklagte übergegangen. Nutzer aus Österreich seien automatisch von www.C*.com auf www.C*.eu weitergeleitet worden. Dort sei die Beklagte in den AGB und im Impressum in Erscheinung getreten. Der Kläger habe sich auf der Webseite www.C*.eu mit seinem bisherigen Kontonamen und Passwort in sein bereits bestehendes Spielerkonto einloggen können, welches die Beklagte unverändert fortgeführt habe. Sämtliche Nutzerkontoinformationen, Transaktionsdaten sowie Guthaben und Boni des Klägers seien auf die Beklagte übertragen und von dieser übernommen worden. Die Übernahme habe keine Auswirkungen auf die angebotenen Dienste gehabt. Die Beklagte habe dem Kläger auf sein Auskunftsbegehren hin auch sämtliche Transaktionslisten zurückgehend bis ins Jahr 2009 übermittelt. Die Beklagte habe bestehende Selbstsperrungen der Nutzer übernommen. Der Kläger habe sich auf der Website www.C*.com auch gar nicht mehr einloggen können und hätte bei dieser auch nicht mehr auf seinen Nutzer-Account zugreifen können, um sich allfällig vorhandenes Guthaben auszahlen zu lassen. Dies sei ausschließlich bei der Beklagten möglich gewesen, auf welche das gesamte Vertragsverhältnis übergegangen sei. Dass der Kläger nicht ausdrücklich vom Betreiberwechsel in Kenntnis gesetzt worden sei, schade nicht: Durch die Klagsführung und die Aufrechthaltung seines Standpunkts trotz entsprechenden Einwandes der Beklagten habe der Kläger zumindest schlüssig seine Zustimmung zur Vertragsübernahme erteilt.
Sollte keine Vertragsübernahme vorliegen, sei jedenfalls ein Unternehmensübergang (§ 1409 ABGB, § 38 UGB) anzunehmen.
Die Beklagte entgegnete, von 23.12.2009 bis Jänner 2015 habe der Kläger, der in Österreich am Glücksspielangebot von C* teilgenommen habe, mit der D* Limited kontrahiert. Erst seit dem Jahr 2015 werde das C*-Angebot für österreichische Spieler auf der Webseite www.C*.eu angeboten, die von der Beklagten betrieben werde. Die österreichischen Kunden seien im Jänner 2015 sohin allesamt auf das Angebot der Beklagten übertragen worden.
Die Parteien hätten im Jahr 2015 keine Vertragsübernahme des Rahmenvertrags betreffend das Spielerkonto des Klägers vereinbart. Die Beklagte habe im Jahr 2015 keine Haftungen oder Verbindlichkeiten von der D* Limited übernommen. Eine Vereinbarung, wie sie der OGH in der Entscheidung 3 Ob 44/22z beurteilt habe, liege hier gerade nicht vor. Für eine schlüssige Vertragsübernahme müssten konkrete Anzeichen vorliegen. Soweit der Kläger behaupte, vor 2015 erzielte Gewinne seien nach 2015 von der Beklagten ausbezahlt worden, irre er über den Umgang mit Spielergeldern. Diese müssten auf Fremdgeldkonten verwahrt werden. Vor 2015 vorhandene Guthaben seien auf dem Fremdgeldkonto der Vorbetreiberin gelegen. Wenn der Kläger dieses Geld nach dem 1.1.2015 hätte auszahlen lassen, wäre das Geld vom Fremdgeldkonto der Vorbetreiberin und nicht von jenem der Beklagten gekommen.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem gesamten Klagebegehren statt. Es traf die auf den S 4 bis 6 der Urteilsausfertigung ersichtlichen, eingangs dieser Entscheidung zusammengefassten Feststellungen, auf die verwiesen wird.
Rechtlich beurteilte es die Frage des Betreiberwechsels unter Bezugnahme auf die Entscheidungen 3 Ob 44/22z und 9 Ob 10/22v dahin, dass es sich beim Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem jeweiligen Glücksspielanbieter um ein Dauerschuldverhältnis handle. Dieses Rechtsverhältnis sei mit 1.1.2015 im Wege einer Vertragsübernahme, die eine Einigung aller Beteiligten erfordere, auf die Beklagte übergegangen. Der Kläger sei beim Einloggen in sein Spielerkonto davon in Kenntnis gesetzt worden, dass seine Beziehung zur früheren Betreiberin („.com“) auf die nunmehrige Beklagte („.eu“) transferiert werde, und habe zustimmend zur Kenntnis genommen, dass dies keine Auswirkungen auf die angebotenen Dienste und die Kontodaten einschließlich Guthaben habe. Nach dem objektiven Verständnis redlicher Vertragsparteien sei unter der transferierten „Beziehung“ nicht ein einzelner Glücksspielvertrag, sondern die gesamte Rechtsbeziehung zum Kläger zu verstehen. Der Kläger habe diesem Transfer zugestimmt, womit die Voraussetzungen für eine umfassende Vertragsübernahme erfüllt seien. Die Beklagte sei daher auch für jene Rückforderungsansprüche passivlegitimiert, die sich auf die Spielverluste vor 1.1.2015 beziehen.
Gegen den Zuspruch des Klagebegehrens im Umfang von EUR 74.621 sA richtet sich die Berufung der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren im Umfang der Anfechtung abgewiesen werde; hilfsweise wird die Aufhebung beantragt.
Der Kläger beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt .
1. Sowohl die Verfahrensrüge (sowie die aus anwaltlicher Vorsicht geltend gemachte Nichtigkeit) als auch die Beweisrüge beziehen sich auf Passagen aus der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts (UA, S 11-12), denen die Berufung den Charakter dislozierter Feststellungen attestiert. Das Erstgericht habe Feststellungen aus den zitierten höchstgerichtlichen Entscheidungen übernommen, die auf den vorliegenden Fall überhaupt nicht zutreffen würden. Diese Feststellungen seien überschießend, weil kein Vorbringen dazu erstattet worden sei. Das Urteil leide in diesem Punkt an einer mangelhaften Begründung. Diese Feststellungen seien das Ergebnis einer unrichtigen bzw nicht vorhandenen Beweiswürdigung.
1.1. Die einzelnen Begründungselemente einer gerichtlichen Entscheidung sind streng voneinander zu trennen und nicht zu vermischen. Dementsprechend ist die Entscheidung nach den beschriebenen Bestandteilen augenfällig zu gliedern. Dislozierte Tatsachenfeststellungen sind zu vermeiden. Die gerichtlichen Feststellungen sind deutlich als solche zu formulieren ( Brenn in Höllwerth/Ziehensack, ZPO 2§ 417 ZPO Rz 10). „Dislozierte“ Tatsachenfeststellungen sind Ausführungen des Erstgerichts, die nach dem Aufbau des Urteils nicht im Abschnitt der Feststellungen enthalten, jedoch eindeutig dem Tatsachenbereich zuzuordnen sind (vgl RS0043110). Für die Beurteilung, ob es sich bei außerhalb der Feststellungen vorzufindenden Urteilsausführungen um Tatsachenfeststellungen handelt, kommt es auf die Qualität der Aussage in den Entscheidungsgründen eines Urteils an (7 Ob 148/08b).
1.2.Tatsächlich stützt sich das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung auf die Entscheidungen 3 Ob 44/22z und 9 Ob 10/22v des Obersten Gerichtshofs. Im Zuge der rechtlichen Argumentation werden dabei auch Sachverhaltselemente wiedergegeben, die sich zwar in den zitierten Entscheidungen, jedoch in dieser Form nicht in den Feststellungen des Erstgerichts finden. Dabei handelt es sich, nach der Gliederung des Urteils und dem Gehalt der Aussagen allerdings nicht um dislozierte Feststellungen, sondern um Elemente der rechtlichen Beurteilung, die das Erstgericht offenbar als mit dem vorliegenden Sachverhalt als wertungsmäßig vergleichbar erachtete.
Die ausschließlich im Abschnitt mit der Überschrift „Rechtlich folgt daraus:“ (UA, S 8ff) des Ersturteils enthaltenen Sachverhaltselemente werden daher vom Berufungsgericht nicht als Feststellungen gewertet und auch nicht als solche übernommen.
1.3.Damit liegt weder der geltend gemachte Begründungsmangel, noch der Nichtigkeitsgrund des § 499 Abs 1 Z 9 ZPO vor. Eine allfällige Verwertung überschießender Feststellungen ist ohnehin im Zuge der rechtlichen Überprüfung aufzugreifen (RS0040318 [T2]).
2. Die Beweisrüge bleibt insofern unklar, als sie eingangs eine Feststellung des Erstgerichts zitiert (Berufung Pkt III.1., S 6 ganz oben), ohne dass in der Folge deutlich wird, ob auch diese Feststellung bekämpft wird, oder nur die danach angeführte „dislozierte Feststellung“ (Berufung Pkt III.2.).
Da sich aber sowohl die weitere Auseinandersetzung mit der (fehlenden) Beweiswürdigung des Erstgerichts als auch die begehrte Ersatzfeststellung erkennbar ausschließlich auf die „dislozierte Feststellung“ beziehen, liegt hinsichtlich der eingangs angeführten Feststellung („ Anlässlich der Übertragung auf das Glücksspielangebot der beklagten Partei, das über die Webseite www.C*.eu angeboten wird, nahm die klagende Partei den Wechsel billigend zur Kenntnis und spielte mit dem bisherigen Account weiter, ohne dass sich eine spürbare Änderung ergeben hätte.“ [ UA, S 6]), keine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge vor. Weder wird im Hinblick auf diese Feststellung eine unrichtige Beweiswürdigung aufgezeigt, noch besteht ein unauflösbarer Widerspruch mit der begehrten Ersatzfeststellung.
Zusammenfassend übernimmt das Berufungsgericht damit als unangefochten jene Feststellungen vollständig, die sich im entsprechenden Urteilsabschnitt („Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:“) befinden und legt sie als unangefochten seiner weiteren rechtlichen Beurteilung zu Grunde (§ 498 Abs 1 ZPO). Ausführungen aus sonstigen Abschnitten der Entscheidungsgründe, denen allenfalls Feststellungscharakter zukommen könnte, werden hingegen nicht übernommen.
3. In ihrer Rechtsrüge wendet sich die Berufung gegen die Ansicht des Erstgerichts, es sei zu einer Vertragsübernahme gekommen. Diese Beurteilung sei ausgehend von den Feststellungen unrichtig und beruhe auf der Verwertung überschießender Feststellungen. Im vorliegenden Fall gebe es weder für eine Einigung der Beklagten mit ihrer Vorgängerin ein Tatsachensubstrat, noch sei der Kläger vom Betreiberwechsel in Kenntnis gesetzt worden. Das Erstgericht hätte zusätzlich feststellen müssen, dass die Beklagte und die D* Limited der Vertragsübernahme weder ausdrücklich noch schlüssig zugestimmt haben.
3.1.Der Oberste Gerichtshof hatte sich in jüngerer Zeit, beginnend mit der Entscheidung 3 Ob 44/22z, mehrfach mit den Auswirkungen eines Wechsels des Betreibers einer Glücksspiel-Webseite auf den Rückforderungsanspruch der Spieler zu befassen.
Zunächst entspricht es dieser Rechtsprechung, dass die Rückabwicklung nichtiger Verbraucherverträge sowie das Vorliegen einer Vertragsübernahme nach österreichischem Recht zu beurteilen sind (3 Ob 44/22z [Rz 15f, 21]; 2 Ob 40/22d [Rz 13f] ua).
Weiters ist davon auszugehen, dass über ein vom Spieler eröffnetes Spielerkonto seine Einzahlungen, Gewinne und Verluste sowie Boni aus der fortlaufenden Teilnahme an Glücksspielen abgewickelt werden. Der jeweilige Anbieter hat damit üblicherweise auch Dienstleistungen zur Abrechnung und Verwaltung des Spielerkontos zu erbringen („Rahmenvertrag“). Dabei handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis (3 Ob 241/23z [Rz 18]). Davon kann einerseits auch ohne ausdrückliche Feststellungen ausgegangen werden (vgl 3 Ob 241/23z [Rz 18]). Andererseits hat das Erstgericht hier tatsächlich festgestellt, dass auf dem Nutzerkonto des Klägers sämtliche Zahlungsflüsse, insbesondere die Transferierung der eingelösten Einsätze und erzielten Spielgewinne abgewickelt wurden; Gewinne wurden gutgeschrieben, Verluste abgezogen (vgl UA, S 5). Die Feststellung ist auch vom Vorbringen der Beklagten (vgl ON 12, S 6) gedeckt und damit keineswegs „überschießend“.
Es ist daher auch im vorliegenden Fall von einem Dauerschuldverhältnis auszugehen, das Dienstleistungen zur Abrechnung und Verwaltung des Spielerkontos des Klägers umfasst.
3.2.Zu prüfen ist, ob im Hinblick auf dieses Dauerschuldverhältnis die Voraussetzungen einer Vertragsübernahme vorliegen. Dafür ist nach österreichischem Recht grundsätzlich eine Übereinkunft aller Beteiligten, nämlich der verbleibenden, der ausscheidenden und der an ihre Stelle tretenden Partei erforderlich (RS0032607). Auch ein Dauerschuldverhältnis kann Gegenstand einer Vertragsübernahme sein (vgl 9 Ob 93/99p; 8 Ob 34/08w).
Durch eine Vertragsübernahme, mit der die Gesamtheit aller wechselseitigen Rechte und Pflichten übertragen wurde, scheidet die frühere Betreiberin aus und die neue Betreiberin übernimmt die gesamte vertragliche Rechtsstellung der früheren Betreiberin. Bei einem solchen Gesamtübergang des Rechtsverhältnisses geht die Rechtsprechung davon aus, dass dieser auch auf § 877 ABGB gestützte Kondiktionsansprüche der Restpartei umfasst, die auf Leistungen an die ausgeschiedene Altpartei beruhen und deren Rückabwicklung aufgrund Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zu erfolgen hat (3 Ob 241/23x [Rz 20]).
Dabei geht es nicht um die Frage, ob ein nichtiger Vertrag übertragen wurde oder werden konnte, sondern darum, ob die daraus resultierenden Kondiktionsansprüche des Klägers aufgrund der abgegebenen Erklärung von der Beklagten als Schuldnerin übernommen werden sollten (2 Ob 20/22p [Rz 15]).
3.3. Zutreffend weist die Berufung darauf hin, dass der Oberste Gerichtshof bislang eine Übertragung der Kondiktionsansprüche in Konstellationen angenommen hat, in welchen die Spieler beim Einloggen (etwa mittels Pop-up-Fenster) davon in Kenntnis gesetzt wurden, dass ihre „Beziehung“ zum bisherigen Betreiber auf einen neuen Betreiber transferiert werde und dies keine Auswirkungen auf die angebotenen Dienste habe (3 Ob 44/22z [Rz 3]; 4 Ob 65/22w [Rz 4]; 9 Ob 10/22v [Rz 1]).
Im vorliegenden Fall wurde eine derartige Verständigung des Klägers weder von einer der Parteien behauptet, noch vom Erstgericht festgestellt. Vielmehr äußerte sich der Betreiberwechsel nach den Feststellungen für den Kläger nur darin, dass die Webseite unter einer anderen Top-Level-Domain betrieben wurde. Er konnte jedoch mit seinem bisherigen Account ohne spürbare Änderung weiterspielen (vgl UA, S 6).
Soweit das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung davon ausgeht, der Kläger sei beim Einloggen in sein Spielerkonto davon in Kenntnis gesetzt worden, dass seine „Beziehung“ zur früheren Betreiberin auf die Beklagte transferiert werde und dies keine Auswirkungen auf die angebotenen Dienste und die Kontodaten einschließlich Guthaben habe (vgl UA, S 12), fehlt es an einer entsprechenden Tatsachengrundlage.
3.4. Allerdings erweist sich die Beurteilung durch das Erstgericht im Ergebnis dennoch als zutreffend:
3.4.1.Schon aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich, dass das Glücksspielangebot von C* in Österreich bzw für österreichische Spieler bis Jänner 2015 von der bisherigen Betreiberin (D* Limited) und ab diesem Zeitpunkt von der Beklagten angeboten wurde. Die österreichischen Kunden wurden „auf das Angebot der Beklagten übertragen“. Es steht ebenfalls fest, dass der Kläger nach dem Betreiberwechsel mit seinem bisherigen Account weiterspielte, ohne dass eine Änderung spürbar gewesen wäre. In der von der Beklagten vorgelegten Urkunde ./74 heißt es wörtlich: „Alle Gelder, die ein Spieler vor dieser Änderung [Anm: dem Wechsel zur Beklagten] auf seinem Konto hatte, blieben auf seinem Konto und standen dem Spieler zur Verfügung, um sie auf der neuen Website zu verwenden [...]“ (./47, S 3). Das stimmt mit dem Vorbringen des Klägers überein und kann insofern als unstrittig zugrunde gelegt werden (RS0121557 [T3]).
Aus diesen Umständen ergibt sich für das Berufungsgericht die Schlussfolgerung (RS0118191), dass die Beklagte von der Vorbetreiberin jedenfalls alle erforderlichen Informationen und Daten, um die angebotenen Spiele weiter anbieten zu können sowie über den Aufbau und das Design der Webseite, von der Vorbetreiberin erhalten haben muss, sodass der Kläger keine Änderung merkte. Weiters müssen auch alle relevanten Daten über das Spielerkonto (den Account) des Klägers (insbesondere Zugangsdaten, persönliche Daten des Klägers, Kontostand) transferiert worden sein, sodass der Kläger mit seinem bisherigen Account weiterspielen konnte. Vor dem Hintergrund dass ihre Vorbetreiberin und die Beklagte demselben Konzern angehören, muss davon ausgegangen werden, dass diesen Vorgängen eine Übereinkunft der beiden Konzerngesellschaften zugrunde liegt.
Ausgehend davon, dass wesentlicher Inhalt des Dauerschuldverhältnisses zwischen einem Spieler und dem Online-Glücksspielanbieter die Führung des Spielerkontos und das Erbringen von Dienstleistungen zur Abrechnung und Verwaltung des Spielerkontos ist, ergibt sich, dass die Beklagte dieses Vertragsverhältnis mit all seinen wesentlichen Merkmalen von der vorherigen Betreiberin übernommen hat.
Im Unterschied zur von der Berufung ins Treffen geführten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 3 Ob 241/23x steht hier fest, dass die Übertragung der österreichischen Kunden und damit auch des Klägers zwischen zwei Konzerngesellschaften stattfand. Darüber hinaus hat die Beklagte im vorliegenden Verfahren in erster Instanz auch nicht jede Art einer vertraglichen Einigung mit ihrer Vorgängerin bestritten. Sie führte nur aus, sie habe keine „Haftungen oder Verbindlichkeiten“ von der Vorbetreiberin übernommen und vor 2015 einbezahlte „Spielergelder“ wären, wenn der Kläger ab dem 1.1.2015 „dieses Geld“ hätte auszahlen lassen, vom Fremdgeldkonto der Vorbetreiberin gekommen.
Steht aber fest, dass die Beklagte die gesamte Führung des Spielerkontos samt dem dort gebuchten Guthaben des Klägers übernommen und die Möglichkeit geboten hat, mit diesem Guthaben bei ihr zu spielen, kommt es auf eine zusätzliche ausdrückliche Haftungsübernahme nicht an, um von einer Übertragung des Vertragsverhältnisses ausgehen zu können. In Anbetracht der Übernahme der Verwaltung und der nahtlosen Weiterführung des Kontos durch die Beklagte ist auch nicht primär relevant, von welchem Fremdgeldkonto allfällige Auszahlungen stammen. Zudem kann bei einer fortlaufenden Verrechnung von Gewinnen und Verlusten auch nicht mehr gesagt werden, welcher Teil eines aktuellen Guthabens aus welcher Einzahlung (vor oder nach dem Betreiberwechsel) stammt. Zudem ist eine Übertragung des Schuldverhältnisses nicht davon abhängig, ob die an die ursprüngliche Vertragspartnerin geleisteten Zahlungen an die übernehmende Gesellschaft weiterüberwiesen wurden oder die finanziellen Beziehungen zwischen den betroffenen Gesellschaften auf andere Weise geregelt oder ungeregelt gelassen wurden (vgl 6 Ob 78/24z [Rz 52]).
Wenn die Beklagte in der Berufung erstmals die „Feststellung“ begehrt, die Beklagte und ihre Vorgängerin hätten einer Vertragsübernahme weder ausdrücklich noch schlüssig zugestimmt, wäre dies mit den unangefochtenen sonstigen Feststellungen des Erstgerichts nicht vereinbar. Wie dargelegt schließen jene Tatsachenelemente, die eine Übernahme des Spielerkontos und der damit zusammenhängenden Vertragsbeziehung begründen, faktisch aus, dass dies innerhalb eines Konzerns zwischen der Beklagten und ihrer Vorgängerin ohne deren (auch nur schlüssige) Zustimmung erfolgt sein könnte.
3.4.2.Anders als in der Entscheidung 3 Ob 241/23x hat das Erstgericht im vorliegenden Fall auch keine Negativfeststellung hinsichtlich der Zustimmung des Klägers zum Betreiberwechsel getroffen. Vielmehr ist den Feststellungen des Erstgerichts zu entnehmen, dass der Kläger jedenfalls den Wechsel in der Top-Level-Domain von „.com“ auf „.eu“ billigend zur Kenntnis nahm.
Solange die Zustimmung des Gläubigers nicht vorliegt oder wenn sie überhaupt nicht erteilt wird, ist eine zwischen Schuldner und Übernehmer vereinbarte Vertragsübernahme nicht unwirksam, sondern bloß unvollständig (vgl RS0032629). Die Zustimmung der verbleibenden Partei zum Vertragsübergang kann auch schlüssig erfolgen (RS0032607 [T6]). In diesem Zusammenhang hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass die verbleibende Partei auch durch die Klagsführung, vor allem aber durch ihren während des gesamten Verfahrens aufrechterhaltenen Standpunkt, die beklagte Partei in Anspruch nehmen zu wollen, in einer den Voraussetzungen des § 863 ABGB genügenden Weise zum Ausdruck bringt, dem Vertragsübergang zuzustimmen (8 Ob 34/08w, 3 Ob 113/12g). Diese Rechtsprechung wurde vom Oberlandesgericht Wien auch auf Fallkonstellationen wie die vorliegende angewendet, sodass sich die Beklagte nicht erfolgreich darauf berufen kann, den Kläger nicht von der Übertragung verständigt zu haben, sodass dieser nicht zustimmen konnte (vgl OLG Wien 16 R 237/23z, 33 R 13/24k).
Hier hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 10.5.2024 (ON 10.1) erstmals behauptet, sie habe vor dem 1.1.2015 nicht mit dem Kläger kontrahiert, dieser sei als Kunde erst zu diesem Zeitpunkt auf ihr Angebot übertragen worden. Unmittelbar darauf (ON 12) wertete der Kläger diesen Vorgang als Vertragsübernahme und gründete seinen Anspruch gegen die Beklagte auch auf diesen Umstand. An seiner Zustimmung zur Vertragsübernahme besteht daher kein ernstlicher Zweifel.
4. Aus diesen Erwägungen war der Berufung im Ergebnis nicht Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Das Berufungsgericht geht davon aus, dass sich seine Entscheidung innerhalb der von der zitierten Judikatur des Obersten Gerichtshofs festgelegten Leitlinien hält. Insbesondere weist der hier zu beurteilende Einzelfall relevante Unterschiede zu jenem auf, der der Entscheidung 3 Ob 241/23x zugrunde lag. Da jedoch ein gewisses Spannungsverhältnis zu dieser Entscheidung des Obersten Gerichtshofs nicht abzustreiten ist, war die ordentliche Revision zuzulassen.
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