Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Vetter und den fachkundigen Laienrichter Oberst Turner als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A* über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 20. Jänner 2025, GZ *-4, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen .
Begründung:
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht eine Beschwerde des A* vom 20. Oktober 2024 (ON 1.7) zurück.
Das Erstgericht hielt dazu - auszugsweise wortwörtlich wiedergegeben - fest wie folgt:
Am 20. Oktober 2024 erhob der Beschwerdeführer mit der an das Landesgericht für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht gerichteten und als Beschwerde bezeichneten Eingabe Vorwürfe gegen den Leiter der Justizanstalt ** mit dem Inhalt, dass ihm kühlungspflichtiges Abendessen am 23. September 2024 und am 30. September 2024 bereits um 14.50 Uhr übergeben worden sei, wobei in seinem Haftraum keine Kühlmöglichkeit bestanden habe (ON 1.7).
Der Leiter der Justizanstalt ** legte aufgrund zahlreicher Beschwerden des A* die Unterlagen am 20. Dezember 2024 dem zuständigen Vollzugsgericht vor. In seiner Stellungnahme vom 18. Dezember 2024 (ON 1.4) führte die Justizanstalt aus, dass der Strafgefangene sich über den Zeitpunkt der Ausgabe von Nahrungsmitteln (Abendessen) die eine Kühlung benötigen, beschwert habe. Der Beschwerde sei stattgegeben worden und die Ausgabe ab 1. Dezember 2024 neu organisiert.
Ergänzend wurde festgehalten, dass Lebensmittel die einer Kühlung bedürfen, vom Nachtdienst, beginnend ab 16:30 Uhr, ausgegeben werden. Sie sollten ab ca. 17:00 Uhr in den Hafträumen der Insassen einlangen. Die Entscheidung sei dem Insassen am 14. November 2024, zu seinen Eingaben Nr. 16 vom 4. Oktober 2024 und Nr. 23 vom 12. Oktober 2024, bereits kundgemacht worden.
Diese Stellungnahme wurde dem Insassen zur Wahrung des rechtlichen Gehörs binnen acht Tagen zur allfälligen Gegenäußerung übermittelt, wobei A* in der Gegenäußerung vom 18. Dezember 2024 ausführte (ON 1.8), dass der Anstaltsleiter zwar den angezeigten Sachverhalt zugestanden, aber die beantragte Feststellung der Rechtsverletzung bis dato nicht vorgenommen habe. Er wisse auch nicht, ob ein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden sei.
Rechtlich erwog das Erstgericht, dass nach § 38 Abs 1 StVG Strafgefangene mit einfacher Anstaltskost ausreichend zu verpflegen seien. Die Kost müsse ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen und schmackhaft sein; sie sei zu den für die Einnahme von Mahlzeiten allgemein üblichen Tageszeiten auszugeben. Fallbezogen habe der Anstaltsleiter von seinem Recht, aus Anlass einer Beschwerde Abhilfe zu schaffen, Gebrauch gemacht. Das Schaffen von Abhilfe bedeute, dass der Anstaltsleiter der Beschwerde ganz oder teilweise stattgebe, wobei er vorliegend die Ausgabe des Abendessens neu organisiert habe, sodass dieses nunmehr beginnend mit 16:30 Uhr an die Insassen ausgegeben und bis 17:00 Uhr einlangen würde. Im Falle der Abhilfe, mit der der Beschwerde in vollem Umfang stattgegeben worden sei, entfalle die Entscheidungspflicht des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A*.
Er sei am 19. September 2024 in die Justizanstalt ** überstellt worden, wo kühlpflichtiges Abendessen bereits um ca. 14:50 Uhr ausgegeben werde. Da er diese ungekühlten Lebensmittel zu einer allgemein üblichen Abendessenszeit ab 17:00 Uhr nicht konsumieren könne, weil sonst gesundheitliche Folgeschäden zu befürchten seien, habe er in einer Vielzahl von Schreiben dem Anstaltsleiter diesen Sachverhalt mitgeteilt und diesen auf seine Pflicht hingewiesen, kühlpflichtiges Abendessen nicht vor 17:00 Uhr auszugeben. Dies sei ignoriert worden. Mit Beschwerde vom 20. Oktober 2024 habe er beim Erstgericht das Verhalten des Anstaltsleiters moniert und den Antrag gestellt, dass das Landesgericht für Strafsachen Graz feststellen wolle, dass er aufgrund des Verhaltens des Anstaltsleiters in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf eine Verpflegung, die zu einer allgemein üblichen Tageszeit ausgegeben werde und den ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen entspreche, ausreichend und schmackhaft sei (§ 38 Abs 1 StVG), verletzt worden sei. Hiezu habe der Anstaltsleiter mit Schreiben vom 18. Dezember 2024 Stellung genommen und angegeben, der Beschwerde stattgegeben zu haben, sodass die Abendessensausgabe ab dem 1. Dezember 2024 neu organisiert worden sei. Er habe in seiner Gegenäußerung vom 18. Dezember 2024 moniert, dass die beantragte Feststellung der Rechtsverletzung (mittels eines Bescheids im Sinne des § 56 f AVG) nicht vorgenommen worden sei. Das Recht des Anstaltsleiters Abhilfe zu schaffen, erlösche mit Vorlage der Beschwerde beim Vollzugsgericht. Um der Beschwerde tatsächlich Abhilfe zu leisten, wäre der Anstaltsleiter verpflichtet gewesen, die monierte Rechtsverletzung festzustellen. Da der Anstaltsleiter dies nicht getan habe, wäre das Erstgericht verpflichtet gewesen, inhaltlich über die Beschwerde abzusprechen. Über ein Verhalten von Strafvollzugsbediensteten, auch über ein Verhalten des Anstaltsleiters sei im Falle der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts auch dann zu entscheiden, wenn das monierte Verhalten bereits beendet sei. Die Erledigung der Beschwerde habe dann darin zu bestehen, festzustellen, dass dieses Verhalten gegen die Verpflichtung des Strafvollzugsbediensteten verstoßen und Rechte des Gefangenen verletzt habe. Er stelle daher den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und infolge der Beschwerdestattgebung die Feststellung der monierten Rechtsverletzung bezüglich der Verpflegung zu treffen (ON 6).
Der Beschwerde kommt - im Ergebnis - keine Berechtigung zu.
Nach § 16a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG wegen Rechtswidrigkeit, wobei Letztere nicht vorliegt, soweit das Vollzugsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat. Gemäß § 16a Abs 3 StVG ist gegen den Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG eine Beschwerde nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder der Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Vollzugsgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweicht, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist.
Vorauszuschicken ist, dass der Anstaltsleiter – der Rechtsansicht des Erstgerichts zuwider - in Ansehung der verfahrensgegenständlichen Beschwerde vom 20. Oktober 2024 (ON 1.7) gerade keine Abhilfe geschaffen hat, weil er die damit angestrebte Feststellung der Verletzung des subjektiv-öffentlichen Rechts nach § 38 Abs 1 StVG (ON 1.7. S 5) – soweit aus dem Akt ersichtlich - nicht vorgenommen hat.
Der Aktenlage folgend ist weiters voranzustellen, dass A* mit Eingabe an den Anstaltsleiter vom 4. Oktober 2024 kritisierte, dass Wurstaufschnitt am 23. September 2024 und am 30. September 2024 schon im Tagdienst um 14:50 Uhr ausgegeben worden sei, obwohl die Ausgabe von Lebensmitteln, die gekühlt werden müssen, nach 16:00 Uhr stattzufinden habe (ON 1.6 S 2). Mit Eingabe an den Anstaltsleiter vom 12. Oktober 2024 kritisierte er die Ausgabe von Frischkäse als Abendessen am 10. Oktober 2024, da dieses kühlpflichtige Lebensmittel bereits um die Mittagszeit ausgegeben worden sei (ON 1.6 S 5). Beiden Beschwerden gab der Anstaltsleiter statt, wobei die Kundmachung – gemeinsam mit weiteren Entscheidungen - am 14. November 2024 erfolgte (ON 1.6 S 1 ff). Zur Eingabe vom 4. Oktober 2024 wurde wortwörtlich angeführt: „Der Beschwerde wird stattgegeben. Vom Anstaltsleiter wurde angeordnet, dass Abendessen, welches eine Kühlung benötigt, erst nach 16:00 Uhr ausgegeben wird“ (ON 1.6. S 2) . Unter Bezugnahme darauf wurde z ur Eingabe vom 12. Oktober 2024 folgende Entscheidung getroffen: „Der Beschwerde wurde bereits zu Eingabe 16. stattgegeben. Vom Anstaltsleiter wurde angeordnet, dass Abendessen, welches eine Kühlung benötigt erst nach 16:00 Uhr ausgegeben wird“ (ON 1.6. S 5). Eine Beschwerde gegen diese Entscheidungen ist nicht aktenkundig.
Am 20. Oktober 2024 – sohin vor Verkündung der oben angeführten Entscheidungen – erhebt A* „innerhalb offener Frist“ eine Beschwerde an das Landesgericht für Strafsachen Graz „wegen dem Verhalten des Anstaltsleiters der Justizanstalt ** wegen Verletzung des subjektiv-öffentlichen Rechts auf eine Mahlzeit, die zur allgemein üblichen Tageszeit ausgegeben wird, die schmackhaft ist und den ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht (§ 38 Abs 1 StVG) nach § 16 Abs 3 Z 2 StVG“.
Gemäß § 16 Abs 3 StVG entscheidet das Vollzugsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Sprengel die Freiheitsstrafe vollzogen wird, über Beschwerden (1.) gegen eine Entscheidung oder Anordnung des Anstaltsleiters, (2.) wegen Verletzung eines subjektiven Rechts durch ein Verhalten des Anstaltsleiters und (3.) wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Anstaltsleiter. Unter Entscheidungen sind inhaltliche Erledigungen von Ansuchen oder Beschwerden sowie Ordnungsstraferkenntnisse zu verstehen. Unter einer Anordnung ist die Geltendmachung der Befehlsgewalt durch den Anstaltsleiter gegenüber einem Strafgefangenen im Sinne des § 26 Abs 1 StVG zu verstehen ( Pieber in WK² StVG § 16 Rz 11/3). Unter Verhalten sind alle Handlungen, Duldungen und Unterlassungen zu verstehen, die keine Entscheidungen oder Anordnungen sind ( Pieber aaO § 16 Rz 11/6).
Fallkonkret erschließt sich zunächst aus dem Akteninhalt, dass gerade keine im Akt erliegende, dem Anstaltsleiter zurechenbare Entscheidung bekämpft wird. Abgesehen davon, dass A* auf eine solche nicht Bezug nimmt, erfolgte die Verkündung der Entscheidungen über die Beschwerden des A* in Ansehung verfrühter Essensausgaben – wie oben ausgeführt - erst am 14. November 2024. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde vom 20. Oktober 2024 (ON 1.7) richtet sich sohin nicht gegen eine dieser Entscheidungen. Eine Beschwerde an das Vollzugsgericht steht im Übrigen nicht allgemein wegen einer behaupteten Verletzung subjektiver Rechte, sondern – soweit hier interessierend - nur gegen eine konkrete Entscheidung oder Anordnung sowie gegen ein konkretes Verhalten des Anstaltsleiter zu ( Pieber aaO § 120 Rz 1/3). Nachdem auch von einer Anordnung des Anstaltsleiters nicht ausgegangen werden kann, weil eine solche die Geltendmachung der Befehlsgewalt durch den Anstaltsleiter (unmittelbar) gegenüber einem Strafgefangenen im Sinne des § 26 Abs 1 StVG voraussetzen würde ( Drexler/Weger, StVG 5 § 120 Rz 4 Z 2 mwN), war zu prüfen, ob ein konkretes Verhalten iSd § 16 Abs 1 Z 2 StVG, sohin eine Handlung, Duldung oder Unterlassung des Anstaltsleiters in Kritik gezogen wurde. Dass der Anstaltsleiter fallkonkret die beanstandeten Essensausgaben durchgeführt habe und sohin eine Handlung seinerseits vorliege, behauptet der Beschwerdeführer nicht und ist auch dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Vielmehr moniert er, dass zu bestimmten in der Beschwerde angeführten Zeitpunkten, aber auch darüber hinaus - kühlpflichtiges Abendessen verfrüht ausgefolgt worden sei. Damit wird aber gerade kein Verhalten des Anstaltsleiters, sondern ein Verhalten des jeweiligen Strafvollzugsbediensteten der die Essensausgabe vorgenommen oder (sollte diese durch einen Strafgefangenen erfolgt sein) angeordnet hat, kritisiert. Die Möglichkeit der Zuordnung des in Kritik gezogenen Geschehens an Strafvollzugsbedienstete (vgl hiezu OLG Wien, AZ 32 Bs 135/24y) und die damit verbundene Möglichkeit der Administrativbeschwerde nach §§ 120 ff StVG steht aber (auch mangels Rechtsschutzdefizit [vgl in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeit einer Beschwerde nach § 122 StVG]) einer Beschwerdemöglichkeit nach §§ 120 ff StVG im Zusammenhang mit der behaupteten Untätigkeit des Anstaltsleiters (vgl zur prinzipiellen Beschwerdemöglichkeit betreffend ein Unterlassen des Anstaltsleiters [VwGH vom 26. April 2005, GZ 2005/06/0035 sowie vom 25. November 2008, GZ 2005/06/0029; OLG Wien, AZ 32 Bs 51/21s, AZ 32 Bs 256/23s]) - der es verabsäumt haben soll, die Essensausgabe von kühlpflichtigen Lebensmitteln, so zu organisieren, dass § 38 Abs 1 StVG nicht verletzt wird – entgegen (vgl neuerlich AZ 32 Bs 135/24y).
Die Entscheidung des Erstgericht ist sohin – im Ergebnis – nicht zu beanstanden.
R echtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.
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