Das Oberlandesgericht Linz hat durch den Richter Dr. Berg mayr als Vorsitzenden und die Richterinnen Dr. Engljähringer und Mag.a Reinberg in der Strafsache gegen H***** C***** wegen der Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten Suchtgifthandels nach den §§ 28a Abs 1 2., 3. und 5. Fall, Abs 4 Z 3 SMG, 15 Abs 1 StGB teils als Bestimmungs- bzw. Beitragstäter nach § 12 2. und 3. Fall StGB, der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs 2 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des H***** C***** gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 7.10.2010, 21 Hv 26/10x-136, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Der Beschwerde wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
B e g r ü n d u n g :
Mit (am Tag der Urteilsverkündung in Rechtskraft erwachsenem) Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 8.7.2010 (ON 119) wurde H***** C***** wegen der Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs 1 2., 3. und 5. Fall, Abs 4 Z 3 SMG, 15 Abs 1 StGB teils als Bestimmungs- bzw. Beitragstäter nach § 12 2. und 3. Fall, der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs 2 SMG, der Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1, 106 Abs 1 StGB und der Vergehen der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 5 Jahren verurteilt.
Die Verwahrungs- und Untersuchungshaft von 20.11.2009 bis 8.7.2010 wurde – mit einer Unterbrechung von 12 Stunden am 30.3.2010 - auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.
Vorsitzender des Schöffengerichtes war Dr. B***** W*****.
Mit Eingabe vom 13.9.2010 bzw. in Entsprechung der mittels Beschluss durch das Erstgericht aufgetragenen Verbesserung mit Antrag vom 30.9.2010 begehrt der Verurteilte die Bewilligung der Verfahrenshilfe in vollem Umfang für einen „Antrag auf Wiederaufnahme + Drogentherapie“ (ON 135).
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 136) vom 7.10.2010 wies das Erstgericht durch Dr. B***** W***** diesen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ab. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt für einen begründeten Wiederaufnahmeantrag – wie von § 353 StPO gefordert – vorliege. Der offenkundig angestrebte Strafaufschub nach § 39 SMG scheide aufgrund der Verurteilung zu einer 3 Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe von vornherein aus.
Die dagegen vom Verurteilten rechtzeitig erhobene Beschwerde vom 25.10.2010 (ON 141) ist im spruchgemäßen Sinn berechtigt.
Gemäß § 43 Abs 4 StPO ist ein Richter von der Entscheidung über einen Antrag auf Wiederaufnahme oder einen Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens (§ 363a) und von der Mitwirkung und Entscheidung im erneuerten Verfahren ausgeschlossen, wenn er im Verfahren bereits als Richter tätig gewesen ist.
Diese Bestimmung erwähnt zwar nur die Entscheidung über einen Antrag auf Wiederaufnahme; vorliegend entschied - der als Vorsitzender des Schöffensenats im Verfahrens 21 Hv 26/10x fungierende - Dr. W***** über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Antrages auf Wiederaufnahme des genannten Verfahrens. Diese Entscheidung über die Bewilligung der Verfahrenshilfe ist aber inhaltlich engstens mit der Entscheidung über die Wiederaufnahme verknüpft, ist doch im Verfahrenshilfeverfahren zu prüfen, ob die Beigebung eines Verteidigers – wie hier begehrt – im Interesse der Rechtspflege (vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung) ist. Denknotwendigerweise hängt daher mit dem Beschluss, der über vorliegenden Verfahrenshilfeantrag des Verurteilten abspricht, die Beurteilung der Erfolgsaussicht der Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag zusammen. Die Verwobenheit dieser beiden Sachgegenstände bringt es deshalb mit sich, dass der explizit nach dem Gesetzeswortlaut über einen Antrag auf Wiederaufnahme ausgeschlossene Richter Dr. B***** W***** auch in dem – nicht losgelöst zu betrachtenden – vorgelagerten Antrag des Verurteilten auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung des Wiederaufnahmeantrages ausgeschlossen ist.
Da das Beschwerdegericht an die geltend gemachten Argumente des Rechtsmittels nicht gebunden ist (§ 89 Abs 2 StPO), war in Wahrnehmung des Ausschließungsgrundes des § 43 Abs 4 StPO spruchgemäß - unter gleichzeitiger Kassation des angefochtenen Beschlusses - dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe aufzutragen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.
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