Rückverweise
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. a Kulka und die Kommerzialrätin MMag. a Dr. in Wittmann in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , FN **, **, vertreten durch Mag. Klaus Mayer, Rechtsanwalt in Premstätten, wider die beklagte Partei B* Gesellschaft m.b.H. , FN **, **, vertreten durch FSM Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen zuletzt EUR 19.300,55 s.A., über die Berufung der beklagten Partei und den Kostenrekurs der Klägerin (Rekursinteresse EUR 2.939,12) gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 20.3.2025, **-44, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es insgesamt zu lauten hat:
„ 1. Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei EUR 19.300,55 samt Zinsen von 9,2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.1.2024 binnen 14 Tagen zu zahlen, wird abgewiesen .
2. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 7.453,34 (darin EUR 1.189.82 USt und EUR 314,40 Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.720,42 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten EUR 370,07 USt und EUR 1.500 Pauschalgebühr) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig .
Die klagende Partei wird mit ihrem Kostenrekurs auf diese Entscheidung verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Mit Kaufvertrag vom 27.2.2018 (Unterfertigung durch die Klägerin) bzw. 5.3.2018 (Unterfertigung durch die Beklagte) kaufte die Klägerin von der Beklagten einen LKW des Modells ** (nachfolgend „ LKW “) mit einem Radstand von 3800 mm zu einem Gesamtkaufpreis von EUR 120.000 (brutto). Dem Erwerb lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zu Grunde, die auszugsweise wie folgt lauten:
„[…] VII.4. Unsere Haftung richtet sich ausschließlich nach diesen Geschäftsbedingungen. Alle hierin nicht ausdrücklich zugestandenen Ansprüche, auch Schadenersatzansprüche gleich welcher Art und aus welchem Rechtsgrund, es sei denn es läge Vorsatz vor, sind ausgeschlossen. […]“
Mit weiterer Vereinbarung vom 6.4.2018 wurde eine Radstandsänderung von 3.800 mm auf 4.200 mm bei dem zu liefernden LKW vereinbart; dadurch erhöhte sich der Bruttokaufpreis des LKW auf EUR 123.600. Eine Radstandsverlängerung bzw. Rahmenverlängerung kann aus technischer Sicht lege artis durch Einsetzen eines Verlängerungsstückes (sogenannte „Stückelung“) erfolgen. Dabei müssen zwingend die Vorgaben des Herstellers betreffend Rahmenreparatur oder Rahmenverlängerung eingehalten werden.
Die im Zuge der Radstandsänderung vorgenommene Stückelung des Rahmens vor Übergabe an die Klägerin wurde nicht lege artis durchgeführt, weil die in den von der LKW-Herstellerin B* herausgegebenen Richtlinien für Fahrzeugausstatter vorgeschriebenen Versteifungsbleche, die beidseitig über die Stückelung hinaus verlaufen müssen, nicht angebracht wurden. Ohne die erforderlichen Versteifungsbleche im Bereich der Rahmenverlängerungen hätte der LKW nicht in Betrieb gehen dürfen. Dass die Stückelung ohne Anbringen dieser Versteifungsbleche nicht fachgerecht durchgeführt wurde, ist für einen Fachmann erkennbar. Beim LKW trat im Dezember 2023 ein Bruch des Rahmens entlang der Schweißnaht auf, wo der Rahmen gestückelt worden war. Die notwendigen und angemessenen Kosten für die Instandsetzung des LKW belaufen sich auf EUR 19.300,55. Nicht festgestellt werden konnte, wie hoch die Selbstkosten der Beklagten für die Vornahme der Reparatur durch sie selbst bzw. eine ihrer eigenen Fachwerkstätten in ** oder ** gewesen wären. Im Zeitpunkt des Rahmenbruchs betrug die Laufleistung des LKW 412.120 km.
Die Klägerin begehrte zuletzt die Zahlung von EUR 19.300,55 und brachte dazu vor, am 1.12.2023 sei es bei dem LKW zu einem Rahmenbruch gekommen. Die Beklagte habe die Radstandsänderung von 3.800 mm auf 4.200 mm bloß gestückelt ausgeführt und keinen durchgehenden Rahmen über eine Länge von 4.200 mm verbaut. Der von der Beklagten verbaute Rahmen sei zu schwach dimensioniert gewesen und für einen Holztransporter, der auch im unwegsamen Gelände fährt, ungeeignet gewesen. Die Klägerin sei im Zeitpunkt der Vertragsänderung am 6.4.2018 davon ausgegangen, dass die Beklagte ihr einen durchgehenden Rahmen auf die vereinbarte Länge von 4.200 mm verbauen werde. Der Rahmenbruch sei genau im Bereich der Stückelung aufgetreten. Bei der Reparatur des LKW sei dem Geschäftsführer der Klägerin von der mit der Reparatur beauftragten C* GesmbH mitgeteilt worden, dass der von der Beklagten verbaute Rahmen um 3 bis 4 mm zu schwach dimensioniert und für einen Holztransporter ungeeignet sei. Für die Reparatur des LKW habe die Klägerin EUR 22.691,16 zahlen müssen. Dabei habe der Rahmen zwischen der ersten und der zweiten Achse repariert werden müssen und seien auch Verstärkungsplatten angefertigt worden, damit es nicht neuerlich zu einem Rahmenbruch komme. Der Geschäftsführer der Klägerin habe den Mangel gerügt, nachdem der Bruch des Karosserieteils aufgetreten sei; die Rüge sei gegenüber dem Verkäufer in der Filiale der Beklagten in ** erfolgt.
Die Beklagtebestritt das Klagebegehren, beantragte kostenpflichtige Abweisung und brachte vor, die Ansprüche der Klägerin seien gemäß § 377 Abs 2 UGB ausgeschlossen, weil die Klägerin ihrer Mängelrügeobliegenheit nicht nachgekommen sei. Die Klägerin habe der Beklagten den Rahmenbruch erst mit Schreiben vom 21.5.2024 – und daher fünf Jahre nach Übergabe – erstmalig angezeigt. Darüber hinaus sei in Punkt VII.4. der AGB der Beklagten, die dem Erwerb des LKW zugrunde gelegen seien, vereinbart worden, dass Schadenersatzansprüche der Beklagten ausgeschlossen seien, sofern kein Vorsatz vorliege. Eine solche Haftungsfreizeichnung auch bei grober Fahrlässigkeit sei im B2B-Geschäft üblich und werde in ständiger Rechtsprechung vom OGH gebilligt. Der Anspruch der Klägerin gehe daher ohne den von ihr zu erbringenden Beweis einer vorsätzlichen Schädigung durch die Beklagte ins Leere. Zwischen den Parteien habe keine Vereinbarung bestanden, auf welche Weise die Radstandsänderung (durchgehend oder gestückelt) erfolgen sollte. Die Beklagte habe diese Radstandsänderung von der gewerbsmäßig dafür befugten D* GmbH durchführen lassen. Die Klägerin habe vor Eintritt des behaupteten Schadens den LKW fünf Jahre lang verwendet und damit ohne Beanstandung über 412.000 km zurückgelegt. Da es in diesen ersten fünf Jahren zu keinen Komplikationen gekommen sei, liege nahe, dass die klagende Partei ein fachgerecht modifiziertes und mängelfreies Fahrzeug übergeben bekommen habe. Die Klägerin habe den Schaden voreilig selbst verbessert und könne daher nur jene Kosten begehren, welche die Beklagte hätte aufwenden müssen, wenn ihr die im Gesetz grundsätzlich vorgesehene „zweite Chance“ eingeräumt worden wäre. Es sei nur der Materialaufwand ersatzfähig. Der Aufwand für die Arbeitsstunden wären bei der Beklagten nicht angefallen, weil sie eigene Werkstätten betreibe und Mitarbeiter beschäftige, um derartige Reparaturen vorzunehmen. Die Klägerin hätte ohne weiteres die Werkstätte der Beklagten in ** oder jene in ** aufsuchen können; beide Werkstätten befänden sich in zumutbarer Distanz. Darüber hinaus sei eine übermäßige Belastung des LKWs durch die Klägerin und nicht ein Konstruktionsfehler der Beklagten für den Rahmenbruch schadenskausal gewesen.
Mit dem angefochtenen Urteilgab das Erstgericht der Klage im Umfang von EUR 19.300,55 samt Zinsen in Höhe von 9,2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 5.6.2024 statt und wies das Zinsenmehrbegehren für den Zeitraum 24.1.2024 bis 4.6.2024 ab. Es traf neben dem zu Beginn der Entscheidungsgründe bereits zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt die auf den Urteilsseiten 1-2 und 4-6 wiedergegebenen Feststellungen, auf die verwiesen wird. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht – soweit für das Berufungsverfahren relevant - aus, auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten stünden deren Haftung nicht entgegen. Eine Klausel, nach der der Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit – Personenschäden ausgenommen – umfassend sein solle und nicht zuletzt auch eine Freizeichnung bei Verletzung vertraglicher Hauptpflichten für die von der Beklagten oder ihren Erfüllungsgehilfen verursachten Schäden erfasse, sei gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB (RS0130673). Die Beklagte berufe sich auf genau diese Klausel. Die in den AGB der Beklagten enthaltene Klausel Punkt VII.4. sei daher, soweit damit ein Schaden aus einer Verletzung einer vertraglichen Hauptpflicht ausgeschlossen werden solle, jedenfalls nichtig.
Gegen den klagsstattgebenden Teil dieses Urteils richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger Sachverhaltsfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.
Gegen die erstgerichtliche Kostenentscheidung richtet sich der Kostenrekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, der Klägerin weitere Verfahrenskosten von EUR 2.939,12 zuzusprechen. Die Beklagte beantragt, dem Kostenrekurs keine Folge zu geben.
Die Berufung ist berechtigt.
1.1 Es ist sogleich auf die Rechtsrüge einzugehen, weil sich damit die Behandlung der Beweisrüge erübrigt.
1.2 Absolute Nichtigkeit, die von Amts wegen wahrzunehmen ist, liegt vor, wenn gegen Gesetze verstoßen wird, die dem Schutz von Allgemeininteressen, der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dienen ( Bollenberger/ P. Bydlinski in K BB 7§ 879 ABGB Rz 27 mwN aus der Rechtsprechung des OGH). In Fällen relativer Nichtigkeit kann hingegen nur der durch das Geschäft in seinen rechtlichen Interessen Betroffene bzw. der durch das Verbot Geschützte die Unwirksamkeit (zB. wegen Sittenwidrigkeit) ähnlich einem Anfechtungsrecht geltend machen (vgl Bollenberger/P. Bydlinski aaO Rz 28).
1.3Der Beurteilung einer vertraglichen Abrede als sittenwidrig nach § 879 Abs 3 ABGB steht nicht entgegen, dass beide Vertragspartner Unternehmer sind. Allenfalls ist im Einzelfall eine besonders gravierende Ungleichgewichtslage in den durch den Vertrag festgelegten Rechtspositionen zu fordern (7 Ob 93/12w; RS0119324). Vereinbarungen über den Ausschluss oder die Beschränkung der Haftung sind nur insoweit wirksam, als ihr Abschluss oder ihre Anwendung im Einzelfall nicht gegen die guten Sitten verstößt. Absichtliche Schadenszufügung kann hiedurch niemals gedeckt werden. Es kommt darauf an, ob es sich um einen Schaden aus den für das Rechtsverhältnis typischen oder wenigstens im Einzelfall aus nach dessen besonderen Verhältnissen voraussehbaren Gefahren handelt. Ansprüche, an welche die Partei überhaupt nicht denken konnte, sei es, dass der Schaden aus einer nicht vorhersehbaren Gefahrenquelle entstanden ist, sei es, dass der Schaden auf einem „so krassen Verschulden“ beruht, dass gesagt werden muss, mit einem derartigen Verhalten könne nach der Erfahrung des Lebens nicht gerechnet werden, fallen nicht unter derartige Vereinbarungen (RS0038178; RS0016582).
1.4Die Sittenwidrigkeit und die daraus folgende Nichtigkeit eines Vertrags sind jedoch nicht von Amts wegen, sondern nur auf Einrede wahrzunehmen, wobei Tatsachen vorzubringen sind, welche die Sittenwidrigkeit begründen (RS0016435; vgl RS0016446 [T4]; RS0016452).Wer die Nichtigkeit einer Freizeichnungsklausel wegen Sittenwidrigkeit behauptet hat also die tatsächlichen Umstände, aus denen im Einzelfall die Nichtigkeit abzuleiten ist, zu behaupten und im Bestreitungsfall zu beweisen (RS0016441).
1.5 Eine amtswegige Prüfung der Sittenwidrigkeit wird von der ganz hA im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH (21.4.2016 Rs C-377/14, Radlinger) bei Verbraucherverträgen, die missbräuchliche Klauseln enthalten, befürwortet (6 Ob 105/21s; 10 Ob 24/21h Bollenberger/P. Bydlinski in KBB 7§ 879 ABGB Rz 28a).
1.6 Weiterhin nicht geboten ist jedoch eine amtswegige Prüfung außerhalb von Verbraucherverträgen.Auch wenn - wie dargelegt - die Nichtigkeit einer Vereinbarung nach § 879 Abs 3 ABGB grundsätzlich zwar nicht von Amts wegen, sondern nur auf Einwendung wahrzunehmen ist (3 Ob 71/14h; 3 Ob 47/16g; RS0016435; RS0016446 [T4]; RS0016441), muss sich die Partei aber nicht ausdrücklich auf eine Gesetzesstelle beziehen. Es bedarf allerdings neben dem erforderlichen Sachvorbringen zu jenen Tatumständen jedenfalls eines Hinweises auf die (vermeintliche) Unwirksamkeit (vgl 6 Ob 1/00s). Die Anforderungen an das Parteivorbringen sind bei auf der Hand liegender Sittenwidrigkeit gering (vgl RS0016450 [insb. T1, T2]. Die Anfechtung wegen Nichtigkeit (Sittenwidrigkeit) muss nicht durch formelle Berufung auf § 879 ABGB geschehen, es genügt die Unterbreitung des erforderlichen sachlichen Substrats unter Hinweis auf den Rechtsmissbrauch (RS0016447).
2.1 Die Klägerin entsprach mit ihrem Prozessvorbingen den eben dargelegten Erfordernissen nicht, und das selbst dann nicht, wenn man nur geringe Anforderungen stellt:
Die Beklagte berief sich in ihrem Schriftsatz vom 05.11.2024 (ON 12) auf einen zwischen ihr und der Klägerin vereinbarten Haftungsausschluss und legte dar, dass derartige Klauseln in ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gebilligt würden.
Die Klägerin äußerte sich im weiteren Verfahren nicht zu dem von der Beklagten vorgetragenen Einwand des vertraglichen Haftungsausschlusses und erstatte kein Vorbringen zu einer allfälligen Nichtigkeit, Unwirksamkeit oder Sittenwidrigkeit der Klausel. Den Einwand der Sittenwidrigkeit der Haftungsbeschränkungsklausel hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht erhoben, was sie im Rechtsmittelverfahren auch nicht behauptet:
2.2Wie die Klägerin in der Berufungsbeantwortung vorträgt, bestritt sie in der vorbereitenden Tagsatzung vom 12.11.2024 (ON 13.2 S 1) nach dem protokollierten Vortrag der Schriftsätze lediglich das Vorbringen der Beklagten, jedoch ohne auf den von der Beklagten relativierten Haftungsausschluss einzugehen und Einwendungen dagegen zu erheben. Diese allgemeine Bestreitung des Vorbringens der Beklagten stellt keine Einrede dar. Auch nach der rechtlichen Erörterung des Erstgerichts (ON 13.2 S 2) zum Haftungsausschluss und dem Verweis auf RS0130673, wonach ein Ausschluss der Haftung im Falle der Verletzung vertraglicher Hauptpflichten gröblich benachteiligend im Sinne von § 879 Abs 3 ABGB sein könne, erstatte die Klägerin kein Vorbringen und erhob keine Einwendung. Die rechtliche Erörterung des Erstgerichts befreite aber die Klägerin nicht von der Notwendigkeit, die Unwirksamkeit der Klausel einzuwenden.
2.3 Zusammengefasst ist mangels expliziter oder schlüssiger Einrede der Sittenwidrigkeit die Vertragsbestimmung der AGB der Beklagten zwischen den Parteien gültig. Nun ist zu prüfen, ob die Beklagte trotz Geltung dieser Haftungseinschränkung haftet.
3.1Nach Punkt VII.4. der AGB der Beklagten sind alle in den Geschäftsbedingungen nicht ausdrücklich zugestandenen Ansprüche, auch Schadenersatzansprüche gleich welcher Art und aus welchem Rechtsgrund ausgeschlossen, es sei denn es läge Vorsatz vor. Der Unterschied zwischen bewusster Fahrlässigkeit und Eventualvorsatz (dolus eventualis) liegt darin, dass der bewusst fahrlässig Handelnde zwar mit dem schädigenden Erfolg rechnet, diesen aber nicht in Kauf nimmt. Das Wissen des Schädigers um die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist als „subjektive Tatseite" auf der Tatsachenebene zu klären (RS0124502).
3.2 Den erstgerichtlichen Feststellungen ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte die Klägerin vorsätzlich schädigte, die Klägerin erstattete auch kein diesbezügliches Vorbringen. Dass der gegenständliche Schadenersatzanspruch folglich vom Haftungsausschluss des Punktes VII.4. der AGB der Beklagten umfasst ist, führt in Stattgebung der Berufung zur spruchgemäßen Klagsabweisung.
4.1 Die damit neu zu fassende Kostenentscheidung für das Verfahren erster Instanz beruht auf § 41 Abs 1 iVm § 54 Abs 1aZPO. Dabei waren die Einwendungen der Klägerin gegen die Kostennote der Beklagten zu beachten:
4.1.1 Die Klägerin wendet sich gegen die Honorierung des Delegierungsantrags ON 6, der von beiden Parteien eingebracht wurde.
Ein Delegierungsantrag, dem stattgegeben wird, ist zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Wurde ein Delegierungsantrag durch einen gemeinsamen Schriftsatz mehrerer Streitteile eingebracht und stellt dieser Schriftsatz damit eine Leistung aller Beteiligtenvertreter dar, so hat die siegreiche Partei nur Anspruch auf einen aliquoten Bruchteil der Kosten des Delegierungsantrags ( Obermaier, Kostenhandbuch4 Rz 3.68). Der Beklagten stehen also die Hälfte der Kosten dieses Antrags zu, dies sind EUR 302,97 (darin EUR 50,50 USt).
4.1.2 Entgegen den Einwendungen der Klägerin wurde der Beklagten mit Beschluss vom 17.10.24 aufgetragen, bis 5.11.2024 einen vorbereitenden Schriftsatz einzubringen; der Schriftsatz ON 12 ist folglich im Hinblick auf § 257 Abs 2 ZPO zu honorieren.
4.1.3 Berechtigt sind die Einwendungen der Klägerin gegen die Honorierung der Streitverkündung ON 16 sowie deren Verbesserung ON 18. Auch eine Streitverkündung muss keineswegs mit einem gesonderten Schriftsatz vorgenommen werden, sie ist dann, wenn sie mit einem ohnehin eingebrachten vorbereitenden Schriftsatz verbunden werden hätte können, nicht zu honorieren ( Obermaier, aaO Rz 1.247). Schon in der Klage wurde die Radstandänderung thematisiert; weshalb die Beklagte die Streitverkündung an ihre (laut ihrem Vorbringen beauftragte) Subunternehmerin, die diese Änderung durchführte, nicht bereits mit der Klagebeantwortung oder dem vorbereitenden Schriftsatz ON 12 – der neun Tage zuvor eingebracht wurde – verbinden hätte können, ist nicht ersichtlich. Die Streitverkündung (EUR 1.195,62, darin EUR 199,27 USt) ist daher ebensowenig zu honorieren wie die Verbesserung der Streitverkündung (EUR 134,34, darin EUR 22,39 USt), wäre es doch an der Klägerin gelegen, alle notwendigen Informationen schon mit der Streitverkündung bekannt zu geben.
4.1.4Beweisanträge (mit zweckentsprechenden bzw. begründeten Ausführungen) sind nach dem Auffangtatbestand der TP 2 RATG zu honorieren. Es ist darzutun, warum sie nicht schon früher gestellt werden hätten können, wobei dies nicht dazu führen soll, dass aus Kostengründen alle möglichen Beweisanträge gleichsam vorbeugend gestellt werden. Gemeint sind damit nur Beweisanträge, die eine Partei bei ordnungsgemäßer Prozessvorbereitung vernünftigerweise schon früher hätte stellen sollen. Wenn der Partei während des Prozesses tatsächlich ein neues Beweismittel bekannt wird, so sollte es ihr keine Schwierigkeiten bereiten, im Beweisantrag darauf hinzuweisen, warum er erst jetzt gestellt wird ( Obermaier , aaO Rz 3.66 und 3.68/9). Dass die C* GesmbH die Reparatur des LKW durchführte, wurde von beiden Parteien schon in ihren Schriftsätzen ON 11 und ON 12 thematisiert. Da die Beklagte im Beweisantrag ON 33 nicht darlegte, warum sie die Einvernahme des Mitarbeiters der C* GesmbH E* nicht früher beantragen habe können, ist der Antrag nicht zu honorieren (EUR 541,50, darin EUR 90,25 USt).
4.1.5Nicht berechtigt ist die Einwendung, dass die verzeichneten Fahrkosten von je EUR 4,80 vom Einheitssatz umfasst seien. In Orten, in denen eine Straßenbahn oder ein Autobus die einzelnen Ortsteile verbindet, ist der Fahrpreis auch bei Vornahme von Geschäften innerhalb des Ortes, an dem sich die Kanzlei des Rechtsanwalts befindet, ohne Rücksicht auf die Entfernung vom Ort der Geschäftsvornahme zu vergüten; das gilt auch, wenn statt des öffentlichen Verkehrsmittels ein PKW verwendet wird (Anm 1 und 2 zu TP 9). Er gebührt stets zusätzlich zum Honorar für Verhandlungen iSd TP 2 RATG ( Obermaier, aaO Rz 3.82).
4.1.6 Der Kostenzuspruch ist somit um die genannten Positionen zu kürzen.
4.2Die Kostenentscheidung des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
4.3Hat – wie hier – die Berufung Erfolg, so hebt dies zwingend die erstgerichtliche Kostenentscheidung auf, die sodann vom Berufungsgericht völlig neu und ohne Bindung an die Kostenentscheidung erster Instanz zu treffen ist. Das Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung und seine Beantwortung werden dadurch gegenstandslos, sie sind nicht mehr zu behandeln. Aufgrund des Eventualcharakters eines solchen Rechtsmittels hat auch keine Kostenentscheidung iSd § 50 Abs 2 ZPO zu ergehen ( Obermaier, aaO Rz 1.93).
5.Die ordentliche Revision ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
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