Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden, die Richterin MMag. a Pichler und den Richter Mag. Resetarits in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , **, Deutschland, vertreten durch BMA Brandstätter Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei Dr. B* , Rechtsanwältin, **, als Insolvenzverwalterin über das Vermögen der C* GmbH, FN ** (** des Handelsgerichtes Wien), vertreten durch urbanek lind schmied reisch Rechtsanwälte OG in Wien, und dem Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei D* , **, Deutschland, als Insolvenzverwalter über das Vermögen der E* GmbH (IN ** des Amtsgerichtes Coburg), vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Herausgabe und Abgabe von Erklärungen (Streitwert gesamt EUR 130.000,--), über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 120.000,--) gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 21.03.2025, **-47, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.976,32 (darin enthalten EUR 662,72 USt) und dem Nebenintvenienten die mit EUR 3.943,18 (darin enthalten EUR 629,58 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000,--.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 06.07.2023, **, wurde über das Vermögen der C* GmbH, FN ** (in weiterer Folge: C* GmbH), das Sanierungsverfahren (in weiterer Folge umgeändert auf Konkursverfahren) eröffnet und die Beklagte zur Masseverwalterin bestellt. Es besteht Masseunzulänglichkeit.
Alleinige Gesellschafterin der C* GmbH ist die F* GmbH, HRB ** (in weiterer Folge: F* GmbH). Mit Beschluss des Amtsgerichts Aalen vom 01.08.2023, **, wurde über das Vermögen der F* GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt G* zum Insolvenzverwalter bestellt.
Über das Vermögen der E* GmbH (in weiterer Folge: Dr. E* GmbH) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Coburg vom 01.11.2022 (IN **) das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt D* zum Insolvenzverwalter bestellt.
Für das Projekt „**“ übermittelte die C* GmbH der Dr. E* GmbH die Angebote Nr. H* vom 17.11.2021 (Gegenstand dieses Angebots: Kaschierung mit Umbug, Kaschierwerkzeuge), I* vom 18.11.2021 (Gegenstand dieses Angebots: Walzenklebeauftrag) sowie Nr. J* vom 28.12.2021 (Gegenstand des Angebots: Hilfswerkzeuge, Mitentwicklung und Teilfertigung für VFF und PVS-Serie). Diese Angebote waren der Klägerin nicht bekannt.
Am 10.05./13.05.2022 schlossen die Klägerin als Leasinggeberin und die F* GmbH als Leasingnehmerin einen Leasingvertrag mit der Nr. K* über folgenden Leasinggegenstand ab: „ 1 verkettete Anlage zur Herstellung von Dekorblenden, Spaltabdeckung für ** bestehend aus: 2 Stück C* Presse Kaschierwerkzeugen, sowie 1 Walzenauftragsanlage MPB 800 MPM 2000/1000 inkl. sämt. Zubehör gem. Auftragsbestätigungen Nr. L* + M* + J* vom 08.03.2022 “. Die Anschaffungskosten wurden in diesem Leasingvertrag mit EUR 1.457.860,-- netto festgelegt, der voraussichtliche Liefertermin mit November 2022 und der Lieferort mit: E* GmbH, **.
Die Anlage sollte durch die C* GmbH hergestellt werden. Nach den Auftragsbestätigungen vom Nr. L*, M* und J* vom 08.03.2022 schuldete die F* GmbH 30% des Kaufpreises als Anzahlung, 30% nach Konstruktionsfreigabe, 30% nach erfolgter Lieferung und 10% nach Inbetriebnahme.
Nach der „Vereinbarung über die Anzahlungen an den Lieferanten durch den Leasing-Geber“ vom 10.05.2022 sollte die Klägerin folgende Zahlungen an die C* GmbH leisten:
30% Anzahlung EUR 437.358,--
30% nach Konstruktionsfreigabe EUR 437.358,--
30% nach erfolgter Lieferung EUR 437.358,--
Weiters schlossen die F* GmbH als Leasingnehmerin und die Klägerin als Leasinggeberin am 10.5./13.5.2022 eine „Zusatzvereinbarung Untervermietung zum Leasingvertrag Nr. K*“ ab. Diese lautet auszugsweise:
„ 1. Untervermietung
Gemäß Ziff. 5.1 der dem Leasingvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Leasingbedingungen darf der Leasingnehmer nur mit schriftlicher Einwilligung des Leasinggebers den Leasinggegenstand Dritten überlassen.
Der Leasinggeber erteilt hiermit dem Leasingnehmer das Recht, den dem Leasingvertrag zugrunde liegenden Leasinggegenstand an E* GmbH, ** (im folgenden „Untermieter“ genannt) als Untermieter zu vermieten. “
Zwischen der Klägerin und der F* GmbH war geplant, dass die Maschine laut dem Leasingvertrag am Standort der E* GmbH in ** (Deutschland) und nicht außerhalb Deutschlands eingesetzt wird. Es kann nicht festgestellt werden, ob es eine Untervermietung tatsächlich gegeben hat.
Mit „Eintrittsvereinbarung – Industrielle Ausrüstung“ vom 13.05.2022 erklärte die Klägerin, im Einverständnis mit dem Leasingnehmer (F* GmbH) zu festgelegten Eintrittsbedingungen in die Bestellung des Leasingnehmers bei der C* GmbH gemäß dem Leasingvertrag vom 10.5./13.5.2022 einzutreten. Die Eintrittsbedingungen lauten auszugsweise wie folgt (Beilage ./J, S 2):
„ 1. Der Gegenstand ist an den Leasing-Nehmer zu liefern.
(…)
5. Mit Zahlung des Kaufpreises geht das Eigentum am Gegenstand uneingeschränkt auf uns über. Die Besitzverschaffung richtet sich nach Ziffer 1. dieser Vereinbarung. “
Die C* GmbH als Herstellerin des Leasinggegenstands übermittelte der Klägerin die Anzahlungsrechnungen Nr. N* vom 12.05.2022 über EUR 437.358,--, Nr. O* vom 12.05.2022 über EUR 437.358,-- und Nr. P* vom 28.09.2022 über EUR 437.358,--.
Q* als alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer der F* GmbH prüfte diese Anzahlungsrechnungen und gab diese gegenüber der Klägerin jeweils zur Zahlung frei. Die Klägerin bezahlte die Anzahlungsrechnungen am 02.06.2022 und am 10.10.2022.
Zum Zeitpunkt der Zahlung der Rechnung vom 28.09.2022 war die Gesamtanlage „1 Stück verkettete Anlage“ noch nicht fertiggestellt.
Am 15.03.2023 schlossen der Insolvenzverwalter der Dr. E* GmbH als Auftraggeber, die C* GmbH als Auftragnehmerin und die F* GmbH eine Vereinbarung über die Vertragsübernahme der Werkvertragsumfänge aus den Bestellungen der E* GmbH bei der C* GmbH Nrn R*, S*, T* und U* vom 01.03.2022, 28.04.2022 und 10.01.2023 und 13.04.2022 ab. Die E* GmbH leistete in Folge umfangreiche Zahlungen an die C* GmbH.
V*, der Prokurist der Klägerin, war am 01.08.2023 bei der F* GmbH vor Ort, um unter anderem die Maschinen aus dem gegenständlichen Leasingvertrag zu besichtigen. Im Zuge dessen war er im Werk der F* GmbH in ** (Deutschland), wo er Maschinen besichtigen konnte. Herr W*, ein Mitglied der Geschäftsleitung der F* GmbH teilte V* bei der Besichtigung der Maschinen in ** mit: „Das sind Ihre Maschinen“.
Es kann nicht festgestellt werden, ob jene Maschinenteile, die V* anlässlich seiner Besichtigung im Werk in ** am 01.08.2023 vorgefunden hat, Maschinenteile sind, die aufgrund des Leasingvertrages vom 10.5./13.5.2022 hergestellt bzw. an die Klägerin seitens der C* GmbH geliefert werden sollten . bekämpfte Feststellung [F2]
Der Leasinggegenstand gemäß Leasingvertrag vom 10.5./13.5.2022 wurde zu keinem Zeitpunkt physisch an die Klägerin übergeben, eine Lieferung an die Klägerin ist nicht erfolgt, es wurden auch nicht einzelne Maschinenteile der Gesamtanlage an die Klägerin geliefertbzw. dieser physisch übergeben. Vor der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der C* GmbH war zu keinem Zeitpunkt ein Mitarbeiter der Klägerin bezüglich des Leasinggegenstandes bei der C* GmbH oder bei der E* GmbH vor Ort. Dem Werkleiter der C* GmbH wurde zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt, dass er die Maschinen(teile) laut dem Leasingvertrag für jemand anderen innehaben soll.
Es kann nicht festgestellt werden, wo sich der Leasinggegenstand gemäß dem Leasingvertrag vom 10.5./13.5.2022 derzeit befindet. bekämpfte Feststellung [F1]
Die Klägerinbegehrt – soweit im Berufungsverfahren noch gegenständlich – die Herausgabe der Anlage laut dem Leasingvertrag samt diverser Unterlagen. Hilfsweise erhebt sie ein Zahlungsbegehren. Weiters soll die Beklagte verpflichtet werden, das Eigentum der Klägerin an dieser Anlage anzuerkennen und gegenüber den Insolvenzverwaltern der F* GmbH und der E* GmbH die Erklärung abzugeben, dass die Insolvenzmasse der Schuldnerin keine Ansprüche welcher Art auch immer auf die Fahrnisse hat, die Gegenstand des Leasingvertrags sind. Die Klägerin bringt vor, sie sei Eigentümerin der Anlage. Eine Übergabe sei durch Erklärung im Sinne des § 428 ABGB erfolgt. Die Übergabe habe bereits durch die Zusatzvereinbarung Untervermietung vom 10./13.05.2022 stattgefunden. Die Übergabe durch Erklärung und Besitzanweisung könne formlos und konkludent erfolgen. Eine Bestätigung der Übergabe durch Erklärung im Sinne des § 428 ABGB von der C* GmbH an die Klägerin habe durch Ausstellung der dritten Teilrechnung vom 28.09.2022 stattgefunden. Gemäß den Zahlungsbedingungen habe die dritte Teilzahlung von 30% „nach erfolgter Lieferung“ zu erfolgen. Spätestens am 28.09.2022 habe somit die Übergabe an die Klägerin stattgefunden und diese damit gemäß den Auftragsbestätigungen an den Fahrnissen Eigentum erworben. Die Tatsache, dass der im Insolvenzverfahren der C* GmbH bestellte Sachverständige einen Teil der Anlagen in ** vorgefunden, fotografiert und als Fremdeigentum qualifiziert habe, bestätige deren Herstellung und die Tatsache des Eigentums der Klägerin.
Sollte die Beklagte Anlagenteile an einen Dritten herausgegeben haben, hätte sie das Eigentumsrecht der Klägerin verletzt. Dies berechtige die Klägerin anstelle der Herausgabe dieser Sache das Interesse von EUR 80.000,-- s.A. geltend zu machen. Da das Eigentum an den Fahrnissen strittig sei, habe die Klägerin ein Interesse an den begehrten Erklärungen.
Die Beklagte beantragt Klagsabweisung und bringt vor, es bestehe kein Herausgabeanspruch. Der Leasinggegenstand befinde sich nicht in der Insolvenzmasse. Die Begehren seien auch deshalb unberechtigt, weil die Klägerin nicht Eigentümerin des Leasinggegenstandes geworden sei.
Der Nebenintervenient brachte darüber hinaus vor, die E* GmbH habe der C* GmbH am 31.01.2022 den Auftrag erteilt, eine Walzenklebeanlage, eine Kaschieranlage mit Umbug einschließlich Kaschierwerkzeugen und weitere Bestandteile einer Beschichtungsanlage herzustellen. Da die C* GmbH nicht fristgerecht geliefert habe, habe man sich am 15.03.2023 darauf geeinigt, dass der Gesamtauftrag im damaligen Zustand von der F* GmbH übernommen werde und die Werkzeuge und Anlagen von der F* GmbH hergestellt bzw. fertiggestellt und geliefert werden. Die C* GmbH sei mit der Vertragsübernahme ohne Geltendmachung weiterer Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis mit der E* GmbH entlassen worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Gesamtanlage weder fertiggestellt noch ausgeliefert gewesen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der F* GmbH sei die Gesamtanlage durch ein drittes Unternehmen fertiggestellt und geliefert worden. Die streitgegenständliche Anlage sei individualisiert für die Verwendung durch die E* GmbH bzw. das polnische Werk der E*-Gruppe hergestellt worden. Für das dem Leasingvertrag zwischen der Klägerin und der F* GmbH zugrunde liegende angebliche Vertragsverhältnis zwischen der F* GmbH und der C* GmbH bestehe kein plausibler Grund. Ein Mietvertrag zwischen der E* GmbH und der C* GmbH bestehe nicht. Die Auftragsbestätigungen der C* GmbH seien offenbar kreiert worden, um das Bestehen eines nicht existenten Vertragsverhältnisses vorzutäuschen. Die behauptete Auftragserteilung von der F* GmbH an die C* GmbH sei ein nichtiges Scheingeschäft.
Mit dem angefochtenen Urteilgab das Erstgericht einem der Begehren auf Abgabe einer Erklärung statt, alle anderen Klagebegehren und das Eventualbegehren wies es ab. Einem weiteren nicht mehr gegenständlichen Begehren gab es rechtskräftig statt. Das Erstgericht stellte den auf den Urteilsseiten 5 und 12 bis 23 ersichtlichen Sachverhalt fest, auf den verwiesen wird. Insbesondere traf es auch die eingangs zitierten bekämpften Feststellungen. Rechtlich erwog es, die Klägerin verfüge zwar über einen aufrechten Titel für den Erwerb der gegenständlichen Gesamtanlage, der erforderliche Modus bestehe jedoch nicht, sodass der Eigentumsübergang auf die Klägerin nicht nachgewiesen worden sei. Eine körperliche Übergabe der Gesamtanlage im Sinne des § 426 ABGB an die Klägerin sei unstrittig nicht erfolgt. Aus den bestehenden Vereinbarungen und den gelegten Anzahlungsrechnungen sei nach Ansicht des Gerichts nicht das Bestehen eines Besitzkonstituts abzuleiten. Da daher weder der Eigentumsübergang auf die Klägerin nachgewiesen worden sei noch dass sich die Gesamtanlage oder Teile davon im Besitz der Insolvenzschuldnerin befinden bzw. diese überhaupt zur Gänze hergestellt worden seien, bestehe keine rechtliche Grundlage für einen Herausgabeanspruch. Damit bestehe auch keine Grundlage für das erhobene Eventualbegehren auf Zahlung oder die abgewiesenen Begehren auf Abgabe einer Erklärung.
Gegen den abweisenden Teil des Urteils richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil abzuändern und dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte und der Nebenintervenient beantragen, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Mängelrüge
Das Verfahren soll mangelhaft geblieben sein, weil das Erstgericht die Zeugen X*, Y*, Z*, BA* und den Nebenintervenienten nicht einvernommen hat. Der Kläger hat die Einvernahme dieser Zeugen aber gar nicht beantragt. Das Übergehen eines Beweisantrags des Gegners kann nicht als Verfahrensmangel geltend gemacht werden ( Klauser/Kodek 18§ 496 ZPO E 39).
2. Beweisrüge
2.1. Feststellung [F1]
Die Klägerin begehrt folgende Ersatzfeststellung, die sich aus den Aussagen der Zeugen V* und BB* ergebe:
„ Am 01.08.2023 befanden sich die Teile Presse, Beflammeinheit und Endofline des Leasinggegenstandes gemäß Leasingvertrag vom 10.5./13.5.2022 (./F) im Werk in **, wo sie vom Zeugen V* fotografiert wurden (Fotodokumentation ./Z). Zum damaligen Zeitpunkt war das Insolvenzverfahren über die C* GmbH bereits eröffnet (Edikt ./B). “
Die erfolgreiche Geltendmachung der Beweisrüge setzt auch voraus, dass die bekämpfte und gewünschte Feststellung in einem Austauschverhältnis zueinander stehen. Ein solches liegt nur dann vor, wenn zwischen der bekämpften und der begehrten Feststellung ein derartiger inhaltlicher Widerspruch (Gegensatz) besteht, dass sie nicht nebeneinander bestehen können. Die eine Feststellung muss die andere ausschließen (RI0100145). Die bekämpfte Feststellung behandelt die Frage, wo sich der Leasinggegenstand zum Schluss der Verhandlung erster Instanz am 13.01.2025 („derzeit“) befand. Der Umstand, wo sich der Leasinggegenstand rund 1 ½ Jahre zuvor befunden hat, ist dafür unerheblich. Da beide Feststellungen nebeneinander bestehen können, muss die Beweisrüge in diesem Punkt scheitern.
2.2. Feststellung [F2]
Die Berufungswerberin strebt nachstehende Ersatzfeststellung an:
„ Jene Maschinenteile, die V* anlässlich seiner Besichtigung im Werk ** am 01.08.2023 fotografiert hat, sind Maschinenteile, nämlich Presse, Beflammeneinheit und Endofline, des Leasingvertrags von 10.5./13.5.2022 die aufgrund der Auftragsbestätigungen ./G, ./H und ./I für die Klägerin von der C* hergestellt wurden. “
Abermals vertritt die Berufungswerberin die Meinung, die Feststellung ergebe sich aus den Aussagen der Zeugen BB* und V*. Weiters meint sie, die bekämpfte Feststellung stehe in einem unauflösbaren Widerspruch zum unbekämpften Sachverhalt, nach dem Herr W* dem Zeugen V* bei der Besichtigung mitgeteilt habe „Das sind Ihre Maschinen“.
2.2.1.Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers sprechen, reicht noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen (RS0041830). Maßgeblich ist alleine, ob für die richterliche Einschätzung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ausreichende Gründe bestanden ( Klauser/Kodek 18§ 467 ZPO E 39/1). Die Beweiswürdigung kann daher nur dadurch erfolgreich angefochten werden, dass stichhaltige Gründe gegen deren Richtigkeit ins Treffen geführt werden ( Rechberger in Fasching/Konecny 3§ 272 ZPO Rz 4 ff).
2.2.2. Dass Herr W* dem Zeugen V* eine Auskunft gegeben hat heißt noch nicht, dass diese auch richtig war. Die bekämpfte Feststellung steht damit nicht in Widerspruch zum unbekämpften Sachverhalt.
2.2.3. Das Erstgericht hat hinsichtlich dieser Feststellungen erwogen, der Zeuge habe zwar am 01.08.2023 Fotos angefertigt. Daraus gehe jedoch nicht hervor, ob es sich dabei um Maschinenteile aus dem gegenständlichen Leasingvertrag gehandelt hat. Diesem Argument setzt die Berufung nichts Stichhaltiges entgegen. Schließlich weist die Beklagte in der Berufungsbeantwortung richtig darauf hin, dass der Zeuge auch angab (ON 33.5, S 18), ihm fehle selbst das technische Verständnis. Die Berufung zeigt nicht auf, welche Anlagenteile auf welchen Fotos der Beilage ./Z konkret zu sehen sind und wie man die einzelnen Teile der streitgegenständlichen Anlage zuordnen kann. Die Ersatzfeststellung lässt sich auch nicht aus der Beilage ./AN ableiten, weil in dieser Urkunde überhaupt kein Bezug zur Besichtigung am 01.08.2023 gemacht wird. Beweisergebnisse, aus denen sich die Richtigkeit der Ersatzfeststellung zwingend ergibt, bringt die Berufung daher nicht zur Darstellung. Die Beweisrüge bleibt ohne Erfolg.
2.3.Soweit die Berufung im Rahmen der Beweisrüge ergänzende Feststellungen anstrebt und damit das Vorliegen sekundärer Feststellungsmängel rügt, ist sie auf die Behandlung der Rechtsrüge zu verweisen (vgl RS0042963 [T36]).
3. Rechtsrüge
Die Berufungswerberin meint, als Wirksamkeitsvoraussetzung eines Besitzkonstituts gelte einzig, dass die Absicht des Übergebers bestehe, die Sache künftig für den Erwerber innezuhaben. Es könne kein Zweifel bestehen, dass sich diese Absicht aus den vertraglichen Regelungen ergebe. Die Eintrittsvereinbarung – Industrielle Ausrüstung, Beilage ./J, enthalte alle vertraglichen Regelungen, die für den Besitzübergang notwendig seien, so etwa die ausdrückliche Regelung über die direkte Lieferung des Leasinggegenstands an den Leasingnehmer und die Untersuchungspflicht des Leasingnehmers. Damit sei auch der Modus gemäß § 428 ABGB erfüllt worden und habe der Eigentumsübergang am Leasinggegenstand auf die Klägerin stattgefunden.
3.1.Die Parteien berufen sich im Berufungsverfahren übereinstimmend darauf, dass die Frage des Eigentumserwerbes nach österreichischem Recht zu beurteilen ist, womit von einer beachtlichen Rechtswahl auszugehen ist (RS0040169).
3.2. Das Herausgabebegehren scheitert schon daran, dass nicht feststeht, wo sich die Anlage befindet, womit auch nicht feststeht, dass die Beklagte Inhaberin der Anlage ist (vgl Holzner in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.06 § 369 Rz 3; Winner in Rummel/Lukas, ABGB 4 § 366 Rz 8). Die weiteren Klagebegehren scheitern am Nachweis des Eigentums der Klägerin:
3.3.Nach § 428 ABGB setzt ein Besitzkonstitut voraus, dass der Veräußerer „auf erweisliche Art“ seinen Willen an den Tag legt, dass er (der bisherige Besitzer) die Sache nunmehr für den Rechtserwerber innehaben soll. Diese Erklärung kann bereits mit Abschluss des Grundgeschäfts oder zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen ( Mader/ Kronthaler in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.04 § 428 Rz 2; Holzner in Rummel/Lukas, ABGB 4§ 428 Rz 2). Der Besitzauftrag (Besitzkonstitut) bedarf keiner besonderen Förmlichkeit, „erweislich“ heißt lediglich, dass der Übertragungswille außer Zweifel steht (RS0011187 [T1]). Richtig ist, dass das Besitzkonstitut auch beim sale and lease back-Vertrag ausreicht, um dem Leasinggeber das volle Eigentum am Leasinggut zu verschaffen (RS0011217).
3.3. Nach den unbekämpften Feststellungen wurde den Mitarbeitern der C* GmbH zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt, dass sie die Maschinen(teile) laut dem Leasingvertrag für jemand anderen innehaben sollten. Die Berufungswerberin stützt sich in der Rechtsrüge nunmehr darauf, aus der Eintrittsvereinbarung – Industrielle Ausrüstung, Beilage ./J, folge eine Besitzanweisung.
Zwar kann die Besitzanweisung in beliebiger Form erfolgen und reicht im Allgemeinen schon der Hinweis aus, der Erwerber sei nunmehr Eigentümer, um klarzustellen, dass der Inhaber für diesen innehaben solle (RS0011195). Ein auf diese Vereinbarung gestützter Besitzübergang scheitert aus mehreren Gründen. Nach der Eintrittsvereinbarung soll das Eigentum zwar mit der Zahlung des Kaufpreises am Gegenstand uneingeschränkt auf die Klägerin übergehen, sich die Besitzverschaffung allerdings nach Ziffer 1. des Vertrages richten, der die Übergabe an die Leasingnehmerin - also die F* GmbH - vorsieht. Dass der Kaufpreis vollständig bezahlt wurde, hat die Klägerin aber gar nicht behauptet. Vielmehr steht fest, dass sie lediglich 90% des Kaufpreises bezahlt hat. Damit ist aber die in Punkt 5. der Vereinbarung genannte Voraussetzung für den Eigentumsübergang nicht erfüllt. Darüber hinaus kann aufgrund des Passus „ Die Besitzverschaffung richtet sich nach Ziffer 1. dieser Vereinbarung “ nicht davon gesprochen werden, dass der Übertragungswille bereits durch Zahlung des Kaufpreises außer Zweifel steht. Vielmehr würde der Besitz der Klägerin (und damit auch der Eigentumsübergang) die Übergabe der vollständigen Anlage an die F* GmbH voraussetzen, die aber nicht feststeht. Die Abweisung der Klagebegehren erfolgte damit zu Recht.
3.4. Auch die gerügten sekundären Feststellungsmängel liegen nicht vor: Die in Rz 45 der Berufung begehrten Feststellungen sind rechtliche Wertungen. Die in Rz 19 der Berufung vermisste Feststellung hat das Erstgericht ohnedies getroffen, weil es die Beilage ./J zum Bestandteil des Urteils erklärt hat (US 13 f). Die Feststellung laut Rz 24 der Berufung steht in unauflösbarem Widerspruch zur bekämpften und vom Berufungsgericht übernommenen Feststellung [F2]. Die zuletzt angestrebte ergänzende Feststellung (Berufung Rz 27) ist für die rechtliche Beurteilung nicht relevant, weil die Klägerin kein Eigentum an der Maschine erworben hat. Darüber hinaus ergibt sich aus der Gesamtschau des Urteils (vgl die Beweiswürdigung US 26), dass das Erstgericht mit der zitierten Feststellung („Bei dieser Besichtigung fand BC* eine Beschichtungsanlage MPB 800 Kombi vor, die jener Maschine entspricht, welche auf Seite 7 der Auftragsbestätigung Nr. M* vom 8.3.2022 abgebildet ist.“) zum Ausdruck bringen wollte, dass zwar eine Maschine vorhanden war, die optisch der verfahrensgegenständliche Maschine entsprach, jedoch nicht bekannt ist, ob es sich dabei tatsächlich um diese Maschine handelt.
Die Berufung bleibt daher ohne Erfolg.
4.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Leistungen eines österreichischen Rechtsanwaltes für einen ausländischen Unternehmer unterliegen nicht der österreichischen Umsatzsteuer. Da der Nebenintervenient seinen Sitz in Deutschland hat, ist ihm lediglich die in Deutschland zu entrichtende Umsatzsteuer (19%) zuzusprechen (RS0114955 [T12, T18]).
5.Die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes folgt der unbedenklichen Bewertung durch die Klägerin. Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu lösen war.
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