Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Richterin Dr. Vetter als Vorsitzende sowie die Richterin Mag. Marchart und die fachkundige Laienrichterin Hofrätin Mag. Killinger, BA MA als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A*über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 10. April 2025, GZ **-5.1, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen .
Begründung:
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht eine Beschwerde des A* vom 10. November 2024 (ON 1.3) als unzulässig zurück.
Begründend wurde – wortwörtlich wiedergegeben – ausgeführt wie folgt:
Mit seiner Beschwerde vom 10. November 2024 (eingelangt in der Justizanstalt Klagenfurt am 11. November 2024) bringt A* vor, dass in der Justizanstalt Klagenfurt mehrmals wöchentlich vor 15.00 Uhr ein kühlpflichtiges, leicht verderbliches Abendessen ausgegeben werde und er in seiner Zelle keine Kühlmöglichkeit habe. Eine hygienische Lagerung bis zu einer allgemein üblichen Zeit für die Einnahme des Abendessens ab etwa 17 Uhr sei daher nicht möglich. Es sei daher ein kühlpflichtiges oder warmes Abendessen zwischen 17 und 19 Uhr auszugeben. Er habe diesen Sachverhalt mit seinen Beschwerden vom 4. Oktober 2024 und 12. Oktober 2024 beim Anstaltsleiter der Justizanstalt Klagenfurt moniert, der sich allerdings nicht veranlasst gesehen habe, diesen Missstand zu sanieren. Mit Beschwerde vom 20. Oktober 2024 habe er das Verhalten des Anstaltsleiters moniert, wodurch dieser veranlasst worden sei, tätig zu werden, jedoch nicht in einer rechtskonformen Art, zumal er lediglich eine andere Verpflegung erhalten habe (Dosen mit Wurst oder Fisch anstatt frischer Lebensmittel). Dadurch sei das Recht auf eine ausreichende Kost nach § 38 Abs 1 StVG verletzt worden, weil er weniger Verpflegung als die anderen Gefangenen erhalten habe. Außerdem habe eine Fleisch- oder Fischkonserve viel weniger Vitamine und Nährstoffe als ein frisches Lebensmittel.
Der Leiter der Justizanstalt Klagenfurt brachte in seiner Stellungnahme vom 31. März 2025 (ON 1.3) vor, dass der Beschwerde im eigenen Wirkungsbereich abgeholfen und die Abendessensausgabe neu organisiert worden sei. Mit seinen Eingaben Nr. 16 vom 4. Oktober 2024 und Nr. 23 vom 12. Oktober 2024 habe sich der Strafgefangene über den Zeitpunkt der Ausgabe von Abendessen, das einer Kühlung bedarf, beschwert. Den Eingaben des Strafgefangenen sei Rechnung getragen und die Ausgabe von Abendessen, das einer Kühlung bedarf, in den Nachtdienst verlegt worden. Die Ausgabe finde nun wieder ab 16:30 Uhr statt. Das Abendessen lange in den 115 Hafträumen gegen 17:00 Uhr ein. Für die Übergangszeit seien dem Strafgefangenen als Alternative gleichwertige Lebensmittel angeboten worden, die keiner Kühlung bedurften, nämlich verschiedene Aufstriche in Form von Konserven.
Diese Stellungnahme wurde dem Insassen zur Wahrung des rechtlichen Gehörs binnen acht Tagen zur allfälligen Gegenäußerung übermittelt (ON 1.2), wobei A* in der Gegenäußerung vom 3. April 2025 ausführte (ON 4), dass der Anstaltsleiter keine Abhilfe geschaffen habe, weil die monierte Rechtsverletzung an mehreren Tagen stattgefunden habe. In der Stellungnahme gehe der Anstaltsleiter nicht auf den monierten Sachverhalt ein, vielmehr seien seine Ausführungen floskelhaft und unsubstantiiert. Er habe vielmehr über Wochen kein zum Verzehr geeignetes Abendessen erhalten. Und selbst beim Vorliegen von zum Verzehr geeigneten Abendessens hätte er 20 % weniger Essen erhalten, als die anderen Gefangenen. Im Übrigen sei die Administrationsbeschwerde nicht ohne Verzug dem Anstaltsleiter vorgelegt worden.
Rechtlich erwog das Erstgericht - nach Darstellung der Rechtslage zu § 38 Abs 1 StVG - wortwörtlich wie folgt:
Fallbezogen hat der Leiter der Justizanstalt von seinem Recht, aus Anlass einer Beschwerde Abhilfe zu schaffen, Gebrauch gemacht. Das Schaffen von Abhilfe bedeutet, dass der Anstaltsleiter der Beschwerde ganz oder teilweise stattgibt, wobei er dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall zunächst – für eine Übergangszeit – bei Zimmertemperatur lagerbare gleichwertige Lebensmittel in Form von Aufstrichen in Konserven anbot. Bei den fallkonkret ausgegebenen Dosen mit Fleisch bzw Fisch handelt es sich um eine Kaltverpflegung, die auch außerhalb der üblichen Tageszeiten ausgefolgt werden kann, ohne Gefahr zu laufen, dass die verabreichte Kost den ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen widerspreche oder nicht schmackhaft wäre. Die Ausgabe der Kaltverpflegung für das Abendessen außerhalb der angesprochenen Zeiten während der Übergangszeit ist daher nicht zu beanstanden. In weiterer Folge organisierte der Anstaltsleiter die Ausgabe des Abendessens neu, sodass nunmehr das Abendessen, beginnend mit 16.30 Uhr, an die Insassen ausgegeben wird und bis 17.00 Uhr einlangt. Im Falle der Abhilfe, mit der der Beschwerde im vollen Umfang stattgegeben wurde und fallbezogen in der Ausgabe von bei Zimmertemperatur lagerbaren Speisen in Form von Konserven in der Übergangszeit sowie der Umorganisation der Ausgabe des Abendessens mündete, entfällt die Entscheidungspflicht des Vollzugsgerichtes nach § 16 Abs 3 StVG.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A*. Er habe mit Beschwerde vom 10. November 2024 nach § 16 Abs 3 Z 2 StVG das Verhalten des Anstaltsleiters der Justizanstalt Klagenfurt moniert, weil eine Verletzung des subjektiven Rechts auf Verpflegung nach § 38 Abs 1 StVG vorliege. Der Anstaltsleiter habe kühlpflichtige Lebensmittel als Abendessen bereits um 15.00 Uhr ausgegeben, obwohl es im Haftraum keine Kühlmöglichkeit gebe. Er habe dies bereits im September 2024 moniert. Nach ein paar Wochen habe ausschließlich er statt Frischware (Wurst, Käse etc.) eine Konservendose erhalten. Der Inhalt der Konservendose stelle zur Frischware einen Nachteil dar und zwar auch mengenmäßig. Mit der Beschwerde vom 10. November habe er moniert, dass ihm am 4., 6. und 7. November 2024 auf Grund des Verhaltens des Anstaltsleiters nachteilig ein Abendessen ausgegeben worden sei.
Er habe den Antrag gestellt, dass das Landesgericht für Strafsachen Graz diese Rechtsverletzung feststellen wolle. Dieses folge der Behauptung des Anstaltsleiters, wonach er den Missstand im eigenen Wirkungsbereich saniert und die Essensausgabe neu organisiert worden sei. Der Anstaltsleiter habe es ab Dezember 2024 geschafft, dafür Sorge zu tragen, dass kühlpflichtiges Abendessen zu einer vom Gesetz vorgegebenen Zeit ausgegeben wird. Dies ändere aber nichts daran, dass er an den monierten Tagen, nämlich am 4., 6. und 7. November 2024 in seinem subjektiven Recht verletzt worden sei. Dies lasse sich im Nachhinein nicht mehr sanieren. Die Verletzung könne nur mehr festgestellt werden (ON 6).
Gemäß § 16 Abs 3 StVG entscheidet das Vollzugsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Sprengel die Freiheitsstrafe vollzogen wird, über Beschwerden (1.) gegen eine Entscheidung oder Anordnung des Anstaltsleiters, (2.) wegen Verletzung eines subjektiven Rechts durch ein Verhalten des Anstaltsleiters und (3.) wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Anstaltsleiter. Unter Entscheidungen sind inhaltliche Erledigungen von Ansuchen oder Beschwerden sowie Ordnungsstraferkenntnisse zu verstehen. Unter einer Anordnung ist die Geltendmachung der Befehlsgewalt durch den Anstaltsleiter gegenüber einem Strafgefangenen im Sinne des § 26 Abs 1 StVG zu verstehen ( Pieber in WK 2StVG § 16 Rz 11/3). Unter Verhalten sind alle Handlungen, Duldungen und Unterlassungen zu verstehen, die keine Entscheidungen oder Anordnungen sind ( Pieber aaO § 16 Rz 11/6).
Fallkonkret erschließt sich zunächst aus dem Akteninhalt, dass gerade keine Entscheidung des Anstaltsleiters bekämpft wird. Abgesehen davon, dass A* auf eine solche nicht Bezug nimmt, kritisiert er mit der an das Landesgericht für Strafsachen Graz gerichteten verfahrenseinleitenden Beschwerde vom 10. November 2024 (ON 1.3) ausdrücklich ein Verhalten des Anstaltsleiters. Die - vom Erstgericht nicht aufgegriffene - Behauptung des Anstaltsleiters, dass A* mit der Eingabe vom 10. November 2024 eine Entscheidung des Anstaltsleiters vom 14. November 2024 bekämpfe (ON 1.3) ist im Übrigen schon zeitlich nicht nachvollziehbar.
Eine Beschwerde an das Vollzugsgericht steht im Übrigen nicht allgemein wegen einer behaupteten Verletzung subjektiver Rechte, sondern – soweit hier interessierend - nur gegen eine konkrete Entscheidung oder Anordnung sowie gegen ein konkretes Verhalten des Anstaltsleiter zu ( PieberaaO § 120 Rz 1/3). Nachdem auch von einer Anordnung des Anstaltsleiters nicht ausgegangen werden kann, weil eine solche die Geltendmachung der Befehlsgewalt durch den Anstaltsleiter (unmittelbar) gegenüber einem Strafgefangenen im Sinne des § 26 Abs 1 StVG voraussetzen würde ( Drexler/Weger, StVG 5 § 120 Rz 4 Z 2 mwN), war zu prüfen, ob ein konkretes Verhalten iSd § 16 Abs 1 Z 2 StVG, sohin eine Handlung, Duldung oder Unterlassung des Anstaltsleiters in Kritik gezogen wurde.
Dass der Anstaltsleiter die beanstandeten Essensausgaben durchgeführt habe und sohin eine Handlung seinerseits vorliege, behauptet der Beschwerdeführer nicht und ist auch dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Vielmehr moniert A*, - zusammengefasst wiedergegeben - dass er durch das Verhalten des Anstaltsleiters am 4., 6. und 7. November 2024 (zu den Details siehe ON 1.3 S 7) in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf eine ausreichende Verpflegung, die ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht und zu allgemein üblichen Tageszeiten ausgeben wird, verletzt worden sei.
Damit wird aber gerade kein Verhalten des Anstaltsleiters iSd § 16 Abs 1 Z 2 StVG, sondern ein Verhalten des jeweiligen Strafvollzugsbediensteten der die Essensausgabe vorgenommen oder (sollte diese durch einen Strafgefangenen erfolgt sein) angeordnet hat, kritisiert. Die Möglichkeit der Zuordnung des in Kritik gezogenen Geschehens an Strafvollzugsbedienstete (vgl hiezu OLG Wien, AZ 32 Bs 135/24y; 32 Bs 78/25t) und die damit verbundene Möglichkeit der Administrativbeschwerde nach §§ 120 ff StVG steht aber (auch mangels Rechtsschutzdefizit [vgl in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeit einer Beschwerde nach § 122 StVG]) einer Beschwerdemöglichkeit nach §§ 120 ff StVG im Zusammenhang mit der behaupteten Untätigkeit des Anstaltsleiters (vgl zur prinzipiellen Beschwerdemöglichkeit betreffend ein Unterlassen des Anstaltsleiters [VwGH vom 26. April 2005, GZ 2005/06/0035 sowie vom 25. November 2008, GZ 2005/06/0029; OLG Wien, AZ 32 Bs 51/21s, AZ 32 Bs 256/23s]) - der es verabsäumt haben soll, eine ausreichende Verpflegung, die ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht und zu allgemein üblichen Tageszeiten ausgeben wird, sicherzustellen – entgegen (vgl neuerlich AZ 32 Bs 135/24y; 32 Bs 78/25t).
Die Entscheidung des Erstgericht ist sohin – im Ergebnis – nicht zu beanstanden.
Anzumerken bleibt allerdings, dass sich dem StVG nicht entnehmen lässt, dass das letztliche Abstellen eines monierten – subjektiv-öffentliche Rechte verletzenden - Zustandes, in Form der Abhilfe durch den Anstaltsleiter, für den Zeitraum bis Abhilfe geschaffen wird, die Verletzung eines subjektiv-öffentliches Recht ausschließen würde (OLG Wien, 132 Bs 85/18x; 32 Bs 104/25s).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.
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