Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Hofmann (Vorsitzender), die Richterin MMag. Pichler und den Richter Mag. Meinl in der Rechtssache der klagenden Partei A* Holding Inc. , BVI Company Number **, ** (Britische Jungferninseln), vertreten durch die petsche-demmel pollak rechtsanwaelte gmbh in Wien, wider die beklagten Parteien 1. B*–Aktiengesellschaft , FN **, **, 2. C* GmbH , FN **, **, vertreten durch die Ortner Rechtsanwalts GmbH in Wien, 3. D* Holding GmbH , FN **, **, wegen Feststellung (Streitwert: EUR 100.000) und Unterlassung (Streitwert: EUR 50.000), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 25.10.2024, **-2, in nicht öffentlicher Sitzung den
B e s c h l u s s
gefasst:
Das Rekursverfahren ist unterbrochen.
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung:
Die Klägerin begehrt mit ihrer am 24.10.2024 eingebrachten Klage als Aktionärin der Erstbeklagten 1. wider alle Beklagten die Feststellung der Unwirksamkeit des von der Erstbeklagten als Verkäuferin am 15.3.2011 geschlossenen Kaufvertrags, 2. wider die Zweit- und Drittbeklagte den Ausspruch, dass diese es zu unterlassen habe, Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag gegenüber der Erstbeklagten geltend zu machen und 3. wider alle Beklagten, dass diese der Klägerin für alle Schäden hafteten, welche sie durch die Betreibung von Ansprüchen aus oder im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag verursachten.
Mit dem angefochtenen Beschlusswies das Erstgericht die Klage a limine zurück, weil nach keiner Bestimmung des § 51 JN eine Zuständigkeit des HG Wien vorliege. Ein unternehmensbezogenes Geschäft sei dem Klagsvorbringen nicht zu entnehmen (Z 1). Eine Streitigkeit zwischen dem Aktionär und der Aktiengesellschaft (Z 6) bzw nach AktG (Z 7) liege nicht vor. Die Erstbeklagte sei rechtskräftig verpflichtet worden, in die Einverleibung des Eigentumsrechts zugunsten der Drittbeklagten hinsichtlich näher bestimmter Wohnungseigentumsanteile am Kaufobjekt einzuwilligen. Die Klägerin könne die hier geltend gemachten Ansprüche nicht in ihrer Eigenschaft als Aktionärin der Erstbeklagten geltend machen. Einzelnen Aktionären stehe auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung per se kein Recht zu, vom Vorstand der AG geschlossene Verträge anzufechten oder den Ausspruch des Nichtbestandes zu begehren.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht die Einleitung des Verfahrens aufzutragen.
Nach Vorlage des Akts an das Rekursgericht wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 21.2.2025 zu ** über das Vermögen der Zweitbeklagten der Konkurs eröffnet.
Nach § 159 ZPO sind für die Frage, inwiefern bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei das Verfahren unterbrochen wird, die Bestimmungen der Insolvenzordnung maßgebend.
Gemäß § 7 Abs 1 IO werden anhängige Rechtsstreitigkeiten, in denen der Schuldner Kläger oder Beklagter ist, (mit Ausnahme der in § 6 Abs 3 IO bezeichneten, hier nicht vorliegenden Streitigkeiten) durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen. Die Unterbrechung tritt ex lege auch im Stadium des Rechtsmittelverfahrens ein und ist von Amts wegen zu berücksichtigen (RS0036996).
Über ein vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingebrachtes Rechtsmittel ist während der Dauer der Unterbrechung nicht zu entscheiden (RS0036996 [T10]), sondern erst nach Fortsetzung des Verfahrens (vgl RS0036996 [insb T13]). Die Ausnahmebestimmung des § 163 Abs 3 ZPO, wonach durch die nach Schluss einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung die Verkündung der aufgrund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert wird, ist nach ständiger Rechtsprechung (RS0036752; RS0037021 [T1]; zust Fink in Fasching/Konecny², § 163 ZPO Rz 16 ff; Schubert in Konecny/Schubert , § 7 KO Rz 38; Gitschthaler in Rechberger 5§ 163 ZPO Rz 8; je mwN) nicht im Wege einer ausdehnenden Auslegung auch auf Entscheidungen über vor der Konkurseröffnung eingebrachte Rechtsmittel, über die in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden ist, anzuwenden.
Das Verfahren gegen die Zweitbeklagte ist aufgrund ihrer Insolvenz daher ex lege unterbrochen.
Auf Streitgenossen erstreckt sich die Unterbrechungswirkung nur dann, wenn sie mit dem Schuldner eine einheitliche Streitpartei nach § 14 ZPO bilden.
Eine einheitliche Streitpartei (notwendige Streitgenossenschaft) im Sinne des § 14 ZPO liegt dann vor, wenn die Gemeinschaftlichkeit der rechtserzeugenden Tatsachen zwangsläufig – nämlich kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses („anspruchsgebunden“) oder kraft gesetzlicher Vorschrift („wirkungsgebunden“) – zu einer Einheitlichkeit der Entscheidung führen muss (6 Ob 108/22h; RS0035496). Sie ist jedenfalls anzunehmen, wenn für sämtliche Streitgenossen aus der Einheitlichkeit des rechtserzeugenden Sachverhalts ein allen Streitgenossen gemeinsames Begehren abgeleitet wird oder wenn das allen Streitgenossen gemeinschaftliche Rechtsverhältnis seiner Natur nach nur gegen alle oder für alle einheitlich festgestellt oder gestaltet werden kann (RS0035409). Im Zweifel liegt eine einheitliche Streitpartei vor (und führt zur Klagsabweisung), wenn wegen Nichterfassung aller Beteiligten die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch divergierende Einzelentscheidungen besteht (RS0035496 [T6, T7, T13]; RS0035479).
Bei dinglichen Ansprüchen folgt aus der Natur des Anspruchs, dass sie nur einheitlich festgestellt werden können (RS0035496 [T2]).
Im Rechtsstreit um die Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrags bilden sämtliche Vertragsparteien eine notwendige Streitgenossenschaft, sodass in einem solchen Fall alle Vertragspartner auf der Beklagtenseite Partei- stellung einnehmen müssen (RS0083003; 7 Ob 160/08t). Dass einzelne der Beteiligten des Vertrags dem Verfahren als Nebenintervenienten beigetreten sind, reicht nicht aus (RS0083003 [T1]).
Im vorliegenden Fall bilden die Beklagten eine notwendige Streitgenossenschaft. Eine Entscheidung über die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass der Kaufvertrag vom 15.3.2011 nicht bestehe, betrifft die Vertragsparteien (Erst- und Zweitbeklagte) notwendigerweise gleichermaßen und muss für alle Beteiligten gleich lauten.
Die von der Klägerin ergänzend erhobenen Unterlassungs- und Schadenersatzbegehren wenden sich gegen Ansprüche, die die Beklagten unmittelbar aus diesem Kaufvertrag ableiten könnten. Sie stehen daher in notwendigem und untrennbaren Zusammenhang mit dem Gegenstand des Feststellungsbegehrens.
Die Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen des Kaufvertrags bildet gegenüber den weiteren Klagebegehren eine präjudizielle Vorfrage, weshalb weder über das Unterlassungs- noch das Schadenersatzbegehren selbständig (also getrennt vom Feststellungsbegehren) entschieden werden kann.
Aus diesem Grund ist auch die Drittbeklagte, ohne Partei des Kaufvertrags vom 15.3.2011 zu sein, unmittelbar von der Entscheidung über das Feststellungsbegehren betroffen.
Eine Teilunterbrechung des Verfahrens kommt daher nicht in Betracht.
Infolge der Unterbrechung ist über den Rekurs gegen die Zurückweisung der Klage durch das Erstgericht nicht zu entscheiden.
Der Akt ist vorerst unerledigt dem Erstgericht zurückzustellen (RS0036752; RS0036996 [T3]).
Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes folgt der unbedenklichen Bewertung durch die Klägerin.
Da die Sondervorschrift des § 519 ZPO nur für das Berufungsverfahren und nicht für das Rekursverfahren gilt, ist der Beschluss des Rekursgerichts anfechtbar. Für die Zulässigkeit des Rekurses ist allerdings § 528 ZPO maßgebend, weil der dort verwendete Ausdruck „Revisionsrekurs" jeden Rekurs gegen eine Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz umfasst. Ist daher der Rekurs nicht gemäß § 528 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig, so setzt die Zulässigkeit gemäß dem vorangehenden Abs 1 voraus, dass die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage der dort bezeichneten Art abhängt (vgl 3 Ob 50/04f mwN).
Eine erhebliche Rechtsfrage liegt hier nicht vor, weshalb der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen war.
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