Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 3 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des B* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. Februar 2025, GZ **-872, nach der unter dem Vorsitz der Richterin Dr. Vetter, im Beisein der Richterinnen Mag. Marchart und Dr. Hornich, LL.M als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Dr. Lechner und in Anwesenheit des Angeklagten B* sowie seines Verteidigers Mag. Günther Rebisant durchgeführten Berufungsverhandlung am 23. September 2025 zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen B* auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit im Berufungsverfahren von Bedeutung - B* im dritten Rechtsgang (vgl zum zweiten 11 Os 156/23k) in Ergänzung zu dem im ersten Rechtsgang (vgl dazu 11 Os 104/21k) rechtskräftig gewordenen Teil des Urteils des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13. März 2020, GZ **-870 (= 870 im einbezogenen Akt ON 800), für das ihm (zu II/A/1, II/A/2, II/C/, IV/A/ und IV/B/) unter Neubildung der Subsumtionseinheit (§ 29 StGB; US 4, 36) zur Last liegende Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 3, § 12 dritter Fall und § 15 StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 153 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Zum Verständnis des B* betreffenden Schuldspruchs ist vorauszuschicken, dass der Mitangeklagte A* unter anderem wie folgt verurteilt wurde:
I/A/ A* hat als Geschäftsführer der C* GmbH (im Folgende: C*) seine Befugnis über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch diese Gesellschaft in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt, indem er
(...)
4/ von Februar 2008 bis Juni 2008 für die ihm von D*, MBA, zum Preis von insgesamt 750.000 Euro angebotene Übernahme von Produktionsrechten der E* an Call-In-TV-Sendungen der F* GmbH (im Folgenden: F*; um 500.000 Euro) und mehrerer im Urteil näher bezeichneter (US 70) Fernsehsender in der Schweiz (um 250.000 Euro) durch die C* mit diesem einen zur Ermöglichung von ungerechtfertigten Rückflüssen an ua A* und B* zuzurechnende Gesellschaften um 3,25 Mio Euro überhöhten Übernahmepreis in Form einer an die D*, MBA, wirtschaftlich zuzurechnende G* GmbH (US 72, im Folgenden: G*) zu leistenden „Provision“ für die angebliche Vermittlung der Übernahmeverträge – und zwar in Höhe von 2,5 Mio Euro in Ansehung der F* und in Höhe von 1,5 Mio Euro in Ansehung der Fernsehsender in der Schweiz – vereinbarte (US 71 f und 74) und die C* am 15. Februar 2008 durch den Abschluss einer dazu errichteten Vermittlungsvereinbarung zur (für den Fall des Zustandekommens der Übernahme der Verträge bedingten) Leistung einer Vergütung von 4 Mio Euro an die G* verpflichtete (US 76), wobei es aufgrund der am 28. März 2008 unerwartet erfolgten Kündigung des mit der E* bestehenden Produktionsvertrags durch die F* zum 30. September 2008 (US 82 f), der daraus resultierenden Unmöglichkeit der Übernahme dieses Vertrages durch die C* (US 82) und der daher erfolgten Reduktion des von D*, MBA, geforderten Übernahmepreises auf insgesamt 650.000 Euro (US 85 iVm 83) am 2. Juni 2008 zu einer Abänderung der Vermittlungsvereinbarung kam (US 83), nach welcher die C* zur Auszahlung (nur) eines Betrags von 2 Mio Euro, dem im Umfang von 1,35 Mio Euro keine wirtschaftliche Gegenleistung gegenüberstand (US 85), verpflichtet wurde (US 85 iVm 83), wodurch die C* letztlich in diesem Betrag am Vermögen geschädigt wurde und in einem weiteren Betrag von 1,9 Mio Euro am Vermögen geschädigt werden sollte;
5/ im August 2008 den Geschäftsführer der H*, I*, zur Ermöglichung von ungerechtfertigten Rückflüssen an eine ua A* zuzurechnende Gesellschaft zur Legung der Scheinrechnungen Nr. 2008/08-058 über 600.000 Euro und Nr. 2008/08-059 über 400.000 Euro jeweils zuzüglich Umsatzsteuer (US 88 f) und am 25. August 2008 ohne Vorliegen einer wirtschaftlichen Gegenleistung deren Bezahlung durch die C* durch Banküberweisung veranlasste (US 89 und 92 iVm US 16 und 40), wodurch die C* in einem Betrag von 1 Mio Euro am Vermögen geschädigt wurde.
B* hat dem Schuldspruch folgend
II/ in leitender Funktion ua für die Finanzgebarung zuständiger Mitarbeiter (und – ab 11. Juli 2008 – Prokurist [US 39]) der C* GmbH im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit deren Geschäftsführer A* als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) ihre Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch diese Gesellschaft in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt, indem sie
A/ von 1. August 2006 bis 30. September 2008 Verantwortliche der J* GmbH Co KG (im Folgenden: J*) ohne wirtschaftliche Rechtfertigung dazu veranlassten, von dieser an die C* zu leistende Erlöse aus Call-In-TV-Sendungen in Höhe von 247.199,55 Euro an die K* GmbH (1/) sowie in Höhe von 466.331,54 Euro an die L* GmbH (2/) auszuzahlen, wodurch die C* in einem Betrag von insgesamt 713.531,09 Euro am Vermögen geschädigt wurde;
B/ (…)
C/ am 8. Jänner 2009 als „Vergütung“ für die Bereitschaft von D*, MBA, an im Urteil (US 29 f und 93 ff) näher dargestellten Bilanzmanipulationen mitzuwirken, ohne Vorliegen einer Gegenleistung für die C* (US 107 f) einen mit 18./19. Dezember 2008 datierten Vertrag mit der M* für vorgebliche Beratungsleistungen abschlossen, wodurch die C* in einem Betrag von 140.000 Euro am Vermögen geschädigt wurde.
IV/ zur Ausführung strafbarer Handlungen des A* beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), indem er ihm die nicht dem tatsächlichen wirtschaftlichen Grund entsprechende Erfassung der aufgrund des jeweiligen Tatplans an die C* zu legenden Rechnungen zusagte und dies in der Folge auch entsprechend veranlasste, und zwar
A/ im Februar 2008 zu der zu I/A/4/ beschriebenen strafbaren Handlung durch die Zusage, die für die angebliche Vermittlung der Übernahmeverträge vereinbarten und von der C* zu leistenden Provisionen in deren Anlagevermögen als Lizenzrechte zu erfassen (US 77), und Veranlassung einer entsprechenden Verbuchung (US 80 und 87);
B/ im August 2008 zu der zu I/A/5/ beschriebenen strafbaren Handlung durch die Zusage die von der H* zu legenden Scheinrechnungen nicht zu beanstanden und die dafür geleisteten Zahlungen im Anlagevermögen der C* als immaterielle Vermögenswerte zu erfassen, und Veranlassung einer entsprechenden Verbuchung (US 89 f).
Bei der Strafbemessung werteten die Tatrichter die Tatwiederholung bei der Untreue und die mehrfache Überschreitung der Wertgrenze von 300.000 Euro als erschwerend; mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel, den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, das lange Zurückliegen der Taten und das seitherige Wohlverhalten, den Beitrag zur Wahrheitsfindung und die überlange Verfahrensdauer, die in einer Reduktion der Strafe im Ausmaß von zwölf Monaten Niederschlag fand.
Nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde des B* mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 1. Juli 2025, GZ 11 Os 56/25g-5, ist über dessen Berufung wegen Strafe (ON 920) zu erkennen.
Zunächst ist der lange Tatzeitraum zusätzlich erschwerend in Anschlag zu bringen.
Soweit der Berufungswerber das Vorliegen der besonderen Milderungsgründe nach § 34 Abs 1 Z 5 und Z 6 StGB behauptet, ist er auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, GZ 11 Os 56/25g-5, Rz 4 ff, zu verweisen, dernach diese Milderungsgründe nicht vorliegen.
Der vom Angeklagten angesprochene Umstand, dass es bezüglich des Schuldspruchpunkts IV/A/ und sohin bei einer Schadenshöhe von 1,9 Mio Euro beim Versuch geblieben ist, wurde vom Erstgericht ohnedies als Milderungsgrund anerkannt.
Ausgehend von einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe ist die von den Tatrichtern grundsätzlich angedachte Strafe von vier Jahren und drei Monaten schon mit Blick auf die erhebliche Schadenshöhe schuld- und tatangemessen, zumal diese auch den angeführten mildernden Umständen, aber auch etwa dem Umstand, dass der Mitangeklagte A* insgesamt eine aktivere Rolle einnahm, hinreichend Rechnung trägt. Das vom Angeklagten ins Treffen geführte Lebensalter von 65 Jahren wurde vom Erstgericht ohnedies berücksichtigt (US 38) und vermag keine weitere Herabsetzung der Strafe zu rechtfertigen, weil ein gewisses Alter der bisherigen Unbescholtenheit zwar besonderes Gewicht verleiht, was gegenständlich durch den mehrjährigen Tatzeitraum aber wieder relativiert wird (vgl RIS-Justiz RS0091502 [T3]).
Darüber hinaus war der - trotz des Umfangs und der Komplexität des Verfahrens, in dem etwa auch die Einholung von Sachverständigengutachten erforderlich war - als insgesamt überlang anzusehenden Verfahrensdauer mit einer rechnerischen Reduktion der Strafe zu begegnen, weil etwa im ersten Rechtsgang zwischen der Verkündung des Urteils erster Instanz (ON 870) bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien am 9. Jänner 2023 (ON 822) nahezu drei Jahre verstrichen sind und die Urteilsausfertigung erster Instanz rund neun Monate in Anspruch genommen hat (vgl ON 1 S 395). Dieser Verletzung des Art 6 Abs 1 EMRK (vgl Riffel in WK² § 34 Rz 60 mwN) wurde von den Tatrichtern mit einer Reduktion der Strafe um zwölf Monate begegnet. Dass - wie vom Berufungswerber moniert – den Mitangeklagten N* und O*, die insgesamt einer kürzeren Verfahrensdauer ausgesetzt gewesen seien, eine Reduktion der Strafe von neun Monaten gewährt worden sei, führt nicht dazu, dass bei B* – wie von diesem gefordert - zwingend eine weit über 12 Monate hinausgehende Reduktion vorzunehmen wäre, zumal im zweiten und dritten Rechtsgang – unter Berücksichtigung ausreichender Vorbereitungs- und Bearbeitungszeiten – keine sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung zu erkennen ist. Vielmehr trägt ausgehend von dem gegen B* im Juni 2012 begonnenen Strafverfahren bereits die vom Erstgericht vorgenommene Reduktion der Strafe um 12 Monate - der vierzehneinhalb Jahre währenden Verfahrensdauer in Ansehung des Mitangeklagten A* (der zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt wurde) wurde im Übrigen auch mit einer Reduktion von zwölf Monaten begegnet [vgl OLG Wien, AZ 32 Bs 216/24k = ON 857) - der überlangen Verfahrensdauer insgesamt hinreichend Rechnung.
Im Übrigen lässt der Angeklagte mit seinen Überlegungen zur Strafhöhe eines ehemaligen Finanzministers im sogenannten „V*“ Verfahren nicht nur das Prinzip der Einzeltatschuld (vgl Michel Kwapinski/Oshidari, StGB 15 § 32 Rz 2; RISJustiz RS0090678, RS0090917) außer Acht, sondern auch dass der Oberste Gerichtshof – fallkonkret nicht in Rede stehende - über die von § 34 Abs 2 StGB umfassten hinausgehende Nachteile in wirtschaftlicher, familiärer und sozialer Hinsicht berücksichtigt hat sowie öffentlich wahrnehmbare, von Spott und Häme geprägte Reaktionen über einen jahrelangen Zeitraum (14 Os 61/23m-65 insb Rz 489 f).
Der Anwendung der §§ 43, 43a StGB steht schon die Höhe der verhängten Strafe entgegen. Eine Vorgangsweise nach § 41 Abs 3 StGB scheitert daran, dass bereits im Hinblick auf die Schadenshöhe von rund 5 Millionen Euro ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe nicht vorliegt.
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