Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Mathes als Vorsitzende sowie den Richter Mag. Gruber und die Richterin Dr. Koller als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* wegen Wiederaufnahme des Strafverfahrens über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 31. Juli 2025, GZ **-133, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Begründung:
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 23. November 2023, GZ **-73, wurde der am ** geborene A* des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt und hiefür nach § 147 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt, welche er derzeit in der Justizanstalt Wien-Simmering verbüßt.
Nach dem Schuldspruch hat er in ** und ** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, B* durch die wahrheitswidrigen Angaben, er könne den Ausgang von Glücksspielen mit Hilfe seiner mathematischen Fähigkeiten und eines speziellen Computerprogramms beeinflussen und auf diese Weise den ihm geliehenen Geldbetrag vervielfachen, wobei er für den Fall des Verlusts des Einsatzes über ausreichend Banksicherheiten verfüge und somit rückzahlungsfähig und rückzahlungswillig sei und zu I./ der Vorlage eines selbst veränderten Bildschirmfotos, das einem echten Kontoauszug täuschend ähnlich sieht und das seinen Kontostand in der Höhe von EUR 1,194.512,-- bei der C* in den Niederlanden und sohin ausreichende Bonität zeigen sollte, in Verbindung mit der wahrheitswidrigen Behauptung, dass das bei der C* befindliche Guthaben zur Besicherung des Darlehens dienen soll und dass er nach Beendigung des Glücksspiels das Darlehen zurückzahlen werde, sowie etwa im Jänner 2021, dass er durch ein Guthaben beim Finanzamt die ausstehenden Verbindlichkeiten abdecken könne, somit durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung einer falschen Urkunde zur Gewährung nachgenannter Darlehen, sohin zu Handlungen verleitet, die B* in einem EUR 5.000,-- übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar:
I./ im April 2016 zur Gewährung eines Darlehens in Höhe von EUR 18.000,--;
II./ am 31. Jänner 2021 zur Gewährung eines Darlehens in Höhe von EUR 2.000,--;
III./ am 10. Februar 2021 zur Gewährung eines Darlehens in Höhe von EUR 2.000,--.
Dieses Urteil erwuchs mangels Rechtsmittelanmeldung durch den damals Angeklagten in Rechtskraft (PUV ON 73).
Mit Beschluss des Erstgerichts vom 17. März 2025, GZ **-123, war zuletzt ein Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens abgewiesen worden, einer dagegen erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Wien nicht Folge (AZ 22 Bs 117/25d; ON 129).
Mit dem nun angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag des Verurteilten auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Stellung eines Wiederaufnahmeantrags (ON 132) zusammengefasst mit der Begründung ab, dass mangels neuen Vorbringens eine Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers nicht im Interesse der Rechtspflege, vor allem aber nicht im Interesse einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung liege. Diese Entscheidung wurde von MMag. D* getroffen, jenem Richter, der das dem Anlassfall zugrundeliegende Urteil vom 23. November 2023 (PuV ON 73) gefasst hatte.
Gegen die Abweisung des Antrags auf Bewilligung der Verfahrenshilfe richtet sich die fristgerechte Beschwerde des in Haft befindlichen Verurteilten, der – verkürzt dargestellt – reklamiert, dass vorliegend ein ausgeschlossener Richter entschieden hätte (ON 134).
Die Oberstaatsanwaltschaft Wien äußerste sich dazu nicht.
Der Beschwerde kommt in spruchgemäßem Umfang Berechtigung zu.
Gemäß § 43 Abs 4 StPO ist ein Richter von der Entscheidung über einen Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens und von der Mitwirkung und Entscheidung im erneuerten Verfahren ausgeschlossen, wenn er im Verfahren bereits als Richter tätig gewesen ist (vgl. auch RIS-Justiz RS0125149 [T8]). Die sich auf das Wiederaufnahmeverfahren beziehenden Ausschließungsgründe umfassen auch die Entscheidung über einen Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshelfers für das Wiederaufnahmeverfahren (vgl. OLG Linz, 8 Bs 131/25h; OLG Linz 8 Bs 381/10a = RIS-Justiz RL0000111; OLG Innsbruck 11 Bs 132/14w). Denn die Entscheidung über die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Antrags auf Wiederaufnahme ist inhaltlich engstens mit der Entscheidung über die Wiederaufnahme verknüpft, zumal zu prüfen ist, ob die Beigebung eines Verteidigers im Interesse der Rechtspflege gelegen ist, was denknotwendig mit einer (zumindest groben) Beurteilung der Erfolgsaussichten der Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag zusammenhängt.
Somit rückt jedoch unter dem Aspekt des qualifizierten Rechtspflegeinteresses die Frage der (zumindest momentanen) Aussichtslosigkeit des angestrebten Wiederaufnahmeantrags in den Entscheidungsfokus.
Diese Verwobenheit der – nicht losgelöst zu beurteilenden – Entscheidungsgegenstände zieht die analoge Heranziehung des § 43 Abs 4 StPO nach sich (OLG Innsbruck 11 Bs 132/14w; im Ergebnis auch OLG Wien 19 Bs 281/21v).
Fallkonkret hat der bereits als Einzelrichter im Verfahren fungierende Richter des Landesgerichts für Strafsachen Wien MMag. D* auch über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe (zur Einbringung eines Antrags auf Wiederaufnahme) abgesprochen, sodass die vom Beschwerdeführer zutreffend monierte Ausgeschlossenheit des Erstrichters gemäß die Zurückverweisung an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung zur Folge hat.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.
Rückverweise
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