Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Sonntag als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichtes Mag. Ingemarsson und Mag. Janschitz in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geboren **, **, vertreten durch Dr. Christoph Schützenberger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* AG ** , **, vertreten durch Dr. Berthold Garstenauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Leistung (EUR 13.493,95) sowie Feststellung (bewertet mit EUR .000, ), infolge der Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 7.537,50 sA) gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 27.4.2025, **43, gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.458,67 (darin EUR 243,11 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war am 21.11.2022 am Parkplatz des C* in ** Opfer eines Verkehrsunfalls. Das Alleinverschulden an diesem Unfall trifft die Lenkerin eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKWs. Die Klägerin erlitt durch den Vorfall einen Bruch des äußeren Schienbeinknorrens links. Es besteht ein Zusammenhang zwischen der erlittenen Verletzung und dem sekundär behandelten Meniskus Einriss am linken Knie.
Die Schmerzen, die mit der Meniskusoperation der Klägerin unmittelbar im Zusammenhang zu bringen sind, stellen sich wie folgt dar:
1 Tag starke Schmerzen für die erforderliche Operation,
2 Tage mittelstarke Schmerzen für abklingende Schmerzen nach der Operation,
2 Wochen leichte Schmerzen für weiterhin abklingende Schmerzen (F1).
Die Klägerin ist in Pension. Durch den Unfall erlitt sie an der Vorderaußenseite des linken Schienbeinkopfes eine L förmig geschwungene Narbe von 4 x 6 cm, teils minderpigmentiert, mit der Unterlage etwas verbacken, im Niveau liegend. Punktförmige Narben an der Knievorder , außen und innenseite in Gelenksspalthöhe. Aus medizinischer Sicht besteht hier keine Verunstaltung (F2).
Die beschriebene Narbe ist etwas sichtbar (Voraussetzung: gerichteter Blick auf die Narbe, gute Lichtverhältnisse), die Optik ist – im Vergleich zu umliegenden, vom gegenständlichen Unfall nicht betroffenen Körperpartien, die sich unregelmäßig präsentieren und vergleichsweise deutlich mehr ins Auge stechen (sich als „trocken“ präsentierende Haut; rote Verfärbungen der Haut; wechselnde Pigmentierung) – durch die Narbe nur minimal negativ beeinträchtigt.
Die Klägerin ist in Pension. Dass die Klägerin wegen der beschriebenen Narbe auch nur eine geringfügige Beeinträchtigung im beruflichen Fortkommen haben könnte oder es ihr auch nur minimal schwerer fallen könnte, einen Partner zu finden oder zu halten, ist jedenfalls auszuschließen.
Pflege- und Haushaltshilfebedarf
Pflege- und Haushaltshilfebedarf bestand im Zeitraum vom 12.10.2023 – 26.10.2023 aufgrund der Teilbelastung und Geheinschränkung nach der Meniskusoperation. Die Wohnung der Klägerin ist knapp über 100 m² groß und liegt im Erdgeschoß. Es ist vom Parkplatz bzw Eingang lediglich eine Stufe zu überwinden. Die Klägerin hat einen Hund. Sie bewohnt die Wohnung alleine. Die Klägerin wurde in folgendem – auch erforderlichen – Umfang unterstützt: Die Tochter der Klägerin ist ein Mal pro Woche angereist, um zu assistieren; sie hat dann unter anderem das Staubsaugen und den Wohnungsputz erledigt; ansonsten hat eine Nachbarin bzw ein Nachbar in „Nachbarschaftshilfe“ einfache Verrichtungen gemacht, und zwar ist diese/dieser mit dem Hund Gassi gegangen (drei Mal täglich) und hat den Einkauf erledigt. Von der Nachbarin hat sich die Klägerin auch bei der Körperpflege helfen lassen.
Der Unterstützungsbedarf bestand in zeitlicher Hinsicht im Mittel in folgendem Umfang: Gassigehen in Summe eine Stunde pro Tag (drei Mal je 20 Minuten); sonstige Hilfstätigkeiten im Mittel 30 Minuten pro Tag (F3).
Die Klägerin hat keine professionellen Hilfsdienste beschäftigt; ob und bejahendenfalls wieviel die Klägerin für die Unterstützung zahlen musste, ist nicht feststellbar.
II. Vorbringen:
Die Klägerin begehrte Schmerzengeld iHv EUR 8.000,--, weil sie sich unfallkausal einer Operation am Meniskus unterziehen habe müssen. Darüber hinaus sei ihr die Narbenbildung mit EUR 2.000, abzugelten. Für Haushaltshilfe stünden ihr EUR 3.000, zu. Dauerfolgen seien nicht auszuschließen, weshalb Feststellung bewertet mit EUR 3.000, begehrt werde. Für Behandlungskosten und Heilbehelfe habe sie EUR 493,95 aufgewendet.
Die Beklagte bestritt und wendete ein, weitere Schmerzengeldansprüche, abgesehen von der bereits vorprozessual geleisteten EUR 5.000, und die anderen Ansprüche stünden nur dann zu, wenn der Meniskusriss unfallkausal sein sollte und einer Nachbehandlung bedurft habe.
III. Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren mit EUR 3.534,50 sA unbekämpft statt und stellte fest, dass die Beklagte der Klägerin für sämtliche Folgen aus dem Unfallereignis vom 21.11.2022 hafte. Das Mehrbegehren in Höhe von EUR 9.959,45 sA wies es ab.
Es konstatierte den für das Berufungsverfahren wesentlichen, unter Punkt I. wiedergegebenen, teilweise bekämpften Sachverhalt und schloss rechtlich, dass die Klägerin vorprozessual nur eine Teilforderung geltend gemacht habe, die von der Beklagten erfüllt worden sei. Gegenständlich werde Schadenersatz für die Folgen der unfallkausalen Meniskus Operation gefordert. Diese Folgen seien vom Aufforderungsschreiben ausgenommen gewesen. Anhand der ermittelten Schmerzperioden und der Schmerzintensität sei ein Schmerzengeld von EUR 2.730, gerechtfertigt. Da die Narbe an einer wenig exponierten Stelle eingetreten sei, sei sie nur bei fokussierter Betrachtung und gleichzeitig sehr guten Lichtverhältnissen sichtbar. Auch die anderen Hautpartien der Klägerin im Umfeld der Narbe seien von einer Mehrzahl von Unregelmäßigkeiten geprägt. Dass der Klägerin wegen der Narbe die Pension gekürzt werden würde, sei auszuschließen. Auch sei gänzlich auszuschließen, dass ein allfälliger (zukünftiger) Partner sich von dieser Narbe „abschrecken“ ließe oder gar einen Anlass sehe, eine Beziehung zu beenden. Für die Narbe sei daher keine Verunstaltungsentschädiung zuzusprechen.
Für die Unterstützung in der Haushaltsführung sei die Zuziehung von Helfern erforderlich gewesen, weil sie das linke Bein nach der Meniskus Operation nur teilbelasten habe können. Für das Gassigehen, Staubsaugen, Wischen und das Erledigen des Einkaufs bedürfe es keiner Qualifikation. Für die Zuziehung unqualifizierter Hilfskräfte erscheine ein Stundensatz von EUR 17, angemessen. Bei einem Hilfsbedarf von 1½ Stunden vom 12.10.2023 bis 26.10.2023 (15 Tage) gebührten EUR 382,50. Für Behandlungs , Fahrtkosten und sonstige Ausgaben seien ihr EUR 422, entstanden.
Da Spät und Dauerfolgen nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen seien, bestehe das Feststellungsbegehren zu Recht.
Die Klägerin lässt die Abweisung des Mehrbegehrens von EUR 2.421,95 (EUR 850,-- an Schmerzengeld; EUR 1.500,-- an Haushaltshilfe und EUR 71,95 an Behandlungskosten) unbekämpft. Gegen die Abweisung des weiteren Mehrbegehrens von EUR 7.537,50 (Schmerzengeld: EUR 4.420,--; Haushaltshilfe EUR 1.117,50 und Verunstaltungsentschädigung EUR 2.000,--) richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Gründen der unrichtigen Sachverhaltsfeststellungen infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, dem Klagebegehren im Ausmaß von EUR 11.072, stattzugeben; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtsmittelentscheidung :
Die Berufung ist nicht berechtigt .
Tatsachenrüge :
1. Die Klägerin bekämpft F1 und begehrt stattdessen:
„Kausal im Zusammenhang mit dieser Operation erlitt die Klägerin Schmerzen im folgenden Ausmaß:
starke Schmerzen für 4 Tage
mittelstarke Schmerzen für 9 Tage
leichte Schmerzen für 5 Wochen.“
1.1. Die Klägerin rügt, dass sich das Erstgericht ausschließlich auf die Angaben des Sachverständigen gestützt habe und die tatsächlichen Wahrnehmungen der Klägerin, die in der Äußerung zum Gutachten vorgebracht worden seien, in die Beweiswürdigung nicht habe einfließen lassen. Die Klägerin sei nach der Operation über einen Zeitraum von 4 Tagen starke Schmerzen auf starke Schmerzmittel angewiesen gewesen, auch in den darauffolgenden rund 3 Wochen habe sie immer wieder stundenweise unter Schmerzen gelitten. Diese seien als mittelstarke Schmerzen zu kategorisieren gewesen. Sie habe insgesamt auf den 24 Stunden Tag gerafft für einen Zeitraum von 9 Tagen unter mittelstarken Schmerzen gelitten. Auch der Zeitraum für leichte Schmerzen von lediglich 2 Wochen, die der Sachverständige angenommen habe, sei nicht nachvollziehbar, weil der Sachverständige gleichzeitig für einen Zeitraum von 73 Tagen einen Pflege und Heimhilfebedarf konstatiert habe. Ein solcher könne jedoch nur dann bestehen, wenn auch Schmerzen vorliegend seien.
1.2. Der gerichtlich beeidete, medizinische Sachverständige Dr. D* hielt anlässlich der mündlichen Erörterung seines Gutachtens ausdrücklich fest, dass die Schmerzperiodik, die er im schriftlichen Gutachten bemessen habe, nur für die Meniskus-OP und nicht für die Erst-Operation oder die Plattenentfernung vorgenommen worden sei. Laut den Behandlungsaufzeichnungen nach der Meniskus-OP sei es zu keinen, irgendwie gearteten Komplikationen gekommen, so dass die Schmerzen, die auch durchschnittlich nach einer Meniskus-OP zu erwarten seien, eingeschätzt und bemessen worden seien. Dieses Gutachten ist, wie das Erstgericht beweiswürdigend ausführte, nachvollziehbar und von der fachlichen Expertise des Sachverständigen gedeckt. Die vorgebrachten subjektiven Empfindungen der Klägerin sind nicht geeignet, Zweifel an den Ausführungen des Sachverständigen zu begründen, zumal sie von keinem entgegenstehenden Beweisergebnis gedeckt sind. Die auf den Unfall zurückzuführende körperlichen Einschränkungen sind nicht mit den nach der Meniskusoperation auftretenden Schmerzen gleichzusetzen.
2. Die Klägerin bekämpft F2 und begehrt stattdessen:
„Aus medizinischer Sicht besteht im gegenständlichen Fall eine Verunstaltung.“
2.1.Die Berufungswerberin setzt den, die Lage und das Aussehen der Narbe beschreibenden Feststellungen des Erstgerichts keine anderslautenden Feststellungen entgegen, sondern bekämpft nur die vom medizinischen Sachverständigen vorgenommene, rechtlich nicht relevante Schlussfolgerung, dass in der beschriebenen Narbe aus medizinischer Sicht keine Verunstaltung zu erblicken sei. Ob jedoch eine, eine Entschädigung begründende nachteilige Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes im Sinne des § 1326 ABGB vorliegt, ist nach der allgemeinen Lebensanschauung zu beurteilen (RS0031107 [T6]) und wird rechtlich zu behandeln sein.
3. Die Klägerin bekämpft F3 und begehrt stattdessen:
„Der Unterstützungsbedarf bestand in zeitlicher Hinsicht im Mittel im folgenden Umfang: Gassigehen in Summe eine Stunde und 20 Minuten pro Tag, sonstige Hilfstätigkeiten im Mittel 40 Minuten pro Tag.“
3.1. Die Klägerin rügt, dass die Schätzung des Sachverständigen, welcher von einem Unterstützungsbedarf an maximal 1,5 Stunden täglich ausgegangen sei, zu niedrig angesetzt worden sei. Es seien zumindest vier Spaziergänge täglich mit dem Hund verrichtet und zumindest zwei Stunden täglich an Pflege und Haushaltshilfe im betreffenden Zeitraum erbracht worden.
3.2. Der Sachverständige Dr. D* kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass für die Klägerin ein Pflege- und Haushaltshilfebedarf vom 12.10.2023 – 26.10.2023 wegen der Teilbelastung und Geheinschränkung nach der Meniskusoperation bestanden habe. Hinsichtlich des Umfanges der täglich benötigten Haushalts- und Pflegehilfe folgte das Gericht der Aussage der Klägerin selbst, die ein 3 mal tägliches Gassigehen mit ihrem Hund in der Dauer von jeweils 20 min (ON 14 S 7) angab. Das Vorbringen der Klägerin wurde auch dahin erstattet, dass eine Stunde pro Tag im Schnitt für die Hundebetreuung (Gassigehen) und eine halbe Stunde pro Tag im Schnitt für die elementarsten Unterstützungen im Haushalt, wie einkaufen gehen und gelegentliche pflegerische Assistenz bei der Körperpflege und elementarste Reinigungsmaßnahmen der rund 100 m² großen Wohnung notwendig gewesen seien (ON 14 S 9). Die von der Berufungswerberin angestrebte Feststellung ist daher weder vom Vorbringen noch von der Aussage der Klägerin gedeckt.
Das Erstgericht übernimmt den festgestellten Sachverhalt mit Ausnahme von F2infolge einer bedenkenlosen Beweiswürdigung und legt in seiner weiteren Entscheidung gemäß § 498 ZPO zugrunde:
Rechtsrüge:
1. Schmerzengeld:
Die Klägerin kommt in ihrer Rechtsrüge nicht auf die Ausmittlung des Schmerzengelds anhand der konstatierten Schmerzintensität und –dauer zurück. Unter hilfsweiser Heranziehung der bei Schluss der Verhandlung veröffentlichten Schmerzengeldsätze des OLG Wien (EUR 130,-- für leichte, EUR 260,-- für mittlere und EUR 390,-- für starke Schmerzen) erweist sich, wie vom Erstgericht zutreffend ausgeführt, der zugesprochene Schmerzengeldbetrag für einen Tag schwere, 2 Tage mittelstarke und 14 Tage leichte Schmerzen auch als angemessen.
2. Verunstaltungsentschädigung:
2.1.Ob eine Verunstaltung vorliegt, ist nach der allgemeinen Lebensanschauung (4 Ob 2107/96y; 2 Ob 89/99y) unter Zugrundelegung eines ästhetischen Maßstabes zu beurteilen. Eine Verunstaltung ist jede wesentliche nachteilige Veränderung der äußeren Erscheinung ( Danzl/Karner in KBB 7 § 1326 Rz 5). Eine unbedeutende Narbenbildung zählt nicht dazu ( Danzl/KarneraaO Rz 6 mwN). Die Veränderung muss eine gewisse Bagatellgrenze überschreiten (RS0031107; RS0031181).
2.1.1. Nach den Feststellungen liegt die Narbe an einer wenig exponierten Stelle, der Außenseite des linken Schienbeinkopfes, ist L-förmig und 4 x 6 cm groß. Die Optik des Beines ist nur minimal beeinträchtigt, weil die umliegenden unregelmäßigen, trockenen, rot gefärbten und wechselnd pigmentierten Hautpartien vergleichsweise deutlich mehr ins Auge stechen. Dass das Erstgericht aufgrund dieser Feststellungen anhand der allgemeinen Lebensanschauung zur Überzeugung gelangte, es liege keine anspruchsbegründende nachteilige Veränderung des bisher bestandenen äußeren Erscheinungsbildes vor, ist nicht zu beanstanden.
2.2.Darüber hinaus gebührt nach § 1326 ABGB eine Verunstaltungsentschädigung nur dann, wenn durch die Verunstaltung das bessere Fortkommen verhindert werden könnte.
2.2.1. Die Klägerin ist Pensionistin. Eine Beeinträchtigung des beruflichen Fortkommens kommt nicht in Betracht, wenn der Verletzte bereits aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist ( Danzl/KarneraaO Rz 7). Wie das bessere Fortkommen der Klägerin durch die unfallkausale Veränderung erschwert werden könnte, ist nicht abstrakt, sondern nach den Umständen des jeweiligen Falles zu beurteilen (RS0031344). Ein Vorbringen, in welcher Form die Klägerin einen Nachteil im Fortkommen überhaupt erleiden hätte können, wurde nicht erstattet.
3. Haushaltshilfe:
3.1. Das Erstgericht setzte für die Unterstützung in der Haushaltsführung einen Stundensatz von EUR 17,-- an. Die Berufungswerberin erachtet hingegen einen Stundensatz für die Haushaltsführung und das Ausführen des Hundes von je EUR 50,-- für angemessen, weil das Gassigehen und die Wohnungsreinigung die Verlässlichkeit und Umsicht wie sie üblicherweise von einer professionellen Heimhilfe gewährleistet werde, erfordere. Eine abzugeltende Pflegeleistung spricht sie nicht an.
3.2.Nach ständiger Rechtsprechung (RS0031108 [T12, T13, T15, T16]) sind vom Schädiger gemäß § 1325 ABGB auch die Kosten der Vermehrung der Bedürfnisse aufgrund notwendiger Beiziehung einer Haushaltshilfe zu ersetzen. In Fällen, in denen ein Geschädigter nicht von professionellem Personal, sondern von seinen Angehörigen oder von einem ihm sonst nahestehenden Dritten (unentgeltlich) betreut wird, sind die tatsächlichen Leistungen konkret zu ermitteln und sodann der objektive Wert der Arbeitsleistungen als Grundlage der Vergütung heranzuziehen. Da zu den Kosten der Arbeitsstunden alles zählt, was der Arbeitgeber dafür aufwenden muss, sind auch die Lohnnebenkosten umfasst, und zwar unabhängig davon, ob diese bloß für den Arbeitnehmer abzuführen oder vom Arbeitgeber selbst zu leisten sind (7 Ob 63/10f mwN; vgl auch RS0022789, RS0031691). Zur Bewertung dieser Leistungen sind (hypothetische) Vergleichswerte aus dem nächstgelegenen Markt heranzuziehen (RS0030213 [T8]).
3.3.In Anwendung dieser Grundsätze ist im konkreten Fall nicht auf jenen Stundensatz abzustellen, den die E* oder die F* oder private Pflegeagenturen ihren Kunden verrechnen. Die Rechtsprechung (vgl 5 Ob 241/21h, 2 Ob 24/04z; OLG Wien 16 R 49/17v, 16 R 127/18s, 16 R 216/23m [RW0001064]) stellt bei der Bemessung eines angemessenen Stundensatzes nach § 273 ZPO auf den Mindestlohntarif für im Haushalt Beschäftigte für Österreich ab. Nach § 2 lit B Z 1 dieses Mindestlohntarifs in der hier relevanten, für das Jahr 2023 geltenden Fassung (BGBl II Nr. 477/2022) gebührte „Hausgehilfinnen und Hausgehilfen ohne Kochen“ ein Bruttostundenlohn von EUR 10,33. Unabhängig davon, ob der Dienstnehmer die Dienste für die Hauswirtschaft des Dienstgebers oder für Mitglieder seines Hausstandes zu leisten hat und damit in den Geltungsbereich des Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetzes (HGHAngG) fällt oder nicht, gebührt ihm gemäß § 9 Abs 2 HGHAngG (allenfalls iVm § 6 der Mindestlohntarife in den zuvor zitierten Fassungen) ein Urlaubszuschuss in Höhe des Zweifachen der monatlichen Geldbezüge sowie eine Weihnachtsremuneration in Höhe eines monatlichen Geldbezugs (§ 5 Mindestlohntarif id jeweils gF), sodass der Monatslohn 15 mal jährlich zu zahlen ist (Zuschlag von 25 % für Sonderzahlungen). Zu berücksichtigen sind weiters die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers von rund 22 % (vgl etwa 2 Ob 152/99p [dort 22,5 %]; https://www.finanz.at/steuern/sozialversicherung) sowie die anteilige Urlaubsersatzleistung, die gemäß § 10 Abs 1 Urlaubsgesetz jedem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Abgeltung für den der Dauer der Dienstzeit in diesem Urlaubsjahr im Verhältnis zum gesamten Urlaubsjahr entsprechenden Urlaub gebührt. Dies entspricht einem Zuschlag von 9,6 %, der sich aus dem Verhältnis des Anspruchs eines Arbeitnehmers gemäß § 2 Abs 1 Urlaubsgesetz auf bezahlten Urlaub im Ausmaß von 30 Werktagen bei 312 Werktagen pro Jahr ergibt.
3.4. Die Klägerin hatte einen Unterstützungsbedarf im Ausmaß von insgesamt 22,5 Stunden, sodass der tarifliche Mindestlohn für das Jahr 2023 insgesamt EUR 232,43 betragen hätte. Unter Hinzurechnung von 25 % für die Sonderzahlungen, weiteren 22 % für Dienstgeberabgaben zur Sozialversicherung und des weiteren Zuschlags von 9,6 % für die Ersatzleistung gemäß § 10 Abs 1 Urlaubsgesetz ergibt sich ein Bruttostundensatz für die erbrachten Leistungen von EUR 16,1 (Stundensatz EUR 10,33 x 22,5 h zuzüglich Zuschläge dividiert durch 22,5), somit von rund EUR 16,00. Durch den vom Erstgericht angenommenen Stundensatz von EUR 17,-- ist die Klägerin nicht beschwert.
Der Berufung war nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung basiert auf den §§ 50, 41 ZPO. Eine Pauschalgebühr für die Berufungsbeantwortung steht nicht zu.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung war nicht zu lösen.
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