Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Jänner 2025, GZ **-15.3, nach der am 9. Oktober 2025 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Aichinger, im Beisein der Richterin Mag. Staribacher und des Richters Mag. Trebuch LL.M. als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin HR Mag. Riener, des Angeklagten A* und seines Verteidigers Jürgen Stephan Mertens durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Freiheitsstrafe (unter Beibehaltung bedingter Strafnachsicht) auf zwölf Monate herabgesetzt.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen, auch eine Verweisung eines Privatbeteiligten mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg enthaltenden Urteil wurde der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB (I./) und des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 erster Fall StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 (zu ergänzen:) Abs 1 StGB nach § 302 Abs 1 StGB zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er in **
I./ am 18. Februar 2024 die Polizeibeamten B*, C* und D* mit dem Vorsatz, dadurch den Staat an dessen Recht auf Aufklärung und Verfolgung von Straftaten „sowie E* an dessen Recht auf eine gesetzmäßige Behandlung seiner Anzeigen“ zu schädigen, wissentlich zu bestimmen versucht (§ 15 StGB), ihre Befugnis, im Namen des Bundes als deren Organe in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch „wissentlich“ zu missbrauchen, dass sie davon Abstand nehmen, die Amtshandlung im Lokal „F*“, insbesondere die gegen ihn geäußerten Vorwürfe der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des Betrugs nach § 146 StGB, zu protokollieren;
II./ am 21. Februar 2024 E* dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB, falsch verdächtigte, indem er in einem Gedächtnisprotokoll an seinen Vorgesetzten des Polizei-Anhaltezentrums ** festhielt, dass er von einem Mitarbeiter des Lokals „F*“ mittels Würgegriff mit derartiger Vehemenz am Hals gepackt worden sei, dass ihm die Luft weggeblieben sei, er in weiterer Folge durch das Lokal gezerrt und in ein Hinterzimmer geschliffen worden sei, wobei er wusste (§ 5 Abs 3 StGB), dass diese Verdächtigung falsch ist.
Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die „Begehung des letzteren in Kenntnis eines bereits laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens“ und „den Umstand, dass der Angeklagte zu Punkt I./ des Schuldspruchs seine Polizeikollegen zu einer Straftat zu verführen versuchte (§ 33 Z 3 StGB)“, erschwerend, mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel, dass es teilweise beim Versuch blieb und „die durch die Alkoholisierung im Zusammenspiel mit der psychischen Anspannung nach einem Beziehungsstreit bedingte Enthemmung beim Vorfall vom 18.02.2024“.
Nach Zurückweisung der vom Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 4. September 2025, GZ 14 Os 54/25k-5, ist nunmehr über dessen Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe (ON 19.2) zu entscheiden, mit welcher er eine Herabsetzung der Sanktion anstrebt.
Grundlage für die Bemessung der Strafe nach § 32 StGB ist die Schuld des Täters. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte. Im allgemeinen ist die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat oder die er zwar nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat, je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht gegen die Tat hat gebraucht werden können.
Zunächst sind die Strafzumessungsgründe zum Vorteil des Angeklagten dahin zu korrigieren, als fallbezogen der Erschwerungsgrund der Tatbegehung während eines anhängigen Strafverfahrens zu entfallen hat. Denn am 21. Februar 2024 (II./ des Schuldspruchs) war gegen den Angeklagten ein Ermittlungsverfahren (bloß) wegen des Verdachts des Betrugs, der Schachbeschädigung und der gefährlichen Drohung (nicht aber auch des Missbrauchs der Amtsgewalt [vgl dazu ON 1.4]) anhängig (vgl ON 2.2), wobei das Ermittlungsverfahren in diesem Umfang in der Folge eingestellt wurde (ON 1.8). Solcherart endete – was zur Annahme des in Rede stehenden Erschwerungsgrundes jedoch erforderlich wäre - das im Zeitpunkt der nunmehr abzuurteilenden Tat anhängig gewesene Strafverfahren wegen der angeführten Delikte aber nicht mit einem rechtskräftigen Schuldspruch (RIS-Justiz RS0119271).
Dem Berufungswerber gelingt es nicht, weitere mildernde Aspekte aufzuzeigen.
Denn wenn er (verfehlt im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde, vgl dazu die Ausführungen des Obersten Gerichtshofs ON 21.1 RZ 11) die in Bezug auf I./ des Schuldspruchs durch das Erstgericht ohnehin mildernd gewertete (vgl jedoch RIS-Justiz RS0091056) Alkoholisierung ins Treffen führt und davon ausgehend (auch) den Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 11 StGB für sich reklamiert, ist er darauf zu verweisen, dass die (einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand nahekommende) Alkoholisierung ausschließlich unter den Voraussetzungen des § 35 StGB zu beurteilen ist (RIS-Justiz RS0091254).
Mit seinen ein Nichtvorliegen des Erschwerungsgrundes des § 33 (zu ergänzen: Abs 1) Z 3 StGB behauptenden Berufungsausführungen ist er hinwieder auf die diesbezüglichen Ausführungen des Obersten Gerichtshofs (ON 21.1 Rz 12) zu verweisen.
Wenn der Angeklagte weiters ins Treffen führt, er weise „auch in seiner Tätigkeit als Polizeibeamter keinerlei Disziplinarstrafen“ auf, sondern könne „vielmehr eine ungetrübte Polizeilaufbahn vorweisen“, ist ihm zu entgegnen, dass das Erstgericht den Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 2 StGB ohnehin angenommen hat, sodass für eine darüber hinausgehende Berücksichtigung dieser Umstände kein Raum bleibt (vgl RIS-Justiz RS0091471; 13 Os 163/95).
Die weiters in der Berufung thematisierte „Enthemmung“ sowie der psychische Zustand des Angeklagten zum Tatzeitpunkt (I./ des Schuldspruchs) wurden durch das Erstgericht ohnehin zu seinen Gunsten berücksichtigt.
Bei objektiver Abwägung der wie dargelegt zum Vorteil des Angeklagten korrigierten Strafzumessungslage und allgemeiner Strafzumessungserwägungen im Sinne des § 32 Abs 2 und 3 StGB sowie unter gebotener Berücksichtigung auch generalpräventiver Erwägungen ( Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 15§ 32 Rz 7) erweist sich – auch unter Miteinbeziehung des Umstands, dass der Angeklagte drei Beamte zum Missbrauch der Amtsgewalt zu bestimmen versuchte, - die bei einem zur Verfügung stehenden Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe durch das Erstgericht im Ausmaß von 40 % der Strafobergrenze ausgemessene (und zwingend mit einem Amtsverlust verbundene; § 27 Abs 1 Z 1 StGB) Sanktion jedoch tatsächlich als überhöht, weshalb diese auf das spruchgemäße, tat- und schuldangemessene sowie spezial- wie auch generalpräventiven Erfordernissen immer noch hinreichend Rechnung tragende Ausmaß herabzusetzen war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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