Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Röggla als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Schneider Reich und den Richter Ing.Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder in der Privatanklagesache der Privatanklägerin A* gegen die Angeklagte B* wegen §§ 111 Abs 1 und 2 StGB uaD über die Beschwerde der Medieninhaberin Mag. C* gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 2. Mai 2025, GZ ** 55, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Gegenstand des Verfahrens ist eine Privatanklage der Privatanklägerin A* gegen die Angeklagte B*, die auf der * Seite von Rechtsanwältin Mag. C* (**) im August 2024 zahlreiche ehrverletzende Postings veröffentlicht habe, weswegen ua deren Bestrafung sowie die Löschung der die strafbare Handlung begründenden Stellen der Website, deren Medieninhaberin die Beschwerdeführerin Mag. C* ist, beantragt wurde (siehe ON 2).
Die Hauptverhandlung fand am 8. Oktober 2024 (siehe ON 22) unter Beiziehung einer Schriftführerin sowie am 26. November 2024 (siehe ON 33) und am 14. Jänner 2025 (siehe ON 51) durch Bildund Tonaufzeichnung gemäß § 271a Abs 1 StPO ohne Beisein einer Schriftführerin statt.
Mit (nicht rechtskräftigem) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14. Jänner 2025 wurde B* sodann der Vergehen der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und 2 StGB und des Vergehens der Beleidigung nach § 115 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 111 Abs 2 StGB zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt und wurde gemäß § 33 Abs 1 MedienG auf Löschung der die strafbaren Handlungen begründenden Stellen binnen 14 Tagen nach Rechtskraft des Urteils erkannt (ON 51.1.1 S 85 ff), eine schriftliche Urteilsausfertigung liegt noch nicht vor.
Mit Schriftsatz vom 28. November 2024 (ON 34) beantragte die Medieninhaberin Mag. C*, ihr die elektronischen Wortund Bildaufnahmen der Hauptverhandlung auf einem elektronischen Datenträger gegen Kostenersatz zur Verfügung zu stellen und nicht löschen zu lassen, mit Schriftsatz vom 16. Jänner 2025 (ON 52), mit welchem auch Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe angemeldet wurde, beantragte die Medieninhaberin auch die Übersendung der Aufzeichnungen über die Hauptverhandlung vom 14. Jänner 2025 auf einem elektronischen Datenträger gemäß § 271a Abs 2 StPO unter Wiederholung des bereits gestellten Antrags bezüglich der vorigen Hauptverhandlung.
Nachdem der Präsident des Landesgerichts für Strafsachen Wien mit Beschluss vom 13. Jänner 2025 zu dg **, der zuständigen Einzelrichterin erst zugestellt am 23. April 2025, über die (durch die Medieninhaberin Mag. C* geltend gemachte) Ablehnung der Richterin Mag. D* entschieden hatte, dass diese nicht gerechtfertigt sei (ON 1.34, ON 1.35), wies die Erstrichterin mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag der Medieninhaberin vom 28. November 2024 (ON 34), betreffend die Hauptverhandlung vom 26. November 2024, ab und führte begründend aus, dass nach § 271a Abs 2 erster Satz StPO die Beteiligten des Verfahrens die Wiedergabe der Aufnahme oder deren Übersendung auf einem elektronischen Datenträger in einem allgemein gebräuchlichen Dateiformat verlangen können. Beide Alternativen seien rechtlich gleichwertig, sodass es dem Vorsitzenden freistehe, die Art der Informationsweitergabe zu bestimmen. Insbesondere in heiklen Fällen (zB bei Ausschluss der Öffentlichkeit oder bei Aussagen besonders schutzbedürftiger Zeugen) könne es in diesem Sinn sachgerecht sein, den Beteiligten keinen Datenträger auszufolgen, sondern sie auf die Wiedergabe der Aufnahme bei einer gerichtlichen Vorführung zu beschränken. Die Medieninhaberin habe aber in der Hauptverhandlung durchklingen lassen, die Bild- und Tonaufzeichnung – ohne Einwilligung der Beteiligten – verbreiten zu wollen (beispielhaft ON 51.1.1, Seite 76 unten). Auch hätten sich im Verfahren Hinweise auf medienrechtliche Verstöße der Medieninhaberin in Zusammenhang mit der Privatanklägerin ergeben, weshalb Verletzungen von Persönlichkeitsrechten zu befürchten seien. Der Medieninhaberin stehe jederzeit frei, in die Bild- und Tonaufzeichnung in den Räumlichkeiten des Gerichtes, ohne weitere Beschränkungen, Einsicht zu nehmen.
Bleibt anzumerken, dass über den zweiten Antrag betreffend die Hauptverhandlung vom 14. Jänner 2025 (ON 52) noch nicht entschieden wurde.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Medieninhaberin Mag. C* (ON 56), die zusammengefasst ausführt, die genannten Aufzeichnungen seien für die umfassende rechtliche Beurteilung des bisherigen und weiteren Verfahrensverlaufs sowie für etwaige Rechtsschutzmaßnahmen von wesentlicher Bedeutung. Die Videoaufzeichnungen stellten das einzige objektive Beweismittel dar, aus dem sich der tatsächliche Ablauf der mündlichen Verhandlungen, die Verhandlungsführung, das Verhalten der Verfahrensbeteiligten sowie insbesondere etwaige Verfahrensverstöße zuverlässig rekonstruieren ließen. Durch die Verweigerung der Übermittlung werde sie in ihrem Recht auf effektive Verteidigung, auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren verletzt, es liegen auch keine Ausschlussgründe vor, die die Herausgabe untersagen würden. Das Gesetz räume der Partei ein Wahlrecht ein, das nicht durch gerichtliches Ermessen ersetzt oder unterbunden werden dürfe. Sie stelle daher den Antrag auf Aufhebung des Beschlusses und Übermittlung einer Kopie der Videoaufzeichnungen beider Hauptverhandlungstermine.
Die Beschwerde ist nicht im Recht.
§ 271 Abs 1 StPO bietet dem Vorsitzenden die Möglichkeit, den Verlauf der (gesamten) Hauptverhandlung gegenständlich der Verhandlungstage vom 26. November 2024 und vom 14. Jänner 2025 durch eine Ton und Bildaufnahme aufzuzeichnen.
Gemäß § 271a Abs 2 erster Satz StPO haben die Beteiligten des Verfahrens (§ 220 StPO) das Recht, die Wiedergabe der (gemäß Abs 1 leg.cit. vom Vorsitzenden angeordneten) Aufnahme oder deren Übersendung auf einem elektronischen Datenträger in einem allgemein gebräuchlichen Dateiformat zu verlangen. Es steht kein exklusives Recht auf eine der beiden (rechtlich gleichwertigen) Möglichkeiten zu, gegebenenfalls kann die eine unter Verweigerung der anderen angeordnet werden ( Nimmervoll,LiK StPO § 271a Rz 3; OLG Wien 32 Bs 5/24f ua).
Mit Blick darauf, dass dem Vorsitzenden die Bestimmung der Art der Informationsweitergabe freisteht ( Danek/Mann in WKStPO § 271a Rz 10), kann das Beschwerdevorbringen auf sich beruhen. Die Ermöglichung einer Kontrolle der Richtigkeit der fertiggestellten (ON 51.1.1 und ON 33.1) Protokolle über die Hauptverhandlung (vgl Danek/Mann aaO Rz 1) ist durch die der Beschwerdeführerin zugestandene gerichtliche Vorführung der in Rede stehenden Bild und Tonaufnahmen gewährleistet.
Da der angefochtene Beschluss sohin der Sach und Rechtslage entspricht, war der Beschwerde nicht Folge zu geben.
Gegen diesen Beschluss steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.
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